Mittwoch, der 9. Februar 1983

68-0170

Mittwoch, 9. Februar 1983

Im Integrationsausschuß des Parlaments wurde das Abkommen zwischen
Österreich und der EG, das Versandverfahren und dann im Zusammenhang
gleich drei österreichische Bundesgesetze zu dessen Durchführung ein-
stimmig beschlossen. Auch hier war für mich wieder der Beweis, wie wir
aus der Verrechtlichung unserer Gesellschaft Maßnahmen bis ins letzte
Detail durch Gesetze abdecken müssen.

Da die Opposition ja kaum eine Möglichkeit hat aufgrund der Geschäfts-
ordnung des Nationalrates mich über wirtschaftliche Fragen, die die
Integration betreffen, zu interpellieren, nützt sie natürlich erwartungs-
gemäß die Möglichkeit bei jedem Integrationsausschuß Auskunft über Akti-
vitäten zu verlangen. Diesmal war es die Holzfrage, die die landwirt-
schaftlichen Abgeordneten besonders interessierte. In der Vorbesprechung
hatte Präs. Mühlbacher des Freien Wirtschaftsverbandes mir gegenüber
schon erklärt, manchmal fragt man sich, ob diese Fragen überhaupt zulässig
wären, weil sie kaum mit der Tagesordnung etwas zu tun haben. Ich persön-
lich lege allerdings größten Wert darauf, daß alle diese Fragen kommen
können und auch dann von mir meist sogar spielend beantwortet werden.

Im Handelsausschuß wurde der Bericht des Unterausschusses über den
Schutz vor gefährlichen Produkten, Produktsicherheitsgesetz, einstimmig
beschlossen. Staatssekretär Albrecht freute sich sehr, als insbesondere
die ÖVP-Abg. Tichy-Schreder ihr Dank und Anerkennung ausgesprochen hat.
Durch geschicktes, wenn auch langes Verhandeln ist es möglich gewordene,
daß jetzt dieses Gesetz einstimmig beschlossen wird und die Wirtschaft
es sogar begrüßt. Auch der freiheitliche Abg. Murer in Vertretung des
erkrankten Stix dankte ebenfalls Albrecht.

Die Novelle zum Patentanwaltsgesetz wurde ebenfalls einstimmig geneh-
migt, unwahrscheinlich ist, daß die freiheitlichen Abgeordneten bestens
präparierte Unterlagen für die Diskussion von einer unscheinbaren Klub-
sekretärin im freiheitlichen Abg.-Klub immer bekommen. Ich habe bei der
Begrüßung schon etliche Male dieser Kollegin meine Anerkennung ausge-
drückt. Die große Oppositionspartei oder gar vor allem die SPÖ Partei
hat wesentlich mehr Mitarbeiter, die ÖVP dann noch die Handelskammer und
Landwirtschaftskammer, die SPÖ-Seite die Regierung momentan und doch
auch AK und ÖGB. Die Freiheitlichen sind wirklich nur auf sich selbst
gestellt.



68-0171

Auch der Vertrag zum Schutz der Herkunftsangaben wurde einstimmig ge-
nehmigt, die FPÖ fragte nur an, ob der Mozartkugelkrieg zwischen
Deutschland und Österreich nicht anders beigelegt werden kann, als eben
jetzt im Vertrag durch Schutz dieses Namens für Österreich gegen eine
große deutsche Schokoladenfabrik in Berchtesgaden beendet werden konnte.
Der FDP-Landwirtschaftsminister Ertl hat scheinbar hier auch seine Par-
teifreunde informiert. Ich erklärte dezidiert, daß eine andere Lösung
als die jetzt im Vertrag vorgesehene nicht möglich ist. Neuaufnahmen
der Verhandlungen über dieses Problem würden das ganze Gebäude, das
mühsamst in jahrelangen Verhandlungen errichtet wurde, zum Zusammensturz
bringen.

Die Außenhandelsgesetznovelle, in meinen Augen auch wieder so ein typi-
sches Gesetz, wo man aus rechtsstaatlichen und verfassungsrechtlichen Grün-
den Maßnahmen, die im Außenhandel notwendig sind und die wir eigentlich
wahrscheinlich normalerweise durch Verordnungen regeln hätten müssen,
bei uns gesetzlich verankert werden. Der Freiheitliche Murer fragte so-
gar, warum wir nicht die Vorschläge des Verfassungsdienstes aufgenommen
haben, zwischenstaatliche Vereinbarungen jeder Art im Gesetz zu regeln.
Darüber wurde seinerzeit zwischen dem Verfassungsdienst, dem Handelsmini-
sterium lang beraten. MR Schwarz von unserer Präsidialabteilung hat
sich dann Gott sei Dank durchgesetzt, der Verfassungsdienst hat zwar
seine Bedenken im Gutachten aufrechterhalten, aber nicht gegen die jetzt
vorgeschlagene Lösung Einspruch erhoben. Wären die Vorschläge des Ver-
fassungsdienstes durchgegangen, hätten wir auch für jedes Fremdenverkehrs-
abkommen, das meistens ja nichtssagend ist, nur für Staatshandelsländer
meistens von Bedeutung ist, einen Gesetzesbeschluß benötigt. Hier war
ich überrascht, daß die Freiheitlichen nicht zustimmten, sondern sich
vorbehielten, noch in ihrer Klubvollversammlung zu beraten und dann im
Haus bei der Abstimmung sich erst endgültig zu entscheiden.

Der Industrieminister Makoni von Simbabwe kam mit dem selben Flugzeug
aus Paris, wo auch Kreisky zurückkam. Die Journalisten hatten Kreisky
in größerer Zahl aufgelauert und umdrängten das Flugzeug, Vizekanzler
Sinowatz war zu seiner Begrüßung erschienen. Als er die gangway herun-
ter kam, bemerkte man, zumindestens für mich auch deutlich sichtbar, daß
diese Reise für ihn sehr anstrengend gewesen sein muß. Die Berichte
von seinen zwei Tagen, die er privat in New York verbrachte, angefüllt
mit Besprechungen, stundenlangen Fernsehdiskussionen wurden selbst von
der gegnerischen Seite als mörderisch bezeichnet. Ich bin überzeugt,
Kreisky mutet sich hier viel zu viel zu. Genauso überzeugt bin ich aber
auch, daß ihn niemand davon abhalten kann.



68-0172

Unser Handelsverkehr mit Simbabwe, ehem. Rhodesien, ist nicht bedeutend,
310 Mio. S Importe, 130 Mio. Exporte, im vergangenen Jahr sogar ein Rück-
gang um 13 % auf beiden Seiten. Die VÖEST-Alpine ist nur daran brennendst
interessiert, mit diesem Industrieminister Kontakt zu haben, denn seiner-
zeit hat sie nach Rhodesien ein Stahlwerk geliefert, jetzt kann sie
es weiter betreuen und hofft auf einen Auftrag für 3 Mrd. S Ausbau und
Verbesserung. Die Hauptschwierigkeit wird es die deutsche Konkurrenz
über die Kreditanstalt für Wiederaufbau Kredite um 0,75 % für 30 Jahre
gibt. Die Finanzierungsfrage wird sehr schwer zu lösen sein.

Die VÖEST-Alpine hat aber Simbabwe jetzt ein Trainingsprogramm versprochen.
25 VÖESTler kommen ins Stahlwerk, der Aufwand von 10 Mio. dafür wird
durch 5 Mio. Entwicklungshilfe, BKA, 1 1/2 Mio. durch die Handelskammer und
der Rest durch örtliche Subvention der dortigen Regierung finanziert.
Ein weiteres Trainingsprogramm sieht vor, daß 20 Simbabwer nach Linz
zur VÖEST auf 6 Wochen kommen. Auch dafür sind 7 Mio. aufzuwenden, die
größtenteils die Entwicklungshilfe aus dem BKA finanziert. Große Lie-
fermöglichkeiten gäbe es durch die ungeheuren Kohlenvorkommen, die Simbabwe
jetzt erschließen möchte. Der Transport dieser Kohle ist aber durch die
umliegenden Staaten zeitweise mehr als fraglich. Österreich braucht
außerdem derzeit nicht annähernd von diesem Gebiet größere Kohlenmengen.

LH-Stv. Frühbauer und auch dann der AK-Präsident Quantschnig haben mich
wegen des beabsichtigten Schließens der Brauerei in Bleiburg interpelliert.
Frühbauer insbesondere hätte erwartet, daß die LUGA heftigst gegen diese
Schließung protestiert und eine machtvolle Demonstration bis zu Kampf-
maßnahmen darüber führt. Dies, erklärte ich Frühbauer, ist gar nicht so
einfach, denn die Brauerei ist von der steirischen Gruppe gepachtet,
Puntigamer und Gösser möchten aber am liebsten die 85.000 hl, die die
Brauerei erzeugen kann und erzeugt, auch auf ihre anderen Betriebe auf-
teilen. Die dortigen Betriebsräte sind daher sehr wohl für eine Schlie-
ßung der im gemischtsprachigen Gebiet liegenden Kärntner Brauerei.
Die Brauerei, erklärt die steirische Gruppe ist veraltet, der Großteil
der Beschäftigten soll als Bierdepot weiter dort Arbeit finden. 35
aber müßten gekündigt werden.

Der Leiter des BFI, Berufsförderungsinstitut, Ingrisch, ersuchte mich um
neuerliche Genehmigung ihrer Sonderprogrammfinanzierung für 2 Mio. S
in diesem Jahr, genauso wie es bereits im Vorjahr prinzipiell schon ge-
nehmigt wurde. Eine Aussprache mit dem zuständigen Referenten Vondruska
ergab, daß er dies beabsichtigt. Schwierigkeiten macht nur der Gruppen-
leiter MR Würzl.



68-0173

ANMERKUNG FÜR VECSEI: Bitte die vorjährige Zusage sofort erfüllen.

Der neu gewählte Vizepräsident der Enit wurde von Enit-Vertreter Borto-
luzzi
mir vorgestellt. Er kommt aus der Lombardei und ist eine Art
Landesvertreter in der zentralen Fremdenverkehrsorganisation Enit.
Im Laufe des Gespräches erfuhr ich dann auch, daß er sozialdemokratischer
Funktionär ist, der in Begleitung des Verkehrsvereines-Brescia-Vertre-
ters erschien. Wir unterhielten uns über die Entwicklung im Fremdenver-
kehr. Die Rezession macht sich auch auf diesem Gebiet jetzt in Italien
so wie auch in Österreich bemerkbar. Noch gehen die Leute auf Urlaub,
noch reisen sie kürzer aber und geben weniger aus. Über die Fremdenver-
kehrsbedeutung nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch, wenn man will,
so für die Friedenssicherung einigten wir uns sehr leicht. Ich erwähnte,
daß ich Sonntag bei der Begrüßung des großen Friedenskongresses zwischen
West und Ost, organisiert allerdings und bezahlt von der sowjetischen Seite,
darauf verwies, daß die jährlichen Völkerwanderungen dazu beitragen, daß
sich die Menschen besser kennenlernen. Ob es so leicht zum ersten Welt-
krieg gekommen wäre, hätte damals schon dieser Massentourismus schon
bestanden, erkläre ich ihm am italienisch-österreichischen Beispiel.
In Österreich hätte man die Italiener kaum als die Katzlmacher und in
Italien die Deutschen nicht als Crucco so abwertend und feindbildmäßig
einfach darstellen können. Vizepräsident Crisafulli wäre insbesondere
an einem Jugendaustausch zwischen Italien und Österreich interessiert.
Nebenbei wurde selbstverständlich auch ich wieder eingeladen endlich
einen offiziellen Besuch in Italien abzuhalten. Ich bedankte mich für
diese Einladung der ENIT, stellte aber fest, daß ich kaum werde kommen
können.

Auf der Landstraße hatte ich Gelegenheit bei der Frauenjahreskonferenz
über die politische und wirtschaftliche Situation zu berichten. Die
Funktionärin kenne ich zum größten Teil aus meiner jahrzehntelangen
Tätigkeit und ich kann in aller Bescheidenheit sagen, daß ich ihnen
immer schon sehr sympathisch war. Unbefriedigend für mich ist nur, daß
unsere Funktionärinnen halt mit mir alt geworden sind, alle schon jahr-
zehntelang in der Partei arbeiten und verhältnismäßig wenig junge Funkti-
onärinnen uns zur Verfügung stehen. Die Überalterung unseres Funktionärs-
apparates, da wir ja doch ein, wie ich immer sage, sterbender Bezirk sind,
die jungen Leute ziehen ja meistens in Neubauwohnungen aus dem Bezirk
weg, ist scheinbar unaufhaltsam.

Ich appellierte aber ganz besonders an diese Funktionärinnen, daß sie
im jetzigen Wahlkampf uns so wie immer durch ihre persönliche Propa-


68-0174
ganda unterstützen sollen. Nur mit Hilfe unseres altgedienten und von
allen anderen Parteien beneideten Vertrauenspersonenapparats können wir
überhaupt diese Wahlen schlagen. Dafür und für ihre jahrelange Tätig-
keit habe ich ihnen dann auch als Bezirksobmann herzlichst gedankt.

Die Kammeroper, kleines Musiktheater, welches natürlich größtenteils von
Subventionen leben muß, hat die erste Mozart-Oper Die Liebeslist, die er
mit 12 Jahren schrieb, aufgeführt, die Musiker und Sänger sehr engagiert,
für mich ein überraschend guter Erfolg. Der Leiter der Bühne, Prof. Gabor,
diskutierte mit mir in der Pause, wie er auf der einen Seite von Unter-
richtsminister Sinowatz entsprechende Unterstützung bekommen könnte und
andererseits auch wir im Handelsministerium helfen können.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was bekommt er von uns Subvention.

Überrascht und sehr verärgert war ich dann über eine Nachricht und In-
terview im Nachtjournal im Rundfunk. Dort wurde mitgeteilt, daß sich
jetzt GR Fux aus Salzburg entschlossen hat auf der Tollmann-Liste für
den Nationalrat zu kandidieren. In einem Interview darüber sagte er,
wenn sie in den Nationalrat einziehen, und das ist er fest davon überzeugt,
werden sie keiner Koalition beitreten oder eine unterstützen. Ihre Auf-
gabe wird es sein, und jetzt kam das für mich Empörende, den Ministern
sozusagen auf die Finger zu schauen, dagegen wäre gar nichts einzuwenden,
im Gegenteil, die Bemerkung Fux aber, in Österreich könne sich niemand
vorstellen, daß ein Minister eingesperrt wird, und das sei sein Ziel,
hat mich aber tief bewegt. Vielleicht ist das darauf zurückzuführen, weil
ich einmal wegen meiner politischen Tätigkeit sowohl von den Schwarzen
als auch von den Braunen schon eingesperrt gewesen bin, mir jetzt so-
zusagen, wenn nicht auf meine Person bezogen, so doch auf das Amt, sagen
lassen zu müssen, die wichtigste Tätigkeit von Fux wird es sein Minister
ins Häfen kommen zu lassen, fand ich richtig empörend. Tollmann, der Listen-
führer, als Universitätsprofessor erklärt, die Politik ist genauso dreckig,
wie er sie sich vorgestellt hat. Fux sein neuer Mitstreiter erklärt
als Saubermann, es ist sozusagen nur die Aufgabe alle diese Oberen einzu-
sperren, das wird eine schöne Entwicklung in Österreich, wenn diese
Leute wirklich größeren Einfluß gewinnen sollten.

ANMERKUNG FÜR VECSEI: Bitte verschaff mir den genauen Wortlaut seiner
Aussage.

68_0166_01

Tagesprogramm, 9.2.1983

68_0166_02

hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Unterrichtsminister


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Sts. HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg.


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Beamter HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Komponist


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Politiker


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: AK-Präs. Ktn.


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: MR HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: ital. Fremdenverkehrswerbung; evtl. Falschschreibung


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Sekt.R HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: BRD-LWM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg.


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Vizepräs. BHK, Präs. FWV


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: BFI


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
                                  GND ID: 12053536X


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Bundeskanzler
                                    GND ID: 118566512


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Pressesprecher Staribachers


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Schauspieler


                                        Einträge mit Erwähnung: