Freitag, 20. Mai 1983
Das Präsidium des Kaffeeverbandes, die wichtigsten Kaffeeimporteure,
hatten das Bedürfnis sich bei mir zu verabschieden. Natürlich wurde
wieder fachgesimpelt. Das Präsidium bestätigte mir, daß die 50.000 to
Kaffee, die wir importieren, keinesfalls in Österreich verbraucht werden
oder verbraucht werden können. Sie haben mir vor längerer Zeit ver-
sprochen, sie werden mir die auf meine Anregung gemachte Studie über-
reichen, wie diese Kaffeemengen verwendet werden. Bis jetzt habe ich
sie allerdings noch nicht bekommen. Von der internationalen Kaffee-
organisation ICO werden auch seit längerer Zeit 2 Mio. Sack Kaffee
gesucht. In anderen europäischen Ländern ist man jetzt auf Ursprungs-
fälschungen draufgekommen. Ob solche auch in Österreich durchgeführt
wurden oder mit gefälschten Ursprungszeugnissen Kaffeetransfers durch-
geführt wurden, ist nicht endgültig geklärt. Die Situation ergibt sich
daraus, daß der Weltmarktpreis ca. 60 S pro kg Kaffee ist, während die
SU, Ungarn, Rumänien und Israel, die aus dem internationalen Kaffeeüber-
einkommen ausgetreten sind, jetzt nur 30 S pro kg bezahlen. Natürlich
versuchen jetzt die Kaffeexporteurländer mehr Kaffee außer der ihnen
zugestandenen Quote zu verkaufen. Dadurch kommt es zu dem Unterschlei-
fen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Du solltest auf die Vollendung der versprochenen
Studie drängen.
Der designierte Staatssekretär Schmidt hat auf seinen Wunsch mit
Staatssekretär Albrecht, den soz. Sektionschefs und meinem Büro eine
Aussprache durchgeführt. Er selbst möchte Sekretär Haffner und Grossen-
dorfer übernehmen, dazu dann die Sekretärinnen von mir, Martin und Renner.
Wie er uns mitteilte, möchte Minister Steger zwei Sekretärinnen mit-
bringen, dazu seinen persönlichen Sekretär Lohrmann, von der CA Sevelta,
Mag. Haas von der Industriellenvereinigung und noch einen vierten Sekre-
tariatsmann. Auch Schmidt möchte als erstes Dr. Hellar vom ARBÖ durch
Sondervertrag ins Ministerium bringen.
Wie SL Schuberth mitteilte, haben wir derzeit von unseren 608 Planstellen
der Zentralverwaltung 5 vakant, nicht ganz frei, 4 sind nämlich auf
Karenz, wobei zwei wahrscheinlich nicht mehr verlängert werden, kommen.
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trotzdem aber in der neuen Dienststelle bleiben wollen. Mersi ist in
der BRD und Thalhammer kommt auch nicht mehr zurück. Mag. Goldmann
bei der ÖIAG wird seinen Karenzurlaub nicht mehr verlängert bekommen,
ebenso Neider-Stahl, d.h. früher oder später, wenn die draußen bleiben,
was wahrscheinlich ist, werden diese 2 Posten auch frei. Davon sind
allerdings 2 schon wieder durch Bewerbungen besetzt, ein Nachfolger
für den im nächsten Jahr für die Betriebsanlagen zuständigen MR
Schedl, der muß zeitgerecht nachbesetzt werden, damit er eingeschult
werden kann, und ein gewisser Wagner . Schuberth gibt allerdings zu,
daß es eine Möglichkeit gibt die gewünschte Besetzung der Büroleute
vorzunehmen, wenn auch mit Sondervertrag und durch Dienstpostenbindung,
da dies nicht sofort erfolgen muß, sondern im Laufe des Jahres durch
Ausscheiden anderer Beamter möglich wäre. Wir sind nämlich ncoh nicht
im zentralen Computersystem, sodaß das Finanzministerium resp. das BKA
während des laufenden Jahres nicht genau feststellen kann, wieviele
Dienstposten wir tatsächlich besetzt haben. Bis zum Jahresende muß
dann allerdings eine endgültige Planstellenfreimachung für die auf
Sondervertrag aufgenommenen erfolgen.
