Donnerstag, 28. Oktober bis Dienstag, 2. November 1982
Der bayerische Staatsminister Jaumann hat bei seinem Besuch in Öster-
reich besonders darauf verwiesen, wie gut die Wirtschaftsbeziehungen
zwischen Bayern und Österreich sind, und dies bei jeder denkbaren
Möglichkeit immer wieder herausgestrichen. Trotzdem gibt es natürlich
immer kleinere Probleme, die von den Beamten bei ihren Gesprächen nicht
befriedigt gelöst werden können und die dann eben auf höchster Ebene
zwar auch nicht gelöst werden, aber wenigstens zur Sprache gebracht
werden. Ein typisches Beispiel dafür ist das Problem der Zulassung
von Bauhandwerkern in Österreich, Jaumann meinte es wäre ja viel ge-
scheiter, er könnte verhindern, was er allerdings nicht will, daß die
österreichische Bauindustrie in Bayern arbeitet. Typisches Beispiel
dafür war das Innkraftwerk, welches erst kurz eröffnet wurde und wo
ausschließlich österreichische Bauunternehmungen den Zuschlag erziel-
ten. Kleine deutsche Gewerbetreibende wie Maurer, Zimmerer, Baumeister
können in Österreich nur Aufträge übernehmen, wenn sie die Konzession
dazu erlangen, dafür müssen sie die Konzessionsprüfung machen. Ein
Dispensverbot für das Baugewerbe ermöglicht es mir nicht, für diese
kleinen deutschen Unternehmer eine Ausnahme zu machen. Die einzige
Möglichkeit besteht, daß sie sich in Österreich niederlassen, daß
jetzt schon 10 % des Baugewerbes deutsche Firmen auf diese Art in
Österreich zustande kamen.
Das wirkliche Problem war aber, daß Jaumann die Aktion Ja zu Österreich
als Diskriminierung empfindet und insbesondere, daß das österreichische
Qualitätszeichen Qualitäts-A deutsche Firmen nicht bekommen können.
Ich erklärte ihm sofort, daß die Verleihung dieses Qualitäts-A durch
einen Verein erfolgt, von der Handelskammer gegründet und auch mehr
oder minder betrieben wird, dieser Verein sieht in den Statuten eben
nicht vor, daß Ausländer Vereinsmitglieder werden können.
Ein weiteres Problem war, daß er sich wegen der Ausschreibung und der
Anwendung der ÖNORM A 2050 mit angeblichem Diskriminierungscharakter
von deutschen Anbietern beschwerte. Hier konnte ich auf die in Ver-
handlung stehenden neuen Bestimmungen eines Ausschreibungsgesetzes ver-
weisen. Zum Glück ist er auf dieses Problem nicht näher eingegangen,
wird dieses Gesetz, wie im Entwurf vorgesehen auch vom Nationalrat
beschlossen, dann besteht sogar noch für die österreichischen öffentli-
chen Stellen, die einen Zuschlag machen müssen, gegenüber den auslän-
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dischen Anbietern wahrscheinlich eine noch größere Diskriminierung.
Ich glaube allerdings nicht, daß in dieser Legislaturperiode das Ge-
setz noch beschlossen wird.
Seine wichtigste Beschwerde war, daß ausländische Produkte jetzt als
solche angeblich ausgezeichnet werden müssen. Diese Idee hat die
Handelskammer schon fallengelassen und ich konnte ihm daher wenigstens
in diesem einen Punkt eine befriedigende Antwort geben.
Beim von Handelskammerpräsident Sallinger im Imperial gegebenen Mittag-
essen für Jaumann hat Sallinger selbst teilgenommen, dabei gab es
zwischen ihm und mir ganz lustige freundschaftliche Sticheleien über
den zukünftigen Wahlkampf, über die bisherige mit der Handelskammer
durchgeführte Handelsministeriumspolitik und vor allem natürlich über
die zumindestens von den Generalsekretären der Handelskammer stets
gewünschte Änderung meiner Politik, insbesondere der Personalpolitik
im Handelsministerium. Sallinger mußte einmal mehr zugeben, daß ich
diese nicht zuletzt im Interesse der heimischen Wirtschaft ganz gut
mache, allerdings der ÖVP keine personalpolitische Chance gebe. Daß
ich dazu dann noch die Zustimmung der überwiegende ÖVP angehörigen
Personalvertretung bekomme, ärgert insbesondere Generalsekretäre, er
hat sich mehr oder minder damit abgefunden. Jaumann bestätigte dann
in seiner Rede, daß zwischen der Handelskammer und dem Handelsministe-
rium ein sehr gutes Einvernehmen bestehen muß, und eine Zusammenarbeit
der Sozialpartner, die er sich auch in der BRD wünschen würde.
Im Parteitag hat Kreisky wie angekündigt sein großes Referat gehalten.
Überraschend für mich war, daß er diesmal vollkommen frei gesprochen
hat. Dadurch wirkte es nicht nur lebendiger, sondern dokumentierte in
aller Öffentlichkeit, wie er, den die ÖVP ja jetzt als kränklich, alt
und schwach hinstellen möchte, nicht nur im Parteitag dominiert, son-
dern auch körperlich imstande ist, solche große Reden auch zu halten.
Da diesmal in der großen Halle viele in- und ausländische Beobachter
und vor allem viele Zuhörer waren, wurde der Redner auf eine große Bild-
wand projektiert. Jeder Zuhörer konnte daher ganz genau den Elan und
die frei vorgetragene Rede Kreiskys hören und sehen. Ich glaube daher,
für Kreisky war es ein großer Erfolg und für seinen Wahlkampfauftakt
der beste Start, den man sich vorstellen kann. Natürlich wird offiziell
erklärt, der Wahlkampf hat noch nicht begonnen, doch scharren nicht
nur alle Parteien in ihren Startlöchern, sondern bereiten alles für
einen sehr langen Endspurt für April des nächsten Jahres vor.
Diese neue Methode der Übertragung der Redner auf die Leinwand wurde
für den Obmann der SJ und Parteivorstandsmitglied Cap zum Verhängnis.
Er hatte sich aus welchem Grund immer nach dem Bericht des Wahlkomi-
tees, wo die Kandidaten mitgeteilt wurden, gemeldet um 3 Fragen an LH
Kery als Parteivorstandsmitgliedskandidat zu richten. Erstens wie viel
er verdient, zweitens ob er tatsächlich verbilligten Strom von der
BEWAG bezieht, und drittens ob er in seinem Haus einen Schießstand hat
und dort Schießübungen abhält. Kery selbst hat gar nicht geantwortet,
sondern Sinowatz ist für ihn ans Rednerpult gegangen und hat die Lei-
stungen Burgenlands und ganz besonders Kerys herausgestrichen und mehr
oder minder direkt die Fragen beantwortet.
Unmittelbar nach dem Referat Kreiskys fanden dann die Wahlen zum Partei-
vorstand statt, die Folge dieser Auseinandersetzung war, daß Cap mehr
als die Hälfte Streichungen bekam und damit aus dem Parteivorstand
rausgewählt war, Kery erhielt aber auch über 100 Streichungen. Anstelle
von Cap wurde dann Gesundheitsminister Steyrer in den Parteivorstand
vom Parteitag gewählt, die SJ war nicht bereit, einen anderen Vertreter
zu nominieren.
Die letzte Entwicklung konnte ich dann nicht mehr verfolgen, weil ich
spät am Nachmittag nach Bagdad abfliegen mußte. Da in Bagdad gleich-
zeitig auch die irakische internationale Messe stattfand, waren viele
österreichische Vertreter anwesend. Beim Botschafter wurde deshalb
eine vier Stunden dauernde Gesprächsrunde mit, wenn ich so sagen kann,
jedermann und mir abgehalten. Jeder Unternehmer konnte seine speziellen
Wünsche mir erklären, die Delegation selbst hat ja auch 1/2 Dutzend
von Firmenvertretern als Experten ausgewiesen. Angenehm war für mich,
daß auch so gute Freunde wie NR Heindl für Hofmann & Maculan, Dr.
Satzinger für Verbundplan und auch Dr. Zaki für SGP und gleichzeitig
auch als Dolmetsch dabei waren.
Die Gemischte Kommission, geführt von dem neuen Ölminister Taqi, der
fast gleich lang mit mir im Amt befindliche Vorgänger von ihm Karim
war spurlos verschwunden. Von dem ebenfalls noch vor kurzem amtie-
renden Gesundheitsminister, der mit Steyrer entsprechende Gespräche und
Vereinbarungen getroffen hat, war auch nichts mehr zu hören. Bei Karim
wußte man noch nicht endgültig, ob er liquidiert wurde, beim Gesundheits-
minister stand dies eindeutig fest. Natürlich wurde niemals darüber
geredet und schon gar nicht irgendwo in Bagdad darüber etwas geschrie-
ben.
Die ganzen Tage verbrachte ich damit in der Kommissionssitzung, die
grundsätzlichen Erklärungen abzugeben und dann in vier Unterkomitees
weiterarbeiten zu lassen. Ich persönlich habe dann, wie es der Han-
delsdelegierte, aber ganz besonders der österreichische Botschafter
vorgeschlagen hat, 7 Ministerien besucht, um dort alle offenen Probleme
und insbesondere die Firmenwünsche zu deponieren. Auch die irakische
Seite hatte entsprechende Beschwerden, da ich aber am Vortag mit den
österreichischen Vertretern mich vier Stunden über jeden einzelnen
Fall und ihre wünsche genau unterhalten habe, war ich bestens vorbe-
reitet. VÖEST-Alpine hat Zement nicht geliefert und dürfte auch als
Subkontraktor bei einer Flußanlage, Absperrtore beteiligt sein. Uni-
versale hat Bauaufträge unzulänglich ausgeführt, der irakischen Seite
konnte andererseits wieder nachgewiesen werden, daß viele Verzöger-
ungen durch die Kriegshandlungen resp. zumindestens im Kriegsgefolge
eben nicht kontraktmäßig abgewickelt werden konnten. Die ganzen Be-
schwerden aber haben sich in sehr freundschaftlicher Atmosphäre abge-
wickelt. Beim System, alle Firmenvertreter die bei diesen Aussprachen
dabei sein wollten, auch mitzunehmen hat sich wieder einmal bestens
bewährt, den Firmenvertretern wurde dadurch die Möglichkeit gegeben, in
Ministerien bessere Kontakte herzustellen, und sie selbst haben mir
immer wieder versichert, daß sie nicht erwartet haben, daß ich mich
so für ihre einzelnen Belange einsetze.
Der erste stellvertretende Ministerpräsident Ramadan war von mir schon
beim letzten Besuch als Minister kontaktiert worden. Auch damals mußte
ich schon feststellen, daß er sehr kurz angebunden und zurückhaltend
ist. Der Botschafter hatte mir aber zum Glück ein Elaborat über die
in Haft befindlichen zwei Lastwagenlenker, die angeblich einen Reifen
gestohlen haben und zu 2 Jahren Haft von einem Revolutionstribunal
verurteilt wurden, in Englisch und Arabisch mitgegeben. Ich habe daher
für diese beiden bei ihm entsprechend interveniert und gebeten, ich
wollte mich gar nicht in ihre Justiz einmischen, man sollte doch viel-
leicht Gnade vor Recht ergehen lassen.
Kreisky hat, ohne daß ich allerdings davon etwas wußte, über den öster-
reichischen Botschafter an den Präsidenten Hussein einen Brief ge-
schrieben, wo er mich besonders als längst in seiner Regierung tätigen
Mitarbeiter und Minister empfohlen hat. Das Präsidentenprotokoll
ließ Ölminister Taqi wissen, ich sollte meinen Aufenthalt um 2 Tage
verlängern, damit ich dann am Dienstag oder Mittwoch doch noch empfan-
gen werden könnte. Ich erklärte sofort, ich bin jederzeit bereit
überall hinzufliegen, da behauptet wurde, er befindet sich an der Front
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von mir aus auch in dieses Gebiet, doch könnte ich eine Verlängerung
nicht akzeptieren. Zur größten Überraschung wurde mir dann bei der
Messeeröffnung mitgeteilt, ich müßte mich parat halten, es würde doch
noch eine Aussprache zustande kommen. Auf der Messe hatte ich daher
Gelegenheit mit unseren Ausstellern mich eingehend zu unterhalten. Bis
ich dann am Abend doch noch zu einem Halbstunde dauernden Gespräch mit
Hussein empfangen wurde. Dieser interessierte sich insbesondere über
die weiteren Maßnahmen Kreiskys, wie es ihm geht und trug mir besondere
Grüße an ihn auf. Zu meiner größten Freude hatte er aber dann im Laufe
der Diskussion mir mitgeteilt, Sie haben Schwierigkeit mit Ihren Leuten,
ich werde sie begnadigen. Damit war für mich eigentlich in meiner
12-jährigen Tätigkeit die erfolgreichste Wirtschaftsmission abgeschlos-
sen. Ich kann mir nämlich sehr gut vorstellen, was es heißt im Irak
2 Jahre im Gefängnis zu verbringen. Für diese beiden hatte bereits der
Außenminister selbstverständlich der Botschafter, aber auch Innenmini-
ster Lanc bei seinem letzten Besuch interveniert, konnte aber bei
Hussein diese große Geste nicht erreichen. Ich gebe mich keiner Illusion
hin, daß es auch mir nicht gelungen wäre, wenn nicht Hussein auch ge-
genüber Kreisky dokumentieren möchte, wie sehr er selbst österrei-
chische kleine Verfehlungen von einzelnen pardoniert. Kreiskys Nah-
ostpolitik hilft also in dem Fall nicht nur dem einzelnen, sondern wie
ich immer wieder feststellen konnte, insbesondere auch der österreichi-
schen Wirtschaft. Von den einzelnen Unternehmungen wird dies auch
weit und restlos anerkannt, selbst die österreichischen Handelsdele-
gierten und die Handelskammer müssen dies zugestehen, nur die ÖVP
glaubt noch immer dagegen Sturm laufen zu müssen.
Überrascht war ich auch auf der Botschaft eine Univ.-Dozentin von der
archäologischen Fakultät auf der irakischen Messe Dr. Trenkwalder zu
treffen. Diese hat jetzt in der Nähe vom Babylon eine alte Turmruine,
es steht nur, so würden wir sagen ein hohler Zahn, in Arbeit. Sie ist
fest davon überzeugt und hat dort etliche Funde schon gemacht, daß
dieses Bauwerk, wenn es von ihr erforscht sein wird, größere Erkennt-
nisse für Babylon liefern wird als die Ausgrabungen in Babylon
bis jetzt erbracht haben. Zum Unterschied zum Turm von Babylon, wo
nur mehr ein leichter alter Hügelhaufen zu sehen ist, steht wirklich
noch ein größerer Rest. Wegen der Begeisterung dieser Dozentin habe
ich mich auch sofort entschlossen, nachdem sie ihre Ausgrabungsstätte
unbedingt auch selbst besuchen mußte, sie dorthin zu begleiten.
Zum ersten Mal sind wir durch ein echtes irakisches Dorf gefahren,
ihre Aufenthaltsstätte äußerst primitiv und ihre 6 bis 7 Studenten,
die sie mitbringt, wohnen dort in der Nähe, 60 Arbeiter wurden im Vor-
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jahr von der irakischen Regierung bezahlt und haben die Ausgrabungen
vorbereitet, heuer wurden vielleicht auch wegen der Kriegsereignisse
die Arbeiter nicht mehr zur Verfügung gestellt, im nächsten Jahr soll
es aber wieder weitergehen. Auf der Heimfahrt haben wir dann tatsäch-
lich einen ihrer Arbeiter getroffen, diese haben sich nicht nur sehr
gefreut, sondern sind ihr fast um den Hals gefallen. Ich selbst habe
natürlich immer wieder herausgestrichen, daß es der Frau Dozent ge-
lingt, die wichtige irakische Geschichte aufzuhellen, und daß sie
damit auch im irakisch-österreichischen Freundschaftsverhältnis we-
sentlich dazu beiträgt unsere Beziehungen zu verbessern. Trenkwalder
war über diese moralische Unterstützung sehr glücklich, denn natür-
lich spricht sich dies im Irak wie ein Lauffeuer herum und vom Dorf
bei Babylon bis nach Bagdad in die Zentralstellen hat sie jetzt einen
wesentlich besseren und leichteren Stand. Nicht zuletzt war ich aber
interessiert, wie diese Arbeit dort weitergeht, weil auch beim letzt-
jährigen Besuch von Frau Staatssekretär Albrecht diese diese Ausgra-
bungsstätte besucht hat. Ein deutsches Forschungsteam um die Jahrhun-
dertwende hat nach einem englischen im vorigen Jahrhundert soweit nur
Arbeiten geleistet, daß sie etliche Funde bei Ausgrabungen sofort aus
dem Irak weggeschafft haben. Jetzt darf man nicht einmal einen alten
Stein raustransportieren, dafür hat jetzt sie Gelegenheit, mit iraki-
scher Unterstützung ganz fantastische archäologische Arbeit dort zu
leisten. Mir war es wieder wichtig, unserer Delegation zu zeigen,
wie sehr eine Frau mit Studenten unter denkbar ungünstigsten Verhält-
nissen, Wasser muß mit Tankwagen zugeführt werden. Baden kann man ge-
legentlich im ca. 30 km entfernten Tieber Brot und Milch bekommt man
vom Dorf, Fleisch muß sie dann in Suck in der nächstgrößeren Stadt
kaufen, viele Österreicher würden das nicht anrühren. Ich habe ihr und
ihren Studenten, die dort mitmachen, meine größte Anerkennung gezollt.
Nach Irak habe wir im vergangenen Jahr über 4 Mrd. Waren exportieren
können, heuer wird das Ergebnis noch besser. Die Irakis selbst aber
können außer ein paar Datteln überhaupt nichts nach Österreich expor-
tieren, Öl könnten sie mehr produzieren, die Syrer haben aber die
große Pipeline mit 70 Mio. to über ihr Gebiet über Nacht geschlossen.
Dasselbe auch bezüglich der Straßentransporte von Jordanien über
Syrien nach Irak. Da im Süden über Basra, wo Kriegsgebiet ist, keine
Öltransporte gehen, bleibt eben nur die türkische Leitung, diese soll
jetzt auf 50 Mio. to durch zusätzliche Pumpstationen ausgebaut werden.
Taqi ersuchte mich aber schon im Hinblick auf die guten jahrzehnte-
langen Beziehungen zwischen der ÖMV und der nationalisierten irakischen
Ölfirma, daß doch eine ganz kleine Menge von Österreich zwecks Erhal-
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tung der Geschäftsbeziehungen gekauft werden soll. Ich habe bei meiner
Rückkehr sofort mit dem GD Kaes von der ÖMV gesprochen, der sich dies-
bezüglich positiv äußerte und sofort die Verhandlungen mit Irak
aufnehmen wird.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte vom Ergebnis berichten.
Auf der Iraker Messe war eine große Anzahl von Ministern, angeblich 30,
sicherlich wurden dazu auch die Vizeminister, eigentlich Sektions-
chefs nach unserem Rang, der Oststaaten gezählt. Getroffen und mit
ihnen gesprochen habe ich nicht nur mit dem sowjetischen Vizeminister,
sondern auch mit dem tschechischen Außenhandelsminister. Dieser wollte
mich zu einem Lunch in ein sündteures Hotel einladen, ich habe dieses
abgelehnt und ihn gebeten, er möge bei der Messe dann den Österreich-
Pavillon besuchen, wo wir eben Würstel, ein Gulasch, Bier, Wein und
sogar Mannerschnitten serviert haben. Bei dieser Aussprache ersuchte
er mich, ich sollte mich für Getreideexporte nach Polen beim Landwirt-
schafts- und Finanzminister einsetzen. Der Landwirtschaftsminister hat
mir dezidiert dann auch bei meiner Rückkunft erklärt, daß er sehr
interessiert wäre, wenn Polen Weizen wieder abnehmen würde. Das Pro-
blem ist nur, wie es finanziert werden kann. Ich selbst habe dem pol-
nischen Minister vorgeschlagen, er möge ähnlich wie wir das auch mit
Jugoslawien tun, eine Kompensationsware anbieten, also ein Barter-
geschäft abwickeln. Sein Vizeminister Karas kommt nach Wien und ich
habe ihm versprochen, mit diesem das Getreideproblem zu klären.
Finanzminister Salcher hat mir wieder zugesagt, er könnte sich vor-
stellen, daß wenn die Polen die 340 Mio. S Zinsen für heuer bezahlen
können, er ihnen dann einen Kredit für 100.000 to Getreide wieder ein-
räumt. Die Frage für mich ist wirklich jetzt, wie auf der einen Seite
Haiden seine Überschußmengen los wird, 100.000 to Gerste wurden in
die DDR verkauft, 70.000 to Mais den Tschechen, offen ist noch die
Weizenlieferung, wo mindestens 400.000 to exportiert werden müssen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Die Abteilung soll mit dem Landwirtschaftsmini-
sterium die vorjährigen Lieferungen und Preise und die heurigen schon
abgeschlossenen und beabsichtigten in Tabellenform zusammenstellen.
Aus der DDR war zur Messe der Schwerindustrieminister gekommen. Dieser
hat mir dann unter 4 Augen erklärt, er war jetzt in Ägypten und könnte
dorthin eine Zementfabrik liefern, er hofft, daß sie die VÖEST-Alpine
daran beteiligen wird. Ich versprach ihm darüber mit GD Apfalter so-
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fort Gespräche aufzunehmen. Ich habe zwar nach meiner Rückkehr sofort
Apfalter über die Irakis berichtet, aber auf diese Mitteilung total
vergessen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Apfalter verbinden.
Überrascht war ich in Bagdad, trotzdem jetzt bereits 3 Jahre Krieg
mit dem Iran herrscht, eine ungeheuer rege Bautätigkeit und natürlich
Prestigebauten feststellen zu können. Ein Denkmal für unbekannte
Soldaten mit einer Prachtparadestraße, scheinbar schon für das, wie
man ja früher hoffte bald positive Kriegsende vorbereitet, viele
neue öffentliche Gebäude, neue Hotels, ein neuer Konferenzpalast, ein
mitten in der Stadt jetzt auf Jumbojet ausgebauter privater Flughafen
für Präs. Hussein und ev. Staatsüberhäupter, die ja zur Blockfreien-
Konferenz hätten nach Bagdad kommen sollen. Die letzteren Investi-
tionen, Hotels, Konferenzzentrum, Flughafen usw., waren insoferne umsonst,
als ja wegen des Krieges die Blockfreien ja beschlossen haben, doch
nicht nach Bagdad zu kommen. Alle diese großzügigen Bauten sind sehr
beeindruckend, sicherlich sehr teuer, wie sich Irak dies bei dieser
gedrosselten Ölproduktion und Verkauf leisten kann, ist mir ein Rätsel.
Solange die Irakis 190 Mio. to verkaufen konnten, hatten sie entsprechen-
de Öleinnahmen, jetzt bekommen sie von den anderen arabischen Staaten
angeblich nur Kredite, damit können sie den Krieg und die Bauten wei-
terführen, wie und ob sie dies zurückzahlen können, ist eine andere
Frage. Derzeit werden auf alle Fälle riesen Investitionen und auch große
Projekte noch immer im Irak durchgeführt, daß dies natürlich für
österreichische Firmen sehr interessant ist, kommt am besten durch die
große Beteiligung an der Bagdader Messe, 130 österreichische Teilneh-
mer, zum Ausdruck. Immer wieder wurde ich natürlich auf den gerechten
Krieg Iraks gegen Iran angesprochen und man hoffte scheinbar doch immer
wieder, von mir auch eine diesbezügliche Äußerung herauszulocken.
Ich selbst habe mich aber, nicht zuletzt weil wir auch mit Iran ent-
sprechende Geschäfte machen, dazu nie bereit erklärt, ich habe selbst-
verständlich aber immer darauf verwiesen, daß ich persönlich und ganz
Österreich hofft, daß es bald zu einem Friedensschluß in dieser Re-
gion kommen möge. Viel Hoffnung habe ich leider nicht, daß dieser
mein immer wieder geäußerter Wunsch auch sehr bald in Erfüllung geht.
Für mich eigentlich furchtbar, wenn man bedenkt, wie sinnlos die Kampf-
handlungen an der irakisch-iranischen Grenze sind, wie zuerst die Iraker
versuchten, Iran mit kleinen Territorialgewinnen hoffen in die Knie
zwingen zu können, und wie jetzt der Iran gelegentlich immer wieder
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Gegenoffensiven startet.
Von westlichen Staaten habe ich bei dem Empfang dann den norwegischen
Handelsminister, der auch zur EFTA kommt, und vor allem die neue schwe-
dische Energieministerin getroffen. Dieser habe ich gratuliert und sie
hat mir erzählt, daß Palme versuchen wird, jetzt mit einer neuen
Mission und Anstrengung als schwedischer Ministerpräsident vielleicht
doch in dieser Region Friedensverhandlungen einleiten zu können. Ich
persönlich wünschte ihr daher nicht nur in ihrer Tätigkeit, sondern auch
Palme für diese neue Aktivität viel Erfolg. Viel Hoffnung habe ich
allerdings leider nicht.
Dienstag, 2. November 1982
In der Ministerratsvorbesprechung, die diesmal Sinowatz leitete, be-
grüßte er zuerst den neuen Staatssekretär und Nachfolger von Nußbaumer
Lacina. Lacina selbst war ja jahrelang einer meiner engsten Mitarbei-
ter in der AK, ich selbst schätze ihn sehr hoch und bin sehr glücklich,
daß er diese Funktion erhalten hat. Lacina wurde dann auch sofort
aufgefordert, über die letzten Verhandlungen wegen der verstaatlichten
Industrie zu referieren. Lacina teilte mit, daß bei Kreisky der VEW-
Vorstand und die Gewerkschaft der Privatangestellten und die Betriebs-
räte waren. GD Bayer von der VEW hat, ohne mit den Betriebsräten im
Detail darüber gesprochen zu haben und auch weder die ÖIAG noch die
Verstaatlichte-Industrie-Sektion zu verständigen, seinen Plan publiziert,
alle Leute mit 57 in Pension zu schicken, trotzdem noch Kurzarbeit dann
einzuführen und einen Teil der Beschäftigten kündigen zu müssen. VEW
befindet sich jetzt besonders in den letzten 2 Monaten in einer furcht-
baren Situation, weil weitere Auftragsrückgänge von 25 % festgestellt
werden mußten, 1.600 seien von der Kündigung betroffen, wenn nicht
andere Maßnahmen gesetzt werden. Auch VÖEST-Alpine Donawitz ist mit
3.000 Beschäftigten durch Auftragsrückgänge sehr gefährdet. Die Ver-
handlungen werden weiter fortgesetzt.
Löschnak berichtete daß die zweite Beamtenrunde auch zu keinem Ergeb-
nis gekommen ist, Finanzminister Salcher hat ihnen 4,4 Mrd. S angeboten,
die Gewerkschaften sollen jetzt bezüglich der Aufteilung entsprechende
Vorschläge machen. Da die Metallarbeiter auch mit 4,4 jetzt abge-
schlossen haben, hofft Salcher, daß mit einem ähnlichen Prozentsatz auch
bei den öffentlich Bediensteten durchkommt.
Ich berichtete ganz kurz, nachdem ich das auch Hussein versprochen
hatte, in der Ministerratsvorbesprechung über den Besuch im Irak. Be-
sonders strich ich natürlich die Freilassung der beiden Lastkraftwagen-
fahrer heraus, Sinowatz meinte und Albrecht war auch dieser Auffassung,
ich sollte damit unbedingt im Pressefoyer sozusagen vor laufender
Kamera dies verkünden, genau dies war aber nicht meine Absicht, denn
erstens würde ich mich hier mit fremden Federn schmücken und zweitens
glaube ich, sollte man für humane Erledigungen nicht allzu viel Auf-
hebens machen, man kommt sonst unbedingt in den Verdacht, daß man
nur aus Publicitygründen sich so eingesetzt hat.
Klubobmann Fischer meinte, man könne die Einteilung über die Budget-
debatte auch in den Ausschüssen nicht mehr verschieben, sein Vorschlag
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war daher, ob nicht ein anderer Minister den Präsident Husák zur VÖEST-
Alpine begleiten könnte, da dies aber nicht möglich ist, teilte ich ihm
mit, daß vormittags im Handelsausschuß Frau Staatssekretär Albrecht
anwesend sein wird, dort wird es ja zu keinerlei Problemen kommen,
die sie nicht sowieso souverän lösen könnte, nachmittags dann im Budget-
ausschuß werde ich aber schon anwesend sein.
Die Anfragebeantwortung Salchers wegen der Leistungen des Gen.Sekr.
Dr. Graff in der Finanzprokuratur zeigt deutlich, daß er dort keine
wie immer geartete Dienstleistung vollbracht hatte. Nach sozialisti-
scher Meinung ist daher die Voraussetzung für seine Anwaltsprüfung
nicht nachgewiesen. Der Streit wird daher in dieser Frage weitergehen,
eine ergänzende öffentliche Anfragebeantwortung von Salcher, wie ur-
sprünglich von den Sozialisten beabsichtigt, wird jetzt nicht durchge-
führt.
Fischer wies darauf hin, daß am nächsten Dienstag die letzte Minister-
ratssitzung ist, wo noch alle Gesetze eingebracht werden müssen, die
in dieser Legislaturperiode beschlossen werden sollten. Da bei wichti-
gen Gesetzen mit Einspruch des Bundesrates gerechnet werden muß, ver-
langt der Zeitplan, daß eben alle Sozialgesetze, die strittig sind,
aber auch die Finanzgesetze, die insbesondere die Sozialversicherung
betreffen, vom Sozialminister bis nächsten Dienstag fertiggestellt wer-
den müssen. Dallinger war bei der Ministerratssitzung nicht anwesend,
Sinowatz stellte nur fest und Fischer bestätigte dies, daß er sehr
genau über diesen Terminplan informiert ist.
Löschnak berichtete, daß jetzt das Entflechtungsgesetz, einer der
10 Punkte Kreiskys, dahingehend behandelt wird, daß der Finanzminister
und der Verkehrsminister mit ihm noch Einzelgespräche führen werden.
Mit allen anderen Ministerien hat er sich mehr oder minder geeinigt.
Sinowatz hat dann zuletzt noch sehr ausführlich über die Reaktion im
Burgenland wegen des Angriffes von Cap auf Kery berichtet. Kery gilt
im Burgenland nicht als der Diktator, wie er jetzt hingestellt wird,
sondern als fleißiger Funktionär, noch immer hat er, und das glaube ich
ist das Unikat, als Landesparteiobmann auch noch einen Bezirk als Ob-
mann zu leiten, dies tut er aber nicht formell, sondern ist tatsächlich
intensivst dort tätig. Über die Unzulänglichkeiten im Burgenland hat
es vor Monaten schon eine große öffentliche, 3 Stunden dauernde Dis-
kussion gegeben. Dort war auch die SJ dabei, man hoffte, daß damit auch
diese Fragen bereinigt sind und jetzt wurde dies am Parteitag so groß
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aufgezogen. Die burgenländische Partei ist darüber sehr unglücklich
und beleidigt, am meisten aber ist Kery gekränkt.
Die Ministerratssitzung verlief wie üblich.
Der VKI hat eine Ausstellung Video - mehr als Heimkino veranstaltet, die
ich eröffnen mußte. Handelskammervertreter LAbg. Ebert verwies auf die
Bildungsmöglichkeiten, der neue Fachverbandssekretär der Elektroin-
dustrie Raschka auf die Bedeutung des 7,7 Mrd. S Produktionsumfanges,
wovon 90 % exportiert wurde. Im heurigen Jahr werden durch zwei zu-
sätzliche Konzerniniativen um 30 % noch mehr produziert. Ich dagegen
verwies dann ganz besonders, daß derzeit bei Fabrikant und Importeuren
1 1/2 Mio. Stück liegen, dazu kommen noch die Handelslager mit eben-
falls rund 900.000 Stück. Die Produktion befindet sich durch diese
Absatzschwierigkeit und die großen Lager in einer sehr schlechten
Situation. Ich appellierte aber an die Industrie, man möge doch im
generellen einfachere Lösungen für den einfachen Typen, wie ich sage,
für den Konsumenten deppensichere Produkte erzeugen. Die Ausstellung
gibt einen guten Überblick über alle Videogeräte, Aufnahme und Wieder-
gabe, und ist sicherlich jetzt vor Weihnachten eine gute Tat des VKI.
Im Bezirksvorstand auf der Landstraße wurde die Kandidatenliste für
die Nationalratswahl besprochen und dann auch im Bezirksausschuß vor-
geschlagen und einstimmig genehmigt. Staribacher und Heindl waren
sowieso unbestritten, für den Frauenplatz hat diesmal unsere ehemali-
ge Sekretärin und jetzige Gemeinderatsabgeordnete Tischler zugunsten
der Genossin Beier verzichtet. Diese war sehr überrascht, von ihrer
Kandidatur zu erfahren, sie ist sich allerdings vollkommen klar, daß
es damit keinesfalls für sie feststeht, irgendwann einmal im Nationalrat
auch tatsächlich einzuziehen. Die Landstraße hat noch eine vierte
Stelle zu nominieren gehabt, der derzeitige Landesparteisekretär
Sallaberger hat aber darauf verzichtet. Die Landstraße hat aber auch
jetzt gar keine viertes Mandat mehr, weil bekanntlich von Wien 4
Mandate an die westlichen Bundesländer durch die Volkszählung bedingt
abgegeben werden müssen. Sallaberger selbst begründete aber dann auch
noch im Ausschuß seine Absicht, daß er weder auf ein Reststimmenmandat
noch sonst irgendwie in den Nationalrat kommen möchte. Sallaberger
hat mir vor längerer Zeit schon gesagt, er wird sich ausschließlich der
Kommunalpolitik widmen.
Im Ausschuß gab es dann eine sehr lange und intensive Diskussion über
meinen Bericht insbesondere vom Parteitag, geteilt war die Meinung über
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das Verhalten von Cap. Allgemein kritisiert wurde, daß man im Burgen-
land viel zu wenig offen diskutiert, ich mußte auch zugestehen, daß
tatsächlich die burgenländische Organisation, für mich immer ein Rätsel,
sehr gut dasteht, aber weder bei lokalen Parteiveranstaltungen noch
bei Wahlbewegungen eine Diskussion wünscht. So oft ich noch unten war,
und ich bin angeblich sehr beliebt und daher gerne gesehen und einge-
laden, hat man mir immer wieder erklärt, diskutiert wird hier nicht,
du sagst uns was notwendig ist und wir werden das dann weitertragen.
Da wir gerade bei uns auf der Landstraße eine sehr diskussionsfreudige
Funktionärsschicht haben, kann man eine solche Haltung nicht verstehen.
Heindl als Vorsitzender hatte große Mühe, eben durch unsere Diskussions-
freudigkeit diese Diskussion nicht ausufern zu lassen.
Die Fa. Löwa beabsichtigt in der Ungargasse einen Großmarkt zu er-
richten. Dr. König von Löwa hat mich ersucht, daß ich dieses Problem
mit Bez.Vst. Reviczky und den beteiligten Bezirksräten am Abend zur
Sprache bringen möge. Dies habe ich nach der Sitzung nachher getan,
nach längerer Diskussion wurde aber einvernehmlich festgestellt, daß
dieses Geschäft nicht dort errichtet werden sollte, da die Anliefe-
rung den Verkehr empfindlich stören würde. Neben diesem sachlichen
Grund gibt es noch eine ganze Reihe von Geschäften, die sich schrift-
lich beim Bez.Vst. gegen eine solche Errichtung des Marktes gewendet
haben. Ich habe daher übernommen, Dr. König von Löwa über diese Aus-
sprache zu berichten.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit König verbinden.
Tagesprogramm, 28.10.–2.11.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm 28.10.–2.11. Rückseite)
Tagesprogramm, 2.11.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm, 2.11. Rückseite)
Tagesordnung 151. Ministerratssitzung, 2.11.1983