Dienstag, der 26. April 1983

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Dienstag, 26. April 83

Der Sänger Serafin bekam die goldene Ehrenplakette der ÖFVW. Bei der
Überreichung konnte ich mich bei ihm herzlichst bedanken für seinen
Einsatz, den er sowohl in Amerika als vor allem jetzt in der BRD bei
seinen Tourneen für die ÖFVW leistet. Überrascht war ich zu erfahren, daß
er dafür keinen Schilling von der ÖFVW bekommt. Noch mehr überrascht war
ich aber, als ich sah, wie er sich sichtlich freute diese Auszeichnung zu
bekommen und dies, wie er im Dankeswort sagte, noch von mir persönlich.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Mit Zolles besprechen wem wir noch eine solche
Freude bereiten könnten.

Bei der Kranzniederlegung zum 38. Tag der Befreiung Österreichs beim
Heldentor wußte weder ich noch die anderen Regierungsmitglieder, wie jetzt
die 13 Jahre in den seltensten Fällen, warum dieses Zeremoniell abgewickelt
wird. Kreisky selbst, wie ja Rösch immer wieder klagt, hat für diese mili-
tärische Zeremonie gar nichts übrig, Verteidigungsminister Rösch ärgerte
sich daher immer wieder darüber, die Militärs beklagen sich bei ihm, daß
Kreisky zwar bereit ist, im Ausland die ausländischen Ehrenkompanien
entsprechend militärisch exakt und protokollgemäß abzuschreiten, in Öster-
reich ist dies nicht im Protokoll, entsprechend auf besonderen Wunsch
Kreiskys. Ich bin überzeugt, daß in dieser Frage es keine Schwierigkeiten
geben wird.

Bei der Ministerratsvorbesprechung meinte Kreisky, es gibt eigentlich nicht
viel zu besprechen. Sonst war die Ministerratsvorbesprechung eben eine
Tour d'Horizon, jetzt möchte er aber doch wenigstens die Frage aufwer-
fen, wieso es zu der Wahlniederlage gekommen ist. Wir hätten, und er betonte,
daß er dafür die volle Verantwortung trägt, dem Volk mehr zugemutet. Er
hätte es wegen des bescheidenen Opfers für den Wohlstand den wir erreicht
haben überschätzt, wir konnten es über gewisse Dinge die notwendig sind
nicht überzeugen. Die SPÖ ist aber nach wie vor die größte sozialdemo-
kratische Partei der Welt. Die Latte die absolute zu erhalten war sehr
hoch gelegen. Die Reibungsverluste mit 2 bis 3 % waren eigentlich nach
13 Jahren Regierungszeit normal. Das Konferenzzentrum, die Besteuerung des
13. und 14. Monatsgehaltes, die Quellensteuer konnten wir der Bevölkerung
nicht erklären.

Die 50 bis 60.000 Vorzugsstimmen für Cap zeigt ein gewaltiges Unbehagen
innerhalb der Partei.



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Innerhalb des Parteipräsidiums herrschte die Meinung, daß wir offen
für jede Lösung sein müssen. Die ÖVP werde man aber nicht aufmöbeln mit
ihrem verhältnismäßig geringen Stimmenzuwachs von 1,3 %. Die ÖVP müßte
man weitere 4 Jahre aus der Regierung heraushalten. Es stellt sich ja
die Frage, wie es überhaupt möglich sein würde, mit ihr eine Regierungs-
basis zu finden, nachdem sie alles heftigst bekämpft. Die Frage ist, was
akzeptiert die ÖVP oder aber auch umgekehrt, was können wir akzeptieren.
Bei dieser Medienüberlegenheit der bürgerlichen Seite, die sich ja aus-
schließlich gegen uns gerichtet hat, würde alles was ein Erfolg bei der
nächsten Arbeit wäre, als VP-Erfolg dargestellt werden, alles, wo wir
unangenehmes zu machen hätten, würde man die Sozialdemokraten verantwort-
lich machen.

