Montag, der 11. Oktober 1982

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Montag, 11. Oktober 1982

Beim Jour fixe in der Handelskammer war diesmal nur Präs. Sallinger,
Gen.Sekr. Kehrer hatte Aufsichtsratssitzung bei der Creditanstalt. Dies
bedeutet, daß ich Sallinger nur über die wichtigsten Fragen informiere.
Ich berichte ihm, daß Staatssekretär Beil und Mittag vorige Woche mit
Kreisky, Salcher und mir das Paket ausgehandelt haben, heuer 400.000 to
Öllieferung, im ersten Halbjahr des nächsten Jahres ebenfalls 400.000 to.
Ebenso können im nächsten Jahr 400 Mio. Schuhe Leder und Textilien, 500 Mio.
Garne und Gewebe geliefert werden sowie 600 Mio. chemische Produkte.
Dazu kommen im heurigen Jahr noch beginnend 1,4 Mrd. S Stahlwaren. Die
Finanzierung, gegen die die Nationalbank größte Bedenken hat, wird über
die Kontrollbank, Haschek, erfolgen, mit dem auch verhandelt wurde. Sallinger
ist einmal mehr wieder in einem Gewissenskonflikt, auf der einen Seite
gibt er zu, daß die Lieferungen insbesondere für die Konsumgüter für
die österreichischen Unternehmer, in diesem Fall meisten sogar Klein- und
Mittelbetriebe von größter Bedeutung sind, auf der anderen Seite weiß
er natürlich, daß die Nationalbank und damit sicherlich auch die ÖVP die-
sem Geschäft sehr negativ gegenüber stehen. Die einzige Erklärung, die
er dazu abgibt, ist, daß OeNB-Präsident Koren ihm gesagt hat, 35 konkurs-
fähige Staaten gibt es, darunter natürlich auch im Spitzenfeld die DDR.
Ich habe sehr leicht ihm allerdings zu entgegnen, ob er gegen diese kurz-
fristige Kreditgewährung von 360 Tagen ist. Zuerst meinte er nämlich, man
hätte diese Milliarden, die man für dieses Geschäft kreditmäßig aufbringt,
den österreichischen Unternehmern geben sollen, damit sie Waren kaufen.
Auf meine Frage, wer dies kaufen würde, weiß er natürlich keine Antwort.
Die ÖVP beginnt nämlich jetzt ganz systematisch, und Sallinger kann sich
scheinbar diesem Einfluß und der Propaganda auch nicht ganz entziehen,
Geld, das man nur für gewisse Zwecke bekommt, ganz einfach für andere
Zwecke vorzuschlagen. Da ich bereits in der Früh die Fa. VÖEST-Alpine über
die Liefermöglichkeiten informiert habe, ersuche ich die Handelskammer
die für die Konsumgüterproduzenten notwendige Information diesen zuzu-
leiten. Sallinger beauftragt seinen Sekretär Dr. Pichler darüber mit
Gleißner zu sprechen. Es ist für mich deutlich, er möchte Gleißner,
zumindestens wenn er allein mit uns spricht, zu der Sitzung nicht zuziehen.

Ich informiere Sallinger, daß im Hinblick auf den Husak-Besuch mit der
CSSR jetzt unbedingt Zollgespräche beginnen müssen. Die Handelskammer
lehnte nämlich selbst die Einleitung von solchen Gesprächen ab, dies ist
ein ganz ungewöhnliches Vorgehen, Sallinger gibt daher zu, daß die Re-
gierung zwar Gespräche beginnen wird, aber die Handelskammer diese auf


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alle Fälle ablehnen wird.

ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Bitte vorsichtig unter Einbindung der
Handelskammer doch die Gespräche führen.

Dr. Zolles von der ÖFVW ersuchte mich neuerdings, ich sollte Präs. Sallinger
dafür gewinnen, daß in den Vereinigten Staaten ein Druckauftrag, 400.000
Stk. Sommerprospekte, 100.000 Stk. Winterprospekte, ausschließlich für
Amerika bestimmt, von den Douglas-Werken gedruckt und indirekt auch be-
zahlt wird. Ein Spezialbeauftragter der Bundeshandelskammer, ehem. Handels-
delegierter Brauner, versucht für die AUA-DC-9-Lieferungen Gegengeschäfte
bei Douglas-Werken zu entrieren. Angeblich würden in ihrer Druckerei diese
Prospekte hergestellt werden. Sallinger ruft sofort seinen Sekretär Dr.
Pichler, der ja ihn jetzt nach den Vereinigten Staaten begleiten wird,
dieser meint, die Prospekte könnten genauso auch in Österreich gedruckt
werden, was auch ich bevorzugen würde. Da die ÖFVW aber für die öster-
reichischen Druckaufträge das Geld nicht hat, zumindestens nicht in die
sem Umfang, wie die Amerikaner jetzt offerieren, wird sich Pichler mit
Dr. Zolles ins Einvernehmen setzen und dann mit ihren Handelsdelegierten
drüben Gespräche führen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Zolles soll über den genauen Geschäftsverlauf
weiter berichten.

Sallinger bemerkt noch einmal, daß die Einwegflaschenlösung nicht der-
gestalt sein kann, daß die verstaatlichten Betriebe tun und lassen
können, was sie wollen und nur die Privatbetriebe Beschränkungen oder
Produktionsverbote auferlegt bekommen. Da dies gar nie beabsichtigt war,
erkläre ich ihm sofort, daß die Gespräche, die jetzt geführt werden, ja
mit der Bundeshandelskammer und deren Organisationen sehr einvernehmlich
verlaufen.

In der bulgarisch-österreichischen Gemischten Kommission eröffne ich eine
riesige Tagung, die bulgarische Seite hat mehrere Generaldirektoren
mitgebracht, auf österreichischer Seitw eider sind alle Ministerien und
Interessensvertretungen mit anwesend. Da ich am Vortag mit dem neuen
Leiter der bulgarischen Seite Minister Tschakarow alle offenen Probleme
und den Ablauf der Gemischten Kommission durchbesprochen habe, wickeln
sich die ganze Verhandlungen verhältnismäßig sehr schnell ab. Die Dele-
gationen werden vorgestellt, ich übergebe der bulgarischen Seite unsere
Lieferwünsche in Form einer Schwerpunktliste, das Protokoll ist ja bis
zum letzten Beistrich bereits von den vorher in Österreich gewesenen und


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daher genug Zeit habenden Vertretern ausgehandelt und auch die offene
Frage des Textilabkommens wird, wie man so schön neudeutsch sagt,
gesettlet, ich war sehr überrascht, daß auch Minister Tschakarow sehr
kurz nur antwortet, ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht, daß er noch
Gelegenheit hat über die gewünschten LKW-Transitgenehmigungen und auch
Drittlandgenehmigungen mit dem Verkehrsminister und über die Kreditfrage
noch mit dem Finanzminister Spezialverhandlungen zu führen. Dort wird
es für die Bulgaren größere Schwierigkeiten geben, Vorgespräche die ich
mit Verkehrsminister Lausecker geführt habe, zeigen mir deutlich, daß de
nicht bereit ist, das Kontingent zu erhöhen, weil die österreichischen
Frächter nicht einmal zur Hälfte ihre Scheine ausnützen können, der Fi-
nanzminister wieder erklärte mir am Nachmittag, wo ich ihn getroffen
habe, dezidiert, daß eine Verlängerung der Kredite über Ende dieses Jahre
hinaus nur dann infrage kommt, wenn tatsächlich mit der VÖEST-Alpine ein
Vertrag zustandekommt. Dies habe ich selbstverständlich dem bulgarischen
Minister nicht gesagt, er wird dies zeitgerecht noch von den beiden da-
für verantwortlichen österreichischen Ministern hören. Andere Delega-
tionsmitglieder haben sich nicht zu Wort gemeldet, so daß die Sitzung
verhältnismäßig bald geschlossen werden konnte.

Im Journalistenfrühstück gab es nur 2 Themen, ein Bericht über das
Institut für Formgebung und dann meine Reise in Griechenland, Albanien
und Jugoslawien. Bei letzter entwickelte sich dann eine lebhaftere Dis-
kussion. Das Ganze ist immer davon abhängig, ob nach dem Bericht des
MR Fälbl, der ja sehr trocken ist und kaum etwas Bedeutendes bringt, ir-
gendeine Frage an mich gerichtet wird. Dadurch habe ich dann Möglichkeit
interessantere Details zu erzählen und dann ergibt sich automatisch eine
längere Diskussion.

Das Mittagessen für den bulgarischen Minister verlief wie gehabt, der ein-
zige Vorteil des Treffens war, daß ich dort beim Aperitif erfahren habe,
daß er ein Jäger ist und sich in Österreich wegen Jagdausrüstung um-
schauen wird. Ich habe sofort veranlaßt, daß unser Protokoll, MR Dersch,
ihm nicht irgendein unmögliches Geschenk, wahrscheinlich wieder Augarten-
Porzellan, gibt, sondern daß er mit ihm ein Jagdkleidungstück, das er so
gerne möchte, noch heute kaufen geht.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Frag bitte, wie das weitergegangen ist und was
es kostete.

Die Wiener Abg. zum NR und zum BR haben mit den Wiener Stadträten nach


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längerer Zeit wieder einmal eine Aussprache unter Vorsitz des Bgm. Gratz.
Als erster Punkt stand Absiedlungsprojekt Rennweg-Kaserne. Ich beschwerte
mich als Obmann der Landstraße, daß jetzt noch immer nichts Endgültiges
entschieden wurde, wir befürchten jetzt eine Aktion der Landstraßer
Bürger und dann bin ich überzeugt, wird es sehr schnell zu einer Entschei-
dung kommen. NR Heindl, der darüber auch mit BK Kreisky gesprochen hat,
teilte mir mit, daß Kreisky sehr verärgert ist, daß seine Zusage vor
etlichen Jahren noch immer nicht eingelöst wurde. Salcher hat dann mit
Recht gesagt, es muß ein neuer Weg beschritten werden. Die 93.000 m²
würden 450 S kosten, angeblich hat man ihm sogar gesagt, es müßte der
Aspangbahnhof überbaut werden, die Betonplatte würde dann 10.000 S pro
m² ergeben, vollkommen indiskutabel. Aber auch die sonstigen m²-Grund-
stückspreise von 5.000 S sind für einen sozialen Wohnbau nicht akzepta-
bel. Salcher schlägt daher vor, man soll einen Grundstückstausch, der auch
seinerzeit beabsichtigt war, mit Wertausgleich durchführen, der der
Wissenschaftsminister Firnberg gewidmete Teil müßte herausgenommen wer-
den, für den Rest aber könnte er sich vorstellen, daß man ein Baurecht
macht, eine Kombination also, Ersatzgrundstücke der Gemeinde Wien und
dann ein Baurecht vom Bund für sozialen Wohnbau. Mit dieser Lösung ist
auch Stadtrat Hatzl einverstanden und es wird jetzt darüber Detailver-
handlungen geben.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte setz Dich hinter diese neue Idee, sonst geht
wieder nichts.

Die Garagenabsiedlung auf der Schmelz wurde auch besprochen, hier hat
das Bundesheer Ersatzwünsche, die 41 Mio. kosten, 25 Mio. S könnte aber
höchstens für Wohnbau dieses Gebiet belastet werden. Auch hier wird man
einen anderen Weg gehen müssen.

Umsatzsteuer auf kommunale Betriebe in der Vergangenheit hat die Gemeinde
Wien gedrängt, da sie keine Unternehmereigenschaften hat, jetzt wo sie
die Mehrwertsteuer, Vorsteuerabzug, braucht, gilt daher, daß alles, was
50 % geringere Gebühren einnimmt, als die Kosten für diese Aufwände sind,
nicht mehr vorsteuerabzugmäßig behandelt wird. Dies gilt z.B. für
Kindergärten und viele andere noch. Der Finanzminister ist bereit darüber
zu reden, macht aber aufmerksam, daß es sich hier um Milliardenbeträge han-
deln kann.

Der Verkehrsverband NÖ und Wien so allenfalls Burgenland mit dem Bund
geht nicht viel weiter, der Aufteilungsschlüssel wäre 5 % Bgld., 10 % NÖ,


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35 % Wien, 50 % der Bund, in den vergangenen Jahren hat der Bund 4 Mrd.
für die U-Bahn aufgewendet, jetzt könnte der Verkehrsverband vereinbart
werden, über 280 Mio. hat man sich schon geeinigt, 70 Mio. jährlich sind
noch offen, die Hauptschwierigkeit liegt darin, daß NÖ sagt, ich brauche
das nicht, denn meine Leute fahren mit den Eisenbahntarifen bis zur
Stadtgrenze, dann löst er eine Monatskarte für Wien und kann damit jeder-
zeit auch die eisenbahnähnliche S-Bahn und sonstige städtische Einrich-
tungen benützen.

Bundesförderung für kulturelle Einrichtungen, die Wiener Symphoniker haben
bis jetzt 7,6 Mio. bekommen und werden in Hinkunft 11,6 Mio. Subvention
erhalten, erstmalig 1983 wurde dieser Betrag erhöht. Die Gemeinde selbst
muß 42,4 Mio. S bezahlen. In Bregenz dagegen trägt der Bund 70 Mio. S, wie
Stadtrat Mayr feststellt, tatsächlich aber verweist Finanzminister
Salcher , daß der Bund für die Bundestheater 1,3 Mrd. S aufwendet, die na-
türlich auch den Wienern zugute kommen. Die Gemeinde Wien hat angeblich au
der integrierten Gesamtschule offene Rechnungen von 62 Mio. der Bund be-
zahlen müßte, jetzt geht die Gemeinde hin und her und rechnet irgendwelche
Leistungen, die sie an den Bund geben müßten, gegen diese 62 Mio. S auf.
Diese Vorgangsweise wird sowohl von Salcher als auch von Mayr als zu-
ständige Finanzleute nicht für zweckmäßig erachtet und man wird versuchen
eine bessere Lösung zu finden.

Die Wohnbauförderung, erklärt Stadtrat Hatzl, sei für die Wiener nicht
optimal, der beste Vorschlag wäre, die Länder werden ermächtigt aufzubrin-
gen und gleichzeitig dann auch selbst zu verteilen. Lieber wäre es na-
türlich allen Ländern, wenn der Bund die aufgebrachten Mittel ausschließ-
lich nur die Länder nach eigenem Gutdünken verwenden läßt. Über die
1 Mrd. Altstadterneuerung und insbesondere 5.000 Wohnungen des Sonder-
wohnbauprogrammes wird Wien wesentlich größere Anteile bekommen als ur-
sprünglich vorgesehen, da andere Länder ausspringen. Beim Sonderwohnbau-
programm ist Wien bald bei 50 %. Hatzl ersucht, man möge die 25 Jahre
Abschreibung auf 35 bis 40 Jahre ausdehnen, um dadurch eine geringere Be-
lastung der Mieter zu erreichen. Salcher ist in dieser Materie ungeheuer
gut eingearbeitet, denn er erwidert Hatzl sofort, das stimmt nicht, das
sei ganz wirkungslos, denn in die Wohnmietzinse gehen nur 3 % der Bau-
kosten ein, ganz unabhängig, wie lange die Abschreibung dauert.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte laß prüfen, wer recht hat.

Für die Wohnbauförderung stehen jetzt 164 Mrd. S Kredite aus, 84 Mrd. haben
die Bausparkassen, 80 Mrd. die Wohnbauförderung durch Hypothekarkredite.

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Tagesprogramm, 11.10.1982

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)




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    Tätigkeit: Außenhandel BWK


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      Tätigkeit: -min.


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        Tätigkeit: GD Kontrollbank
        GND ID: 170084094


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          Tätigkeit: MR HM


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            Tätigkeit: Beamter HM


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              Tätigkeit: Wr. Wirtschafts- u. Finanzstadtrat


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                Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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                  Tätigkeit: Sekr. d. ZK d. DDR f. Wirtsch.


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                    Tätigkeit: CSSR-Staatspräs.


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                      Tätigkeit: Direktor ÖFVW


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Beamter HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Gen.Sekr.


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                            Tätigkeit: Verkehrsminister


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                              Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                              GND ID: 102318379X


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                                  Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


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                                    Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


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                                      Tätigkeit: Bundeskanzler
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                                        Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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                                          Tätigkeit: Wissenschaftsministerin
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