Dienstag, 7. Dezember 1982
Der Lebensmittellandessekretär von Tirol teilt mir mit, daß die in
Konkurs gegangene Fa. Walde von der deutschen Firma Ritter gekauft
werden könnte. Die Firma interessiert sich aber nur dann dafür, wenn
für den Keksexport aus Deutschland Schokolade in einer Art Kompensa-
tion eingeführt werden könnte. Hier gibt es aber Schwierigkeiten, weil
bei Schokolade für Vollmilchpulver und andere Bestandteile Abschöpfun-
gen in Österreich zu bezahlen wären. Dadurch rechnet sich das Geschäft
nicht. Ich erklärte sofort, Firmenvertreter von Ritter sollen sich
ans Handelsministerium wenden, wir werden versuchen für dieses Problem
auch eine Lösung zu finden.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte versucht mit Ritter Kontakt
aufzunehmen.
Dr. Schwarz von der Fa. Immuno und sein Betriebsrat sind besorgt, daß
die Chemie Linz für eine Plasmafraktionierung von der ÖIAG entsprechend
Subventionen bekommen würde. Dies ergäbe sich aus den Beschlüssen
des Nationalrates 3 1/2 Mrd. S für die verstaatlichte Industrie zur
Verfügung zu stellen. Ich erkläre ihnen, daß ich mir nicht vorstellen
kann und in den erläuternden Bemerkungen resp. in dem Ministerratsvor-
trag ist überhaupt nichts von einer so dezidierten Subventionsvertei-
lung über diesen Sanierungsbeschluß der Verstaatlichten enthalten.
Chemie Linz wird höchstens eine Verlustabdeckung bekommen, damit sie
überhaupt entsprechende Bilanz legen kann. Immuno hat nur Angst, weil
die Fa. Schwab von Chemie Linz jetzt aufgekauft wurde, offiziell ist
in den Zeitungen gestanden, daß das Gesellschaftskapital von 2 auf
50 Mio. bei der Fa. Schwab erhöht wurde. Schwab ist an und für sich
ausstattungsmäßig nicht annähernd dieses Geld wert, interessant ist
nur, daß gewisse Spezialitäten der Fa. Schwab in Deutschland zugelassen
sind, die für die Tochterfirma Hormon-Chemie von Chemie Linz interessant
wären. Immuno hat jetzt eine Plasmafraktionierung von 1 Mio. Liter in
Wien, die Linzer Firma Sangisan vom Laevosankonzern ist erst unlängst
gesperrt worden. MR Fellner hat es übernommen, dies genau zu recherchieren
und dann mit Immuno Kontakt zu halten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Laß Dich ebenfalls entsprechend informieren.
In der Ministerratsvorbesprechung teilt Sinowatz mit, daß Kreisky
an Verkühlung leidet und daher nicht kommt. Die Präsidentenkonferenz der
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Landwirtschaftskammern hat an den Bundeskanzler einen Brief wegen der
Holzimporte gerichtet, Sinowatz ersucht, daß wir darüber diskutieren
weil er dann gemeinsam beantwortet werden müßte. Haiden berichtet
dazu, daß eine Entliberalisierung nicht infrage kommt, CSSR-Importe
deroutieren den Markt nicht, wohl aber stören sie ihn. Schwierigkeiten
gibt es, weil derzeit die Holzexporte, Italien 3 bis 4 Mio. m³, GB, aber
auch die Levante zurückgegangen sind. Die phytosanitäre Kontrolle
wird in Hinkunft eben weiter nicht nur durchgeführt, sondern noch ver-
schärft. Haiden spricht sich aber dagegen aus, daß auf dem Buckel
der Holzwirtschaft Kompensationen von großen Industriebetrieben erfolgen.
Bei Andritz hat er nachgefragt, dort ist keine Kompensation durchge-
führt worden, bei VÖEST-Alpine, meint er, hat das Handelsministerium er-
klärt, daß nichts kompensiert wurde, es bleibt daher nur Steyr-Daimler-
Puch.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte auch dort wegen Holzkompensation recher-
chieren lassen.
Ich erkläre die GATT-Situation. Bei einer ev. Entliberalisierung, da
diesen Brief der Präsidentenkonferenz mehrere Ministerien bekommen haben,
wird beschlossen, daß das BKA nach einer Besprechung mit allen betei-
ligten Ministerien die Antwort verfassen wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte entsprechenden Vertreter sofort namhaft
machen.
Der Außenminister Pahr berichtet, daß die Kuriermeldung, ein Konferenz-
zentrum wird in Thailand errichtet, falsch ist. Die Wirtschaftskommission
für Asien, ESCAP, hat ihren Sitz in Bangkok, diese Unterorganisation
der UNO hat jetzt festgestellt, sie bräuchte dringend bessere Konferenz-
fazilitäten und regt an ein Konferenzzentrum zu bauen. Die UNO selbst
in New York hat nicht einmal noch darüber ernsthaft beraten, bis jetzt
wurde sogar die feasibility study darüber abgelehnt.
Fischer berichtet über die Aktivitäten im Parlament bis Jahresende. Die
ÖVP hat die Urlaubsgesetzentwurfbeschlußfassung, ja selbst die Beratung
im Sozialausschuß abgelehnt. Dies sollte mit Präsidialisten vereinbart
ein einmaliger Vorgang bleiben. Die Sozialversicherungsgesetze
werden auch in diesem Jahr als Budgetbegleitgesetze beschlossen. Die
Gehaltsgesetze, erst im Jänner die Pensionsleistungserhöhung für die
Politiker, damit aufgrund der Gehaltsgesetze keinerlei Nettobezugser-
höhungen rauskommen, werden ebenfalls gleichzeitig dann beschlossen.
Der Hauptausschuß am 15. Dezember wurde nicht, wie die ÖVP jetzt vermutet
und verbreitet, zwecks Vorverlegung der Wahl von April auf März ein-
berufen, sondern ausschließlich, und das wußte die ÖVP, weil es um
Zigarettenpreiserhöhungen geht. Um nicht Hamsterkäufe auszulösen, wurde
bis jetzt immer nebulos über diese Tagesordnung des Hauptausschusses
die Erweiterung angedeutet. Jetzt ist es bekannt, die Zigarettenpreise
für Importwaren und ausländische Lizenzprodukte werden erhöht.
Donnerstag wird im Parlament ein Hearing aller Firmenvertreter mit den
interessierten Parlamentariern stattfinden, um zu beweisen, daß kein
italienischer Baustahl beim Konferenzzentrum Verwendung findet. GD Apfalter
von der VÖEST-Alpine hat bis zu dem letzten Magazineur runter recher-
chiert. Apfalter ist unglücklich, daß diese Diskussion jetzt im Parla-
ment stattfindet, da er 110.000 to Stahl nach Italien exportiert. Ich
selber ergänze diese Mitteilung dahingehend, daß jetzt im GATT, in der
EFTA und bei jeder handelspolitischen Verhandlung Österreich wegen die-
ser absoluten Einfuhrsperre mit eigentlich unzulänglicher Methode diese
Praxis wird angegriffen werden. Ich verweise darauf, daß jetzt die
Absicht besteht, eine Importgenehmigung für Baustahl nur dann auszu-
sprechen, wenn es den Sicherheitsbestimmungen in der Bauordnung von
Salzburg entspricht. Ich werde diese Salzburger Regelung von ganz Öster-
reich ausdehnen, obwohl dafür die gesetzliche Grundlage sehr fraglich
ist. Ich befürchte, habe dies auch den Betriebsräten und Direktoren
der Baustahlproduktion erklärt, wenn jemand zum Verfassungs- oder Ver-
waltungsgerichtshof mit der ersten Importverweigerung geht, wahrschein-
lich diese Bestimmung aufgehoben wird. Die Länder können sich nämlich
nicht einheitlich zu einer Regelung dieses Problems über die Bauord-
nungen entschließen, wie dies auch in der BRD erfolgt ist, der Bund soll
daher mit unzulänglicher Kompetenz dafür einspringen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Den Verordnungsentwurf so schnell als möglich
ausschicken.
In der Ministerratssitzung wird dann die Tagesordnung ergänzt mit dem
Punkt Finanzminister Erhöhung der Tabakpreise.
Landwirtschaftsminister Haiden teilt mir mit, daß er der Meinung ist,
daß der Bescheid zum Forstgesetz-Umweltschutzpunkt nicht gegen die ge-
meinsame Verordnung verstößt Er wird seinen Referenten aber ersuchen
sich mit dem Handelsministerium in Verbindung zu setzen, damit meine
Intervention entkräftet werden kann.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Steffek soll dies sofort prüfen.
Bezüglich der notwendigen Traubensaft-rot-Importe wird Haiden über
die landwirtschaftlichen Genossenschaften erheben. weile Menge diese
noch verkaufen könnte, ich erkläre ihm dezidiert, daß drei österreichi-
sche Firmen, Yo, Rauch, Coca Cola, solche Einfuhranträge gestellt haben
und keine Möglichkeit besteht diese begründend abzuweisen. Haiden
möchte über den Budgettag 15. Dezember rüberkommen. Ich habe MR
Fischer von der Außenstelle diese Situation klargemacht und ersucht
bis zu diesem Zeitpunkt zuzuwarten.
Herr Mauthner erklärt, daß jetzt das Landwirtschaftsministerium anstelle
der geplatzten Polenexporte, Weizen für die Getreidelieferung, Kompensa-
tion für Kohle nach Jugoslawien zur Verfügung steht. Mauthner hat mit
SC Steiner große Verhandlungsschwierigkeiten, ich erkundige mich daher
bei SC Steiner über die Absicht des Landwirtschaftsministers. Haiden
und er erklären mir, daß jetzt versucht wird, was ich auch sehr unter-
stützte Mehl in die SU zu verkaufen, sollte dies nicht gelingen, dann
stehen für Jugoslawien noch 50.000 to Weizen zur Verfügung. Die end-
gültigen letzten Ziffern der Exportmöglichkeiten werden jetzt vom Land-
wirtschaftsministerium über den Getreidewirtschaftsfonds erhoben.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Pleschiutschnig soll entsprechende Information
schicken.
Mauthner teilt mir auch mit, daß heuer 200.000 to Zuckerüberschuß ex-
portiert werden muß: SU 20.000 to, Norwegen und die EG 20.000 to, die
Industrie zur Verarbeitung 20.000 to, ev. kämen 10.000 to nach Jugos-
lawien infrage. Der Weltmarktpreis liegt bei 3,20 S Nettoerlös für
die Zuckerindustrie, dieser Preis ist in den letzten Jahren ungeheuer
zurückgegangen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Jour fixe AK, ÖGB setzen.
Der Freie Wirtschaftsverband von Bad Gastein hat sich in den Kopf ge-
setzt, werbemäßig einen Nikolo und Krampus mit vielen Perchten nach
Wien zu bringen. Haiden und mich haben sie im Regierungsgebäude aufge-
sucht. Ein so ein Riesenspektakel und Wirbel, daß man kaum sein Wort
gehört hat, geschweige denn telefonieren konnte. Ob diese Idee wirk-
lich etwas bringt, bezweifle ich.
Präs. Benya und Gen.Sekr. Hofstetter informieren mich über die Schwie-
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rigen Verhandlungen zwischen Philips und Grundig wegen der zollfreien
Einfuhr von Farbfernsehröhren. Benya teilt meine Meinung, daß man
Philips unter gar keinen Umständen verärgern dürfte, Philips könnte
sonst Produktionen abziehen resp. Beschäftigte entlassen. Die Gewerk-
schaft ist also eindeutig auf Philips' Seite. Benya hofft aber trotzdem,
daß es mir gelingt, irgendeine Kompromißlösung zu erzielen, er vertraut
mir in dieser und in vielen anderen Fragen sehr, wie ich dann auch bei
der Fraktionssitzung des ÖGB feststellen kann.
Die Gewerkschaftsjugend hat Benya, Hofstetter, Dallinger und mich ge-
beten über ihre Probleme und Wünsche ein Gespräch zu führen. Sie haben
die Jugendarbeitslosenstatistik und Beschäftigtenziffern sowie die
Lehrlingsziffern genau aufgearbeitet. Sie möchten jetzt aufgrund der
Listen, die die AK über Lehrlinge führt, dahingehend auswerten, um fest-
zustellen, welche Betriebe Lehrlinge früher gehabt haben und jetzt
nicht mehr, darüber hinaus haben sie bei den Großbetrieben erhoben,
welche Lehrplätze meistens in Lehrwerkstätten noch frei sind. Der So-
zialminister soll außerdem jetzt die Unternehmer veranlassen, daß sie
dem Arbeitsamt melden müssen, wenn sie Neuaufnahmen von Lehrlingen
durchführen. Die Lehrlingsausbildung soll auch durch einen Berufsausbil-
dungsfonds verstärkt werden. Benya warnte davor einen Zwang auf die
Unternehmer auszuüben. Die Mobilität ist bei Lehrlingssuchenden nicht
sehr groß. Außerdem wünschen alle gewisse Lehrberufe zu ergreifen. Der
ÖGB kann niemals für die Unterbringung aller Lehrstellensuchenden ver-
antwortlich gemacht werden. Wir haben nur Vorschläge zu unterbreiten.
Dallinger verwies darauf, daß er für die Nachschulung für negative
Schulabgänger Mittel bereitstellen wird. Das Hauptproblem sind ja nicht
die 15- bis 19-jährigen, da gibt es 6.700 Arbeitslose, 4.000 Lehrsuchen-
den stehen jetzt noch 2.000 Lehrstellen zur Verfügung. Das Problem sind
dann die 19- bis 25-jährigen, wo es 35.000 Arbeitslose derzeit gibt. Für
diese Kategorie ist aber nicht die Gewerkschaftsjugend zuständig,
Dallinger wehrt sich nur dagegen, für jede spezifische Altersschichtung
ein spezifisches Arbeitsbeschäftigungsprogramm zu machen. Die 19- bis
25-jährigen fallen eben unter die Maßnahmen, die zur allgemeinen Ar-
beitsmarktsituationsverbesserung getroffen werden müssen. Bezüglich der
der Prämiengewährung für zusätzliche Lehrlingseinstellung muß man sehr
vorsichtig vorgehen, weil man sonst bald keine normale Ausbildung von
Lehrlingen mehr hat. Die beabsichtigte Vorfinanzierung der Ausbildung,
wie sie Kreisky einmal erwogen hat, geht in einer Krise nicht. Zuerst
kann man wohl den ausbildenden Unternehmern Zuschüsse gewähren, die
Ausgebildeten kommen aber in einer Krise nicht alle unter, sodaß die
Aufwendungen von den aufzunehmenden Betrieben dann nicht mehr in dem
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Maße rückfließen, als erwartet oder kalkuliert wird.
Ich stellte fest, daß die Gewerkschaftsjugend als einzige Jugendbewe-
gung sich mit dem Problem sehr intensiv beschäftigt, die anderen reden
nur und machen große Sprüche. Konkret warnte ich davor, daß man den
Fonds oder auch andere Ideen, Lehrlingsausbildung im Sozialministerium,
in der jetzigen Phase zu sehr propagiert. Die Unternehmer werden
dadurch nur verunsichert. Das Sozialministerium hat seinerzeit sogar
geprüft, das Lehrlingswesen im Sozialministerium aufgrund der derzei-
tigen Verfassungs- und Kompetenzlage die gesamte Arbeitsmarktverwaltung
kompetenzmäßig infrage stellen könnte. Dallinger wird auch hier sehr
vorsichtig vorgehen müssen. Meiner Meinung nach wird es ab 1985 zu
einer wesentlichen Entspannung kommen, derzeit sind 63.000 Schulent-
lassene, 78 mit dem Höchststand, langsam fallend, sodaß 85 nur mehr
55.000 für Lehrlingsausbildung in Frage kommen. Sollte zu diesem
Zeitpunkt die Krise überwunden sein, dann wird es meiner Meinung nach
keine Unterbringungsschwierigkeiten geben. Auch jetzt ist ja das Haupt-
problem die Schwierigkeit der Weiterbeschäftigung der Lehrlinge ent-
weder im Lehrbetrieb oder auch in einem anderen Betrieb. Dies zeigen
ja deutlich die 35.000 Arbeitslosen von 19 bis 25 Jahre. Als letzte
Möglichkeit wurde die Ausdehnung der Schulzeit auf 10 Jahre diskutiert,
ich selbst verwies darauf, daß wir nur nicht den Fehler machen dürften
wieder so eine Art polytechnischen zweiten Jahrgang einzuführen. Ziel-
führender, wurde übereinstimmend festgestellt, sei das Problem der
Schnupperlehre, die jungen Leute müßten mit dem Berufsleben in engeren
Kontakt kommen. SC Jagoda, der bei der Besprechung anwesend war, wird
die dortigen Anregungen überlegen, der Metallarbeiter-Jugendsekretär
Pompe hat bei 239 Firmen erheben lassen, daß 11 % weniger Lehrlinge
in den Großbetrieben ausgebildet werden, der Eisenbahnergewerkschafts-
jugendvertreter Prechtl, der Sohn des Obmanns, hat festgestellt, daß
1982 412 Lehrlinge ausgebildet werden, im nächsten Jahr sind nur 373
vorgesehen. Wenn die Großbetriebe ihre Kapazität Lehrlinge auszu-
bilden besser auslasten könnten, würde sich eine große Entspannung er-
geben. Das Hauptproblem ist allerdings, daß dafür entsprechende Mittel
fehlen.
Die Verkaufsfirma von der Schalterfabrik Kraus & Naimer, Austro Sole-
noid, hat das Staatswappen bekommen, Herr Naimer braucht es scheinbar
dringend und hat es sich sozusagen bei mir direkt abgeholt. Bei dieser
Gelegenheit erklärte er mir den Grund, warum heute noch Millionen
Schalter von ihm produziert werden und am Weltmarkt als größte Schal-
terfabrik existieren kann, die große Serie und vor allem seine Service-
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leistung.
25 Jahre die Fa. Salen gab mir Gelegenheit 20 Leute auszuzeichnen, das
Werk liegt in Krems, die Zentrale in Wien, vor mir hat der Handelskammer-
vertreter seine Medaillen übergeben, er machte den Fehler eine allge-
meine Ansprache zu halten und dann eben einem jeden die Medaille in
die Hand zu drücken, ich habe mir schon immer angewöhnt gehabt, bei
jedem einzelnen ein paar persönliche Bemerkungen zu machen. Dies wirkt,
wie ich wieder einmal feststellen konnte, ungeheuer gut. Leichter hätte
ich es noch gehabt, wenn man mir die Unterlagen, die ich seinerzeit
bei der Staatswappenverleihung an die Firma gehabt habe, mitgegeben
hätte.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Bitte in Hinkunft darauf besonders achten.
In der ÖGB-Bundesfraktion ersuchte mich Benya über die Wirtschaftssitu-
ation zu referieren. Dallinger berichtet dann über die Arbeitsmarkt-
situation. Über die Arbeitszeitverkürzung gab es dann eine längere
Diskussion. Der Metallarbeiterobmann Wille erörterte seinen Plan, wo-
nach bei den Metallarbeitern branchenbezogen, also nicht für alle,
entsprechende Arbeitszeitverkürzung kommen müsse. Er kritisierte die
von Kienzl propagierte Vorwärtsstrategie, niemand ist dagegen, aber nie-
mand kann sagen, wie wir zu einer solchen Vorwärtsstrategie kommen. Die
Verstaatlichte, insbesondere die Eisen- und Metallindustrie, braucht
jetzt so hohe Subventionen, 7 Mrd. S Verlust bei 110.000 Beschäftigten,
das sind 50.0000 S pro Beschäftigtem, die Jahr für Jahr jetzt aufgewen-
det werden müssen.
Kienzl erklärte dann seine Vorwärtsstrategie und meinte, die Expansion
sei das Wichtigste und er hofft, daß auch ich ihn in dieser Frage
unterstütze. Ich habe nur den Einwurf gemacht, ich war immer ein Opti-
mist, ein Inflationist und ein Expansionist, was Benya auch wohlwollend
bestätigte. Ich bin fest davon überzeugt, daß wir auch diese Rezession
überwinden werden, daß die pessimistischen Prognosen, insbesondere die
pessimistischen Ansichten jetzt schön langsam alle dazu führen, daß
jedes Unternehmen sich genau überlegt, ob es überhaupt noch eine
Investition rentabel und zweckmäßig ist. Zu den expansiven Maßnahmen
und Programmen muß es möglich seine eine Finanzierung zu finden;
da die Unternehmer infolge der geringeren Nachfrage ihre Produktion
einschränken, kann nach Kienzls Meinung eine Arbeitszeitverkürzung nur
dazu führen, daß noch weniger Kaufkraft zur Verfügung steht. Diese re-
striktive Politik hat in der Zwischenkriegszeit in Österreich verheeren-
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de Folgen gehabt. Über die entsprechenden Maßnahmen konnten wir uns
in dieser Aussprache, die sehr freundschaftlich und offen war, natürlich
nicht einigen. Benya hat dann zusammengefaßt und meinte, wir werden
über dieses Problem, insbesondere Arbeitszeitverkürzung, am nächsten Ge-
werkschaftskongreß im Oktober 83 Beschluß fassen müssen. Vorher wird
man allerdings über dieses Problem noch eingehend zu diskutieren haben.
Ich habe mit dem Zentralsekretär der Textilarbeiter, Ettl, über deren
Beschwerde beim Bundeskanzler wegen der öffentlichen Auftragsvergabe
von Bekleidungsbestellungen durch das Militär, Post, Bahn usw. gespro-
chen. Er bestätigte mir, daß ein gutes Einvernehmen zwischen Handels-
ministerium, Fabrizii, und ihm besteht, sein Vorsitzender hat nur
Kreisky ersucht, er möge die Bestellungen auch zeitlich besser ab-
stimmen lassen. Jetzt kommt es vor, daß er im letzten Moment Aufträge
dann von österreichischen Firmen nicht mehr erfüllt werden können,
wodurch dann über österreichische Händler Importwaren hereinkommen
müssen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Steinbach vom Sozialministerium hat die not-
wendigen Unterlagen.
Der Bundespräsident hat heuer wieder die Diplomaten und auch die Re-
gierung zu einem vorweihnachtlichen Nachmittag geladen. Diesmal haben
3 junge Musiker auf Barockinstrumenten Haydn, Mozart usw. aufgeführt.
Ich habe mir das erste Stück anhören können, dann hatte ich mich, vorher
allerdings schon entschuldigt, leise rausgeschlichen.
Der Fraktionsheurige der Beschäftigten im Handelsministerium war dies-
mal ein voller Erfolg, der Fraktionsobmann Müller konnte einen vollen
Saal begrüßen und Rechenschaft ablegen, was er alles im vergangenen
Jahr erreicht hat. Wie das aber bei Heurigen schon so ist, hörte ihm
fast niemand zu. Ich habe dann sehr kurz, aber sehr laut der Fraktion
herzlichst zu dem Erfolg gratuliert, habe versprochen, daß ich jeder-
zeit zu ihrer Verfügung stehe und auch sonst für jedermann zu sprechen
bin. Ich bin nämlich, ohne daß ich es dort sagte, fest davon überzeugt,
daß wir nur aufgrund dieser offenen Politik im Handelsministerium
diese Erfolge für die soz. Fraktion erreichen konnten. Wenn ich daran
denke, als wir vor 12 Jahre ein wirklich kleines unbedeutendes Häuf-
lein waren und wie wir jetzt eine stattliche Zahl sind, so hat sich
diese Politik und Arbeit gelohnt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wieviele Mitglieder haben wir eigentlich genau?
Im Vorstand der SPÖ Landstraße beschlossen wir, daß die Sektions-
leiter und die Bezirksräte in noch stärkerem Ausmaß mit konkreten
Einzelproblemen des Bezirkes sich beschäftigen müssen. Der neue Bezirks-
vorsteher Reviczky wird daher die örtlich Betroffenen zu ganz spe-
zifischen Fragen wie Verbreiterung für Schulhöfe, Umgestaltung von
einzelnen Plätzen und Gassen, Maßnahmen gegen angebliche Viertel, wo
eine polizeiliche Unsicherheit, er drückte sich sogar mit Terror aus,
besteht, heranziehen und die Einzelmaßnahmen mit ihnen besprechen.
Im Bezirksausschuß, der letzte in diesem Jahr, habe ich einleitend
Heindl entschuldigt und allen gute Weihnachten und ein frohes neues
Jahr gewünscht. Diesmal hatten wir als Gast Stadtrat Mayr, die Stadt-
räte haben nämlich beschlossen, daß ein jeder von ihnen in jedem Be-
zirk referieren kommt. Mayr, hätte ich eigentlich erwartet, wird über
die Finanzsituation der Gemeinde Wien reden, er selbst hat aber die
Gewohnheit scheinbar aller Finanzmänner über Rhein-Main-Donau-Kanal,
Schiene, Straße, Betriebsverlagerung Wirtschaftsordnung usw. geredet .
Das einzige war, daß er letzten Endes auch auf die Spielautomatensteuer,
auf die Einwegflaschensteuer, Besteuerung leerstehender Wohnungen zu
sprechen kam. Seine Definition ist, profitabel und unprofitabel müßte
unterschieden werden und mit Steuern müsse man Probleme, die sonst
entstehen würden, unprofitabel machen. Z.B. ist profitabel die Schiene,
unprofitabel die Straße, daher die Straßenabgaben. In der Diskussion
wurde dann allerdings sehr bald und kritisch bemerkt, daß er eigentlich
mehr hätte über die Finanzsituation reden müssen, dies ist übrigens
auch meine Meinung.
Tagesprogramm, 7.12.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 156. Ministerratssitzung, 7.12.1982
Nachtrag TO 156. Ministerratssitzung, 7.12.1982