Im Präsidium hätte er vorgeschlagen, daß bereits im Juni er auch als Ob-
mann der Partei zurücktritt, dort erklärte man sich aber nicht damit be-
reit, dies würde erst später erfolgen. Nochmals will er feststellen, daß
er dies nicht für wünschenswert hält. Es ist nicht gut, wenn im Schatten
des Bundeskanzlers Kreisky als Obmann der Partei agiert. Er wird daher
diese Funktion sehr zurückhaltend ausüben. Dasselbe gilt auch für die
Frage seines Nationalratsmandates, er war niemals ein richtiger Parla-
mentarier, er hat ja eigentlich nur als vier Jahre Oppositioneller dort
gewirkt. Sonst war er ja immer stets in der Regierung.

Die SPÖ wird sehr genau prüfen müssen, was haben wir laufen lassen, was
müßte geschehen. Kreisky hat das Gefühl, daß eine Grundstimmung in den
Ländern herrscht, wo eine Landespolitik gegen die Bundespolitik gerichtet
ist. Dabei nimmt er aber die Landesparteivorsitzenden aus, die gerade
eine ungeheure Loyalität gegenüber der Bundespartei haben. In der Zwi-
schenschicht, also die Mittelfunktionäre in den Ländern haben aber eine
andere Auffassung. Darin sieht er die Hauptaufgabe, diese Stimmung zu
ändern.

Nicht geglückt ist es uns Politikern, den Leuten näher zu bringen, daß sie
eben auf den berühmten Tausender pro Jahr verzichten sollen, natürlich
fragt er sich jetzt und prüft sich selber, wie wäre es sonst gegangen.

Der Abschwung innerhalb der SPÖ ist in den 80er-Jahren bei der Kampagne
gegen das AKH losgetreten worden. Die SPÖ gilt seit dieser Zeit nicht
mehr an eine saubere Partei. Die Frage, warum der ÖVP der WBO-Skandal
nicht geschadet hat, ist eine ganz andere. Seit Krauland, Haselgruber,
Müllner usw. erwartet man von der ÖVP nichts anderes. Die Sozialisten
hatten einen anderen Ruf.



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Er möchte sich bei der Regierung herzlichst bedanken, es ist die beste
seit 1945, er weiß dies, weil er ja jahrzehntelang auch in anderen Regie-
rungen mitgewirkt hat. Diese Regierung hat große Dinge geschaffen und
personell gigantisches geleistet, mit einer einzigen Ausnahme, er nannte
den Namen nicht, herrsche keine Kameraderie und gäbe es keine persönliche
Bereicherung. Meinungsunterschiede, die es gegeben hat, wird es immer geben
und sie öffentlich auszutragen schadet gar nicht, es wäre sonst eine
Schwäche der Toleranz die man üben muß. Diese Diskussionen seien übri-
gens in der Partei schlechter angekommen als in der Öffentlichkeit.
Kreisky wird Sinowatz persönlich jederzeit zur Verfügung stehen, soferne
er überhaupt einen Rat braucht.

Die Freiheitlichen werden bis auf 2 nicht mit der ÖVP gehen. Es besteht
eine deutliche Bereitschaft, daß sie verhandeln wollen, wenn die Freiheit-
lichen allerdings glauben, sie können ein Lambsdorff-Paket vorlegen, dann
wird es zu keinen Ergebnissen kommen. Um eine echte Zusammenarbeit zu
ermöglichen, werden sie die sozialistischen Forderungen akzeptieren
müssen. Erstens, die Verstaatlichte muß außer Streit gestellt werden, es
kann keine Zusperrpolitik dort geben, sonst gibt es in vier bis fünf
Jahren Industriefriedhöfe in Niederösterreich, Ternitz, in Teilen der
Steiermark, Obersteiermark usw. Der stellvertretende GD nach Apfalter
der Verbund, Fegerl z.B. würde Donawitz gerne auf Kosten von Ternitz heraus-
helfen.

Prinzipiell muß die Wirtschaftspolitik der SPÖ nach wie vor betrieben
werden können, Wirtschaftspolitik kann nicht subsidiär sondern nur essen-
tiell Bestandteil der Förderungsmaßnahmen in bestimmten Richtungen sein.

In der Kulturpolitik wird man sich leicht treffen können.

Viertens, für die Sozialpolitik muß es bestimmte feste Punkte geben, die
unbestritten sind.

Fünftens, in der Außenpolitik wird es keine differenten Auffassungen
geben.

Die Freiheitlichen haben einen inneren Prozeß mitgemacht, die alten
Nazis sind sie los geworden, alle, die wir 34 und 38 miterlebt haben,
gratuieren diese Ereignisse, die man damals der Arbeiterbewegung angetan
hat, nicht sehr. Der Personenvorschlag, den die Freiheitlichen machen wer-
den, können wir uns nicht aussuchen, sollten wir auch nicht öffentlich
diskutieren. Es könne nicht jetzt von uns bestimmt werden, wer in die


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Regierung von der FPÖ gelassen wird. Da würden wir das Verhältnis sofort
destabilisieren.

Ein Bürgerblock mit 93 Stimmen gegen die 90 der SPÖ wird auch nicht
gehen. Auch 66 bis 70, also in der ÖVP Alleinregierung hat die Sozial-
partnerschaft gut funktioniert. Damals allerdings wurden oft Weichen ge-
stellt, die für den Staat sehr viel kosteten. Der damalige Verhandlungs-
leiter für die öffentlich Bediensteten, Genosse Weisz hat ihm erzählt,
Gott sei Dank stellen wir jetzt nicht den Finanzminister, denn die Erfolge,
die damals errungen wurden, an die müssen wir heute noch zahlen. Finanz-
minister Schmitz hatte sich damals ja, um eben ihre Beamte zu gewinnen
und zu befriedigen nicht durchgesetzt und alles akzeptiert.

Die ÖVP wird Leimruten auslegen, sie werden 5 bis 7 Minister letzten Endes
verlangen und die Finanzierungsschwierigkeiten uns überlassen. Die ÖVP
wird eine Koalition, die höchstens 1 1/2 Jahre halten wird, anstreben und
dann werden die Bergmanns, Steinbauers und Genossen alles sabotieren. Die
ÖVP hat einen Kurswechsel angekündigt und möchte ihn natürlich bis zur
nächsten Wahl herbeiführen. Ich habe lange für eine große Koalition
gekämpft, die dann nicht gekommen ist, sondern die ÖVP-Alleinregierung
66 bis 70.

Die Freiheitlichen bieten nicht nur eine vierjährige Koalition, sondern
auch eine längere. Darauf bräuchte man und sollte man aber nicht einge-
hen.

Nach dem Ministerrat, wo der die Demissionierung einbringen wird, wird
dann beim Bundespräsidenten diese durchgeführt und wir werden mit der
Geschäftsführung betraut.

Sinowatz meinte, die Wahlergebnisse sollte man nicht verniedlichen, aber
nach 13 Jahren Regierung einer Weltwirtschaftskrise sei ein Verlust von
3 % Stimmen, von denen die ÖVP nur 1,3 % gewinnen konnte, keine Katastrophe.
Die SPÖ ist jetzt so stark wie seinerzeit die ÖVP, als sie mit diesen
48 % eine Alleinregierung infolge der Mandatsstärke des Wahlsystems bilden
konnte. Daß jetzt Kreisky nicht mehr zur Verfügung steht und kandi-
diert, ist ein schlechteres Ergebnis als das Wahlergebnis. Er möchte be-
sonders herausstreichen, daß sich im Parteipräsidium alle zu Wort ge-
meldet haben, dort herrschte die übereinstimmende Meinung, daß die ÖVP
ausgeschaltet werden muß, und daß Kreisky so lange als möglich zur Ver-
fügung stehen sollte. Die Autorität Kreiskys braucht er und er hat ein
Gefühl der Kollegialität wird weiterbestehen.



