Donnerstag, 30. September 1982
Der ehemalige Außenhandelsminister von Jugoslawien Rotar ist jetzt
wieder Generaldirektor der Ljubljanska Bank. Als Slowene ist er froh,
wieder in Ljubljana zu sein, die Jugoslawen sind lieber in ihren Ländern
als in der Zentralstelle in Belgrad. Trotzdem interessiert er sich
natürlich noch für die jugoslawisch-österreichischen Beziehungen.
Er selbst und sein Direktor von der Adria Bank wollten daher wissen, wie
es jetzt z.B. mit dem Karawankentunnel weitergeht. Zur Freifinanzierung
und für die anlaufenden Zinsen müßten 600 Mio. S noch aufgebracht wer-
den, an der Freifinanzierung ist allerdings bis jetzt die sofortige Inbe-
triebnahme des Baues gescheitert. Rotar war sehr erstaunt zu hören, daß
die nächste jugoslawisch-österreichisch Gemischte Kommission in Wien
nicht vom neuen Außenhandelsminister, sondern vom jugoslawischen Finanz-
minister geleitet wird. Für mich ist es selbstverständlich, denn dieser
möchte sicher wegen eines neuen Kredites, vielleicht sogar Kreditabkom-
men, mit Finanzminister Salcher in Kontakt kommen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Vorsprachetermin bei Salcher mit seinem
Büro vereinbaren.
Vom slowenischen Ministerpräsidenten brachte er mir den Dank, daß wir
seine Fremdenverkehrsministerin so gut betreut hatten, gleichzeitig werde
ich eingeladen, zu welchem Zeitpunkt auch immer und so lange wie immer,
aber unbedingt Slowenien zu besuchen. Die Regierung hätte ein großes
Interesse mit mir unbedingt Gespräche zu führen. Im Prinzip habe ich
zugesagt, gleichzeitig aber darauf verwiesen, daß ich dies nur in Kombi-
nation mit einem Kärntenbesuch mit einem Abstecher nach Ljubljana machen
könnte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ich glaube, vor den Wahlen wird es sowieso nicht
gehen.
Im Konsumentenpolitischen Beirat, den Staatssekretär Albrecht jetzt sch
sehr souverän führt und absolut in der Hand hat, ersuchte sie mich, ich
solle den KR Zach, der jetzt durch Vizepräsident Schönbichler in
der Arbeitsgruppe Strukturwandel im Handel abgelöst wird und der in
Hinkunft auch wahrscheinlich mehr die Handelsinteressen in allen Gremien
vertreten wird und auch den Wechsel vom Rechtsausschuß, Dr. Kupka, dem
neuen Leiter der Rechtsabteilung, anstelle des jetzt für die wirtschafts-
politische Abteilung zuständigen Farnleitner vornehmen. Nichts tat ich
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ich lieber, da ich bei dieser Gelegenheit wieder allen Beiratsmitglie-
dern, und das sind doch 3 Dutzend, für ihre bisherige Tätigkeit und ins-
besondere jetzt auch der guten Zusammenarbeit mit Albrecht herzlichst
danken konnte.
Im letzten Konsumentenforum wurde eine ganze Reihe von neuen Vorschlä-
gen unterbreitet, die Abteilung hat alle diese Vorschläge jetzt den
einzelnen Ausschüssen zugeordnet, ich ersuchte sie, daß sie auf alle
Fälle, auch wenn es sich noch um so spintisierende Ideen handelt, diese
bearbeiten oder zumindestens beantworten sollten. Da mit haben wir
uns nämlich den guten Ruf im Handelsministerium erworben. Alles wird
und dies, wo möglich, schnell beantwortet. Unter schnell ist allerdings
die Beamtengeschwindigkeit zu verstehen. Durch den langen, langen Dienst-
weg dauert es nämlich für meine Begriffe sowieso wesentlich länger, als
ich gewohnt war, daß in der Arbeiterkammer Fragen bearbeitet und vor
allem Briefe beantwortet wurden. Da alles relativ ist, glaube ich, ver-
gleicht man uns eben mit den anderen und da schneiden wir ganz gut
ab.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Vielleicht kann man einzelne Fragen ganz
schnell erledigen, bitte dann sofort beantworten.
Die Gespräche über die Kohleversorgung der österreichischen Draukraft-
werke (ÖDK) mit der GKB brachte endlich die erwünschte offene Aussprache.
MR Sterk hatte vorher schon in mühevollen Verhandlungen ein Kompromiß
zustande gebracht, die ÖDK wird jetzt von der GKB im Vorjahr 1 Mio., heuer
1 Mio. 100.000 und im nächsten Jahr 1 Mio. 200.000 to Braunkohle zum
Verfeuern kaufen. Dir. Hautzenberg von der ÖDK ist nur verärgert, weil
die GKB, obwohl sie in der Steiermark beheimatet ist, nicht imstande ist
die STEWEAG oder, wenn man so will, den Landeshauptmann Krainer als
Aufsichtsratspräsident der STEWEAG dazu zu bringen mehr Kohle zu be-
ziehen, ganz im Gegenteil, die STEWEAG wird ihr Fernheizwerk mit Gas
betreiben, um umweltschutzbewußter zu gelten, die grüne Steiermark und
insbesondere deren Führer wollen sich mehr grün machen. Da aber die
steirische Kohle abgesetzt werden muß, erwartet man, daß die ÖDK mehr
übernimmt. Andererseits muß aus Jugoslawien schon allein wegen der
Getreideexporte mehr Kohle bezogen werden. Für nächstes Jahr hat man
sich wieder auf die 400.000 to, 200.000 aus Bosnien, wo auch das Getreide
hinkommt, und 200.000 aus Montenegro geeinigt.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Nächstes Jour fixe Fremuth setzen.
Der Besitzer der Ankerbrotfabrik, Dr. Schuster, erwartet von mir, daß ich
Maßnahmen gegen die immer größer werdenden Importe von Dauerbackwaren
und Dauersüßwaren setze. In der BRD wird von Brotfabriken Schnitt-.
brot um 4,50 S das halbe kg angeboten. Die großen Importeure Hofer,
Löwa, aber auch GD Hofinger von Meinl errechnen, daß dieses Brot im
Verkauf 8,50 S kosten würde. Hofer bietet sogar um 7,50 an. Meinl muß
aber derzeit 9,90 S verlangen, der Anker und auch die Konsumgenossen-
schaft hat Schnittbrot zu 14,90 S. Ähnlich verhält es sich auch mit
anderen Produkten. Ich habe Dr. Schuster sofort erklärt, er sollte
sich hier keiner Illusion hingeben, Dr. Mandl hat es übernommen zu ver-
suchen aus den Außenhandelsstellen Unterlagen zu bekommen, die eine
Subvention oder Dumpingpolitik nachweisen lassen.
Schuster hat auch mit dem Gewerbe sich jetzt geeinigt, daß so wie bei
Zucker auch Brot als Fixpreis festgelegt werden sollte. Ich ersuchte ihn
sofort, er müsse dies auch noch mit der AK und dem ÖGB vereinbaren. Die
HK allein kann eine solche Fixpreisregelung nicht allein bei mir durch-
setzen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nächstes Jour fixe AK, ÖGB setzen.
Die Ankerbrot ist noch immer in einer schlechten finanziellen Situation
ich habe Schuster auf dem Kopf zugesagt, sein Verkaufssystem ist unzu-
länglich, er hat eine ganze Reihe von Vertretern, die den Verkauf in den
letzten Jahren übernommen haben. Früher hatten die Brotführer viel mehr
pouvoir. Dieser kommt täglich zu den Kunden, wenn er tüchtig ist, schwatzt
er ihm sogar ein oder zwei Wecken mehr auf, interessanterweise kam
dann meistens auch tatsächlich dieser Mehrabsatz durchgeführt werden.
Schuster war sehr erstaunt, daß ich so Spezialinformationen und richtige
Kritiken hatte und erklärte, er bemühe sich ja eben jetzt das Verkaufs-
system auch zu ändern.
Bei der Verabschiedung des Ministers Veres hat mich dieser ersucht, ich
möge mich dafür einsetzen, daß Csepel bei der Lieferung einer Stranggußan-
lage auch mit der VÖEST-Alpine kooperieren könnte und zu den großen
Voest-Alpine-Geschäft herangezogen wird. Ich habe ihm zugesagt mit GD
Apfalter zu sprechen, in einem Telefongespräch am Nachmittag stellte
ich dann tatsächlich fest, daß Apfalter den Fall genau kennt und er wird
veranlassen, daß man sich mit den ungarischen Handelsrat Hammer in Ver-
bindung setzt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Hammer verbinden.
Veres beanstandete, daß wir in unserem Herkunftsbezeichnungsabkommen
mit der BRD auch den Begriff ungarische Salami aufgenommen haben. Dem
widerspricht, daß wir mit den Ungarn ein ungarisches Salamiexportver-
bot vereinbart haben. Wenn wir dieses Abkommen einhalten, dann kann
es gar keinen Export von ungarischer Salami in die BRD geben, weshalb
auch unsererseits der Name dort gar nicht geschützt werden müßte.
