Mittwoch, der 13. April 1983

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Mittwoch, 13. April 1983

Der DDR-Botschafter Schramm hat mich ganz entsetzt angerufen, daß in
der Wiener Zeitung die Vereinbarung zwischen Staatssekretär Beil und
mir wortwörtlich abgedruckt ist. Ich möchte sofort darüber auch mit
Staatssekretär Beil selbst sprechen. Dieser erklärte ganz entsetzt,
daß er davon gehört habe, er hätte sofort die politischen Instanzen
verständigt, er vermutete, daß ich aus wahltaktischen Gründen diese
Information weitergegeben habe. Ich konnte ihm nur erklären, daß ich,
obwohl ich sonst bei allen Ministerratssitzungen anwesend war, gerade
dieses Mal nur bei der Vorbesprechung gewesen bin, da ich zur Welser Messe
fahren mußte. Ich versprach zu untersuchen, wie es zu dieser Panne ge-
kommen ist.

Dr. Haffner wurde vom zuständigen Referenten im Handelsministerium,
MR Tschach, gefragt, ob auf dem Ministerratsvortrag vertraulich drauf-
geschrieben werden sollte. Er hat versprochen dies mit mir zu bespre-
chen, er ist dann aber nicht mehr dazugekommen. Tschach hat daher diesen
vertraulichen Vermerk nicht gemacht, SC Neumayer vom BKA, der die Presse
und Aussendungen macht, hat daher, und dies habe ich während meiner
13 jährigen Ministerschaft nie erlebt, den gesamten Vertrag wortwört-
lich in das Pressekommunique gegeben. Auch darauf wurde ich von nieman-
dem aufmerksam gemacht, früher war es so, daß vor dem Ministerrat resp.
während der Ministerratssitzung der für die einzelnen Punkte zuständige
Minister ausdrücklich durch einen Vermerk auf dem Pressekommunique
auf seine Punkte aufmerksam gemacht wurde und sogar die Stellungnahme
von ihm dazu verlangt wurde. Staatssekretär Albrecht berichtete mir
dann, in der Ministerratssitzung hat Kreisky besonders meine Zähigkeit
und gute Verhandlungsführung und vor allem so positives Ergebnis mit
dem DDR-Handel hervorgestrichen. Sie vermutet, daß dies ein Grund
war, daß SC Neumayer dann diese Verlautbarung hinausgegeben hat.

Kreisky, den ich, nachdem Beil auch die höchsten politischen Gremien,
sprich wahrscheinlich Dr. Mittag, wenn nicht gar Honecker verständigt
hat, wurde daher von mir entsprechend informiert, er meinte, ich sollte
untersuchen, wieso Neumayer überhaupt eine solche Aussendung gemacht
hat und ob der Beamte des Handelsministeriums dies veranlaßt hat.

Staatssekretär Beil hofft, daß keine weitere Publikation erfolgt, ihm
ist es deshalb besonders peinlich, weil natürlich jetzt die anderen


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Länder auch auf diese spezielle Lösung und insbesondere die Details
wie Termine, Zahlungsmodalitäten usw. bekannt wurden. Währen meiner
13-jährigen Ministerschaft ist mir ein solcher Lapsus noch niemals
untergekommen. Meine Ausrede, die ich mir selbst mache, ich war eben
im Ministerrat nicht anwesend, gilt nicht; auch daß es in 13 Jahren noch
niemals vorgekommen ist. So etwas darf ganz einfach nicht passieren.

Der zypriotische Handelskammerpräsident Avraamides ist auf Einladung
der Bundeshandelskammer in Österreich und legt natürlich Wert darauf
auch mit mir Gespräche zu führen, die Handelsbeziehungen zwischen dieser
zweigeteilten Insel sind minimal, in den letzten Jahren haben wir
von 40 bis 60 Mio Waren importiert und normalerweise auch nicht sehr
viel mehr exportiert. Nur in den letzten Jahren war durch die Lie-
ferung des Kraftwerkes und vor allem durch stärkere Papierlieferungen
der Export von 145 auf 300 Mio. gestiegen, jetzt ist er wieder auf das
normale Ausmaß zurückgefallen. Die zypriotische Handelskammer hofft,
daß jetzt durch ihre Aktivität Kleiderfirmen wie Kleiderbauer, Tlapa
usw., mit denen sie Kontakt aufgenommen haben, einige Bekleidungsstücke
von ihnen kaufen. Zehntausende Österreicher sind jetzt auch schon in
Zypern jährlich auf Urlaub, hier gibt es sicherlich noch große Möglich-
keiten.