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Lanc meinte, diese neue Richtung sei in der SPÖ nicht unbestritten. Man
wird mit der Vergangenheit der FPÖ innerhalb der Partei Schwierigkeiten
haben. Um so wichtiger ist es, daß Exekutivministerien nicht aufgegeben
werden. Er berichtet dann über die Wahlkartenwähler, die der SPÖ im
Schnitt 3,38 % minus bringen, die ÖVP ist aber gleich. Die ALÖ und die
Grünen sind bei den Wahlkarten überrepräsentiert. 47,65 % ist das Ergeb-
nis der Sozialisten, 43,22 % der ÖVP, 4,98 % der FPÖ, 0,66 % der KPÖ,
1,36 % der ALÖ und 1,93 % der VGÖ, 0,12 % Olah und die anderen 0,8 %.

Fast meldet sich so wie immer auch wieder zu Wort und erklärt, die ÖVP
hat im Wahleinsatz am Freitag ich weiß nicht was noch alles getan, daß
sich dafür niemand mehr interessiert, fällt ihr glaube ich gar nicht mehr
auf. Unfair hätte die ÖVP das Mallorca-Paket von Kreisky und Finanzmini-
ster mit Flugzetteln und kleinen Posters besonders herausgestrichen.
Kreisky meinte dazu nur, das stärkt eben seine These, wie man jetzt die
ÖVP behandeln soll und das ganze wird ja für die ÖVP zu einer großen
Zerreißprobe.

Im Ministerrat teilt mir dann zwar nicht offiziell, so daß es eigentlich
nicht im Protokoll steht, für uns aber entscheidend Haiden mit, daß
zwar Reisch vor Accordino-Verhandlungen vom Landwirtschaftsministerium
genannt wurde, er aber nicht daran teilnehmen wird. Haiden sagt, wir werden
den Tirolern nicht, die an Vieh und Milch besonders interessiert sind, und
die anderen an Obst und Wein, bei den Accordino-Verhandlungen mit Italien
die Möglichkeit geben, uns wieder zu attackieren. Es sollen nach seiner
Auffassung bei den Landwirtschaftskontingenten nichts geschehen, eshalb
auch kein Vertreter des Landwirtschaftsministeriums mitfahren sollte.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte versuch rauszubekommen wie die Bürokratie
darüber denkt.

Kreisky liest dann den mündlichen schriftlich vorliegenden Bericht der
Demission, genehmigen.

Salcher präsentiert dann noch die neue 500-S-Münze Wiener Rathaus. Von
der 500.000 Stück geprägt werden sollen.

Kreisky hielt dann im Foyer noch ein kurzes Pressegespräch, wo er sich
sozusagen als Bundeskanzler verabschiedete, Vecsei, der daran teilnahm,
war gerührt und meinte, in Amerika hätte irgendjemand ihm für seine auf-
geschlossene Pressearbeit, die er die 13 Jahre geleistet hat, gedankt.
Vecsei kennt noch immer die Kategorie Dank in der Politik nicht.



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Richtig ist, daß gerade Kreisky in den ersten Jahrzehnten als Medien-
kanzler hohe Achtung und Anerkennung von den Journalisten gehabt hat.
Jetzt fühlen sie aber auch gar keinen Grund, ihm dafür besonders zu danken.
Typisch für mich war, daß, als dann Sinowatz erschien, er nicht nur sofort
mit Fragen umlagert wurde, sondern die ganzen Pressefotografen sich nur
mehr auch beim Gang zum Bundespräsidenten auf ihn stürzten. Die Demission
und die Vereidigung auf die geschäftsführende Regierung erfolge fast
würde ich auch sagen wie gehabt.

Im Wiener Vorstand berichtete diesmal interessanterweise nur Bürgermeister
Gratz, er stellte fest, daß wenn auch die Wiener nur 1,7 % Stimmen ver-
loren, es sich um keinen Sieg Wiens gegenüber der Bundespolitik handelt.
Wien hat allerdings im Verhältnis zu den anderen Städten, Graz, Linz
und Salzburg sehr gut abgeschnitten. Dies ist darauf zurückzuführen, daß
erstens 50.000 Stimmen mehr die SPÖ bekommen hat als bei den letzten
Gemeinderatswahlen 78, wo ja bekanntlicherweise über 100.000 allerdings
zu Hause blieben. Zweitens man darf aber nicht vergessen, daß jetzt
4 Jahrgänge neu zur Wahl gekommen sind, die die in der Zwischenzeit gestor-
benen und weggezogenen, insgesamt 142.000, ersetzen mußten, wenn man bedenkt,
daß diese gestorbenen und weggezogenen wahrscheinlich auch zu 60 %
sozialistische Wähler waren, so sind das ungefähr 80.000, das ergibt, daß
130.000 neue Sozialisten gewählt haben oder wiedergewählt haben.

Die SPÖ können sich nicht aus der Verantwortung bei diesen 48 % ihrer
Wähler drücken. Busek hat erklärt, er wird in zwei Etappen Bürgermeister.
Die ÖVP hat 42 Mandate erwartet, 37 hat sie mit 2 Zuwächsen nur bekommen.

Gratz ersuchte um die Ermächtigung bis zum nächsten Wiener Vorstand,
der diesmal am Dienstag den 3. stattfinden wird, den Stadtsenat, den Klub,
den Landespräsidenten, den Gemeinderatsvorsitzenden, die Bundesräte vorzu-
schlagen. Jetzt braucht er aber sofort einen Beschluß wegen der Rest-
mandate, Wien bekommt eines, dieses hat man im Präsidium besprochen, müßte
unbedingt Matzenauer als Schulsprecher und Stadtschulratspräsident
bekommen. In der Diskussion meldete ich mich sofort zu Wort und erklärte,
daß mindestens so wichtig wie ein Schulsprecher auch der Energiesprecher
ist. Der nächste auf der Liste, der nicht zum Zuge kommt, ist Heindl, das
zwanzigste Mandat das er gehabt hätte wäre ja ganz sicher gewesen, durch
die Vorzugsstimmen Caps aber ist er jetzt draußen. Meine Argumente wurden
nicht berücksichtigt, Gawlik meinte, die Schule sein das wichtigste jetzt
auch im Nationalrat entsprechend zu vertreten. NR Schranz bemerkte nur, es
gibt ja gar keine Sprecher innerhalb des Klubs. Bei der Abstimmung war
ich der einzige, der für Heindl plädierte.



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Gratz verwies dann darauf, daß es notwendig sein wird, aufgrund des Wahl-
ergebnisses den Stadtsenat zu verringern, die sozialistische Seite muß
von 10 auf 9, die ÖVP wird 5, allerdings nicht amtsführende Stadträte
haben. Der Versuch eine Koalition zu machen würde daran scheitern, daß
die ÖVP nach wie vor eine Verfassungsänderung wünscht, wäre dies der
Fall, könnte die ÖVP dann immer argumentieren, sie wolle ja gar keine
Koalition, aber die Verfassung zwingt sie dazu. Gratz wurde beauftragt
wie das Präsidium dann vorgeschlagen hat, daß er die Verhandlungen bis
zum nächsten Wiener Vorstand führen und dann auch abschließen sollte.

