Donnerstag, der 2. Dezember 1982

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Donnerstag, 2. Dezember 1982

Die jährlich stattfindende Kohleversorgungssitzung der OB mit dem
österr. Kohlenbergbau und den Importeuren und Händlern verlief un-
wahrscheinlich problemlos. In diesem Jahr wurden die Importmengen
so gesteuert, daß der österr. Bergbau vollkommen zufrieden war, weil
er imstande gewesen ist seine Mehrproduktion abzusetzen. Die Importeu-
re andererseits hatten volles Verständnis für die Schutzpolitik des
österreichischen Bergbaus und waren mit den reduzierten Importmengen
auch einverstanden. Durch die größere Produktion von Braunkohle, statt
knapp über 3 Mio. wurden 3,2 Mio. to erzeugt und auch abgesetzt, durch
aber einen noch größeren Verbrauch an Kohle als Ersatz für die sehr
gestiegenen Öl- und Gaspreise kamen alle Beteiligten auf ihre Rechnung.

Für das Jahr 1983 wurde festgelegt, daß mit größter Wahrscheinlich-
keit Kohlenimporte für den Haushaltsverbrauch nicht mehr infrage kom-
men, da die inländische Produktion diesen Bedarf abdecken kann. Als
einzige Importgruppe hat BP gemeint, man sollte ein gewisses Kontingent
unbedingt vorsehen, wenn der Bedarf nicht vorliegt, dann würden diese
Kohlen nicht importiert, wenn aber eine Verknappung irgendwo eintritt
ist das Ministerium dann nicht schuld, weil ja eine Importmöglichkeit
bestanden hätte. Diese Politik oder Wünsche konnte ich unter gar keinen
Umständen akzeptieren, BP hat nämlich in Triest angeblich größere
Mengen von gekaufter Kohle liegen, die sie jetzt unter allen Umständen
in Europa loswerden will. Letzten Endes haben dann alle die von MR
Sterk und auch von Dr. Hille vorgetragenen Ziffern sowie die Konsequenz
daraus, eben geringstmögliche Importe, akzeptiert. Unberührt von dieser
Situation bleibt nach wie vor das Bestreben eine gewisse Menge jugosla-
wischer Kohle, die wir aus handelspolitischen Gründen schon importieren
müssen und die im letzten Jahr gegen Weizen kompensiert wurde, für die
Kraftwerke insbesondere der ÖDK.

GD Fremuth berichtete mir, daß er wegen der notwendigen Regelung der
Pensionsansprüche im Verbundkonzern schwerwiegende Verhandlungen hat.
Derzeit ist die Pensionszuschußleistung freiwillig, trotzdem, ist
Fremuth überzeugt, muß er eine vertragliche Regelung erreichen. Die
jetzige Pensionsregelung nämlich kostet ihn dynamisch gesehen in
Zukunft ungeheure Aufwendungen. Außerdem hat er ein Gutachten seiner
Rechtsabteilung, daß ein Rechtsanspruch der Angestellten existiert.
Ich habe Fremuth vorgeschlagen, er soll sich auch ein Gutachten einer


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außenstehenden Person und Fachmannes verschaffen, ich bin fest davon
überzeugt, daß in etlichen Jahren, wenn der Rechnungshof dann diese
Regelung prüfen wird, behauptet, die E-Wirtschaft hat in einer Zeit, wo
alle anderen sparen mußten, noch eine zusätzliche Pensionsregelung
eingeführt.

ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER Bitte dieses Problem auch von der Energie-
sektion vorsichtigst prüfen lassen.

Arch. Lettmayr hat für die Emirate und Botschafter in Österreich für
12 Mio. S einen Vertrag erfüllt und nicht bezahlt bekommen. Lettmayr
glaubte, daß ich jetzt in die Emirate fahre und ersuchte mich dort
über diesen Betrag für ihn zu intervenieren, was ich auch sicher getan
hätte. Derzeit mußte er sein Architektenbüro liquidieren und ist jetzt
bei der UNIDO beschäftigt.

