Donnerstag, der 5. August 1982

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Donnerstag, 5. August 1982

Das Bäckereiverhandlungskomitee besprach mit Zentralsekretär Blümel und
mir die weitere Vorgangsweise. In den letzten Tagen wurde mir bei meinem
täglichen Besuch in der Lebensmittelarbeitergewerkschaft schon berichtet,
daß die Verhandlungen überhaupt nicht weitergehen. Zuerst wurde auf die
Forderung von 8,5 % Lohnerhöhungen von den Unternehmern als Gegenangebot
1,2 % geboten. Im Laufe der Verhandlungen wurde dann annähernd von der
Gewerkschaft erklärt, man sei mit 300,-- S Sockelbetrag und 3 % Lohner-
höhung einverstanden. Die Bäckerinnung erhöht ihr Angebot auf 4,2. Die
Industrie wollte zuerst um 1 bis 2 % einen tieferen Abschluß tätigen,
weil sie finanziell solche Lohnerhöhungen nicht verkraften kann, hat dann
aber doch wenigstens auf 4,7 heraufgegangen. Jetzt stocken die Verhand-
lungen, die Unternehmer hoffen, daß zu der wahrscheinlich 70 g Brotpreis-
erhöhung die Gewerkschaft im Stande ist, weitere 10 g dem Gewerkschafts-
bund und der AK abzutrotzen, wodurch sie bereit wären, weitere 1,6 %
Lohnerhöhung aufzustocken. Der Verhandlungsleiter und Vorsitzende der
Bäckergruppe Serini meinte, wenn jetzt tatsächlich die Gewerkschaft die
10 g für die Unternehmer erstreiten würde, hieße dies im nächsten Jahr,
daß sie sofort kommen, und erklären, man bräuchte gar nicht über die
Löhne mit uns verhandeln, sondern die Gewerkschaft soll bemüht sein, wie-
der einen erträglichen Preis für das Brot durchzusetzen, wodurch dann
bei dem Lohnabschluß keine Schwierigkeiten entstehen würden. Das Verhand-
lungskomitee lehnte daher diese Taktik auf das entschiedenste ab. Ich
war über diese Entscheidung sehr froh, denn seit 25 Jahren, wo ich in
der Gewerkschaft mitarbeite, war ich bemüht, unseren Kollegen klarzuma-
chen, daß es niemals die Aufgabe der LUGA ist, um die Preise der Unter-
nehmer zu kämpfen. Jede Einflußnahme auf die Preise, um entsprechende
Löhne durchsetzen zu können, die die Gewerkschaft durchführen muß, nicht
nur auf den Widerstand vom ÖGB und der AK stoßen, sondern auch die eigen-
ste Gewerkschaftstaktik, nur um die Löhne und Kollektivverträge ihrer Mit-
glieder zu bemühen, ad absurdum führen. Eine längere Diskussion ergab sich
dann, wie das bisherige Verhalten von AK und ÖGB zu verstehen ist. Beide
insbesondere Präs. Benya hat ja den Bäckern schon erklärt, daß auch die
jetzt in der Luft schwebenden 70 g keinesfalls endgültig sind. Dieser
Preiserhöhung wurde nur erwähnt, als man generell erklärt, daß dieselben
Erhöhungen wie im Vorjahr auch heuer für Mehl und Brot wahrscheinlich
wären. Bei sinkenden Lebenshaltungskostenindex könne es keine größere Er-
höhung als im Vorjahr geben. Die Gewerkschaftskollegen sagen mit Recht,
im Vorjahr als die Bäcker 70 g Brotpreiserhöhung bekommen haben, wurden
ihre Löhne um 7,2 % erhöht. Daß sie diese Erhöhungen heuer nicht mehr
durchsetzen können, ist ihnen klar. Da die allgemeine Tendenz der Unter-


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nehmervertreter dahin läuft, daß unter dem Lebenshaltungskostenindex ab-
geschlossen werden sollte. Hier wird sich dann eine Diskussion ergeben,
welcher Lebenshaltungskostenindex zu Grunde gelegt wird. Die Gewerkschafts-
kollegen stehen mit Recht auf dem Standpunkt, daß für sie nur der Lebens-
haltungskostenindex vom letzten Abschluß Juni 81 bis August 81 gelten
kann. Auch hier ergeben sich wieder 2 Möglichkeiten, entweder der Jahres-
abstand, der wäre 5,4 %, oder der Jahresdurchschnitt dieser Perioden, so-
zusagen Juli 80 bis August 81 und jetzt eben wieder Juli 81 bis August 82.
In diesem Fall muß zwar das letzte Monat noch geschätzt werden, doch
macht dies ca. 6,16 % aus. Man sieht wie die indexgebundenen Lohnbewegun-
gen auch wieder Methodendiskussionen auslösen würden. Sicher lehnt auf
alle Fälle die Gewerkschaft ab, wenn man vielleicht die heurige Indexbe-
wegung zu Grunde legt. Diese würde wahrscheinlich sogar unter 5,9 % im
Jahresabstand sein. 1. Quartal war 6 %, 2. Quartal war 5,9 %, das 3. Quar-
tal wird mit 5,5 geschätzt und im 4. Quartal schätzt die AK 5,25. Die
Kollegen stehen auf dem Standpunkt, daß unter den Lebenshaltungskosten
nicht abgeschlossen werden könnte. Zum Glück gibt es bei den verschieden-
sten Berechnungen und natürlich auch dann Schätzungen die verschiedensten
Lebenshaltungskostenerhöhungen, so daß auch hier wieder aus den Verhand-
lungen ein weiterer Spielraum ergeben würde.

Um überhaupt dazu weitere Verhandlungen zu kommen, die Brotindustrie und
insbesondere das Bäckergewerbe läßt sich sehr viel Zeit, da kritisches
erst Mitte des Monats wird, wo ja der neue Preis und Lohn, so wie im Vor-
jahr in Kraft treten sollte, wird jetzt eine Versammlung der Wiener Bäk-
kerarbeiter für nächste Woche einberufen.

In Zeit im Bild hat der Obmann der Metallarbeitergewerkschaft Wille und
dann in 10 vor 10 GD Kienzl, der ja wenn man so will der Ohrenbläser von
Präs. Benya im ÖGB ist und gleichzeitig auch Obmann der Gewerkschaftskon-
trolle, auch zu diesen Problemen Stellung genommen. Jede Gewerkschaft hat
ihre eigene Lohnpolitik und ihre eigene Taktik. Die Metallarbeiter werden,
so zumindestens Wille, den Sockelbetrag entschieden ablehnen. Anderer-
seits gibt es jetzt seit längerem schon eine Diskussion über eine Umver-
teilung, was immer man darunter versteht, auf alle Fälle müßten die klei-
neren Einkommen höhere Lohnzuschläge bekommen als die höheren Einkommen.
Gerade bei einer restriktiven Lohnpolitik ist dies wichtiger, mehr denn
je. Bei uns in der Lebensmittelarbeitergewerkschaft wurde nicht zuletzt
durch meine immer wieder ausgemachte Taktik mit den einzelnen Gruppen
diese Politik seit eh und je verfolgt. Ich mische mich in Detailverhand-
lungen nicht ein, weil ich ja nach wie vor auf dem Standpunkt stehe, unser
System, wonach nicht oben verhandelt wird, sondern die Betriebsräte aus


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den Betrieben im Verhandlungskomitee versuchen für ihre Kolleginnen und
Kollegen das beste zu erreichen, machen es besser und haben auch das
richtige Gefühl, dafür gekämpft zu haben. Bei den Metallarbeitern aber
wird ein Riesenverhandlungskomitee gebildet und dann entscheidet letzten
Endes doch im kleinsten Kreis die Gewerkschaftsspitze mit dem Unternehmer-
verband. Ob tatsächlich die Metallarbeiter ohne einen Sockelbetrag respek-
tive einer wesentlichen Erhöhung der Kleinstgehälter durchkommen werden,
wird sich erst zeigen. Richtig ist, was Kienzl zusammenfassend einmal
mehr festgestellt hat, jedwede Maßnahme, sei es auf sozialpolitischen,
lohnpolitischen oder Kollektivvertragssektor kann nur durch entsprechen-
de Verhandlungen geklärt und letzten Endes auch durchgesetzt werden. Dik-
tate von oben sind äußerst schwer und auch unzweckmäßig.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte Termin der Bäckerversammlung vormerken.

Die AK hat sich bitter beschwert, daß bis jetzt die FV-Richtlinien für
die Hausaktion in die Begutachtung gegangen sind, ohne daß wir es bis
jetzt, wie Dkfm. Blaha mir gegenüber bemerkte, der 12-jährigen Tradition
entspricht, vorher mit ihm darüber zu reden. Ich habe daher sofort eine
Sitzung mit SC Jagoda, Burian und den AK-Vertretern eingeladen. Ich muß
zugestehen, daß tatsächlich vielleicht, eben weil nicht vorher mit der AK
gesprochen wurde, von ihr jetzt zurecht harte Kritik an dem Entwurf ge-
übt wird. Im Zuge der Richtlinien soll eine Vereinfachung des ganzen
Förderungssystems beabsichtigt sein. Meine grundsätzliche Konzeption wä-
re nach wie vor, daß wir versuchen alle Förderungen, die noch immer im
Handelsministerium durchgeführt werden, der Bürges zu übertragen. Dage-
gen gibt es viele sachliche Gründe von den Beamten. Hauptgrund aber
glaube ich ist, daß sie natürlich auf ihre durch Geldausgabe sich ergeben-
de Machtstellung nicht verzichten wollen. Jagoda wird trotzdem versuchen.
ein besseres System zu finden. Die Kritik, daß mit der AK nicht gespro-
chen wurde, stimmt nicht, denn es haben 7 Sitzungen vorher stattgefunden.
Allerdings wurden dabei nicht die prinzipiellen schwerwiegenden Probleme
insbesondere wird der Finanzminister die notwendigen Geldmittel dafür be-
reitstellen wollen und können, geklärt. Dazu ist es nämlich notwendig,
daß vorher der Präs. d. FWV Mühlbacher mit Salcher zu einer Einigung
kommt. Der FWV möchte die Bürges-Mittel, die jetzt mit 7,5 % des Gewerbe-
steueraufkommens begrenzt sind, durch Erhöhung auf 10 % des Gewerbesteu-
eraufkommens entsprechend verstärken. Salcher steht dieser Idee wohlwol-
lend gegenüber, hat aber noch nicht endgültig entschieden. Dies wird im
Zuge des Regierungsprogrammes geschehen und insbesondere im Zuge der Bud-
getverhandlungen zu klären sein. Da diese Anfang und Mitte September er-
folgen werden, wurde mit der AK vereinbart, daß wir ein Ansuchen von ihr


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auf Verlängerung ihrer Begutachtungsfrist akzeptieren werden. Zwischen-
zeitig wird Jagoda und Burian sich noch einmal überlegen, wie man die
Transferierung in die Bürges bewerkstelligen könnte.

Jagoda hat auch die Absicht seine Sektion in dieser Beziehung umzubauen.
Auch die Präsidialsektion muß jetzt durch Ausscheiden von Gesandten Buch-
auer
, er geht nach Algerien, der Leiter der Sektion, Bujatti geht in Pension,
aber auch die Energiesektion, Pensionierung von SC Peyerl mit Ende des
Jahres, neu gestaltet und neu besetzt werden. Dieses notwendige umfang-
reiche Wirment macht zeitgerechte Ausschreibungen notwendig. Im Prinzipi-
ellen habe ich damit meinen Bürokollegen und dem für die Ausschreibung
mitverantwortlichen, ja ich kann ruhig sagen hauptverantwortlichen
SC Jagoda, alles abgesprochen. Ich werde bestrebt sein, mit den Personal-
vertretern zu einem Paket oder besser gesagt zu einer einvernehmlichen
Regelung zu kommen. Was immer auch einzelne Wünsche von Fraktionsmitglie-
dern im Handelsministerium sind, ich habe bereits gestern, aber auch
heute, so wie ich dies auch in Zukunft tun werde, versucht meine Perso-
nalpolitik klarzumachen. Hauptaufgabe dabei muß es sein, nicht nach dem
Wunschdenken Konstruktionen zu machen, die dann nur durch diktatorische
Entscheidungen erfüllt werden könnten. Solche Konstruktionen haben sich
ja oder hätten sich besser gesagt in der Vergangenheit nicht bewährt,
wie es in anderen Ministerien demonstriert wurde, die wirklich einzige
und gute Lösung ist, durch wenn auch noch so langwierige Verhandlungen mit
allen Beteiligten zu versuchen, zu einer einvernehmlichen Auffassung zu
kommen. Dies muß ich nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Wahlen im
nächsten Jahr. Niemand weiß, wie solche ausgehen und niemand weiß, welche
Konsequenzen sich dann bei Regierungszusammensetzungen ergeben.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte auf Einhaltung aller frühesten Termine ach-
ten.

Die Fa. Rosendahl hat die Möglichkeit, eine Kabelfabrik in die Sowjet-
union zu liefern. Bei der letzten Ausstellung hatte sie bereits Demon-
strationsmaschinen, die dann auch von der Sowjetunion sofort gekauft
wurden. Die Bezahlung erfolgt nur leider 1 Jahr später. Die Sowjets haben
wie ich den Firmenvertretern klarmachen konnte, große Guthaben in Öster-
reich durch die Exportüberschüsse von 13 Mrd. S, sie kaufen aber trotzdem
weitestgehend bei uns auf Kredit im Rahmen des 10-Mrd.-Vertrages, weil
sie eben ihre Westdevisen zur Bezahlung von Getreideimporten und anderen
Nahrungsmitteln dringendst brauchen. Ich habe den Firmenvertretern zuge-
sagt, daß ich bei der nächsten, jetzt entweder im September oder Oktober
stattfindenden Tagung der gemischten sowjet.-österr. Kommission in Moskau


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wegen dieses Geschäftes besonders intervenieren werden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte ein Memo für Moskau, das ich dann gegebenen-
falls auch übergeben kann, von der Fa. zusammenschreiben lassen.

Die Fa. Philips möchte bei uns eine neue Textverarbeitungsmaschine ver-
kaufen. Zu diesem Zweck hat sie Burian das Angebot gemacht, für die Prä-
sidialabteilung, insbesondere die Grundsatzabteilung eine solche Maschi-
ne kostenlos drei Monate zur Verfügung zu stellen. Burian möchte dieses
Anbot gerne annehmen, denn wir haben jetzt bereits eine Philips-Text-
verarbeitungsmaschine und die bewährt sich sehr. Andererseits wieder hat
Philips uns ersucht, wir sollten unsere Schreiberinnen zur Schulung und
Information in ihre Zentrale schicken. Überrascht war Burian und noch
vielmehr Grossendorfer, als wir dafür jetzt eine Rechnung für drei Tage
von über S 5000,-- erhalten haben. Burian meint, jetzt sollte man um so
mehr die Textverarbeitungsmaschine sich ausborgen und dann nach drei
Monaten wieder zurückgeben. Eine solche Vorgangsweise halte ich nicht
für fair. Mir ist es unerklärlich, warum Philips diese S 5000,-- ver-
rechnete, trotzdem glaube ich sollte man nicht gleiches mit gleichem ver-
gelten. So nach der Methode willst du von mir Geld für eine Arbeit, die
du eigentlich kostenlos versprochen hast, dann nehme ich deine Leihgaben
an und weiß aber von vornherein, daß ich keinesfalls diese 2. Anlage
kaufen werde. Eine 2. Textverarbeitungsmaschine nämlich würde bedeuten,
daß sofort die anderen Sektionen mit Recht kommen und sich beschweren,
daß wieder einmal nur die Präsidialsektion bevorzugt wird, obwohl wahr-
scheinlich andere kleine Textverarbeitungsmaschinen gerne haben wollen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte prüfe die Frage noch einmal und trage mir dann
die endgültige Meinung der Sektionen vor.

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Tagesprogramm, 5.8.1982


Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Vizepräs. BHK, Präs. FWV


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: BRO KGW


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: SC Handel, Bauten


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: AK


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: LUGA-Zentralsekretär


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Beamter HM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


                Einträge mit Erwähnung:


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: MR HM


                      Einträge mit Erwähnung:
                        GND ID: 119100339


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Stat. Zentralamt, ab 1981 Büro JS


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: HM (Ministerienneuorganisation 1974)


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                                GND ID: 119083906


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