Donnerstag, der 17. März 1983

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Donnerstag, 17. März, bis Sonntag, 20. März 1983

Die Parteiveranstaltungen für das verlängerte Wochenende waren vom
Zentralsekretariat in die Steiermark verlegt worden. Leider mußte ich
miterleben, daß in den Bundesländern ähnlich wie fast jetzt auch in
Wien kein sehr komprimiertes Programm vorgelegt wird. Auf der einen
Seite bin ich ja damit sehr einverstanden, weil ich mich dadurch im
wahrsten Sinne des Wortes schonen kann, auf der anderen Seite dagegen
habe ich das Gefühl viel Leerlauf auch mitzumachen. Ich muß allerdings
zugestehen, daß es wahrscheinlich für eine Landesorganisation auch
sehr schwer ist ein gedrängtes Programm fertigzustellen, man wird
letzten Endes einem Bezirk zugeteilt, der Bezirk selbst hat seine tra-
ditionellen Veranstaltungen und versucht eben den ganzen Tag mehr oder
minder zu füllen, diesmal haben sie die gute Idee gehabt mich bei Be-
triebsbesuchen, die ich schon längst hätte gelegentlich als Handels-
minister durchführen müssenm einzusetzen.

In Voitsberg bin ich frühzeitig im Bürgermeisteramt erschienen, um
mit dem Bürgermeister Kravcar auch die Frage der Entschwefelung von
Voitsberg III im Detail zu besprechen. Der endgültige Bescheid wurde
von der Gemeinde erlassen, die schrittweise Entschwefelung wurde darin
dekretiert. LH Krainer hat jetzt an den Bezirkshauptmann Poppmeier
aber die Weisung gegeben, er müsse aufgrund des Dampfkesselemissions-
gesetzes prüfen, ob nicht Leben und Gesundheit durch Inbetriebnahme
dieser Anlage gefährdet sind. Der Bez.-Hauptmann hat, wie er mir dann
telefonisch mitteilte, aufgrund dieser Weisung den Lufthygieniker
des Landes, Prof. Möse, aufgefordert, ein Gutachten darüber abzugeben.
Ich ersuchte den Bezirkshauptmann um Kopien dieser Weisungen resp.
der Gutachtenbestellung. Obwohl er es mir zusicherte und meinte, das
sind ja alles keine Geheimmaßnahmen und selbstverständlich würde ich
sofort die Kopie bekommen, wurde ich einige Stunden später von ihm ver-
ständigt, daß er nach Rücksprache mit dem LH-Büro in Graz mir diese
Unterlagen nicht schicken könne, ich sollte mich mit LH Krainer dies-
bezüglich in Verbindung setzten; da ich aber bekanntlich im Dampf-
kesselgesetz keine Kompetenz habe, diese liegt eindeutig beim Bauten-
minister, beabsichtigte ich keinesfalls mir vielleicht von Krainer
dann eine schriftliche Abfuhr zu holen. Bez.-Hauptmann Poppmeier steht
auf dem Standpunkt, daß die von ihm jetzt angeordneten Untersuchungen
von der ÖDK zu zahlen sind, obwohl sie noch gar nicht in einem Verfahren
damit belangt wurden. Eine Aussprache mit den ÖDK-Leuten ergab, daß
diese die Meinung vom Bez.-Hauptmann prima vista nicht teilen.



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ANMERKUNG FÜR ZLUWA: Wie siehst Du die Rechtslage.

Beim Betriebsbesuch der Fa. Bauer, den ich Herrn Dipl.Ing Cifer wirk-
lich schon jahrelang zugesagt hatte, ging ich zuerst durch die Werks-
anlage, vorher aber auch nachher hat mir die SPÖ-Begleitmannschaft
schon gesagt, würde mich Cifer sofort okkupieren, bei bisherigen Be-
triebsbesuchen war dies immer so gewesen, daß die Mandatare kaum
Chancen gehabt haben mit den Arbeitern in Kontakt zu kommen. Ich habe
mir daher ganz kurz die Wünsche von Cifer angehört, in Irak könnte
er jetzt ein 800-Mio.-Projekt machen, in Indien ein 3-Mrd.-Projekt, in
Algerien bis zu 600 Mio., die Voraussetzung dafür wäre aber, daß er
verbilligte Kredite bekommt, Castellez von der ÖKB kann ihm aber
höchstens Kreditkonditionen 7 3/4 + 1/2 %, das die Kontrollbank für
sich beansprucht, gewähren. Die Algerier bestehen aber z.B. auf die
Kreditzusage Kreiskys, wonach sie nur 6 % in Summe dafür bezahlen müßten.
SGP hat deshalb für 3 1/2 Mrd. S den Waggonauftrag angeblich nicht
bekommen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte prüfen lassen und dann mit Castellez mich
verbinden.

Die VÖEST-Alpine hat jetzt von der Fa. Bauer eine Verkürzung der Wech-
selkredite von 6 Monate auf 3 Monate verlangt. Diese Avalverkürzung
kann von der Fa. Cifer nicht akzeptiert werden. Ich habe Cifer ver-
sprochen, diesbezüglich mit GD Apfalter zu reden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Apfalter wegen DDR und Bauer verbinden.

Cifer hat in Ungarn ein ganz großes 300.000-ha-Projekt, das 70 bis 80
Mrd. S kosten würde. Durch seine Beregnungsanlage würden die Erträge
bei Mais usw. so stark steigen, daß er dort eine Ethanolproduktion mit
Vogelbusch aufziehen möchte. Er erwartet, daß die Ungarn dieses Ethanol
dann auch exportieren müssen und meint, als Kompensationsware könnte
dann für dieses Riesenprojekt Ethanol nach Österreich eingeführt
werden, um in der Raffinerie Schwechat dem Benzin beigemischt werden.
Ich habe Cifer sofort erklärt, daß selbst wenn dieses Ethanol zu den
Raffinerieabgabepreisen geliefert werden kann, die österreichische Land-
wirtschaft gegen eine solche Kompensation Sturm laufen würde. Die Argu-
mentation, in Österreich ist der Rohstoff eben zu teuer und wir müßten
Ethanol aus dem Ausland preiswert importieren, mag theoretisch richtig
sein, in der Praxis sicherlich nicht durchzusetzen. Ich empfahl daher


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Cifer eine andere Lösung für dieses Großprojekt zu suchen. Cifer
hatte beim Rundgang auch zwei Chappelmaschinen zu zeigen, ich habe
ihm sofort vorgeschlagen, daß er sich und ich vor dieser Maschine
fotografieren lassen, damit er sie dem Vizeministerpräsident Marjai,
mit dem er über diese großen Projekte verhandeln wird, zeigen kann.
Marjai, fürchte ich allerdings, würde sofort erkennen, daß diese Ma-
schinen schon verhältnismäßig alt sind, wie ja überhaupt die Röhren-
fabrik nur teilweise moderne Maschinen hat. Cifer lebt in Wirklichkeit
vom Patent seines Schwiegervaters, der diese Bewässerungsröhrenherstel-
lung sehr geschickt seinerzeit in Voitsberg aufgebaut hat.

Cifer beschwerte sich auch bei mir, daß durch die Schwefeldioxidimmis-
sion bei ihm die Zinkrohre jetzt derart beschädigt werden, daß er
daran denkt den Betrieb zu verlegen. Außerdem laufen ihm die besten
Ingenieure mit ihren Familien weg, weil sie die Luftverschmutzung nicht
aushalten. Aa ich darin eine große Gefahr gesehen habe, daß Cifer
vielleicht aus ganz anderen Gründen hier die ÖDK und auch die Gemeinde
entsprechend zu Zugeständnissen erpressen will, habe ich ihm sofort vorge-
schlagen am nächsten Tag am Abend mit ÖDK- und Gemeindevertretern dieses
Problem zu besprechen. Cifer möchte nämlich auch, daß eine entsprechende
Umfahrungsstraße auch vor seinem Werk unter die Erde verlegt wird,
daß ihm auch gewisse zusätzliche Grundstücke preiswerter abgegeben
werden, mit einem Wort, er möchte mit der Gemeinde, mit der er momentan
ein nicht sehr ideales Gesprächsthema hat, zu einem ganz neuen Arrange-
ment kommen.

Die Gemeindevertreter, mit denen ich nachher gesprochen habe, sind
allerdings ganz anderer Auffassung, als Cifer mir geschildert hat.

In Köflach besuchten wir dann eine Damenkleiderwerkstätte Irringer,
dort wird ausschließlich vom deutschen Mutterwerk, fast würde man sagen,
in Lohn für das deutsche Mutterwerk Kleider konfektioniert.

Die Besichtigung des Gestütes in Piber, das ich übrigens zum erstenmal
jetzt gesehen habe, gab mir Gelegenheit mit Hofrat Lehrner über die
Möglichkeit einer ev. anzusiedelnden Reitbetriebe zu reden. Die Ge-
meinde ist nämlich der festen Überzeugung, daß außer diesem Gestüt
in Piber, das natürlich eine Fremdenverkehrsattraktion ist und tausende
im Jahr besuchen, eine Reitmöglichkeit den Fremdenverkehr sehr stark
ankurbeln könnte. Hofrat Lehrner meinte, im Prinzip könnte er sich
so etwas durch eine Privatfirma oder auch durch den Staat selbst be-
trieben vorstellen, Voraussetzung dafür aber müßte sein, daß tatsäch-


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lich ein hohes Niveau angestrebt wird. Derzeit ist ja dieses Gestüt
in einem Schloß untergebracht, zum Besuch der englischen Königin auch
renoviert, wirklich in einem picobello Verhältnis. Hofrat Lehrner mußte
mir aber gegenüber zugeben, daß er noch immer mit der Seucheninfektion
schwer zu kämpfen hat, von meiner Begleitmannschaft habe ich erfahren,
daß etliche Fohlen und vor allem auch Stuten gestorben sind. Details
wollte oder konnte mir Lehrner nicht sagen, ich habe auch nicht insistiert,
ich habe bezüglich der Fremdenverkehrsreitschule ihm versprochen da-
rüber mit Landwirtschaftsminister Haiden zu reden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Recherchiere, was das Landwirtschaftsministerium
weiß, damit ich mit Haiden dann darüber im Detail sprechen kann.