In der Diskussion wurde primär über die Bundesregierungsfrage, Freiheitliche
Beteiligung usw. diskutiert. Außer den Vertretern der SJ, Faymann, und der
JG, Häupl, meinte nur noch Schemer vom 22. Bezirk, daß er und seine
Funktionäre sich große Sorgen wegen der verlässlichen Partnerschaft der
Freiheitlichen macht. Er befürchtet, daß damit der deutsche Weg beschrit-
ten wird. Bei den nächsten Wahlen würde man auch schwer wieder die absolute
Mehrheit erringen, denn links von der SPÖ liegt nichts, da kann man
sich nichts holen, und die Mitte wird jetzt durch die Freiheitlichen ver-
sucht werden zu bekommen. SJ und JG wieder stehen auf dem Standpunkt,
die Opposition wäre das beste, Steger sei wie Genscher käuflich, die
FPÖ wird uns genauso wie die FDP in Deutschland Schmidt getrieben hat
auch treiben. Gehen wir jetzt in die Opposition ist dies besser, denn in
vier Jahren wird man uns sowieso dazu zwingen. Die anderen Dutzend
Diskussionsredner meinten aber, wir haben gar keine andere Wahl als
eben dies mit der FPÖ zu versuchen. Gratz war über die Diskussion sehr
glücklich und meinte, erstmals wieder hat es eine politische Debatte
gegeben.

Zu den Gemeindeproblemen hat nur Gawlik gesagt, man dürfe nicht auf
der einen Seite wieder Monstergeschäftsgruppen bilden und auf der
anderen Seite ganz magere nur um Personenbesetzungen zu ermöglichen.
Der Gewerkschaftsvertreter der Gemeindebediensteten Pöder hat besonders
darauf verwiesen, daß keine Konstruktion der Verwaltung kommen soll
um persönliche Wünsche zu erfüllen, das Personal und die Wirtschafts-
einheit sollte gewahrt werden, es wäre z.B. sehr schlecht so wie die
Stadtwerke auch die Krankenhäuser zu einer eigenen Gesellschaft zu-
sammenzuschließen.

Im Wiener Ausschuß war dann Staatssekr. Albrecht so lieb, alles mitzu-
schreiben, da zur selben Zeit im ÖGB Bundesfraktion tagte.

Dort hat Kreisky ebenfalls über die Verhandlungen berichtet, ergänzend
zu dem was er in der Regierung sagte, meinte er nur, die Freiheitlichen


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seien so fest gefügt wie auch die ÖVP eigentlich ist, denn Sallinger
konnte zwar immer nur erklären, er ist für die UNO-City, für das Kern-
kraftwerk Zwentendorf, durchsetzen konnte er sich nie. Die Freiheitlichen
werden außer Stix und Haider, den man am liebsten als Vizebürgermeister
in Klagenfurt, von Seite der Freiheitlichen sehen würde, mit der Steger-
Politik mitgehen. Kreisky hätte bereits vor drei Wochen, als er bemerkte,
daß Reibungsverluste entstehen, Regierungsgespräche mit Steger geführt.

Kreisky verwies auch darauf, daß wir uns auf die nächsten Bundespräsi-
dentenwahlen einstellen müssen. Die Idee, daß Waldheim von beiden
großen Parteien vorgeschlagen wird, wie er sich's vorstellt, hat er jetzt,
glaube ich, auch schon wieder aufgegeben. Die Volkspartei wird wahr-
scheinlich Ratzenböck präsentieren. Wäre heute Bundespräsident Lugger,
den die Volkspartei seinerzeit gestellt hat, dann wären wir heute in
einer permanenten Krise. Nur Jonas hat 70 die Minderheitsregierung
zugelassen und dann auch 71 den Neuwahlen zugestimmt.

Wenn die Vereinbarung mit den Freiheitlichen nicht zustande kommen kann,
wäre die SPÖ halt dann nicht mehr in der Regierung. Kommt die Verein-
barung zustande, dann muß es für beide Teile gleich sein, wer sie bricht,
muß Nachteile fürchten. So eine Vereinbarung gilt es zu finden. Einen
Bürgerblock befürchtet Kreisky nicht, denn der ÖGB und die Gewerkschaften
sind sehr stark. Er bittet daher auch von der Fraktion den ÖGB die
Verhandlungsvollmacht, der Führer der Fraktion Czettel ist ja dabei,
man ist nach allen Seiten offen, aber es gibt unantastbare Punkte, wie
eben verstaatlichte, soziale Kultur und Außenpolitik.

Benya dankte Kreisky für den Einsatz, den er geleistet hat als Dienst-
geber für den öffentl. Dienst aber insbesondere dann für alle anderen
auch die Betriebe der Verstaatlichten. Er und Kreisky hätten ja gemeint,
bei 91 Mandaten hätten wir es noch einmal versucht mit einer Minderheits-
regierung, jetzt geht es nicht mehr und so muß eben verhandelt werden.

Für die Loyalitätserklärung Benyas bedankte sich Kreisky neuerdings, beide
umarmten sich gerührt und weinten.

Nenning erklärte, er müsse sich leider zu Wort melden, denn die Fraktion
der Gewerkschaft 4 Kunst und freie Berufe hätte einen Präsidiumsbeschluss
fraktionell gefaßt, denn er mitteilen muß. Eine Regierungsbeteiligung
mit der FPÖ bedeutet die nächste Wahlniederlage. Die gründliche Dis-
kussion bei einem zeitweisen Übergang in Opposition wäre besser. In dieser Übergangs-
phase könnte sich die Partei erneuern, sozialistische Ideen wiederfinden


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und für die nächste Wahl vorbereiten. Er weiß, es bleibt mit dieser
Idee in der Minderheit, möchte aber folgenden Denkanstoß geben. Unsere
Verluste sind entstanden erstens bei den Arbeitern, für die verlasst
der Sozialismus immer mehr, zweitens bei den Bürgerlichen, den soge-
nannten Kreisky-Wählern, diese stehen Mitte links von der ÖVP, wenn die
Freiheitlichen und wir eine Koalition machen, sind sie dann absolut gegen
uns, drittens bei den Jugendlichen, denen die Freiheitlichen ein Greuel
ist. Die Freiheitlichen haben 5 % der Stimmen, es wird immer eine innere
Spannung zwischen den Sozialisten und den Freiheitlichen geben, bei
einer zeitweiligen Opposition würde der ÖGB eine größere Wirkungsmöglich-
keit haben, eine offensivere Gewerkschaftspolitik machen und die SPÖ
sich erneuern können.

Kreisky meinte zu Nenning, er dürfe doch die ALÖ, die er ja ganz besonders
fürchte, nicht überschätzen. Wir haben 3 % der Stimmen verloren, das
sind ca. 150.000, die ALÖ hat insgesamt nur 60.000. Gewerkschaft Kunst,
freie Berufe sollte sich überlegen, was ein Busek als Kulturreaktionär
inkraft in einer Regierung machen könnte, die Liberalität der letzten
Jahre wäre dann sehr bald weg. Sonst meldete sich in der Diskussion
niemand mehr.

Mit Wiener Fraktionsobmann Pöder und Benya besprach ich das Problem
der Reststimmenmandate. Das Parteipräsidium von Wien hat über den Landes-
parteisekretär Sallaberger mich seinerzeit ersucht, mein Nationalrats-
mandat Pöder zur Verfügung zu stellen, was ich natürlich sofort und gern
akzeptierte. Jetzt meint Pöder, müßte doch für die Landstraße, da ja
Heindl jetzt rausgefallen ist, mein Mandat gesichert bleiben. Er betrachte
daher, daß ich keinesfalls mein ihm gegenüber im Wort bin, ich selbst
aber habe Benya dezidiert erklärt, wir müssen nicht nur für Heindl,
sondern auch für Pöder eine Lösung finden. Benya bekräftigte, daß Heindl
im Nationalrat, nicht nur als Energiesprecher, sondern ganz allgemein
überall einsetzen kann, notwendig ist. Das Problem Pöder muß aber genau-
so gelöst werden, Benya hat sowieso jetzt eine Aussprache mit Gratz.

Mit den Bauarbeitern, Rautner und AK-Präs. Hesoun, Benya und Hofstetter
besprach ist dann die notwendige schnelle Entscheidung für Hainburg,
wir kamen überein, daß ich Kobilka ersuchen soll, unverzüglich jetzt
die Wasserrechtsanträge zu stellen und damit in der Regierungsbildung
oder zumindestens unmittelbar sofort danach die notwendigen Beschlüsse
vom Landwirtschaftsministerium bezüglich der bevorzugten Wasserbauer-
klärung und Durchführung eben auf den optimalen Standpunkt Hainburg ge-
geben werden kann. Ich habe von dieser Besprechung und dem Beschluß so-


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fort Kobilka verständigt, dieser erklärte mir, es wird spätestens
Anfang nächster Woche alles beim Landwirtschaftsminister eingereicht.

Auch bei uns auf der Landstraße gab es dann abends eine lange Diskussior
über die Regierungsbildung, außer Bedenken der soz. Jugend haben alle
meinem Bericht zugestimmt.

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Tagesprogramm, 26.4.1983

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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Tagesordnung 174. Ministerratssitzung, 26.4.1983

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Nachtrag TO 174. Ministerratssitzung, 26.4.1983

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hs. Notizen (Nachtrag TO MR-Sitzung Rückseite)

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Wiener Ausschuss

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70_0539_09
Tätigkeit: BK BRD, SPD


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Unterrichtsminister


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Produktionsdir. VÖEST, ÖVP


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Obmann Gew. Gemeindebedienstete


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: LH-Stv. NÖ, ÖVP


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Präs. OeNB


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
              GND ID: 119083906


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Dir. DoKW


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Sts. HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg.


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Abg. NR, ÖVP


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Präsident AK
                        GND ID: 121924882


                        Einträge mit Erwähnung:


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: gf. Präs. Wr. Stadtschulrat


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                              Tätigkeit: GD VÖEST


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                                Tätigkeit: Journalist
                                GND ID: 119318245


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                                  Tätigkeit: Beamter LWM


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                                    Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


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                                      Tätigkeit: FSG-Vors., SPÖ-Klubobmann, Volksanwalt


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                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: GF ÖVP


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                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: MR HM


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                                                Tätigkeit: Innsbrucker Bgm., BP-Kandidat 1974


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                                                  Tätigkeit: Präs. AK NÖ


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                                                    Tätigkeit: Sts.


                                                    Einträge mit Erwähnung:


                                                      Einträge mit Erwähnung:


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                                                          Tätigkeit: UNO-Generalsekretär


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            Tätigkeit: Bundespräsident bis 1974


                                                            Einträge mit Erwähnung:


                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                                                GND ID: 102318379X


                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                  Tätigkeit: Leitender Sekretär ÖGB, SPÖ-NR-Abg.
                                                                  GND ID: 136895662


                                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                                    Tätigkeit: Vors. SJ Wien ab 1981


                                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                                      Tätigkeit: Wr. SPÖ-GR-Abg.


                                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                                        Tätigkeit: Obmann Gew. Bau-Holz


                                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                                          Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


                                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                                            Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


                                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                                              GND ID: 118937308


                                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                                Tätigkeit: Direktor ÖFVW


                                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                                  Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


                                                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                                                    Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


                                                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                                                      Tätigkeit: FPÖ-Obmann


                                                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                                                        Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                                                        GND ID: 118566512


                                                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                                                          Tätigkeit: BRD-Außenmin.


                                                                                          Einträge mit Erwähnung:


                                                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                                                              Tätigkeit: Pressesprecher Staribachers


                                                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                                                Tätigkeit: ehem. ÖVP-Politiker


                                                                                                Einträge mit Erwähnung:


                                                                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                                                                    Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


                                                                                                    Einträge mit Erwähnung: