Mittwoch, 16. März 1983
Die Landwirtschaftsvertreter Präs. Bierbaum, Landwirtschaftskammer NÖ,
der noch immer der radikalste Verfechter einer ausschließlich den
Agrarinteressen dienenden Wirtschaftspolitik, wäre mit Beamten der
Präsidentenkonferenz verlangten von Landwirtschaftsminister Haiden
eine Aussprache über die Möglichkeit einer Ölsaatenproduktion in
Österreich. Bierbaum hatte an BK Kreisky vor seiner Amerikareise
ein Schreiben gerichtet und gefordert, daß er dieses Problem bei
seinem Staatsbesuch in den Vereinigten Staaten zur Sprache bringt.
Haiden hatte nun Staatssekretär Lacina und mich eingeladen, damit
wir mit der Landwirtschaft dieses Problem besprechen. Lacina berichtet,
daß im State Departement von ihm und Kreisky selbst bei seiner Aussprache
tatsächlich zwei Fragen erörtert wurden, die Möglichkeit einer Ölsaaten-
produktion mit entsprechenden Schutzbestimmungen, die die Amerikaner
akzeptieren müßten, und die Stahlexportmöglichkeiten. Die amerikanische
Seite war aber nur bereite einer Bildung von Arbeitsgruppen zuzustimmen,
die sich mit diesen Problemen beschäftigen sollen. Ich konnte darauf
verweisen, daß ich bereits mit dem Landwirtschaftsminister Haiden
gemeinsam beim Staatssekretär Olmer aus dem Handelsministerium und
auch beim Land- und Forstwirtschaftsminister Block diesbezüglich inter-
veniert habe, beide aber lehnten eine zufriedenstellende Lösung
auf das entschiedenste ab. Die Farmer in Amerika habend derzeit derar-
tig schlechte Einkommensverhältnisse, daß weitere Zugeständnisse nicht
akzeptiert werden können. Ich verpflichtete mich sofort so wie bisher
alle diese Maßnahmen im Einvernehmen mit der Präsidentenkonferenz der
Landwirtschaftskammer nicht nur zu besprechen, sondern, wenn die Land-
wirtschaftskammer es wünscht, weitere Maßnahmen einzuleiten. Bis jetzt
haben sie dezidiert erklärt, keine konkreten Verhandlungen mit den
Amerikanern im Rahmen des GATT zu wünschen, weil sie eine Gefährdung
ihrer bis jetzt möglichen Exporte in die USA sehen. Die frage des
Rapsanbaues ist in Österreich vor einigen Jahren ja neu geregelt
worden, jetzt zahlt die Differenz zwischen dem Inlandspreis und dem
Weltmarktpreis der Staat, vergangenes Jahr 45 Mio. S bei einem Er-
zeugerpreis von 7.20 S, 3.50 S Subvention, die geringe Anbaumenge
von 12.000 to könnte nach Meinung der Bauernvertreter leicht bis
zum 10-fachen vergrößert werden. Die Voraussetzung dafür allerdings
wären ungeheure Subventionen des Staates. Ich erklärte mein Einver-
ständnis, daß eine Arbeitsgruppe sofort eingesetzt wird, alle Unter-
lagen auch der Präsidentenkonferenz zur Verfügung gestellt werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: MR Willenpart soll, wenn es die Präsidenten-
konferenz schriftlich wünscht, entsprechend tätig werden.
Der Personalvertreter Herold beschwert sich bei mir, daß am Karfrei-
tag jetzt lt. Erlaß des BKA gearbeitet werden soll. Nur am Nachmittag
würde dann ein Journaldienst akzeptiert werden. Dieser Erlaß des
Jahres 68, den Staatssekretär Löschnak jetzt in der letzten Regierungs-
sitzung wieder aktiviert hat, wird mit Recht als eine Verschlechterung
gegenüber dem jetzigen Zustand betrachtet, jahrzehntelang hat jetzt
die Belegschaft am Karfreitag frei gehabt und nur ein Journaldienst
war vorgesehen. Ich erkläre Herold aber, daß es gar nicht anders geht,
daß man eben eine einheitliche Regelung in allen Ministerien anstrebt.
Herold wird diesbezüglich mit SL Schuberth und Kieslich verhandeln
und sicherlich eine andere Kompensation, die in der Kompetenz des
Handelsministeriums liegt, verlangen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Schuberth soll versuchen aus diesem Dilemma
irgendwie herauszukommen.
Beim LUGA-Grundkurs in Bad Vöslau wurde über die spezielle Situation
der LUGA und natürlich über die unmittelbare Gewerkschaftspolitik
von mir berichtet und dann auch sehr intensiv diskutiert. Die Grund-
kurse sind jetzt sehr gut besucht, die neuen Betriebsratsfunktionäre
zeigen ein großes Interesse sich weiterzubilden und die Firmen sind
in unserer Branche zumindestens bereit ihnen auch entsprechende Frei-
stellung zu gewähren.
Univ.Prof. Pichler, der neue Leiter des Institutes für Gewerbefor-
schung und Nachfolger von Ruschka, kam sich vorstellen. Wir besprachen
gleichzeitig die Vorarbeiten für den Klein- und Mittelbetriebsbericht,
besser bekannt unter Mittelstandsbericht, den in der neuen Legislatur-
periode das Handelsministerium dem Parlament mit Jahresende zuzulei-
ten hat. Das Institut für Gewerbeforschung wird genauso wie das
WIFO entsprechende Vorarbeiten für das Handelsministerium leisten.
Dies erscheint mir sehr zweckmäßig, da wir auch in der Vergangenheit
bis jetzt stets große Subventionen dem Gewerbeforschungsinstitut ge-
geben haben, ohne daß eigentlich für das Handelsministerium wertvolle
Arbeit geleistet wurde. Die Subvention im vergangenen Jahr betrug
990.000,––. Mein Bestreben wäre es, den größten Teil davon auf die
Auftragsvergabe für den Mittelstandsbericht umzulegen.
ANMERKUNG FÜR VECSEI UND HAFFNER: Bitte die entsprechenden Budget-
möglichkeiten prüfen lassen.
AK-Präs. Hesoun von NÖ, gleichzeitig jetzt für die Kollektivvertrags-
politik bei den Bauarbeitern zuständig, mit GD Hollweger von der
Perlmooser und dem Geschäftsführer des Fachverbandes, Dr. Henri, wegen
Verwendung von normgerechten Baustoffen und Baumaterialen ins Handels-
ministerium gekommen. Die Vertreter wünschen, daß wir eine ähnliche
Regelung, wie sie für den Betonstahl vorgesehen ist, auch für Fertigbau-
teile einführen. Ich und ganz besonders MR Buchmann mußten klar und
deutlich erklären, daß dazu der § 69 der GewO, der ein Verbot des Ver-
kaufes von gefährlichen Produkten, sofern Leben und Gesundheit gefähr-
det sind, vorsieht, kaum eine Rechtsgrundlage dafür abgibt. Die einzige
Möglichkeit, die es gibt ist, so wie wir dies auch beim Baustahl ver-
suchen, durch Bauordnungsänderungen einen gewissen Schutz zu gewähren.
Hesoun, aber auch die Bauvertreter waren mit der Vorgangsweise einver-
standen. Spezialgespräche zwischen ihnen und dem Handelsministerium
wurden sofort weitergeführt.
Präs. Hesoun hat jetzt die Funktion des seinerzeitigen Zentralsekretärs
Millendorfer übernommen, die Bauarbeiter verhandeln nämlich in Lohn-
und Kollektivvertragsfragen immer zentralistisch für alle ähnlich der
Metallarbeitergewerkschaft in großen Verhandlungskomitees. Millendorfer
und jetzt Hesoun kommt daher besondere Bedeutung bei diesen Verhand-
lungen zu. Hesoun hat jetzt einen neuen Mitarbeiter, Sekr. Driemer,
dafür engagiert. ich vereinbarte mit Hesoun, daß dieser mit dem Indu-
striesektionsleiter SC Marsch ständig Kontakt haben soll.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte diesen Kontakt unbedingt aus-
bauen, damit Driemer auch diese schwierige Materie besser kennenlernt.
SC Jagoda hat mit Präs. der AK Czettel vereinbart, daß die Arbeiter-
schutzverordnung, die ja mit dem Sozialministerium gemeinsam erlassen
werden soll, nur den allgemeinen Teil jetzt sofort in Kraft tritt. Der
spezielle Teil, wo insbesondere über die neuen Maschinen sehr konkrete
Angaben gemacht werden müssen, kann erst im Zuge der Untersuchungen
und Absprachen zwischen den Sozialpartnern endgültig formuliert
werden. Czettel bemerkt mir gegenüber aber mit Recht, daß die Maschinen
jetzt schnell und radikal solche Änderungen erfahren, daß man mit den
Verordnungen gar nicht nachkommen wird. Czettel möchte daher Grund-
satzbestimmungen in diese Verordnung aufnehmen. Da die AK aber befürch-
69-0356
tet, daß die Handelskammer am Nimmerleinstag erst diesem zweiten Teil
erst zustimmen würde, möchte er eine gewisse Befristung für die Fertig-
stellung jetzt bereits vereinbaren. Jagoda wird sich um einen solchen
Kompromiß bemühen.
ANMERKUNG FÜR JAGODA: Wie gingen die Gespräche dann letzten Endes
der Handelskammer aus.
Im AEZ, Bahnhof
Diskussion der Bezirksmandatare, ich mit dem Bez.Vst. Reviczky und
seinem Stellvertreter Schmid, von der SPÖ abgehalten. Diesmal war für
mich überraschend die Diskussion sehr friedlich, die Folge davon war,
daß weniger Zuhörer mich bedrängten. Das letztemal wurde ich ja von
hunderten Personen eingekreist und immer wieder attackiert. Diesmal
ging es mehr um Sachfragen, noch immer ist die Teilnahme dort stärker
als irgendwo sonst, dies ist auf mein Stammpublikum, würde ich fast
sagen, zurückzuführen, von dem nahen Wirtshaus bringen mir manchmal
Betrunkene ein Glaserl Wein und ich muß zumindestens daraus nippen.
Manchmal geht es auch ganz lustig zu, niemals aber noch kam ich bis
jetzt in Verlegenheit antworten zu geben. Selbst wenn man meine Privi-
legien hart attackiert, glaube ich doch in der offenen und aufrichtigen
Diskussion die Anfragensteller befriedigen zu können. Wirklich ergreifend
für mich, weil ich dagegen gar nichts machen kann, ist, wie auch diesmal
ein junges Mädchen kommt und mich fragt, was sie jetzt machen soll, sie
hat keinen Arbeitsplatz oder, wie dies im Konkreten der Fall war, sie
ist kaufmännische Angestellte und muß jetzt als Bedienerin gehen, hier
dann zu erklären, daß die SPÖ alles unternimmt, um Arbeitsplätze zu
sichern und neue zu schaffen, ist der Anfragenden zu wenig und ich
muß ehrlich gestehen, auch mir.
Tagesprogramm, 16.3.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)