MR Willenpart hat Avraamides die letzte Fassung des Präferenzabkommens
für handwerklich hergestellte Produkte übergeben, dies will der Handels-
minister, der irgendwann einmal im Mai nach Österreich kommt, mit mir
dann unterschreiben.

Die Zyprioten möchten gerne, daß ihre LKW, die durch Österreich durch-
fahren, ermächtigt werden auch in Österreich zusätzliche Güter für den
Transport mitzunehmen. Darüber müßte mit dem Verkehrsministerium ver-
handelt werden, ich erwiderte sofort, dies ist wegen der präjudiziellen
Wirkung ein sehr schwieriges Problem.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Verkehrsministerium verständigen lassen.

Die Fa. Asea feiert jetzt 100 Jahre Bestand und hat mich daher zu einer
Feier nach Schweden eingeladen. Ich habe den Vertrreter sofort erklärt,
daß dies unmittelbar nach der Wahl, wo die entsprechende parteipoliti-
schen Verhandlungen stattfinden, für mich nicht möglich ist. Interessant
ist nur, daß Asea ungefähr so groß ist wie die VÖEST, 60.000 Beschäftigte,
hat aber 80.000 Aktionäre, 2000 waren bei der Generalversammlung


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wo über die 100 Jahre berichtet wurde. Normal kommen höchstens 1/4.
Asea hat 60 Mrd. S Umsatz und 3 Mrd. S Gewinn, um 17 % im vergangenen Jahr
entsprechend gesteigert. Der Direktor Haeggblom hat daher gemeint, wenn
auch fast so groß wie die VÖEST, diese 3 Mrd. Gewinn für VÖEST allerdings
3 Mrd. Verlust sind.

Bei der diesjährigen Angelobung der Wirtschaftstreuhänderkammer gab es,
wie Präs. Burkert zu mir sagte, ein volles Haus. Drei Wirtschaftsprüfer
und 41 Steuerberater darunter auch, wie zwar nicht ich dann auch nur
erwähnte, er aber dann bemerkte, mein Sohn Andreas. Ich versuchte so wie
immer den jungen Leuten klarzumachen, daß sie jetzt nicht nur einen
wichtigen Lebensabschnitt hinter sich haben, sondern als neue Kammer-
angehörige, also nicht mehr als Berufsanwärter sich mehr um ihre Kammer
kümmern sollen. Nur kritisieren genügt nicht, mitarbeiten ist sehr
wichtig. Andreas hat mir nachher gesagt, er hätte mit Burkert auch
darüber gesprochen und festgestellt, daß die Berufsanwärter sich durch
die Kammer sich sehr schlecht vertreten fühlen. Wenn die jungen mehr
mitarbeiten sollen, dann müßte man sie auch mehr entfalten lassen. Für
mich ist es selbstverständlich, daß ich mich in diese Diskussion, die
es ja überall gibt, die Alten und die nachdrängenden Jungen, nicht ein-
mische, ich bin auch davon überzeugt, daß es in dieser Kammer weniger
um politische Differenzierungen geht, die natürlich auch eine gewisse
Rolle spielen, sondern wahrscheinlich wirklich mehr um die berufsständi-
sche richtige Vertretung aller. Auch hier gilt aber, daß die Etablierten
eben von den Nachdrängenden schön langsam in ihrem Machtbereich einge-
schränkt werden, früher aber später aber dann von den Jungen abgelöst
werden, die dann allerdings auch wieder Etablierte sind und mit den Nach-
drängenden dann dasselbe Problem haben.

Dir. Kobilka von der DoKW verständigt mich, daß er jetzt mit Präs.
Hesoun, AK NÖ, gesprochen hat wegen dem von der NÖ Landesregierung, dem
sozialistischen Landesrat Brezovszky, beabsichtigten Naturschutzgebiet
Donauauen. Kobilka hat auch mit dem Handelsministeriumvertreter Pollak
über dieses Problem verhandelt. Das Handelsministerium ist nicht
in diese Begutachtung eingeschaltet, Kobilka meint, es wäre dringend
erforderlich, daß auch das Handelsministerium sein Interesse daran der
niederösterreichischen Landesregierung gegenüber zum Ausdruck bringt.
Ich habe Kobilka sofort erklärt, dies müßte ich vorher mit SL Zluwa
besprechen, ich bin nicht ganz so sicher, ob es tatsächlich zweckmäßig
ist, wenn man kompetenzmäßig dafür nicht zuständig ist, dann trotzdem
eine Mitsprache zu verlangen. SL Zluwa hat diese, meine Auffassung ge-


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teilt und wird untersuchen, welche Möglichkeiten wir tatsächlich haben.

ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte Kobilka und Zluwa zusammenbringen.

Die Familie Schebesta, ein Mittelbetrieb mit 130 Beschäftigten, hat
im 10. Bezirk ein neues Bürohaus gebaut und macht Korrosionsschutzar-
beiten für fast alle Brücken, Kraftwerke, Palmenhaus Schönbrunn usw.
Interessanterweise konnte ich bei der Besichtigung auch Projekte sehen,
wo sie ausländische Leitungen Korrosionsschutzanstriche machten. Der
Sohn des Gründers des Unternehmens, seit 48 besteht der Betrieb, wäre
interessiert eine alte Halle irgendwo zu erwerben, ich habe ihm verspro-
chen, daß das Ministerium ihm diesbezügliche Informationen geben wird.

ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Fabrizii soll sich mit Schebesta
sofort ins Einvernehmen setzen.

Die chinesische Außenhandelsministerin, die aus Paris kam, wurde, da ich
zu einer Betriebsversammlung gehen mußte, von Staatssekretär Albrecht
in Schwechat abgeholt. Diese Frau interessiert sich für Spezialprobleme
wie z.B. einen besonderen Rasen, Saatgut für chinesische Verhältnisse.
Ich erinnere mich noch, daß ich den letzten Außenhandelsminister aus
Peking spezialbetreut habe, bin mit ihm sogar bis nach Salzburg gereist,
weil er Österreich auch kennenlernen wollte, die Ergebnisse dieses
Besuches waren aber Null Komma Josef. Ich fürchte, wenn ich auch nicht
hoffe, daß es auch bei der neuen Außenhandelsministerin nicht anders
sein wird.

In der Betriebsversammlung bei der Wiener Molkerei, die im Gefolgschafts-
raum stattfand, bummvoll war und daher eine richtige Sauna gewesen
ist, berichtete ich den Leuten über den Wirtschaftssituation und ganz
besonders aber über die nächsten Maßnahmen, die für die Molkereiarbeit
von Bedeutung sind. Diese Gruppe strebt nämlich sowie auch die Bäcker
eine womöglich jährliche Lohnbewegung an, hat aber bis jetzt erst einen
14-Monats-Abstand erreicht. In meiner 25-jährigen bei der LUGA hat
es allerdings schon Phasen gegeben, wo sie 2 Jahre auf die nächste Lohn-
bewegung haben warten müssen; da der letzte Abschluß am 1.5. des Vor-
jahres war, die Bauern jetzt schon wieder um eine Erzeugermilchpreiser-
höhung angesucht haben, die Verhandlungen darüber auch schon, wenn auch
nur dilatorisch, begonnen haben, wird es wahrscheinlich nach den Wahlen
zu einem stärkeren Druck der Agrarier auf sofortigen Abschluß der Milch-
preise kommen. In diesem Fall würden dann eben auch die Molkereiarbeiter
natürlich eine Lohnerhöhung bekommen. Mit diesem Ergebnis meines Be-