Grötz, ein österreichischer Großhändler für Sanitäranlagen, will, daß ihm
die ÖSPAG resp. die VÖEST-Alpine mit ihren Produkten beliefert. Der
Verband des Großhandels, ein privater Verein, dem aber scheinbar er
nicht angehören kann, verhindert nun über die ÖSPAG und VÖEST-Alpine,
daß er mit den entsprechenden Produkten, insbesondere Keramik, beliefert
wird. Angeblich kann er auch aus Italien und Belgien nichts beziehen,
weil, sobald er dort einen Abnehmer gefunden hat, die anderen Großhänd-
ler über den Verband resp. über die ÖSPAG und VÖEST-Alpine die auslän-
dischen Lieferanten veranlassen die Lieferungen an Grötz einzustellen.
SC Marsch war dies bis jetzt zumindestens gerüchteweise bekannt, ich
habe Marsch vorgeschlagen, daß wenn Grötz uns diese Darstellung schrift-
lich gibt, wir dann mit den entsprechenden Firmen über die Belieferung
von Grötz verhandeln können.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Laß Dir berichten, was dabei herausgekommen ist.

Der Touristenverein hat jetzt auch für die Hohe Wand einen Führer
herausgebracht, die beiden Autoren haben ihn mir übergeben und wir haben,
da es sich hier um ein Gebiet handelt, das ich einigermaßen kenne, uns
sozusagen fachkundig darüber unterhalten. Dieses Buch hat für mich
überraschend alle Wander-, aber auch Klettersteige genau beschrieben,
neu gelernt habe ich, daß es jetzt nicht nur Klettersteige von 1 bis
6 gibt, wie der Alpenverein europaweit klassifiziert, sondern daß man
jetzt nach den neuesten Regeln noch 6 offen bleibt, also theoretisch
7, 8 und 9 bis 10 gegangen ist. 10 ist dann aber schon reinste Schlos-
serei, bereits bei 7, 8 und 9 aber heißt weniger Kletterei und mehr


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Seil- und Eisentechnik, da es sich dann bei den ganz extremen ja nur
mehr um Überhänge handelt, wo der Kletterer sozusagen unterhalb der
Felsenwand sich weiterbewegt. Zuerst dachte ich, daß der Touristen-
klub diesen Führer in Konkurrenz zu den Naturfreunden, die ja vor
nicht allzu langer Zeit auch einen Hohen-Wand-Führer herausgebracht haben,
treten will, in Wirklichkeit aber mußte ich dann zur Kenntnis nehmen,
daß es eigentlich umgekehrt ist. Der Touristenklub hat immer schon
Führer über die Hohe Wand herausgegeben, bevor es überhaupt noch
die Naturfreunde gegeben hat.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte nächste Parlamentssitzung wegen Präs.
Klubobmann Fischer erinnern.

Erstmals hat Abteilungsleiter Burian, aber hier in seiner Funktion als
Mitglied des Aufsichtsrates, alle Interessenten für die Pölser Papier-
fabrik im Handelsministerium zusammengerufen. Die Italiener haben
bis jetzt den Syndikatsvertrag nicht eingehalten. Weder die 141 Mio.
wurden eingeschossen, noch die vorgesehenen 40.000 to Zellstoff abge-
nommen, trotzdem mußten wir alle zur Kenntnis nehmen, daß die Italiener
eigentlich derzeit bei den Mehrheitsverhältnissen weder im Vorstand
noch im Aufsichtsrat, geschweige denn in der Hauptversammlung zu irgend
etwas zwingen können. Die FGG hat mitgeteilt, daß sie zwar jetzt mit
der Prüfung einigermaßen fertig wäre und auch der Länderbank als Haus-
bank die notwendigen Garantien geben könnte, wenn die Italiener tat-
sächlich zumindestens zu erkennen geben, daß sie zum Syndikatsvertrag
resp. vor allem zum Kapitaleinschuß bleiben. Da die Italiener ver-
sprochen haben mit 10. Dezember zumindestens 61 Mio. einzuzahlen, wurde
dann beschlossen abzuwarten, bis dieser Termin vorüber ist. Nachher
wird sofort zu prüfen sein, wie man weiter vorgeht, alle machen sich
gewisse Hoffnungen, daß ein nicht genannter Unternehmer, es handelt
sich aber um Landegger, ev. bereit wäre bei Pöls einzusteigen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND BURIAN: Vorsichtigst recherchieren, ob Landegger
dies überhaupt könnte.

GD de Vito von der Fa. Agip wollte von mir wissen, was die italienische
Seite machen sollte, um das Kohleanlandeprojekt im Hafen Triest wieder
zu aktivieren. Die österreichische Studiengesellschaft unter Führung
von Shell International hat ja bekanntlicherweise die Arbeit sofort
eingestellt, als die italienische Regierung entschieden hat, daß nur
35 % an dieser Hafengesellschaft für Ausländer reserviert werden können.
Agip Carbone bekommt mindestens 50 und andere Italiener wie eben der


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Präsident von Zanussi angeblich 15 %. Da ich bereits bei der Tavola
Rotonda in Triest erklärt habe, die österreichische Regierung würde
unter gar keinen Umständen sich finanziell an diesem Projekt beteiligen,
liegt es ausschließlich bei Shell International ob sie neuerliche
Verhandlungen aufnehmen will. De Vito teilte mir mit, daß eine zweite
Studiengruppe mit Agip, Total und Elan ebenfalls Untersuchungen über
ein solches Projekt angestellt hat und dafür schon 6 Mio. S ausgegeben
hat. Auch in diesem Fall erklärte ich de Vito eindeutig, daß er mit
diesen Firmen weiterverhandeln müßte, wenn diese an dem Kohlenhafenpro-
jekt tatsächlich sich beteiligen möchten. Österreich ist nur daran
interessiert, daß entsprechend Kohleanlandemöglichkeiten entweder in
Triest oder einem anderen Mittelmeerhafen, gegebenenfalls aber auch
von Nordseehäfen, d.h. über Deutschland oder Rotterdam, nach Österreich
geliefert werden kann. Die Situation für die Kohleanlieferung nach
Europa hat sich allerdings durch die jetzt wieder sehr starken polni-
schen Kohlelieferungen wesentlich verschlechtert. De Vito wird dies
mit den italienischen Stellen in Triest und wahrscheinlich auch sicher-
lich mit seiner Mutter in Rom besprechen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Sektionen sollen dies weiter mit
de Vito besprechen.

GD Weikhart vom Vorwärtsverlag muß den Betrieb auf der einen Seite
von der Rechten Wienzeile wegbringen und andererseits aber den
schwer verschuldeten Verlag sanieren. Wie er mir vertraulich mitteilt,
hat er 100 Mio. S, wovon nur 60 Mio. langfristig sind Kredite, das Haus
hat einen Schätzwert von 58 Mio. S, bekommen wird er wahrscheinlich dafür
nicht annähernd diesen Betrag. Für eine neue Druckerei müßte er ca.
100 Mio. S investieren, die Gemeinde Wien würde, so wie sie für den
Kurier auch eine Subvention gegeben hat, damit eben die Betriebe in
Wien bleiben, Vorwärts ca. 40 Mio. zuschießen können, die neue Druckerei
müßte dann ihren Umsatz von 210 Mio. wahrscheinlich auf 190 Mio. redu-
zieren, auch die Beschäftigten, 320 in der Druckerei, insgesamt im
ganzen Konzern 470, müßten entsprechend reduziert werden. Der AZ-Anteil
am Umsatz beträgt derzeit 60 Mio., die AZ müßte aber auf Fotosatz umge-
stellt werden, auch dafür sind 12 Mio. Investitionen notwendig, die
allerdings langfristig dann eine Ersparnis von 8 Mio. bringen können.
Ich fürchte, daß Dr. Weikhart, der sich sehr bemüht, es äußerst schwie-
rig haben wird diese notwendigen Geldmittel aufzutreiben. Sowohl in
der Gewerkschaftsfraktion als auch bei anderen Stellen erklärt man,
daß man auf die Dauer diese zusätzlichen Mittel, die Jahr für Jahr in
die AZ gezahlt werden müssen, nicht mehr aufbringen wird können. Daß


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ich diesem neuen Mann Weikhart nicht nur alles Gute wünschte, sondern
auch erklärte ihn in jeder Beziehung zu unterstützen, nur halt keine
finanziellen Mittel habe, brauche ich nicht besonders zu erwähnen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit ihm Kontakt halten und jede Unter-
stützung gewähren.

Die Bundeswirtschaftskammer hat für ihren Handelsrechtsexperten Dr.
Bauer die Buchpräsentation "7000 Jahre Handel" im WIFI am Hohen Markt
übernommen. KR Steidl, aber auch Vizepräsident Schönbichler haben
bei einer großen Anzahl von Anwesenden das Buch und den Autor sozusagen
vorgestellt. Der einzige Schönheitsfehler war, daß dieses Buch in der
Schweiz gedruckt werden mußte. Wie Bauer nämlich dann in seiner An-
sprache erwähnte, hat sich kein österreichischer Verlag bereit erklärt
dieses natürlich auch mit einem gewissen Risiko verhaftete Buch zu
übernehmen. Der Schweizer Verleger, mit dem ich nachher gesprochen habe,
meinte, das Risiko ist sehr groß, er ist aber fest davon überzeugt, daß
durch den bilderbuchartigen Aufbau dieses Werkes er sehr wohl damit
rechnet, daß die Kosten hereinkommen. Gewinn, meinte er, ist sicherlich
damit kaum zu machen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wenn einmal ein Handelsbuch gebraucht wird,
bitte darauf Rücksicht nehmen.

Der Österr. Gewerbeverein hat wieder an drei Wissenschafter Exner-
Medaillen verliehen, drei Unternehmer ausgezeichnet und 2 Dutzend von
Arbeitnehmern, die Prokuristen oder Handelsbevollmächtigte oder höhere
Angestellte, teilweise aber auch Arbeiter sind, die eben 25 und mehr
Jahre in Betrieben beschäftigt sind, die dem Gewerbeverein angehören.
Der Gewerbeverein war einmal eine mächtige Organisation, Exner-Medaillen
hat der Professor Hahn, der Erfinder der Kernspaltung, Lise Meitner,
auch eine Atomphysikerin, dem Erfinder des Penizillins, Florey, usw. diese
Medaille in der Vergangenheit übergeben, dadurch fühlen sich auch jetzt
noch Ausländer, die diese Exner-Medaille bekommen, und auch österr.
Wissenschaftler sehr geehrt, wenn sie dazu vorgeschlagen werden. Da
BK Kreisky ihnen Jahr für Jahr verspricht, daß er dran teilnimmt, dazu
aber dann immer jemanden anderen ersucht, habe ich schon etliche Male
Gelegenheit gehabt dort anwesend zu sein. Erstmals hat mich diesmal
Vescei begleitet, der für mich überraschend sofort richtig erkannte,
daß es sich hier in Wirklichkeit um eine vergangene Pracht handelt,
die Ausländer aber die Exner-Medaillen schon wegen der großen Anzahl
bedeutender Vorgänger auch bereit sind jetzt dafür nach Wien anzureisen.



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Natürlich nützte ich die Gelegenheit, um indirekt darauf hinzuweisen,
daß ich auch nächstes Jahr gerne wiederkomme, wenn, ohne daß ich Wahl-
propaganda machen will, ich noch Handelsminister wäre. Das anschließende
Festessen habe ich aber dann verweigert, weil ich ehrlich gestanden
lieber im Klub der SPÖ das Fernsehprogramm Österreich zu Kriegsende von
Portisch angeschaut habe. Außerdem habe ich die gute Ausrede ins
Parlament zurück zu müssen, da ja die Budgetkapitel Inneres, Justiz u.
eben spät am Abend dann noch Landesverteidigung zur Abstimmung gekom-
men sind.

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Tagesprogramm, 2.12.1982

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: GD Agip


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    Tätigkeit: Papierindustrieller


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      Tätigkeit: Beamter HM


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        GND ID: 115563237


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          Tätigkeit: -obmann


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            Tätigkeit: Stat. Zentralamt, ab 1981 Büro JS


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                Tätigkeit: Sektionsobmann Handel, Obmann Kohlenhandel


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                  Tätigkeit: MR HM


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                    Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


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                      Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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                        Tätigkeit: Obmann Sektion Handel BHK


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                          Tätigkeit: Pressesprecher Staribachers


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                            Tätigkeit: Beamtin HM, Fraktion soz. Beamter im HM


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                              Tätigkeit: MR HM


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                                Tätigkeit: Bundeskanzler
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