Mittwoch, 24. November 1982
GD Lap von Philips hat den Vorschlag von KR Brandtner, Grundig, trotz
Reduzierung der vorgesehenen Importe japanischer Farbfernsehbildröhren
auf 150.000 Stück, also der Hälfte gegenüber dem heurigen Jahr, und Redu-
zierung des Zollsatzes von 15 % auf 5 % abgelehnt. Lap sieht eine große
Gefahr für die Produktion von Farbfernsehbildröhren in Lebring, wenn
nächstes Jahr neuerdings zollfrei oder zollermäßigte japanische Bild-
röhren nach Österreich eingeführt werden können. Grundig muß überall in
Europa jetzt für japanische Bildröhren den Zoll bezahlen. Entscheidend
für die STellungnahme Laps war aber sicher die jetzt zwischen Philips
Eindhoven und der französischen Firma Thomson-Brandt geführten Verhand-
lungen, wie es eigentlich mit der Grundigübernahme und deren Auswirkungen
und Beziehungen zwischen Philips und Thomson-Brandt steht. Er erwartet
in den nächsten Wochen eine endgültige Stellungnahme, Philips muß es sich
mit Thomson-Brandt arrangieren oder die 24 1/2 % Grundiganteil eben-
falls an Thomson-Brandt abtreten. Diese französische Firma hat jetzt
bereits Telefunken, Nordmende und SABA gekauft. Jetzt kommt noch Grundig
dazu, Lap machte die Bemerkung, die deutsche Wirtschaftspolitik von
Lambsdorff war eine der Ursachen, daß Deutschland jetzt einen Ausverkauf
an Elektrofirmen erlebt. Zu den schon Genannten kommt ja noch der
Niedergang von AEG, diese Politik hat Lambsdorff mitverschuldet. Thomson-
Brandt wird 82 ein Defizit von ca. 3 1/2 Mrd. S machen, trotzdem expandiert
diese Firma ständig. Niemand weiß was Thomson-Brandt mit Grundig in
Fürth und in Wien mit den Fernsehfabriken wirklich machen wird. Grundig
muß jetzt in Fürth fast 1/3 seiner Beschäftigten, 650, entlassen, Philips
in Krefeld die Hälfte seiner Beschäftigten, 700, ebenfalls entlassen.
Schlimmer noch als die Situation am Fernsehsektor ist die auf dem Video-
recordersektor. Derzeit sind in Europa 1 1/2 Mio. Stück bei der Industrie
unverkauft. Dazu kommen noch fast die Hälfte dieser Menge, die beim
Handel liegen, trotzdem wird Japan 900.000 Stk. jetzt noch nach Europa
liefern. Lap ersuchte deshalb, er sollte unbedingt Videoimportbeschrän-
kung gegenüber Japan aufrechterhalten. Philips hat bis jetzt im Liesinger
Werk noch keine Kündigungen vorgenommen. Lap arbeitet hier mit dem Be-
triebsrat engstens zusammen und war voll des Lobes über ihn. Wir einigten
uns darauf, daß ich trotz der GATT-Anklage der Japaner die Importkontin-
gentierung aufrechterhalten werde, bezüglich des Wunsches der Fa. Grundig
wie Dir. Brandtner ev. Zollsenkungen für japanische Farbfernsehröhren, die
nach wie vor eingeführt werden, wird SC Marsch Verhandlungen zwischen
Philips und Grundig führen.
ANMERKUNG FÜR MEISL, MARSCH UND HAFFNER: Bitte Entsprechendes veranlassen.
Ing. Krasser, Inhaber eines Ingenieurbüros und Ziviltechniker, arbeitet
derzeit für große österreichische Stahlbaufirmen, Andritz für Paskov,
VÖEST-Alpine für Pöls, für Detailprojektarbeiten. Er möchte gerne
ausländische Aufträge als Zivilingenieur und besprach mit mir die Mög-
lichkeit diesbezügliche Aufträge zu bekommen. Ich habe ihm gleich klar
gesagt, daß ich jederzeit bereit bin ihn zu unterstützen, daß aber die
Voraussetzung dafür ist, daß er mit ausländischen Auftragsgebern direkt
in Kontakt kommt. Die Wege zu diesen Auftragsgebern kann ihm nur der
jeweilige Handelsdelegierte der Bundeshandelskammer verschaffen.
Die Schwechater Kunststoffverarbeitungsfirma Bagyura hatte seinerzeit
30 Beschäftigte und ist jetzt trotz einer erfolgreichen Surfbretter-
zeugung auf 10 Beschäftigte abgesunken. Derzeit erzeugt er 5 Typen, die
er sogar in 9 Länder exportieren könnte. Sein Hauptproblem ist, daß er
bei einem Umsatz von 10 Mio. S bereits 13 1/2 Mio. S Schulden hat. Keine
Bank will ihm mehr Kredite geben, der Forschungsförderungsfonds und auch
der Exportfonds hat seine Ansuchen abgelehnt. Unerklärlich ist mir, wie
auch hier wieder die Raika Schwechat, welche seine Finanzierung für die
Investitionen in der Vergangenheit durchgeführt hatte, ihm nicht die
Zinsstützung der Bürges mitteilte. Dr. Fabrizii hat sich sehr bemüht
ihm irgendwie behilflich zu sein. Meistens kommen die Firmen erst dann
zu ihm, wenn es bereits kaum eine Möglichkeit der Unterstützung wirklich
gibt.
Der Bautenminister von Oman wurde von Bautenminister Sekanina und Land-
wirtschaftsminister Haiden gemeinsam eingeladen; da beide keine Zeit
haben, mußte ich ihn vom Flughafen abholen, interessant für mich war dabei,
daß die niederösterreichische Straßenbauverwaltung ihn gleich über die
neue Autobahn von Schwechat nach Wien gelotst hat, die erst mit Ende
des Jahres eröffnet wird. Typisch die Reaktion des Omanesen, der meinte,
diese Straße wird doch der Präsident eröffnen. Unsere Exporte nach Oman
sind noch verhältnismäßig gering, heuer werden es vielleicht 80 Mio.
S werden, importieren können wir aus diesem Staat bis jetzt gar nichts.
GD Genn von General Motors mit seinem Einkaufsvorstandsdirektor Sadler
sowie der neuen Vorstandsdirektorin, die für Public relations zuständig ist,
haben bei mir vorgesprochen, um sich zu erkundigen, warum ich den Präsi-
deten von GM, McDonald, einen Brief nach Amerika gerichtet habe, wo ich
um weitere stärkere Kooperation ersuchte. Zum Glück haben wir eine Ab-
schrift dieses Briefes direkt auch an ihn gerichtet, Genn war durch diese
67-1377
Maßnahme sichtlich verärgert, auch wenn er dazu nichts gesagt hat. Sadler
erklärte uns welche Anstrengungen GM macht, um österreichische Produzenten
für die Produktion in Aspern, aber auch für die Exporte in die BRD und
damit dann als weiteren Schritt nach Amerika zu gewinnen. Viele auch
große österreichische Firmen haben bis jetzt sich um diese Möglichkeit
nur sehr beschränkt und mit Zeitverzögerung interessiert. VEW ist drei
bis 5-mal teurer als die Konkurrenz, SDP hat 6 Monate auf ihr Antwort-
schreiben warten lassen, die österreichischen Firmen nehmen nicht zur
Kenntnis, daß der amerikanische Markt ungeheuer hart ist und dort eine
aggressive Politik betrieben werden muß. Dies war für mich der Aufhänger,
um, nachdem ich mich schon generell für den Brief an den Präs. McDonald
entschuldigt hatte, zu erklären, ich hätte mit diesem Schreiben nur den
Anstoß geben wollen, daß die amerikanische Seite von GM hier bevorzugt be-
handelt und halt auf die österreichische Mentalität, helfen's uns doch
ein bißchen, anspielend um Unterstützung ersucht habe.
SC Marsch und Dr. Gröger, der ja die ganzen Zulieferverhandlungen immer
führt, meinten, es wäre gut, wenn Einkaufsdirektor Sadler mit der Vereini-
gung österreichischer Zulieferer, Geschäftsführer Dkfm. Taurer, jetzt
nur bei Flugzeugzulieferanten am Werk, vielleicht auch sich der amerika-
nischen Autozulieferung annehmen würde.
Ich habe nach dieser Aussprache sowohl dem SC Marsch als insbesondere Dr.
Gröger erklärt, daß wir in Hinkunft auch auf Wunsch von Außenhandelsstellen-
leitern oder gar Generalkonsulen und Botschaftern, Interventionsbriefe
zu schreiben, äußerst vorsichtig vorgehen müssen. In Hinkunft wird es
zweckmäßig sein, solche Interventionsbriefe immer mit den ausländischen,
in Österreich befindlichen Werksverantwortlichen dieser ausländischen
Konzerne abzusprechen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte dies besonders beachten.
Die Fa. Fleischmann, ein Textilgroßhändler, hat am Neuen Markt ein ganz
neues, sehr schönes Heimtextiliendetailgeschäft eröffnet. Dort wurde
der Firma von mir das Dekret zur Führung des Staatswappens überreicht.
Für diese Firma hat sogar der leitende Sekretär des ÖGB, Ströer, inter-
veniert. Besonderen Verdienst hat die Firma dadurch erworben, daß sie
österreichische Textilproduktionen für schwer entflammbare Vorhang- und
Möbelstoffe, Teppichböden angeregt , mit 40 Beschäftigten wird heute sogar
ein Lehrling dort ausgebildet, selbstverständlich habe ich sofort so
wie fast bei jeder Staatswappenverleihung ersucht, ob man nicht einen
zweiten Lehrling ebenfalls aufnehmen könnte. Zu meiner größten Verwunde-
67-1378
rung hat mir dann der Firmeninhaber Dr. Fleischmann, aber auch sein Pro-
kurist Rieger mitgeteilt, daß sie trotz größter Anstrengung keinen
zweiten Lehrling gefunden haben. Ein Lehrmädchen kommt für diese Arbeit
leider nicht infrage, weil ungeheuer schwere Stoffballen zu schleppen
sind.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Das Arbeitsamt für Jugendliche soll Bewerber
unter Hinweis auf die Zusage hinschicken.
Die Paritätische Kommission, diesmal unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers,
genehmigt die Lohntangentenregelung für die Metallbetriebe, Erhöhung um
0,6 % bis 2,2 % aufgrund des Kollektivvertragsabschlusses von 4,4 %,
die Tariflöhne um 6,2 %. Die Berechnung des Fachverbandes ergab, daß damit
die Betriebe um durchschnittlich 5,4 % belastet werden. Ebenso wurde
der Preis für landwirtschaftliche Zugmaschinen um 4 1/2 für die leichte-
ren und 5 % für die schwereren erhöht. Gehälter für die Angestellten und
Löhne für die papier- und pappeverarbeitende Industrie wurden freigege-
ben, ebenso die Handelsangestelltenlöhne.
Kreisky berichtete dann noch als, wie er sagte, Dienstgeber für den öffent-
lichen Dienst der Paritätischen Kommission, die Verhandlungen wurden nicht
abgebrochen, sondern nur unterbrochen, die Forderung wurde auf 4,7 % von
der Gewerkschaft gesenkt, von den Arbeitgebern, also dem Bund auf 4,2 %
erhöht, jedermann konnte aus dieser Information schon herauslesen, daß
bei 4,4 % wahrscheinlich der Abschluß zustandekommen wird. Kreisky er-
klärte dezidiert eine Erhöhung der Haushaltszulage um 50 S generell, der-
zeit 150 S bei gleichzeitigem Abfall der Haushaltszulage von 40 S, wo
beide Staatsangestellte sind und sie bekommen, wird vom Bund nicht ak-
zeptiert werden können. Die Belastung würde 250 Mio. S für den Finanz-
minister ausmachen, gefährlich ist aber das Präjudiz, das dadurch für
die Kinder, die nicht im öffentlichen Dienst erfaßt sind, für Forderungen
kommen müßten, die 1 Mrd. S ausmachen könnte. Darüber hinaus würde dann
den öffentlich Bediensteten Kindern zweimal eine entsprechende Erhöhung
bekommen, einmal die große Haushaltungszulage vom Bund und das zweite Mal
dann wieder von dem Familienfonds.
Kreisky kündigte gleich an, daß die öffentlichen Mandatare, die an das
Bezügegesetz gebunden sind und auch gebunden bleiben, den zu erwartenden
Zuwachs aber diesmal nicht ausbezahlt bekommen, sondern für höhere
Pensionszuzahlung diese 4,4, % herangezogen werden.
Die Verhandlungen mit den öffentlichen Dienst gestalteten sich sehr
hart, aber fair, denn natürlich mußte der Arbeitgeber, sprich Bund, da-
67-1379
rauf verweisen, daß der öffentliche Dienst einen sicheren Arbeitsplatz
gibt und dann noch durch normale Vorrückungen dann automatisch entspre-
chende Lohnerhöhungen resp. Gehaltserhöhungen sich ergeben. Mit diesem
Lohn- und Gehaltsabschluß wird der Bund andere Verhandlungen nicht prä-
judizieren und auf bereits stattgefundene Verhandlungen entsprechend Rück-
sicht nehmen. Diskussion über diese Mitteilung hat es keine gegeben.
Ich bin gerade zur Eröffnung von Kreisky zur Sitzung erschienen und habe
daher niemanden am Anfang begrüßt. Nach der Sitzung bin ich auch sofort
gleich weggelaufen, insbesondere den Vertretern der Landwirtschaft,
Präs. Lehner und einige Herren waren ja anwesend, nicht zu begegnen. Lehner
hat zwar sehr freundlich zu mir herübergenickt, ich habe aber demon-
strativ sehr kühl reagiert. Die Landwirtschaftskammer hat wieder geglaubt,
sie muß mich wegen der, wie sie glaubt, unzulänglichen Regelung der Schnitt-
holzimporte aus der CSSR in der Öffentlichkeit anschießen. Zise wartet
niemals Briefantworten ab, sondern schreibt einen Brief und geht damit
gleich an die Öffentlichkeit. Da sie dabei immer wieder behauptet, ich
hätte die Landwirtschaftskammer ausgeschaltet, obwohl der Vertreter des
Holzwirtschaftsrates, eine Organisation der Landwirtschaftskammer und
der Bundeshandelskammer, stets dabei war, habe ich heute dezidiert in
einer Aussendung erklärt, ich werde mir überlegen, ob weiterhin der Holz-
wirtschaftsrat vom Handelsministerium überhaupt zugezogen werden soll,
wenn er nicht das Vertrauen der Landwirtschaftskammer besitzt. SC Meisl,
mit dem ich über diesen Fall gesprochen habe, teilte meine Meinung, man
sollte jetzt Verhandlungen über eine Reorganisation des Holzwirtschafts-
rates aufnehmen. Ich will und werde mir nicht von der Landwirtschaftskammer
ihre Politik aufdrängen lassen und vor allem schon gar nicht ihren Stil.
Die Landwirtschaftskammer wird zur Kenntnis nehmen müssen, daß zwischen
der Bundeshandelskammer und dem Handelsministerium eine andere Methode
und ein anderer Stil herrscht, als sie mit dem Landwirtschaftsministerium
verkehren. Entweder wird sich die Landwirtschaftskammer an diese Methode
und den Stil, den ich gewohnt bin, gewöhnen oder wir werden eine entspre-
chende Auseinandersetzung haben.
ANMERKUNG FÜR MEISL: Bitte, wie besprochen, die entsprechenden Gespräche
beginnen.
Tagesprogramm, 24.11.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)