SC Marsch erinnert Schmidt daran, daß es notwendig ist sofort mit dem
neuen Landesverteidigungsminister zu klären, daß die Gegengeschäfts-
vereinbarung unbedingt aufrechterhalten bleiben muß. Schmidt teilt
mit, daß es jetzt eine fraktionelle Wirtschaftsgruppe geben wird unter
Vorsitz von Sinowatz, der Finanzminister Salcher, Staatssekretär Lacina
vom BKA und er vom Handelsministerium daran teilnehmen werden. Dort
wird man über die Betriebsansiedlungen reden und bei dieser Gelegen-
heit wird klargestellt werden, daß es öffentliche Aufträge nur dann in
größerem Umfang geben wird, wenn eben diese Wirtschaftswünsche, entspre-
chende Zuschläge, Gegengeschäfte usw. erfüllt werden. Ob sich dies
alles so leicht wird führen lassen, als sich jetzt viele neue Minister,
Staatssekretäre vor allem der soz. Gruppe vorstellen, wird sich erst
zeigen. Die FPÖ wird mit ihren 3 Ministern und 3 Staatssekretären
eine entsprechende Mitsprache nicht nur verlangen, sondern auch erwar-
ten. Wenn es nämlich, und das bin ich fest davon überzeugt, zu einer
allzu starken Fraktionierung kommt, würde das Vertrauen des Koalitions-
partners sehr leiden und früher oder später dann der Krach kommen.
Der Rechnungshof hat beanstandet, daß Förderungsschreiben immer von
mir selbst unterschrieben wurden, er sieht darin eine gewisse unnöti-
ge Aufwendung der Verwaltung, aufgrund dieser Beanstandung könnten dann
Minister Steger und Staatssekretär Schmidt sich einigen, daß der
Rechnungshof vorschlägt, der entscheidende Beamte fertigt alle Briefe
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die neutralste Lösung wäre. Ich bin fest davon überzeugt, daß sich
Steger dies aber, wenn er einmal draufkommt, sicherlich nicht akzeptie-
ren wird.
Da Schmidt glaubt, vielleicht auch mit Steger tatsächlich so vereinbart,
daß er in der Industrie- und Energiesektion das ausschließliche Sagen
hat, er hätte ja dafür die Kompetenz, wird klargestellt, daß er alle
Akte auch der anderen Sektionen vor Genehmigung vorgeschrieben bekommt.
Nur so ist seine Information garantiert, da er ja volle Kooperation
mit Steger vereinbart hat. Der Staatssekretär muß sich nämlich absi-
chern. Der Minister kann dann sowieso dann auf alle Fälle jede Vorlage
verlangen und auch letzten Endes jede Unterschrift selbst sich vorbe-
halten.
In der Vierer-Sektion müssen wir den neuen Minister Steger auf die
Papierindustriestützung, insbesondere auf Pöls, auf das Biospritprojekt
und auf die Erzeugungswünsche der Landwirtschaft bezüglich Speiseöl
und Fette, Sojaprojekt, aufmerksam machen.
Der Energiesektionsleiter Zluwa hätte einen einzigen Wunsch, die EVA,
Prof. Weiser, sollte jetzt sofort aufgelöst werden. Darüber gibt Schmidt
keine konkrete Auskunft, meint nur, dieses Problem wird man selbstver-
ständlich jetzt besprechen müssen.
Dem Minister Steger muß klargemacht werden, daß eine sofortige Entschei-
dung jetzt für das Donaukraftwerk Hainburg fällig ist.
SC Meisl verweist darauf, daß jetzt als nächstes entschieden werden
muß, ob und wer an der EFTA-Tagung in Bergen teilnimmt. Er möchte von
Schmidt wissen, ob man Steger diese Reise suggerieren soll. Schmidt
stellt fest, daß auf alle Fälle jemand zur EFTA-Tagung fahren wird,
überhaupt wird Schmidt dann mit Steger die Auslandstermine im einzel-
nen besprechen. Entweder wird immer Steger oder Schmidt fahren.
SC Jagoda macht darauf aufmerksam, daß es jetzt eine Novelle zum Mini-
steriengesetz geben muß, da ja der Konsumentenschutz zur neuen Fami-
lienministerin Karl kommt. Darüber ist Albrecht sehr traurig und ver-
sucht immer wieder jedermann klar zu machen, daß dies keine richtige
Lösung ist, alles war so gut im Handelsministerium vereinbart, gere-
gelt und jetzt durch 13 Jahre von mir aufgebaut, von ihr dann fortge-
setzt, am besten organisiert. Albrecht kann oder will nicht mehr er-
kennen, daß das bei einer politischen Absprache keine Rolle spielt,
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die Sachfrage steht nicht im Vordergrund, sondern eben die politische
Entscheidung. Zum Familienministerium kommt sicherlich der Konsumenten-
beirat, die OECD-,Vertretung vor allem aber die ganze Abteilung Lad-
stätter aus der Gewerbesektion. Jagoda wird nur versuchen die Durch-
führung des § 32 UWG und der Gewerbeordnung im Handelsministerium zu
behalten. Schmidt meint noch ergänzend, auch das Gesetz zur Verbesse-
rung der Nahversorgung, die Kartellverordnung usw. müßten im Handels-
ministerium bleiben, so wie auch das Konsumentenschutzgesetz seinerzeit
vom Justizministerium blieb. Minister Karl ist nicht der Typ, die
ungeheuer um Kompetenzen kämpfen wird. Eine gewisse Befriedigung aber
wird dringends notwendig sein, weil ansonsten die erklärte Gefahr be-
steht, daß die Gründung dieses Familienministeriums in der Öffentlich-
keit noch mehr diskriminiert wird, als dies jetzt schon geschieht.
Präs. Leberl vom Patentamt meint, die INPADOC müßte jetzt zum Patent-
amt kommen, der seinerzeitig beabsichtigte Gesetzesentwurf, der die
Lostrennung vom Finanzministerium vorgesehen hat, ist ja niemals in
der Legislaturperiode besprochen worden. Dr. Kraus, der Gründer des VdU,
der als Nachbar vom Kaiserhaus, wo das Patentamt untergebracht ist,
guten Kontakt mit Leberl hat, hätte ihm erklärt, Steger hätte ein großes
Interesse im Patentwesen. Angeblich gibt es sogar im Eco-Journal der
Presse vor etlichen Monaten ein Interview von Steger, daß er einen
Staatssekretär für das Patentamt vorschlagen würde.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wieso hat niemand bei uns dieses Eco-Journal
gesehen.
Bis zum 20. Mai sind von den Inlandsreisen, 1,1 Mio. S Budgetansatz,
980.000 S freigegeben, 329.422 S, das sind 33,6 % genützt. Bei den
Auslandsdienstreisen von 1,418.000 ist alles freigegeben, 588.077
S, das sind 39,7 % genützt. Von den Repräsentationskosten, 440.000 S,
ist alles freigegeben, 86.300 S genützt, das sind 19 %. Die Budget-
ansätze wurden also in diesen 3 wichtigen Fragen, insbesondere die Re-
präsentationsausgaben, tief unterschritten. Steger und Schmidt haben
hier alle Möglichkeiten, die wahrscheinlich andere Ministerien, die
neu besetzt werden, keinesfalls so günstig übergeben werden. Auch von
dem streng verrechenbaren Pauschale von 4.900 S für den Monat Mai
werde ich 1.120 S aliquoten Anteil dem neuen Minister übergeben. Als
ich gekommen bin, wurde so exakt nicht abgerechnet. Das Handelsmini-
steriumsbudget war damals sogar in einem sehr desolaten Zustand, die
BÜRGES mußte ja bekanntlicherweise unmittelbar vor der Amtsübergabe
von meinem Vorgänger Minister Mitterer noch geschlossen werden.
Ich weiß nicht, ob Steger einen, wie man im Privatleben sagen würde,
Kassasturz verlangt. Ich habe seinerzeit darauf verzichtet, weil eine
solche Feststellung für alle Budgetdetails lange Zeit in Anspruch
genommen hätte. Durch die Fortschreitenden Ausgaben, die ja jeder
Minister gleich vom ersten Tag an bestätigen muß, wäre dann letzten
Endes eine solche exakte Feststellung jeder einzelnen Budgetpost
auch nicht sehr zielführend gewesen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Falls Steger dies verlangt, bitte mir dann
Durchschrift geben.
Auch das Kuratorium für den Fremdenverkehr, derzeit unter Führung von
Sektionschef Jagoda, hatte das Bedürfnis sich bei mir zu bedanken.
Alle, Handelskammer, Gewerkschaften, Gemeinden, Ländervertreter,
strichen hervor, wie viel ich für den Fremdenverkehr getan hab und
wie gut es mit mir zu kooperieren war. Beeindruckend für mich ist
eine einzige Ziffer, die ich noch einmal zwar nicht exakt, aber in der
Tendenz feststellen konnte, es gab früher vor meinem Amtsantritt ca.
1.200 Fremdenverkehrsgemeinden, jetzt gibt es 1.600. Nicht nur die
Übernachtung ist gestiegen, sondern auch die Gemeinden, die sich die-
ses Wirtschaftszweiges heute besonders annehmen.
SC Jagoda wollte vorher von mir die Zustimmung, ob ich nicht andeuten
sollte, daß ich ev. als geschäftsführender Obmann bei der ÖFVW verblei-
ben könnte. Minister Steger hat ja einen diesbezüglichen Wunsch
Benyas sehr positiv aufgenommen und will es mit mir besprechen. Mit
Staatssekretär Schmidt, Jagoda und dem Sekretariat habe ich dieses
Problem angeschnitten, Haffner hätte große Bedenken, weil er meint,
ich würde dann Steger die Schwierigkeit der dortigen Geschäftsführung
abnehmen, würde die ganzen Probleme aus der Welt schaffen und Steger
könnte dann den Ruhm über die weitere gute Fremdenverkehrspolitik
ernten. Diese Sorgen habe ich am allerwenigsten. Jagoda wieder wäre
äußerst glücklich, wenn ich die Funktion übernehme, weil er mich kennt
und weil er hofft, daß durch meine Geschäftsführung dort wirklich auch
für ihn viele Schwierigkeiten nicht auftreten würden. Ich selbst habe
mich zu gar nichts noch entschieden, sondern warte ab, wie mir es
Minister Steger anbieten wird. Sollte es wirklich sein Wunsch sein,
würde ich diese ehrenamtliche Funktion nolens volens übernehmen.
Daß der Fremdenverkehr mein Hobby ist und war, ist ja allgemein bekannt,
ich ersuchte Jagoda, unter gar keinen Umständen der anderen Seite auch
nur eine Andeutung zu machen, dieser Plan, der auf den Geschäftsführer
Zolles zurückgeht, dürfte erst dann mit der Handelskammer und den
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Ländern verhandelt werden, bis er endgültig von Steger entschieden
ist.
Als sozusagen letzte offizielle Handlung habe ich dann noch der deutschen
Firma Züblin, einem Bauunternehmen, das jetzt insbesondere ein großes
Bauwerk für die Bulgaren am Naschmarkt aufführt, dort feierlichst
überreicht. Die Fa. Züblin ist heute mit über 300 Beschäftigten und
einem Umsatz von über 300 Mio. das Bauunternehmen, welches erst 73
von der Stuttgarter Mutterfirma gegründet wurde. Heute aber schon,
sagen die Deutschen selbst, führt das österreichische Zweigwerk Export-
aufträge nicht nur in Bulgarien, Ungarn und in Italien aus, sondern
auch Teile in der BRD. U.a. haben sie die neue Wiener Reichsbrücke
Wettbewerb gewonnen und die Ausführung durchgeführt.
Der bulgarische Botschafter, der selbstverständlich auch dort anwesend
war, wollte mit mir ein Abendessen vereinbaren, wo er auch den Vize-
kanzler Steger und Staatssekretär Schmidt dazu geladen hätte. Ich
habe ihm sofort erklärt, daß diese Vorgangsweise überhaupt nicht
zielführend sein wird. Wenn er wirklich Wert darauf legt, daß ich
und dann auch noch sogar Steger und Schmidt kommen sollen, sollte er
die beiden einladen und fragen, ob sie einverstanden sind, ob ich ev.
auch an einem Mittagessen, nur ein solches kommt für mich infrage,
teilnehmen könnte. Vizekanzler Steger, aber wahrscheinlich auch Staats-
sekretär Schmidt werden ja nach meinem Dafürhalten und aufgrund der
Erfahrung, die ich gemacht habe, eine solche Unzahl von Essenseinla-
dungen bekommen, daß sie kaum an Abschiedsessen für den Handelsminister
Staribacher großes Interesse entwickeln werden, eher das Gegenteil.
So wie immer hatte ich dem Chauffeur für das Wochenende und ganz
besonders natürlich für die Pfingstfeiertage freigegeben. Ich war
daher sehr überrascht, daß der neue BMW gerade am Pfingstsonntag
dann ausgefallen ist, dies noch dazu in Weidlingbach, wo man kaum
öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung hat. Ich erinnerte mich
noch daran, daß, als ich das Ministerium vor 13 Jahren übernommen
habe, fast zur selben Zeit auch das damals mir übergebene
amerikanische Auto des Ministers Mitterer auch gleich bei unserer
ersten Ausfahrt in Niederösterreich auf der Autobahn-Süd zusammen-
gebrochen ist. Damals mußte mich, glaube ich, die Gendarmerie nach
Wien befördern. Am Anfang meiner Ministertätigkeit, am Ende meiner
Ministertätigkeit, der Zusammenbruch also der Dienstautos. Wenn
sonst allerdings während meiner ganzen Ministertätigkeit nicht
mehr passiert ist, soll es mir recht sein.
Auf alle Fälle ist dies das letzte diktierte Tagebuch, was ich damit
anfangen werde, weiß ich nicht. Ursprünglich ist es handschriftlich
entstanden, weil ich in der Nacht nicht schlafen konnte. Jetzt habe
ich natürlich durch 13 Jahre diese Gewohnheit beibehalten. Froh bin
ich, wenn ich's dann nicht mehr abdiktieren muß. Fast könnte ich
sagen, die Ära Kreisky ist zu Ende, daher auch meine. Viele behaupten,
daß es sich hier um ein zeitgeschichtliches Dokument handelt, von
ungeheurer Bedeutung. Diese Meinung teile ich keineswegs, sicherlich
sind die Aufzeichnungen ein Unikat, ob man damit etwas anfangen kann,
weiß ich nicht. Früher oder später wird sich vielleicht ein oder
der andere Historiker dafür interessieren. Die angeblich 15.000 DIN A4
schreibmaschingeschriebenen Seiten waren eine furchtbare Arbeit. Ich
habe sie in keiner einzigen Phase gerne gemacht. Morgens, wenn ich wach
wurde, habe ich immer geflucht. Ich habe sie hauptsächlich deshalb
geführt, um meinen Mitarbeitern die beste Informationsmöglichkeit
zu geben. Alle haben immer gesagt, sie brauchen diese Unterlagen
äußerst dringend. Meiner Aufforderung aber, sie sollen event. auch
so etwas als Ergänzung zumindestens schreiben, sind außer wirklich
sporadischen Bemerkungen, nur Vecsei hat wenigstens ein bißchen mehr von
den Pressereferentengesprächen abdiktiert, sonst aber niemand nachge-
kommen. Auch auf diesem Gebiet, bin ich drauf gekommen, es gibt keine
Teamarbeit, indem man sagt, ich informiere euch mit diesen Tagebuch-
Mitteilungen, bitte macht es auch ihr. Selbst Albrecht sagte, sie hätte
nicht diese Ausdauer. Ich glaube aber, bei Albrecht spielt noch mit,
daß sie als Journalistin nicht bereit war, so wie ich, ganz einfach
abzudiktieren und dann nicht einmal mehr durchlesen. Wenn man aber zu
korrigieren anfängt, dann bedeutet dies, daß man wesentlich mehr Ar-
beit aufwenden muß. Wie denn auch sei, meine Funktion ist zu Ende,
damit auch diese Tätigkeit. Beides war sehr anstrengend, ich möchte
sie nicht wieder haben, andererseits möchte ich sie aber auch nicht
missen.
ANMERKUNG FÜR SEKRETARIAT: Herzlichsten Dank auch für die ungeheure
Schreibarbeit.
Tagesprogramm, 20.5.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Typoskript "Anstehende Probleme"