Freitag, der 18. Februar 1983 bis Samstag, der 19. Februar 1983

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Freitag, 18. Februar 1983

Mit dem Präsident der AK NÖ, Hesoun, wurde ein Betriebsbesuch von der
Brucker Zuckerfabrik und eine Aussprache mit dem Betriebsrat vereinbart
Als ich dort erschien waren mindestens 100 Rübenbauern die ebenfalls
mit mir sprechen wollten. Ich vermutete, sie hätten, vom Bauernbund organi-
siert, die Absicht gegen die Regierungspolitik Stellung zu nehmen. Zu
meiner größten Überraschung hat dann ihr Sprecher LAbg. Rupp von der ÖVP
nur ein einziges Anliegen, nämlich was kann geschehen, damit die Brucker
Zuckerfabrik erhalten bleibt. Die Bauern selbst haben sowie die Arbeiter
größtes Interesse, daß ihre Zuckerfabrik, die ja zum größten Teil den
Bauernorganisationen gehört, nicht geschlossen wird. Sie sehen als
einzigen Ausweg, daß so schnell als möglich die Biospritproduktion
womöglich auf Zuckerrübenbasis beginnt. Ich habe ihnen die Situation
genau erklärt, insbesondere daß auch die Betriebsräte, aber auch ich
als Obmann der LUGA an einer Lösung, was mit der Brucker Zuckerfabrik
geschehen soll, sehr interessiert bin. Die Biospritproduktion kann aber
erst dann beginnen, bis eine Lösung gefunden wird, die einigermaßen
erträgliche Preise für das Ethanolprodukt, welches dem Benzin beigemischt
werden soll, als Verhandlungsergebnis einer Paketlösung zwischen den
Sozialpartnern und der Regierung herauskommt. Derzeit laufen die Unter-
suchungen, nach für mich letzten Meldungen ist die Zuckerrübe für eine
Biospritproduktion zu teuer, eher wird es möglich sein, die von der
Tullner Zuckerfabrik bereits in Versuchen angebaute Zuckerhirse dafür
zu verwenden. Ich versprach den Bauern überhaupt nichts, erklärte sogar
rundweg, jetzt vor der Wahl wäre dies von ihnen selbstverständlich sofort
als ein Wahlzuckerl verstanden LH Ludwig war nämlich vor einiger Zeit
ebenfalls in der Zuckerfabrik und hat dort sehr wohl sofort erklärt, die
Landesregierung würde entsprechende finanzielle Unterstützung diesem
Projekt geben. Die Bauern waren mit meiner Erklärung, wie ich aus dem
Beifall und anschließend noch mit einzelnen geführten Gesprächen ent-
nehmen konnte, zufrieden. Für mich ist es nur ein Beweis, daß die Leute
zwar Hilfe erwarten, über den Verhandlungsverlauf informiert sein wollen,
nicht aber billige Wahlversprechen abwarten.

Beim Durchgang in der Brucker Zuckerfabrik gab mir dann die Möglich-
keit, sowohl mit den Arbeitern, die hauptsächlich jetzt Reparaturen nach
der sehr langen Kampagne, Durchschnitt 60 bis 70 Tage und meistens zu
den Weihnachtsfeiertagen zu Ende, dieses Jahr aber 111 Tage und bis in
den Februar hinein wegen der riesigen Rübenernte, die niemand vorhersehen
konnte.



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Die Aussprache mit dem Betriebsrat Janos Nemeth von den Arbeitern und
vor allem dem gesamten Betriebsrat der Angestellten verlief dann ähnlich
wie die Diskussion mit den Bauern. Hier gibt es wirklich ein gemeinsame
gleichlaufende Interesse. Die Eigentümer, übrigens zum Empfang auch
nach Bruck gekommen, haben den Betriebsräten erklärt zwei bis drei Jahre
könnte noch die Fabrik geführt werden, dann muß eine Lösung gefunden
werden, da auf lange Sicht nicht Zucker in dieser kleinsten Zuckerfabrik
mit den derzeit schlechtesten Betriebsergebnissen weitergeführt werden
kann. Der Obmann der Zuckerindustrie, Dr. Skene, hat aber dann doch diese
Aussage dahingehend ergänzt, daß er gegenüber den Betriebsräten in einer
Aufsichtsratssitzung erklärte, man arbeite an einer Alternativlösung
und so lange würde die Zuckerfabrik doch nicht stillgelegt werden. Sich
ist aber, daß sehr schnell eine Entscheidung getroffen werden müßte.

Bei dieser Aussprache war auch ein Vertreter der NÖ Nachrichten, Zeckmei-
ster
, anwesend, diese Zeitung hat aufgrund von Informationen aus der
Direktion in der Vergangenheit immer wieder geschrieben, daß Bruck
ein alter desolater Betrieb ist, der früher oder später sehr bald wird
schließen müssen. Diese Information, erklärte Zeckmeister, stammt aus
einem Institutsbericht aus der BRD, danach müßten 25 Mio. S im Jahr in-
vestiert werden, tatsächlich hat man in der Vergangenheit aber durchschnitt-
lich nur 15 Mio. investiert. Mein Hinweis, daß jetzt die Turbine erneuert
werden muß, die 25 Mio. S kosten wird, wie mir die Direktion mitteilte,
hat Zeckmeister auch nicht überzeugt, die öffentliche Meinung geht da-
von aus, daß früher oder später, eher sogar früher, der Betrieb ganz
einfach geschlossen wird.

Eine harte Diskussion gab es dann zwischen dem Angestelltenbetriebsrat
Wukowitz und dem Zuckerausschußvertreter der LUGA und BRO von Hohenau.
Dieser hatte bereits bei einer Zuckerausschußsitzung in der Albertgasse
vor einiger Zeit vorgeschlagen, es sollten die Arbeiter aus Solidarität
zur Brucker Zuckerfabrik erklären, sie seien mit der derzeitigen Auftei-
lung der Zuckerrübe auf die einzelnen Fabrik einverstanden. Kapazitäten
sollten nicht erhöht werden, dann bestünde für Bruck die geringste
Gefahr. Tatsächlich aber hat die Tullner Zuckerfabrik einen neuen
Diffusionsturm angeschafft, der eine bedeutende Kapazitätssteigerung
ergibt. Darüber hinaus wurde der alte Turm jetzt in die Siegendorfer
Zuckerfabrik verlegt, da der dortige Diffusionsturm fast vor dem Zusam-
menbrechen ist. Auch dadurch ergibt sich für Siegendorf eine Kapazitäts-
ausweitung. Die Firma Sugana hat in Hohenau und in Leopoldsdorf bereits
aber größere Türme, als sie in der Vergangenheit hatte, ebenfalls er-
richtet. Rationalisierung bedeutet eben auch in der Lebensmittelbranche,
ob man will oder nicht, gleichzeitig eine Kapazitätsausweitung. Der


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Angestelltenbetriebsrat hat daher diesen Plan genau wie ich bei der
seinerzeitigen Diskussion mit den Zuckerarbeitern als undurchführbar
abgelehnt. Der Zug ist, wie er mit Recht sagt, bereits abgefahren.

ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte Mag. Mandl soll diese Angele-
genheit auch durch ständigen Kontakt mit der Zuckerindustrie laufend
verfolgen.

Die Jahreshauptversammlung in Groß-Enzersdorf gab mir Gelegenheit die
Regierungspolitik und insbesondere die derzeitigen politischen Verhält-
nisse und Aussichten für die Aprilwahlen genau zu erörtern. Da ich
ja schon einige male in Groß-Enzersdorf, sei es bei Maifeiern oder Jah-
resversammlungen, vor allem aber auch bei Wahlveranstaltungen gewesen
bin, kennen mich die Leute, was einen gewissen Vorteil hat. Überraschender-
weise gab es dann nur einen einzigen Diskussionsredner, ein Gemeinde-
funktionär wollte wissen, wie die Gemeinde den Verlust der Gewerbe-
steuer vom Finanzminister ersetzt bekommt. Da Salcher aber nur beab-
sichtigt die Gewerbekapitalsteuer nachzulassen, die einen Bruchteil
der Gewerbesteuer ausmacht, waren die Gemeindevertreter, insbesondere
der neue Bürgermeister Sivec beruhigt. Die gesamte Gewerbesteuer
bringt Groß-Enzersdorf 12 Mio. S, auf die unter gar keinen Umständen
verzichtet werden kann. Bezüglich der 100.000 S, die ev. die Gewerbe-
kapitalsteuer ausmacht, wird es nach meiner Information auch noch ent-
sprechende Verhandlungen mit dem Finanzministerium in Finanzausgleichs-
gesetzverhandlungen geben. Die Gemeinden, bin ich überzeugt, werden auf
alle Fälle eine entsprechende Entschädigung für diesen Steuerverlust
verlangen.

ANMERKUNG FÜR VECSEI : Was weiß das Büro des Finanzministers darüber.

Das Mittagessen mit dem amerikanischen Unterstaatssekretär Olmer war
ein richtiggehendes Arbeitsessen. Olmer selbst mit dem Geschäftsträger
und dem Handelsrat sowie den Agrarvertreter in der amerikanischen
Botschaft erschienen. Vormittags hatte er noch eine Aussprache mit
Staatssekretär Lacina über die Fragen des Technologietransfers. Olmer
war sehr erfreut von mir zu hören, daß jetzt aufgrund der Ergebnisse
der Verhandlungen von Lacina und auch des Beamten des Handelsministeriums,
MR Fischer, in Washington dieses Problem als gelöst betrachtet werden
kann. In nächster Zeit wird eine Delegation aus Washington nach Öster-
reich kommen und die Details dann mit den österreichischen Stellen ab-
sprechen.



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Nach meinem Prinzip jedem amerikanischen Besucher die 2 Probleme die
uns wirklich drücken vor Augen zu führen, nämlich das Ölsaatgutprojekt
und die Exportbeschwerden und -hemmungen Edelstahl nach Amerika, entspre-
chend wurden diese beiden Probleme daher eingehend erörtert. Olmer
erklärte zum Saatgutprojekt rundweg, daß es hier sehr schwer sein wird
eine Änderung der amerikanischen Haltung zu erreichen. Die Farmer
haben derzeit ein so geringes Einkommen wie seit Jahrzehnten nicht mehr,
der Präsident wird daher kaum auf dem Agrarsektor irgendwelche Zuge-
ständnisse machen können. Die derzeitigen Verhandlungen zwischen den
USA und der EG reiben sich auch ausschließlich an den Agrarsubventionen
der EG. Dadurch sieht die amerikanische Bauernschaft ein großes Hinder-
nis, daß sie ihre Produkte weltweit zu erträglichen Preisen verkaufen
kann. Die Subventionspolitik der EG wird also als die Ursache der
schlechten amerikanischen Einkommensverhältnisse der Bauern dargestellt.
Ich hatte nichts anderes aus der Aussprache mit Olmer erwartet. In
einer Vorbesprechung mit MR Willenpart habe ich trotzdem darauf bestan-
den, daß wir diese Frage unbedingt erörtern, damit aktenmäßig festgehal-
ten wird, wir bei jeder Gelegenheit den Wunsch der österreichischen
Bauernvertreter überall und jederzeit dieses Projekt zu vertreten, fest-
halten können. Willenpart bestätigte Dr. Haffner und mir neuerdings,
daß die Landwirtschaftskammervertreter bei den offiziellen Vorbespre-
chungen genau die gegenteilige Haltung der Bauernbundexponenten hat.
Erst jetzt wieder hat man ihm bestätigt, daß die ganze Angelegenheit
ruhen soll, die Landwirtschaftskammer fürchtet nämlich, wenn wir zu ener-
gisch in Washington die Ölsaatenproblematik vortragen, dann die amerika-
nischen Farmvertreter und damit auch das Handelsministerium sofort
irgendwelche Gegenmaßnahmen, z.B. die Agrarexporte nach den USA, erörtern
könnten und vielleicht sogar damit gefährden.

Das zweite große Problem unserer Edelstahlexporte in die USA steht
derzeit sehr schlecht. Willenpart verhandelt mit Amerika in Genf im
Rahmen des GATT über die Beschwerden, daß Österreich die Stahlindustrie
subventioniert. Diese Behauptung konnten wir in der langen Diskussion
mit Olmer glaube ich entkräften. Wir versuchten ihm darzulegen, daß die
Milliardenhilfe, die jetzt der österreichische Staat den Stahlfirmen
VÖEST-Alpine als Mutter oder auch den VEW als Tochter gibt, nur Kapi-
talzuschüsse sind, weil ansonsten die Firmen bereits beim Konkursrichter
gelandet wären. Kapitalaufstockungen gibt es in der Privatwirtschaft
genauso wie bei verstaatlichten Betrieben, wenn der Eigentürmer diese
Firmen nicht Pleite gehen lassen will. Olmer hat dies mehr oder minder
eingesehen. Im Laufe der Diskussion stellte sich dann allerdings heraus,
daß die amerikanische Administration in dem sehr komplizierten System


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des Schutzes der eigenen Industrie von der Behauptung der Subventionie-
rung der österreichischen Stahlindustrie eben an eine andere Bestimmung,
nämlich an eine Selbstschutzklausel des GATT-Vertrages, überwechseln wird.
Willenpart war über diese Erkenntnis sehr erschüttert, während er
nämlich hofft, daß man auch in Genf im Rahmen des GATT nachweisen kann,
daß der österreichische Stahl nicht subventioniert wird, gibt es gegen
die Selbstschutzklausel keine Argumente, hier liegt es dann ausschließ-
lich im Entscheid der amerikanischen Regierung. Da die Stahlwerke in
den USA mit 50 % nicht einmal ausgelastet sind, wird Österreich gegen
diese Selbstschutzklausellösung kaum etwas vorbringen können.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Aufgrund dieser neuerlichen Aussage soll
Willenpart eine konkrete Zusammenstellung machen.

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Tagesprogramm, 18.2.1983

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hs. Notizen (Tagesprogramm 18.2. Rückseite)

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Tagesprogramm, 19.2.1983


Tätigkeit: Präs. AK NÖ


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    Tätigkeit: Obmann öst. Zuckerverband


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      Tätigkeit: MR HM


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        Tätigkeit: Branchenreferent Nahrungs- u. Genussmittel HM


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            Tätigkeit: Beamter HM (Rochusplatz), ehem. Sekr. Bock, Mitterer


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              Tätigkeit: MR HM


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                Tätigkeit: Stat. Zentralamt, ab 1981 Büro JS


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                  Tätigkeit: Pressesprecher Staribachers


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                    Tätigkeit: Beamter HM


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                      GND ID: 13847284X


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                        Tätigkeit: LH-Stv. bzw. LH NÖ, ÖVP


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