ANMERKUNG FÜR LEBERL: Wie steht der Fall.
Bei der Vorstellung des Gesamtvorstandes der ÖMV konnte ich erfreulicher-
weise feststellen, daß dieser in Summe und ganz besonders der neue GD
Kaes und sein Stellvertreter Meszaros viel aktiver scheinen als der
bisherige. Entweder war Bauer so ein Diktator, daß sie niemand neben
ihm wirklich zu rühren traute oder alle haben resigniert und ihn als
Sprecher nach außen hin zumindest die alleinige Entscheidung überlassen.
Jetzt ist der ganze Vorstand wesentlich quirliger, wie lange dies
bleiben wird, weiß ich nicht. Kaes und Meszaros versicherten mir, daß
sie jetzt ihre Einkaufs- und Verarbeitungspolitik ändern werden. Wir
kamen überein, daß wir bezüglich der Erdgasbezüge zumindestens ernsthaft
prüfen werden, ob auch andere Bezugsquellen als die SU infrage kommen.
Zugegebenermaßen ist jetzt das algerische Gas nach dem Gaspreisabschluß
zwischen der italienischen Regierung und algerischen Regierung um fast
1 S teurer als das sowjetische Gas. Die Algerier aber vereinbaren Re-
gierungspreise und geben dann Rabatt an die jeweilig übernehmenden Ge-
sellschaften, Gaz de France resp. SNAM. Eine ähnliche Politik wird
auch bei den Ölbezügen versucht. Derzeit sind ÖMVler in allen Ölliefer-
ländern, um die vereinbarten Kontingente zu reduzieren. Der Verbrauch
ist stark zurückgegangen und vor allem aber will die ÖMV doch mehr auf
Spotmärkten kaufend beweglicher bleiben. Der neue Vorstand wird sich
auch überlegen, ob und wie ein solches Ölabkommen auch mit der DDR aus-
sehen könnte.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Botschafter Schramm verbinden.
Die ÖMV wird alle Verpflichtungen bezüglich Schwefelgehaltreduzierung,
Bleigehaltreduzierung einhalten. Bezüglich der Übernahme von Biosprit
werden jetzt mit den Landwirten konkrete Verhandlungen geführt, bei der
Beimischung von Biosprit zu Benzin gibt es auch noch technische Pro-
bleme, neue amerikanische Systeme müssen hier noch erprobt werden.
Am amerikanischen Kontinent, sowohl Nord- als auch Südamerika, hat man
nämlich jetzt auch Erfahrungen mit Beimischungen gemacht, die in Öster-
reich unbedingt berücksichtigt werden müssen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte diese neue Technologie auch ver-
folgen lassen.
Präs. des Aufsichtsrates der Verbundgesellschaft Mussil hat mir wegen
der Situation einen Bericht erstatten wollen, dieser fiel so aus, daß
sich das Betriebsklima nach der letzten Aufsichtsratssitzung verbessert
hat. Neues konnte er mir gar nicht sagen, ich hatte auch den Eindruck,
er ist aber wegen des Gerichtsverfahrens gegen Dir. Berchtold gekommen.
Seinerzeit wurde ein Strafantrag wegen Untreue in der selben Causa
niedergeschlagen. Der Rechnungshof hat allerdings jetzt verlangt, daß
doch wegen Schadenersatz die gerichtliche Klage gegen den ehemaligen
Vorstand eingebracht wird, ein Schiedsverfahren mit der RWE hat nämlich
jetzt ergeben, daß diese deutschen Abnehmer mehr hätten bezahlen müs-
sen, während 1967 dieses Verlangen an RWE gestellt werden , hätte sie
auch rückwirkend bezahlen müssen. Mussil meinte, Berchtold hat sich
so verdient gemacht, daß man doch anders hätte entscheiden sollen,
MR Burian, der gleichzeitig auch im Aufsichtsrat der Illwerke sitzt,
hat ihm dann die Details im einzelnen erklärt. Mussil mußte zugeben,
daß vollkommen korrekt von den Organen, auch vom Vorstand der Verbund,
in dieser Frage entschieden wurde.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Jour fixe Fremuth setzen.
Eine Delegation aus der Steiermark kam wegen der Abwicklung von Bauknecht
unter Führung des Nationalrat Kokail und insbesondere der Sprecher der
Betriebsräte Kopf. SC Marsch beschwerte sich zu Recht, daß durch die
ewigen Verlautbarungen aus der Steiermark, vor allem aber auch jetzt
durch die Forderung von 260 Mio. S für die Sanierung die Verhandlungen
nur erschwert werden. Marsch informiert laufend die Betriebsräte, er
war daher sehr erzürnt, weil man, ohne auch nur Details angeben zu
können, ganz einfach 260 Mio. S Forderung in den Raum stellt. Kopf mußte
zugeben, daß keinerlei Unterlagen dafür vorliegen, und daß die Taktik,
die jetzt die Verhandler einschlagen, absolut richtig ist.
ANMERKUNG FÜR MARSCH: Trotz deines berechtigten Ärgers bitte weiter-
hin mit den Betriebsräten Kontakt halten.
Landwirtschaftsminister Haiden hat bezüglich des Marchfeldkanalprojekte
einleitend festgestellt, er sei vom Bundeskanzler mit der Koordinierungs-
funktion zwischen Landwirtschaft, Bauten, Gesundheit und vor allem
Finanzen beauftragt. Alle Minister waren tatsächlich zumindestens zur
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ersten Sitzung erschienen. Bautenminister Sekanina meinte, der Kanal kann
nicht 1 Mrd. S kosten, sondern wahrscheinlich ein vielfaches. Aus dem
Wasserwirtschaftsfonds kann er keine Finanzierung übernehmen, sondern
hier muß ein eigenes Finanzierungsgesetz geschaffen werden. Salcher
wieder erklärte, daß er nur mit der Errichtung einer Studiengesell-
schaft einverstanden ist. Haiden möchte unbedingt den Namen Studien-
und Betriebsgesellschaft, er kann sich vorstellen, daß man 40 % Bund,
40 % Land und 20 % Interessenten die Kosten aufteilt. Salcher erklärte,
da niemand genau weiß, wie hoch die Kosten wirklich sind, müsse dies zuerst
in der Studiengesellschaft festgestellt werden. Mein Vorschlag, ähnlich
wie jetzt bei der Osttiroler Kraftwerk geschehen ist, daß die Studien-
gesellschaft zwischen der Verbund und auch dem Land Tirol sehr wohl
auch konkrete Maßnahmen setzen kann, nämlich um bevorzugte Wasserrechts-
verhandlungen ersuchen, hat Haiden abgelehnt. Haiden befürchtet, daß
er dann nicht mehr das Land Niederösterreich und schon gar nicht die
Interessenten zu einem finanziellen Beitrag bringen kann. Salcher hat
sich dann durchgesetzt und es wurde eine Studiengesellschaft beschlos-
sen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Die Abteilung soll Dich ständig am
Laufenden halten.
Haiden ersuchte dann den Finanzminister Salcher, er möge ihm als neuen
Budgetansatz 17 Mio. S für die schwer darniederliegende Geflügelwirt-
schaft geben. Die ARGE Geflügelwirtschaft hat einen Schaden von 116
Mio. S errechnet, das Land- und Forstwirtschaftsministerium von 51 Mio.
1/3 soll der Bund bezahlen, 1/3 des Land und 1/3 müßte die Geflügelwirt-
schaft selbst tragen. 240 to Geflügelfleisch, die man eingefroren hat
und die jetzt wahrscheinlich wirklich, wenn sie aufgetaut wären , Salmo-
nellen besitzen, müssen total vernichtet werden, Kosten 20 S pro kg, also
4,8 Mio. 200 to Geflügelfleisch können noch verwendet werden, müssen
aber gestützt werden, 3 Mio. S. 1000 to Geflügelfleisch muß man exportie-
ren, Exportstützung ca. 10 Mio. S. Haiden meinte, dieses Geflügel könne
man doch nicht exportieren, weil es dann heißt salmonellenverdächtiges
österreichisches Geflügel kommt auf den Markt. Dies, erklärte ich,
kann vielleicht für Deutschland stimmen, da sich aber jetzt z.B. Saudi-
Arabien und auch andere arabische Staaten dafür interessieren, kann
man es dort ohne weiteres hinschicken. Jedermann weiß, daß keine Salmo-
nellen nachgewiesen werden können und daher vom Gesundheitsstandpunkt
absolut einwandfreies Fleisch vorhanden ist. Insgesamt geben 3.100 to
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Geflügel große Probleme auf. Haiden war überglücklich, daß er mir am
Dienstag gesagt hat, Geflügel müsse jetzt entliberalisiert werden, und
ich bereits zwei Tage später die Verordnung unterschreiben konnte.
Haiden hat sich scheinbar nicht erwartet, daß so schnell die Interessen
der Landwirte vom Handelsministerium wahrgenommen werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Jour fixe AK und HK setzen.
Tagesprogramm, 30.9.1982