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richtes dürften die Anwesenden so einverstanden gewesen sein, daß sich
kein einziger in der Diskussion zu Wort gemeldet hat. Dies veranlaßt den
BRO zu sagen, er erwartet von mir aber jetzt eine echte Information
und eine wahre Auskunft, wie es um die Wahlen steht; da ich meine Kollegen
niemals belogen habe, schilderte ich die Situation, wie sie wirklich ist
oder wie ich sie sehe, fast 2/3 sind der Meinung, das nächste Kabinett
heißt Kreisky, wenn man aber das Wahlverhalten auch aufgrund der letzten
Umfragen feststellt, so ist keinesfalls die absolute Mehrheit sicher.
Wenn die Grünen in den Nationalrat gewählt werden, dann ist die absolute
Mehrheit gefährdet, wenn Kreisky aber nicht die absolute Mehrheit er-
reicht, erklärte er dezidiert, daß er dann nicht mehr als Bundeskanzler
zur Verfügung steht. Ich brauchte daher aufgrund dieser Aussagen gar
nicht den Anwesenden empfehlen Kreisky zu wählen. Der Schluß war ei-
gentlich aufgrund meiner auch vorherigen Ausführungen über die weitere
wirtschaftliche Entwicklung selbstverständlich, ich glaube, daß eine
ehrliche Auskunft gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, weshalb ich ja
auch in meinem Referat über die Belastungen der 30 S Wohnungsbeihilfe,
Wegfall 13., 14. Monatsgehalt, Mehrbesteuerung über 20.000 S und Zins-
ertragssteuer überall hart referiere und wenn notwendig auch disku-
tiere. Dies gilt insbesondere auch für die Privilegien. Bei dieser
Betriebsversammlung und übrigens auch bei allen anderen habe ich
daher, ohne die Überparteilichkeit des Gewerkschaftsbundes zu strapazieren,
doch alles gesagt, was mir notwendig erschien.

Die Fa. Kahmann in Altlengbach besuchte ich vor 7 Jahren. Damals hat
der deutsche Besitzer gerade diese Firma übernommen, in einer einzigen
Halle wurde Leuchtschrift produziert. Diesmal konnte ich ihm das
Dekret zur Führung des Staatswappens überreichen, nachdem wir vorher den
jetzt sehr stark ausgebauten und technisch sehr gut eingerichteten
Betrieb besichtigt hatten. Unwahrscheinlich, wie jetzt diese Leucht-
schriftreklame immer stärker zunimmt, erfreulich war die Mitteilung
von Kahmann, daß durch die Zulieferbetriebsvereinbarung des Handelsmini-
steriums mit den Autoimporteuren dazu geführt hat, daß jetzt Herr
Matousek auch jetzt für VW und Audi umfangreiche Lichtreklamen auch
für die BRD bei Kahmann bestellt hat. Die Fa. bedankte sich bei mir
dafür ganz besonders. Der Betriebsrat der Fa. aber hat mir nachher
vertraulich mitgeteilt und dies auch Haffner gesagt, der Firmenchef hat
einen großen Wunsch, daß er eine vierstellige Autonummer bekommt, ich
konnte ihm bezüglich der Vierstelligkeit nichts zusagen, denn angeblich
sind diese Nummern wirklich alle vergriffen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Erkundige dich zumindest, ob es solche Möglich-
keiten gibt.

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Tagesprogramm, 13.4.1983


Tätigkeit: Präs. AK NÖ


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Beamter HM


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: 1. Sekr. d. ZK d. DDR


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: -min.


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Beamter HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: MR HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: nö. LT-Abg., ab 1981 LR, SPÖ


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Präs. Kammer d. Wirtschaftstreuhänder


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Sts. HM


                  Einträge mit Erwähnung:


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Sekr. d. ZK d. DDR f. Wirtsch.


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Dir. DoKW


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: MR HM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Beamter HM


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Leiter BKA-Sektion III, Bundespressedienst


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Bundeskanzler
                                GND ID: 118566512


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: DDR-Botschafter


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Stat. Zentralamt, ab 1981 Büro JS


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Leiter VW-Einkaufsorganisation Wien


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Sekt.R HM


                                        Einträge mit Erwähnung: