Samstag, 2. Oktober 1982
Die Eröffnung der Grazer Messe hat heuer wieder Bundespräsident Kirch-
schläger vorgenommen. Die Messeleiter versucht ihn, da er nicht alle
Messen eröffnen will, immer mit neuen außerordentlichen Messen dafür
zu gewinnen. Voriges Jahr war 70 Jahre Grazer Messe, die älteste Messe
Österreichs, heuer ist es 200 Jahre Geburtstag Erzherzog Johann also
eine Joanneummesse.
Beim Frühstück in der Burg, wozu LH Krainer immer einlädt, der Bundes-
präsident hatte ein anderes Morgenprogramm, wurde wunschgemäß von mir
bei der Platzeinteilung Botschafter Schramm neben mich gesetzt. Ich
konnte daher sehr ausführlich mit ihm über die Wünsche der DDR, einen
ungebundenen Finanzkredit zu bekommen, besprechen. Nach Auffassung
Schramm war die vorgetragenen Paketlösung, Kauf von Konsumgütern, weitere
große Bestellung von Investitionen, mit einem Kredit für 82 bis 85 ver-
bunden. Die Unterhändler waren immer von der Annahme ausgegangen, daß es
sich um einen ungebundenen Finanzkredit handelt. Ich selbst aber, als ich
das erste mal davon hörte, war fest davon überzeugt, daß wir nur mehr
einen gebundenen Finanzkredit eben zur Abwicklung des Paketes geben
könnten. Die DDR hatte dann Reh, den Österreichreferenten im Außenhandels-
ministerium, geschickt, damit er dieses Mißverständnis aufklärt. Nachdem
ich mit Finanzminister Salcher dieses Problem eingehend erörtert habe
und auch er auf dem Standpunkt steht, daß in Hinkunft Österreich nur
mehr, welchem Land auch immer, gebundenen Finanzkredit geben wird, diese
Meinung sich auch von Kreisky bestätigen ließ, konnte ich Botschafter
Schramm keine andere Auskunft geben. Er wird darüber seiner Regierung
berichten, mir war es ja in der Vergangenheit ja unerklärlich, wieso der
damalige Finanzminister Androsch so verhältnismäßig freizügig ungebunde-
ne Finanzkredite an Staatshandelsländer gegeben hat. Ich bin zwar
fest davon überzeugt, daß Kreisky dies von ihm verlangt hat, um die
politischen Beleihungen zwischen den Oststaaten und Österreichs noch
weiter zu verbessern.
Da ich die Messe nicht eröffnete und daher der Bundespräsident als
letzter Redner zu Wort kam, habe ich LH Krainer über meine zu erwartende
Kritik vorher informiert. Meine Absicht bestand die ersten zwei Beschäf-
tigungsprogramme der Regierung und darin insbesondere die Fernwärmeaus-
bauprojekte zu erörtern. Die Steiermark ist nämlich in dieser Hinsicht
sehr weit und hat jetzt und hat jetzt für 2 Mrd. S Projekte entweder
schon abgeschlossen oder in Arbeit. Gleichzeitig aber kündigte ich LH
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Krainer an, daß ich die Steiermark kritisieren werde, weil sie nicht
bereit ist mehr Braunkohle, die die GKB in der Steiermark produziert,
auch abzunehmen und zu verheizen. Krainer hat sofort veranlaßt, daß man
ihm, ohne daß ich es bemerken sollte, notwendige Ziffern zur Verfügung
stellt, denn er kündigte mir an, er wird in seiner Ansprache auch darauf
zurückkommen. Ebenso hätte er beabsichtigt über den derzeitigen Hühner-
absatz zu reden. Beides hat er dann aber interessanterweise nicht
getan, seine Ansprache, die sonst immer die Grundlage für meine kriti-
schen Bemerkungen und Konterattacken ist, unterblieb diesmal. Vielleicht
war es die Anwesenheit des Bundespräsidenten, vielleicht hat er doch
eingesehen, daß die Steiermark doch Etliches ändern muß. Auf alle
Fälle habe natürlich auch ich nur sehr moderat meine Kritik vorge-
bracht.
Trotzdem konnte ich einen Erfolg bezüglich der Kohleversorgung erreichen.
Krainer hat mir sofort seinen Energiebeauftragten Altziebler geschickt,
dieser und sein Landesrat Fuchs wollten mir erklären, daß alles in
bester Ordnung ist und daß die GKB gar keine Kohle liefern kann. Da ich
wußte, daß 100.000 to auf der Halde sind, habe ich den beiden Herrn den
Standpunkte eindeutig klargemacht. Die STEWEAG bezieht 200.000 to und
um kein kg mehr, die ÖDK zu verheizen in ihren Kraftwerken sogar außer-
halb der Steiermark im vergangenen Jahr 1 Mio. to, heuer 1,1 Mio. to
und im nächsten Jahr 1,2 Mio. to. Ich verlangte daher, auch die Steiermark
müsse sich jetzt endgültig überlegen, ob sie ausschließlich Umwelt-
schutzideen nachgeht oder sich doch vielleicht mehr auf die heimische
Kohle stützen wird. Natürlich verwies ich darauf, und dies tat ich be-
reits in meiner Rede, daß man die berechtigten Forderungen des Umwelt-
schutzes auf alle Fälle berücksichtigen muß, was auch die ÖDK und andere
E-Werke tun. Bezüglich des Hühnerabsatzes wurde beim Rundgagen im Land-
wirtschaftspavillon ein großes Hendlessen veranstaltet, wo es wirklich
ausgezeichnete Brathühner gab. Selbst der Bundespräsident wurde einge-
spannt, er war nur nicht, so wie ich bereit die Hühner mit der Hand zu
essen, im Prinzip macht er mit der Öffentlichkeit auch das selbe nur,
was er eben zu Hause macht. Er trinkt weder ein Maß Bier, noch ißt
er Hendl mit den Händen, aber, und das ist das Erfreuliche, macht er doch
fast überall mit.
Die Pressekonferenz mit den örtlichen Journalisten verlief wie gehabt.
Nach wie vor immer wieder das große Interesse, was geschieht mit dem
Benzinpreis, und eigentlich keinerlei kritische Fragen.
Beim Mittagessen im Steirerhof, an dem auch Bundespräsident Kirchschläger
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teilnahm, nutzt ich die Gelegenheit, um dem Präsidenten der Handels-
kammer Kaufmann das vom Bundespräsidenten verliehene Große Silberne
Ehrenzeichen zu überreichen. Kaufmann hatte davon keine Ahnung, er war
wirklich ungemein angenehm überrascht und gerührt.
Bei dem Essen kam ich neben Landesrat Fuchs zu sitzen und besprach mit
ihm einige Probleme. LH Krainer, der an meiner anderen Seite saß, und
er nahmen zur Kenntnis, daß jetzt die Gespräche zwischen Bund und Ländern
beginnen müssen, um die gemeinsame Finanzierung der Fernwärmeanlagen zu
besprechen. Ich hatte bei der Messeeröffnung schon darüber geredet und
gemeint, halbe-halbe wäre selbstverständlich. Da ich in meinen Budget ja
bis 3 % dieser ersten Mrd., die wir im nächsten Jahr finanzieren wollen,
vorgesehen habe, konnte ich großzügigst den beiden mitteilen, daß ich
bis 3 % gehen kann. Ich glaube aber, daß die Länder nicht mehr als höch-
stens 2 % Zuschuß in Aussicht nehmen werden, dies ist für Salcher bei
der Finanzreferententagung eine gute Ausgangsbasis.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte Finanzministerbüro verständigen.
LH Fuchs meinte, diesmal hätte ich doch nichts mehr in der Steiermark
zu tun und war sehr überrascht, als er von mir erfuhr, daß ich jetzt
abschließend sofort zur Fa. Koch, Rohrbachschlag, fahren werde. Er
kannte die Firma, meinte, es ist ein sehr tüchtiger Unternehmer, weder
er noch der Präsident der Handelskammer Kaufmann hatten aber von dieser
Auszeichnung auch nur etwas gehört. Ich schlug ihnen vor, in Hinkunft
werde ich, wenn ich wo eine Auszeichnung vornehme, die zuständige Landes-
kammer der gewerblichen Wirtschaft auch verständigen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte neben de örtlichen AK auch die örtliche
HK verständigen.
Messedirektor Höller berichtete mir auch, daß jetzt die Exporte von
Werkzeugen nach Ungarn sehr gut laufen. Dr. Langer war jetzt in Ungarn
auf der Budapester Messe und kauft jetzt Menge Kompensationsware für
diese Werkzeugexporte aus Österreich zu. Die Ungarn haben u.a. eine ganz
moderne Fliesenfabrik und diese können in Österreich günstig abgesetzt
werden. Höller warnte mich, da in Österreich jetzt eine Fliesenfabrik
errichtet werden soll.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Langer klären, worum es sich dabei
handelt.
Zur Staatswappenüberreichung war ich für 1/2 4 nach Rohrbach eingeteilt.
Einmal mehr war ich überrascht und verärgert, weil dort, wie ich dann
auf den Einladungen feststellen konnte, angekündigt war, um 3 Uhr trifft
der Minister ein, nachdem die Gäste sich von 1/2 3 bis 3 einfinden sollen.
Da die Firma in mehreren Gemeinden Betriebe hält und aus vielen Ge-
meinden Arbeiter beschäftigt, waren kamen ein halbes Dutzend Bürgermeister
mit Gemeinderäten usw. Organisiert hat das ganze LRat Heidinger, der sich
dann bei mir auch unter 4 Augen herzlichst bedankte, daß ich ihm diese
große Möglichkeit von ungeheuer vielen Festansprachen und dann noch einer
ausreichenden Betriebsbesichtigung gab.
Eine vor 2 Jahren erst errichtete neue Musikkapelle hat mich am meisten
beeindruckt, weil dort von 9 Jahren aufwärts ein Dutzend Kinder
mitwirkten. Die Kapelle war sehr schön eingekleidet und spielte auch
verhältnismäßig sehr gut, obwohl es weder eine Jugendmusikkapelle war,
noch eigentlich die alten überwogen. Eine solche Mischung hatte ich
wirklich noch nie gehört. Anschließend nach den vielen Reden, der Segnung
durch den Prälat des Stiftes Vorau und der Betriebsbesichtigung gab es,
wie gar nicht anders zu erwarten, ein riesiges Fest, von dem sich aber
Staatssekretär Albrecht und ich drückten. Dieser Tag mit Albrecht war
für mich wieder einmal die Gelegenheit auch in Graz zu demonstrieren, wie
sehr wir beide gut zusammenarbeiten, in Wien ist das glaube ich sowieso
schon bekannt.
Tagesprogramm, 2.10.1982