In Kalsdorf wurde ich dann von Bürgermeister Pauker, einem alten Ge-
werkschaftssekretär, in die verschiedensten Betriebe geführt, bei der
Holzverarbeitung Sägewerk Mayer , die ich schon einmal besucht habe,
diskutierten wir die Holzversorgung; wie ich erwartet habe, bestätigten
mir die Säger, daß jetzt der Preis für Rundholz auch im Inland ent-
sprechend angezogen hat, die notwendigen Importe aus der DDR aber
nach wie vor bestehen, um die Sägen einigermaßen zu beschäftigen. Die
Zerspanung, wie sie Mayr-Melnhof und drei andere große Sägen in
Österreich durchführen, führt dazu, daß gewisse Sorten jetzt im Über-
schuß auf den Markt kommen und daher den Preis sehr drücken. Mayr
hat keine Angst, daß dies für die Gattersägen eine wirklich vernich-
tende Konkurrenz wäre. Eher befürchtet er, daß die Wellpappenverpackung,
wir besuchten dann ja auch Duropack, eine wesentlich härtere Konkurrenz
für die Kistlerzeuger für Obst und Gemüse, für ihn wirksam wird. Auf
die Wellpappenkartons, die jetzt auch übrigens mit Holzleisten wegen
der Lüftung kombiniert werden, kann man äußerst günstig bei der Well-
pappenherstellung sofort Aufdrucke draufgeben.

Bei der Metallfirma Lapp-Finze, die einmal 530 Beschäftigte gehabt
hat, als ich sie vor etlichen Jahren besuchte, sind jetzt nur mehr
320 Beschäftigte. Die Deutsche Firma Roto hat diesen Betrieb erworben,
um Baubeschläge herzustellen, insbesondere aber hat sie eine ganz
neue Galvanik errichtet.

Die Fa. Duropack aus dem Turnauer-Konzern hat mit der Errichtung in
diesem Gebiet die Absicht das südliche Österreich, also Steiermark,
Kärnten, Burgenland damit zu beliefern, 160 Beschäftigte mit einem
Umsatz von 245 Mio. S. Im Jahre 81 waren erst 27 5 Mio. Jetzt wird


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auch bereits bis nach Tirol geliefert. Die Gemeinde hat für die Errich-
tung dieses Betriebes 6 Mio. dazugezahlt und auch das Land hat 6 Mio.
Subvention gegeben. Mit Recht hat Dir. Penninger darauf verwiesen, daß
mit den Steuern dies längst schon zurückgezahlt ist.

Penninger informierte mich auch, daß er morgen mit der sowjetischen
Lebensmitteldelegation in Gleisdorf mittags zum Essen zusammentreffen
wird und war sehr interessiert, daß ich neuerdings die sowjetische Dele-
gation besuche, was ich sofort zusagte.

Nachdem noch Konsum besichtigt wurde, eine private Fleischhauerei
und ein neuerrichtetes Gasthaus, übrigens wo bis jetzt immer die Ver-
sammlungen in Kalsdorf mit mir stattgefunden haben, ging auch dieser
Nachmittag dann für mich eigentlich sehr erholsam zu Ende.

Bei der Veranstaltung in Gratkorn hatte ich es verhältnismäßig leicht.
Die Leykam-Papierfabrikarbeiter, insbesondere die beiden Betriebsräte,
von den Arbeitern Rott, von den Angestellten Ing. NR Ressel, wissen um
den Einsatz, den ich seinerzeit für den Umbau für die Fabrik geleistet
habe. Die Belegschaftsvertreter und auch die Arbeiter fühlen sich
daher mir gegenüber zu Dank verpflichtet. Dies lehne ich zwar katego-
risch ab, weil es ja nur Erfüllung meiner Pflicht war, doch meinen
diese immer wieder, hätte ich mich damals nicht so eingesetzt, wäre
ihr Betrieb wahrscheinlich jetzt schon zugrundegegangen. Die anfäng-
lichen Schwierigkeiten, stinkende Luftbelastung ist in der Zwischen-
zeit auch behoben, sodaß bei dieser Versammlung eine verhältnismäßig
sehr gute Stimmung herrschte. Da diese Versammlung als Österreichge-
spräch geführt wurde, gab es zwar eine Diskussion, die aber verhältnis-
mäßig friedlich verlaufen ist. Ich glaube, wenn mich dort jemand hart
attackiert, zerreißen ihn die Arbeiter in der Luft.

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Tagesprogramm, 17.3.1983

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: NR-Abg. SPÖ


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      Tätigkeit: Industrieller


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        Tätigkeit: GD VÖEST


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            Tätigkeit: Beamter HM


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              Tätigkeit: ung. stv. Ministerpräsident


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                  Tätigkeit: Bgm. Voitsberg (Stmk.), SPÖ


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                    Tätigkeit: Fa. Bauer, Inhaber Dienstpass HM


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                      Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                        Tätigkeit: Bundeskanzler
                        GND ID: 118566512


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