Mittwoch, der 27. Oktober 1982

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Mittwoch, 27. Oktober 1982

Der amerikanische Staatssekretär für interne Wirtschaftspolitik im
Handelsministerium Waldmann interessierte sich für zwei Probleme. Die
Ministertagung des GATT und unsere Beziehungen zum Ostblock. Einleitend
hatte ich aber einmal mehr die Gelegenheit den Amerikanern unsere
bilateralen Wirtschaftsbeziehungen klarzumachen, gegenüber Amerika
haben wir ein sehr großes Handelsbilanzdefizit, höher als unser Export
in die Vereinigten Staaten, trotzdem erklärte ich ihm, wird das Handels-
ministerium keinerlei restriktive Maßnahmen, Kontingente, administra-
tive Schwierigkeiten usw. zur Anwendung bringen. Ich erwähnte auch
die US Methode, Exporte aus Österreich durch angebliche Stützungen des
Staates zu verhindern, wie z.B. jetzt bei den VEW. In mühevollen Ver-
handlungen muß dann der amerikanischen Delegation klargemacht werden,
daß es sich hier nicht um Exportstützungen handelt.

Bezüglich der Ölsaatenanbauprojekte in Österreich gegen die ja die
amerikanische Regierung stets schärfstens vorgeht, erklärte MR
Willenpart, daß jetzt gerade von Österreich eine GATT-konforme Lösung
vorbereitet wird. Über diesen Punkt der Aussprache habe ich auch
dann Landwirtschaftsminister Haiden besonders informiert, dieser
meinte, es sei unwahrscheinlich, daß es gelingen wird, die Amerikaner
von ihrem Standpunkt abzubringen, doch ist es allein schon aus Gründen
dem Bauernbund nachzuweisen, daß sie jede Gelegenheit benützen um
dieses Problem den Amerikanern immer wieder vor Augen zu führen, für
ihn äußerst wichtig.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Aufzeichnung von Dr. Fels über
diese Besprechung mir vorlegen, damit ich sie Haiden geben kann.

Bezüglich der Ministertagung im November im Rahmen des GATT teilte
Waldmann die allgemeine Besorgnis, daß es dort kaum zu einem sicht-
baren Erfolg kommen wird, derzeit bezweifelt der Gen.Sekr. Dunkel, ob
überhaupt eine vollständige Ministerversammlung zusammenkommt, er
befürchtet, daß im Hinblick auf die geringe Wahrscheinlichkeit zu
einem Ergebnis zu kommen, wenige Minister überhaupt nach Genf kommen
werden. Dies würde, und Waldmann hat dies besonders auch unterstrichen,
eine schlimme Optik von dieser Ministertagung, die amerikanische Seite
ist mit der EG in harten Auseinandersetzungen eben z.B. auch über die


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Subventionsfrage, die ja bei der Ministertagung zur Sprache kommen
soll, und wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht mit ihren
EG-Verhandlungen fertig. Allgemein wurde festgestellt, daß bei allen
Schwierigkeiten, die Österreich mit der amerikanischen Regierung hat,
meistens ein ähnlich gelagertes Problem auch zwischen EG-Kommission
und amerikanischer Regierung anhängig. Die verhältnismäßig kleine
österreichische Menge würde daher von Amerika viel leichter positiv
erledigt werden, wenn nicht gleichzeitig dadurch ein gefährliches
Präjudiz für die große EG entstehen würde.

