Mittwoch, 20. Oktober 1982
Beim Grundkurs für die Funktionäre der LUGA waren diesmal 1/3 Frauen,
da ich immer nur die Absicht habe dort nicht zu dozieren, sondern mit
den Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch zu kommen, leitete ich immer
nur kurz ein Problem wie Preisentwicklung, Lohneinkommenspolitik,
Agrarsituation usw. ein, um dann sofort die Diskussion darüber zu führen.
Leider beteiligen sich an dieser Diskussion meistens nur die Männer.
Bei den Grundkursen sollen unsere Funktionäre ja auch Wissen erwerben,
aber vor allem reden lernen, ihre Meinung vertreten, sich sozusagen dem
Unternehmer stellen können, bedaure ich immer, daß unsere Kolleginnen
hier viel zu zurückhaltend sind.
Im Parlament hielt Finanzminister Salcher seine Budgetrede und wurde
dort erstmalig gleich am Beginn mit heftigsten Zwischenrufen und dem
Versuch der ÖVP konfrontiert, ihn lächerlich zu machen. Vielleicht war
die ÖVP auch deshalb so ausgelassen, weil diesmal Bundespräsident
Kirchschläger, der so wie seine Vorgänger stets diese Budgetrede sich
angehört hatte, wegen Grippe nicht gekommen ist, und dies in einem Schrei-
ben an den Präsidenten des Nationalrates ausdrücklich betonte. Die
Taktik der ÖVP war vollkommen klar, ihre ganzen Angriffe richten sie jetzt
auf Salcher. Dieser hat durch seine Offenheit auch gegenüber Journalis-
ten bei Interviews der ÖVP auch entsprechendes Material geliefert, sie
brauchen von seinen ehrlichen Aussagen nur die Hälfte eines Satzes ver-
wenden und schön können sie zwar demagogisch, aber für außen hin sehr
günstig nachweisen, daß Salcher selbst zugibt, die Budgets auf falschen
Grundlagen aufzubauen.
Dies war auch der Grund warum die ÖVP dann sogar eine dringliche Anfrage
an Salcher richtete, Staatssekretär a.D. Taus begründete diese dringliche
Anfrage, er gab zu, daß es ein außergewöhnlicher Schritt ist, ich kann
mich nämlich niemals erinnern, daß so etwas während meiner schon 20-
jährigen Zugehörigkeit zum Nationalrat jemals vorgekommen ist. In
Wirklichkeit handelt es sich ja dabei um eine neuerliche Vorwegnahme der
Budgetdebatte eben mit der erklärten Absicht, Salcher hart zu attackieren.
Diesmal spielte auch die FPÖ mit und glaubte als besondere Leistung
noch einen Mißtrauensantrag gegen Salcher vorbringen zu müssen. Da über
diesen Mißtrauensantrag, wenn 1/5 der Abgeordneten ihn verlangen, am
nächsten Tag erst abgestimmt wird, dieses Verlangen aber niemand stellte,
wurde gleich anschließend an die dringliche Anfrage am Abend diese Ab-
stimmung vorgenommen. Die Zeitungen, die schon für den nächsten Tag in
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den Colouirs auflagen, berichteten schon, daß die Mehrheit diesen Mißtrauens-
antrag abgelehnt hat.
Die Tagesordnung des Parlament war diesmal von sozialpolitischen Ge-
setzen gefüllt, das Handelsministerium hatte nur die Berggesetznovelle,
die durch Einspruch des Bundesrates neuerdings durch einen Beharrungs-
beschluß bestätigt werden mußte. Hier gab es eine kleine Diskussion,
der Abg. Löffler von der ÖVP meinte, ich hätte ihn im Ausschuß mit
einem Einserschmäh nehmen wollen, indem ich erklärt hätte, der neue ÖMV-
Vorstand würde dieser Novelle, die eine Erhöhung der Förderzinse vorsieht,
zustimmen. Da ich dies wirklich nicht gesagt habe, sondern nur erklärt
ich hätte mit dem neuen Vorstand auch über dieses Problem gesprochen
und dieser hat eingesehen, daß sich nichts ändern läßt, sich also damit
abgefunden, mußte ich mich ganz kurz zu Wort melden. Der soz. Abg.
Teschl, Obmann der Chemiearbeitergewerkschaft, meinte, er könne diesem
Entwurf deshalb leicht zustimmen, weil in einem § vorgesehen ist, daß
für Tiefbohrungen, also für höhere Aufwendungen, die die ÖMV z.B. gegen-
über der RAG hat, entsprechende Reduktionen des Förderzinses vorge-
nommen werden können.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte die entsprechende Verordnung vorbe-
reiten lassen.
Der FPÖ-Abg. Stix erklärte, daß seine Fraktion der Novelle zustimmt, weil
es sich hier um ein Nachziehen der Förderzinse auf westeuropäisches
Niveau handelt, wobei Österreich noch immer unter diesen Sätzen der
BRD zu liegen kommt.
Der wirkliche Grund, daß nämlich das Verhalten des alten ÖMV-Vorstandes
in der Vergangenheit zu dieser Novelle geführt hat, wurde nicht erwähnt.
Bis jetzt war nämlich die Förderzinsregelung eine privatwirtschaftliche
Maßnahme des Finanz- und Handelsministeriums mit der ÖMV und der RAG
vereinbart. Der alte Vorstand hat nun geglaubt, er kann seine partner-
schaftliche Position dazu nützen um so wenig wie möglich zu zahlen, ich
erinnere mich noch ganz genau, wie ich mich geärgert habe, als die ÖMV
und die RAG durch den hohen Windfallprofit nicht bereit waren trotzdem
dem Finanzminister den entsprechenden Anteil an Steuern, sprich Förder-
zinsabgabe zukommen zu lassen. Wie ein Shylock versuchten sie auf
ihren Schein zu bestehen, ich hatte damals monatelange Verhandlungen,
mich sehr geärgert und dann letzten Endes nur einen Teilerfolg erzielen
können. Die Forderung der AK, man sollte dies daher auf gesetzlicher
Regelung durchführen, kam mir daher sehr gelegen. Dieses Beispiel hat
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mir wieder einmal gezeigt, wie notwendig es ist auch von der anderen
Seite her, nicht nur vom Handelsministerium allein eben zu versuchen zu
einem erträglichen Kompromiß zu kommen. Hätte der alte Vorstand der
ÖMV nämlich nicht so stur gehandelt, wäre ihm bestimmt diese gesetzliche
Regelung erspart geblieben. Der Abg. Löffler hat es insoferne angedeutet,
ohne daß er eigentlich die Zusammenhänge kannte, indem er meinte, es
handelt sich ja doch bei dieser Novelle um eine fiskalische Maßnahme.
Er schlug mir sogar vor, ich sollte mannhaft wie der Finanzminister bei
der Urlaubsfrage diese Novelle ablehnen, dann würde die ÖVP mir auch,
so wie Salcher in diesem Punkt für seinen Mut Anerkennung zollen. Auf
eine solche Anerkennung kann ich wahrlich verzichten.
Die BAWAG ladet alle Jahre die Betriebsräte die für sie Bankenfunktion
ausüben zu einem Treffen im Sofiensaal ein. Von 12 bis 8 gibt es nicht
nur Essen und Trinken, sondern auch ein lustiges Programm. Ich hatte
Parteiobmann-Stv. Blecha mitgenommen und wir kamen gerade dazu, als
Toni Strobl eine ganze Batterie von Witzen über die Politiker losließ.
Leider konnte ich durch die Kampfabstimmung, Mißtrauensantrag gegen
Salcher, nur ganz kurz dort bleiben. Dies habe ich dann auch in meiner
kurzen Ansprache als Grund angegeben, warum Blecha und ich gleich wieder
wegrennen müssen. GD Flöttl hat mir beim rausgehen noch versichert,
daß die Spareinlagen durch eine Betriebsaktion, der Betriebsrat legt sein
Geld in der BAWAG an, kann aber gleichzeitig auch für seine Betriebsange-
hörigen Kredite vermitteln, ungeheuer zugenommen hat . Der BAWAG kostet
dieses Fest sicherlich einige hunderttausend S. Dies ist aber nicht nur
sehr gut angelegt, sondern, was noch viel wichtiger ist, wegen den Be-
triebsräten das Gefühl, daß man sich wirklich um sie kümmert. Ich
persönlich bedauere nur zutiefst, daß ich heuer weniger Zeit gehabt habe,
um dort wie im Vorjahr den Schmäh rennen zu lassen, noch mehr bedauere
ich allerdings, daß ich erst voriges Jahr das erste Mal bei dieser Ver-
anstaltung gewesen bin.
In der Paritätischen Kommission gab es nur zwei Punkte. Die Bestätigung
von Lohnabschlüssen. BK Kreisky, der diesmal den Vorsitz führte, bemerkte
zurecht, daß bei einem fallenden Lebenshaltungskostenindex, das heißt
also bei rückgehenden Preisen die Funktion der PK, die er für sehr
wichtig hält, weniger in Erscheinung tritt.
Die einzelnen Sektionen, zusammengefaßt in einem Gutachten von Dr. Steffek
und MR Schwarz, lehnen das neue Umweltschutzgesetz, das Staatssekretär
Löschnak mit den Ländern ausgearbeitet hat, entschieden ab. Eine dies-
bezügliche Aktennotiz hat mir Burian gebracht. Ich habe sofort ver-
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sucht mit Gesundheitsminister Steyrer unser altes System weiterspielen
zu lassen, nämlich daß SC Jagoda mit seinem neuen Sektionsleiter Bobek
gemeinsam die offenen Probleme besprechen soll. Steyrer meinte, das ginge
jetzt deshalb nicht mehr, weil diese Ländervereinbarung mit Löschnak
bereits als Initiativantrag der Sozialisten im Parlament eingebracht
ist. Löschnak interessierte sich dann besonders für unsere Stellung-
nahme und ich habe sie ihm selbstverständlich sofort gegeben. Diese
ganze Vorgangsweise widerspricht meinem bisherigen System. Steyrer
wäre nämlich sofort bereit gewesen, seinem Sektionsleiter Bobek den
Auftrag zu geben, sich mit Jagoda zusammenzusetzen, um eine vernünftige
und vor allem praktikable administrierbare Regelung zu finden. Obwohl
sozusagen die beiden Ministerien durch die Initiativregelung und vor
allem durch die Zusage aller Länder außer Vorarlberg, mit dem neuen
Gesetz einverstanden zu sein, diesmal nur sekundär wirken könnten , bin
ich doch der Meinung, man sollte unseren alten Vorgang auf alle Fälle
einhalten. Ich weiß nicht, wie im Parlament jetzt dieser Initiativantrag
weiterverhandelt wird. Da die ÖVP sich nicht zu einem gemeinsamen Ini-
tiativantrag, wie es im Fachjargon heißt nicht auf dem Antrag mitunter-
zeichnet hat, wird so fürchte ich sowieso darüber so lange verhandelt,
bis die Legislaturperiode zu Ende ist und damit auch dieser Initiativ-
antrag wenn man so will verfällt. Dieser Gesetzentwurf hat eine Ver-
fassungsbestimmung, die ÖVP müßte dem zustimmen, mir erscheint daher
eine sachliche Vorbereitung dieser Länder-Löschnak-Vereinbarung dringend
notwendig.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Bitte mit Bobek doch Gespräche aufnehmen.
Löschnak fragte mich, ob tatsächlich das Handelsministerium keine Revi-
sionsabteilung, wie es in der Regierung beschlossen wurde, errichten wird.
Ich erklärte ihm sofort, wir haben schon so etwas ähnliches, ich werde
aber alles veranlassen, damit auch formell diesem Wunsch Rechnung
getragen wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND BURIAN. Bitte darüber mit mir ein Gespräche
führen.
Tagesprogramm, 20.10.1982
hs. Notiz (Tagesprogramm Rückseite)