Bezüglich des Ostblocks versuchte ich dem Staatssekretär klarzumachen,
daß man den Ostblock nicht als Ganzes behandeln darf, die einzelnen
Staaten haben die verschiedensten Abweichungen, oder, wenn man so will,
Systeme, die nach unserer Auffassung für deren Bevölkerung verschie-
denste Wirkung hat. Bulgarien und die DDR als absolute Trabanten der
SU, die sehr wenig von der kommunistischen Doktrin und vom Comecon-Block-
Bundorganisation abweichen wollen, z.B. auf der einen Seite, und Ungarn,
wenn man so will, auf der anderen Seite. Rumänien und Polen sind ein
ganz besonderes Kapitel, am entscheidendsten aber ist, daß Jugoslawien
sich ja seinerzeit weitestgehend vom Comecon gelöst hat, und daß jetzt
eigentlich die amerikanische Regierung bei der schweren wirtschaftlichen
Krise, die Jugoslawien jetzt durchmacht, am meisten an einer Hilfe an
Jugoslawien interessiert sein muß. Sollte in Jugoslawien nämlich nicht
in absehbarer Zeit eine befriedigende Unterstützung der westlichen
Welt gegeben werden, dann könnte die Gefahr eines Rückfalles, zuminde-
stens wirtschaftlich in den Comecon-Bereich eintreten. Daran kann aber
die westliche Welt, insbesondere auch die Vereinigten Staaten kein
Interesse haben. Waldmann bestätigte diese Meinung, hat sich aber
konkret über Hilfe an die Jugoslawen nicht geäußert. Sein Hauptargu-
ment dann auch gegenüber der österreichischen Politik gegenüber dem
Ostblock war, daß man insbesondere die militärische Kapazität und
Verfügbarkeit des Comecon-Blocks nicht stärken darf. Die CoCom-Regelung,
wonach eben für die Rüstungsindustrie wichtiges elektronisches Mate-
rial, technisches Know-how usw. verboten ist, in die SU und die Ostblock-
staaten weiterzuliefern, müßte aufrechterhalten bleiben und sogar ver-
stärkt werden. Dafür zeigte ich Verständnis, die Schwierigkeit ist
eben jetzt nur abzugrenzen, was alles unter militärischer Rüstung
zu verstehen ist.

Waldmann war angeblich über die doch fast 1 Stunde dauernde Aussprache
zufrieden. Er kennt Österreich sehr gut, weil er sich schon jahrelang


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nach Österreich zum Skifahren kommt.

Bei der Parteitagseröffnung begrüßte Bgm. Gratz nicht nur die öster-
reichischen Delegierten, sondern insbesondere den ehemaligen Bundeskanz-
ler Helmut Schmidt. Überrascht war ich, daß außer eben Schmidt mit
dem Bürgermeister von Recklinghausen, Wolfram, also eine repräsentative
deutsche Delegation, nur die internationalen sozialistischen Gremien
gekommen sind und von den ausländischen Bruderparteien nur Finnland
und ich glaube Belgien. Selbstverständlich waren die tschechischen und
ungarischen Exilparteien vertreten. Vielleicht war es also ein Zufall,
daß wenig westeuropäische ausländische Bruderparteien zu diesem Partei-
tag gekommen waren, vielleicht aber wollten sie aber auch indirekt
demonstrieren, daß sie mit der sozialistischen internationalen Politik
Kreiskys nicht ganz einverstanden sind. Dies gilt, davon bin ich
100 %-ig überzeugt, einmal für die israelische Partei.

Schmidt hielt ein sehr langes und interessantes Referat, darin appellierte
er an die österreichische Bruderpartei, alles zu unternehmen, damit
Kreisky wieder die absolute Mehrheit bekommt, denn aus Koalitionserfah-
rungen mit kleinen Parteien könne er jetzt nur Österreich davor warnen.
Ohne daß er innerdeutsche Probleme im Ausland sozusagen erörtern wollte,
machte er doch einige so scharfe Bemerkungen insbesondere gegen die
FDP, um deren Politik darzulegen und zu geißeln.

Die drei Referate, als Bericht in der Tagesordnung bezeichnet, von
Zentralsekretär Marsch, Parteiobmannstellvertreter Blecha und Klub-
obmann Fischer waren weniger Tätigkeitsberichte als vielmehr ebenfalls
politische Referate. Immer mehr bürgert sich in den Parteitagen ein,
daß weniger über die Vergangenheit berichtet wird, eigentlich die
Aufgabe dieser drei wäre, sondern jeder von ihnen Teilaspekte der zu-
künftigen politischen Arbeit bringt. Ich glaube aber, daß mit dieser
Methode der Parteitag einverstanden ist, denn die Berichte liegen immer
mehr sowieso ausführlich und aufwendig schriftlich gedruckt vor,
so daß man sie nicht noch einmal dann mündlich erörtern muß. Ich bin
allerdings auch fest davon überzeugt, daß die Wust von Papier, die
heute an einem Parteitag dem Delegierten übergeben wird, auch nicht
gelesen wird.

Die Diskussion über die drei Referate war verhältnismäßig kurz, so daß
zu meiner größten Überraschung der Parteitag um 6 Uhr wie vorgesehen


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tatsächlich nach dem wieder sehr ausführlichen Schlußworten der drei
Referenten termingemäß geschlossen werden konnte.

Die Antragsprüfungskommission über die nicht organisatorischen Fragen,
für diese wurde eine andere Kommission extra eingesetzt, hat dann,
nur eine halbe Stunde zur Eröffnung des Empfanges beim Bürgermeister
unterbrochen, bis nach 10 Uhr abends getagt. Diesmal waren bei dieser
Sitzung fast alle Mitglieder anwesend, über einzelne Punkte gab es
natürlich die heftigsten Diskussionen, da in dieser Kommission für
die SJ Cap und für die Junge Generation Fritz Edlinger delegiert
waren, versuchten diese natürlich ihre oft recht zur Parteilinie
befindlichen widersprüchlichen Anträge durchzusetzen. Blecha, der die
Diskussion leitete, gelang es aber immer wieder dann doch zu fast ein-
stimmigen Beschlüssen zu kommen, unangenehme Vorschläge wurden eben
dem Parteivorstand zugewiesen, wenn sich in dieser Resolution oder
Antrag zumindestens ein Punkt befand, der diskussionswürdig war.
Direkt abgelehnt wurden nur wenige.

Der Jugendsekretär Prager vom ÖGB informierte mich, daß jetzt die
Spitze der Gewerkschaftsjugend mit dem zuständigen Sozialminister und
Handelsminister für Lehrstellen und Jugendbeschäftigung eine Aussprache
möchte. An dieser sollen auch die AK und ÖGB Spitze teilnehmen. Das
Problem ist, daß jetzt im Oktober noch immer 6.500 Lehrstellensuchende
gibt, denen nur 3.500 Lehrstellenangebot gegenübersteht, gegenüber den
vorhergehenden Jahren ist es also ein schlechteres Unterbringungsver-
hältnis festzustellen. Gegen ein Jugendeinstellungsgesetz hat die
Gewerkschaftsjugend aber gewisse Bedenken. Seit 1970 ist es nämlich
geglückt, die jugendlichen Hilfsarbeiter von 19 % auf 9 % im Jahre 79/80
zu senken, aber jetzt kann man bereits wieder ein Ansteigen um 2 %
ca. feststellen, mit einem Jugendeinstellungsgesetz würde aber die Hilfs-
arbeiterquote sicherlich wieder steigen. Prager möchte nun in diesem
Spitzengespräch abklären, welche Maßnahmen noch gesetzt werden können,
um insbesondere im Frühjahr dann eine stärkere Jugendarbeitslosigkeit
zu verhindern. Ich erklärte mich im Prinzip natürlich sofort zu so
einer Aussprache einverstanden, habe ihm aber nur vorgeschlagen, er
soll sich mit SC Jagoda zusammensetzen, um vielleicht Detailprobleme
vorzubereiten, vor allem aber auch vielleicht ohne dem Gipfelgespräch
jetzt Maßnahmen zu setzen, die der Gewerkschaftsjugend notwendig er-
scheinen.

ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Bitte mit Prager Kontakt aufnehmen.



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LH-Stv. Frühbauer und ich versuchten bei der SK bezüglich der Rech-
nungshofkritik an der ÖDK eine Feststellung rauszugeben. Die SK war
aber so überlastet, daß sie dazu außerstande gewesen ist. Frühbauer
und ich erklärten daher unserem Kollegen Vecsei die Punkte, die Frühbauer
insbesondere in einer solchen Aussendung haben wollte. Vescei hat dann
eine Formulierung über die SK rausgebracht.

Über dieses Problem Rechnungshofkritik an Direktoren der ÖDK hat auch
Klubobmann Fischer mir einen Brief geschrieben, wo er sein Entsetzen
darüber zum Ausdruck bringt. Ich versuchte Fischer klarzumachen, daß
ich seine Meinung zwar teile, daß aber diese Mißstände in einer Zeit
bei der ÖDK beschlossen wurden, als die ÖVP die Verantwortung getragen
hat. Frühbauer erklärte mir nämlich, daß die Villenverkäufe an die
Direktoren Werner und Kugler im Jahre 68 von dem Aufsichtsrat resp.
deren Arbeitsgruppe beschlossen wurden. Ich konnte nicht genau heraus-
finden, ob dazu auch eine Zustimmung des damaligen Verkehrsministers
Weiß gegeben wurde.

ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Versuche vorsichtig bei der Energiesek-
tion dies zu recherchieren.

Klubobmann Fischer war mit meiner Erklärung einverstanden, daß vor
allem jetzt verhindert werden muß, daß solche oder ähnliche Maßnahmen
bei der ÖDK getroffen werden. Frühbauer hat über die SK erklärt, daß
alles abgestellt ist, daß die Vorstände heute schlechter behandelt
werden als die ihnen untergeordneten Prokuristen, die Prokuristen
nämlich gehen automatisch mit den Gehaltsverhandlungen der Kollektiv-
vertragspartner mit, während die Vorstandsbezüge stets immer einzeln
vom Aufsichtsrat nach Rücksprache mit dem Ministerium getroffen wer-
den. Kritisch erscheint mir viel mehr aber, daß es verschiedenste Ne-
benleistungen wie bis zum Bezahlen der Auslandsreisen von mitreisenden
Ehegattinnen usw. erfolgte, weitere Sonderbenefizien es für die Vor-
standsmitglieder gibt oder zumindestens gab, die wahrscheinlich durch
nichts zu begründen sind.

ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Von der Energiesektion schriftlich nach
Rücksprache mit der ÖDK den derzeitigen Stand mitteilen lassen.

Der deutsche Energiesprecher Wolfram der SPD hat mich am Abend dann
ersucht, ich möchte für ihn herausfinden, welche Mengen von Ruhrkohle


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und zu welchem Preis gegebenenfalls Österreich kaufen würde. In seinem
Wahlkreis müßte jetzt wieder einmal eine Grube stillgelegt werden.
Insgesamt sind 30 Mio. to mit einem Wert von 10 Mrd. DM Kohle auf Halde.
Wolfram macht sich große Sorgen über diesen Absatz. Ich habe ihm ver-
sprochen eine solche Untersuchung selbstverständlich für ihn durch-
führen zu lassen.

ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte äußerst vorsichtig eine solche
Zusammenstellung über die Energiesektion resp. OB für mich machen
lassen.

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Tagesprogramm, 27.10.1982

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: GD GATT


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: MR HM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Dir. ÖDK, ÖVP


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: BK BRD, SPD


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


            Einträge mit Erwähnung:


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Beamter HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Oberbürgermeister Recklinghausen


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: JG


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Pressesprecher Staribachers


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: MR HM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
                            GND ID: 12053536X


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: ÖDK


                              Einträge mit Erwähnung:
                                GND ID: 129507873


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: -obmann


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Bundeskanzler
                                    GND ID: 118566512


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: ehem. ÖVP-Verkehrsminister, Präs. Verbund


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: SPÖ-Zentralsekr.


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Stat. Zentralamt, ab 1981 Büro JS


                                            Einträge mit Erwähnung: