Mittwoch, 4. August 1982
Dir. Holzer von der Montanuniversität Leoben, bevor er vor Jahren dort-
hin ging, ein Jahr im Handelsministerium als Chefgeologe tätig war, bringt
mit einige Mineralien, über die ich mich sehr freue. Bei dieser Gelegen-
heit bespreche ich mit ihm die Rechnungshofforderung, die Bergbehörden
zu strafen. In der Steiermark haben wir in Graz und Leoben eine Bergbe-
hörde. Holzer muß zugeben, daß zwei wirklich zuviel sind und plädiert
genauso wie ich, man möge die Grazer schön langsam auslaufen lassen.
Bezüglich des Rohstofforschungskonzeptes und deren Abwicklung meint Hol-
zer, es wäre zweckmäßig, wenn nicht zu viele Einzelprojekte anzugeben,
sondern sich auf Schwerpunkte zu konzentrieren. Ich vereinbare mit ihm,
daß, wenn MR Sterk von der DB vom Urlaub zurückkommt, dieser mit Holzer
und dem Kohlemann Fettweis von Montanuniversität Leoben und mir eine
solche Konzeption besprechen wird.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte Termin vereinbaren.
Holzer ersucht mich, ihn zu unterstützen, daß jetzt die Montanuniversität
Leoben ausgebaut werden muß. Derzeit hat er 1700 Hörer, während es vor
etlichen Jahren noch eine ständige Abnahme gegeben hat, kann er jetzt er-
freulicherweise feststellen, daß sich viele Maturanten dieser Studien-
richtung zuwenden. Da gerade für die naturwissenschaftlichen Fächer Be-
rufsmöglichkeiten in Inland, aber vor allem auch im Ausland bestehen,
unterstütze ich seit eh und je diese Bestrebungen. Zum Unterschied von
den Soziologen, Politologen, Zeitungswissenschaftlern, Theaterwissen-
schaftlern usw., die kaum eine Berufschance haben, sind die Naturwissen-
schaftler, sei es von den techn. Universitäten oder eben von der monta-
nistischen sehr gefragt. Ich erkläre Holzer, daß, wenn dies im Minister-
rat zu Sprache kommen würde, ich sofort unterstütze. Allerdings versuche
ich es ihm klar zu machen, daß solche Detailprobleme immer der Ressort-
chef selbst erledigt, die Bautenverbesserung in Leoben wird also Firn-
berg mit dem Bautenminister und dem Finanzminister im kurzen Wege bespre-
chen und wie ich hoffe, auch positiv erledigen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nächsten Ministerrat erinnern.
GD DI Heidrich von der NÖM hat große Angst, daß die Ankündigung des Sozi-
alministers Dallinger eines Überstundenverbotes jetzt kommen könnte und
er dann bezüglich des Vertriebes der Milch mit seinen Toureneinteilungen
Schwierigkeiten haben würde. Ja sogar fast unlösbar ist. Ich beruhige
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ihn sofort, daß so etwas nicht einmal, wie der neue blöde Ausdruck sagt,
andiskutiert wurde. Sollte es durch die schlechte Arbeitsmarktlage be-
dingt zu einer Überstundenregelung kommen, dann bin ich überzeugt, wird
auf Sozialpartnerebene noch viel darüber zu diskutieren sein und keines-
falls ein generelles Verbot kommen, sondern natürlich entsprechende Aus-
nahmen vorgesehen sein müssen.
Ich diskutiere dann mit Heidrich und dem MR Gröger die Frage der Milch-
flaschen, also des Verteilungs- und Recyclingproblemes. Seinerzeit ha-
ben die Molkereien durch 8 Jahre hindurch sowohl Flaschenmilch als auch
verlorene Packung, insbesondere Tetrapak, gleichzeitig in dem Milchge-
schäften angeboten. Obwohl die Flaschenmilch um 20 g/l billiger war, ist
sie dann letzten Endes nur mehr mit 10 % Anteil verkauft worden. Dies
war dann der Grund, was alle Molkereien auf die verlorene Packung umge-
stiegen sind. In Deutschland hat man jetzt versucht, mit Unterstützung
der dt. Bundesregierung in Köln die Flaschenmilch wieder einzuführen,
das Experiment kann als gescheitert betrachtet werden, tatsächlich sind
nur 6 Flaschen täglich pro Milchgeschäft abgesetzt worden. Die Hausfrau
greift eben auf die für sie transportmäßig und gewichtsmäßig günstige
verlorene Verpackung. Heidrich ist aber mit mir einer Meinung, daß wir
uns mehr anstrengen sollten, um die österr. Papiere für die verlorene
Packung ausschließlich zu verwenden. Derzeit wird nur, weil unsere Zell-
stoffrecyclingpapiere leicht grau sind, für die Kakaoverpackung dieser
österr. Zellstoff verwendet. Gerade auf diesem Pappeproduktionsgebiet
kann nämlich Altpapier recycelt gut verwendet werden. Heidrich bestätigt
mir, daß es ohne weiteres möglich wäre, wenn der Milchwirtschaftsfonds
oder das Handelsministerium so etwas anordnet, daß natürlich die gan-
zen anderen Milche und Milchprodukte ebenfalls in dieser Packung ver-
kauft werden könnten. Der Konsument muß nur aufgeklärt werden, daß außer
dem Pappkarton, der ja mit der Milch gar nicht in Berührung kommt, die-
selbe hygienische Folie auf den scheinbar optisch schmutzigeren Karton
aufgetragen wird. Immerhin importieren wir jetzt für ca. 800 Mio. S noch
immer diesen Verpackungskarton. MR Gröger und Heidrich besprechen die
weitere Taktik und wie man dies im Milchwirtschaftsfonds durchsetzen
könnte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Gröger soll darüber berichten.
Der BRO der VEW Judenburg, Squarza, kommt für mich überraschend mit
einem Unternehmer Steiner, der jetzt ein aufgelassenes Molkereigelän-
de um 350.000,-- gekauft hat und für die Investitionen, die höchstens
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500.000,-- S noch ausmachen werden, dringendst einen Kredit braucht. Ich
erkläre ihm sofort, daß dafür entweder der Bürges-Stammaktion- oder Ge-
werbestrukturverbesserungskredit gegeben werden kann. Überrascht bin ich,
daß die Unternehmer trotz unserer Aufklärungskampagne dies noch immer
nicht im Detail wissen. MR Rameder übernimmt sofort die notwendigen
Vorbereitungsarbeiten und telefoniert dann auch mit der zuständigen
Raiffeisenkasse. Squarza entschuldigt sich förmlich, weil er meint, er
käme mit dem Unternehmervertreter als GR von Judenburg und nicht als BRO
der VEW, wo er sich ja sehr für seine Kollegen einsetzt und als Enfant
terrible zumindestens in der Vergangenheit gegolten hat.
Dir. Höfinger ist jetzt neuer Vorstandsdirektor in der Zentralsparkasse.
Bis jetzt hat er die Auslandsgeschäfte abgewickelt. Er ersucht mich des-
halb, ich sollte den Repräsentanten der Bank of Tokyo, Vak, Toshiba mit
ihm empfangen, Toshiba will ja eine Jeepfabrik gegebenenfalls in Öster-
reich errichten, wenn die Zollformalitäten für sie günstig erledigt
werden können. Ich sage sofort zu, denn das Handelsministerium ist an
einer solchen Aussprache und insbesondere an diesem Projekt sehr inter-
essiert.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte auch MR Gröger zu den Termin laden.
Die Zentralsparkasse hätte großes Interesse, vom österr. Verkehrsbüro
den 25 %-igen Anteil der Hoteltreuhand zu erwerben. Derzeit ist nämlich
nur die CA und die Genossenschaftliche Zentralbank dort verankert um
diese 25 % kämpfen allerdings auch andere, darunter die Girozentrale.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte für Minister Salcher nächsten MR mitgeben.
Sts. Albrecht hat den Stadtrat Veleta mit seinen Leuten und den Verein
für Konsumenteninformation, aber auch SC Jagoda und den Gewerberechts-
leiter der Gemeinde Wien zu einer Aussprache wegen Abholdienst für chem.
Produkte im Haushalt gebeten. Albrecht ist vorgeschwebt, man sollte nicht
zuletzt vor den Wahlen, um auch den Grünen hier zu dokumentieren, daß
das Handelsministerium sich um diese Probleme auch annimmt, eine zusätz-
liche Sammelaktion zu starten. Stadtrat Veleta hatte nämlich mit Recht
darauf verwiesen, daß jetzt bereits in den Häusern Anschläge vorhanden
sind, wo der Haushalt diesen Sondermüll abgeben kann. Abgesehen davon,
daß dies niemand liest, wird glaube ich auch davon sehr wenig Gebrauch
gemacht. Was irgendwie und wenn irgendwie geht wird ganz einfach in die
Koloniakübel geworfen. Dies führt allerdings dazu, daß der sperrige Müll,
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bis ganze Sesseln werden reingepfercht und in der Aufbereitung bei der
neuen Müllverarbeitung Rinter zu großen Problemen führt. Für Chemikalien
und insbesondere Medikamente, nehmen jetzt die Apotheken ja alle Alt-
bestände ohne weiteres zurück und vernichten sie entsprechend. Eine ähn-
liche Regelung sollte jetzt für den Drogeriefachhandel geschaffen werden.
Veleta erklärt allerdings sofort, hier muß er zuerst mit der MA 48 sich
ein klares Bild verschaffen, wie dann dieser eventuell vom Fachhandel
gesammelte Sondermüll abtransportiert wird und was dann die MA damit
macht. Vor allem muß natürlich verhindert werden, daß eine eventuelle
gewerbliche Entsorgung, die ja jetzt in den Betriebsgenehmigungen vor-
geschrieben sind, dann auf Gemeindekosten über diese allgemeine Sammel-
stellen laufen. Ideal wäre es, wenn es gelänge, eine ähnlich der Alt-
batteriesammlung mit der ÖPG aufzuziehen. Die Schwierigkeit liegt nur
meiner Meinung darin, daß Altbatterien leicht zu definieren sind und
die Industrie, die dieses Recycling jetzt gewünscht hat und durchführt
gewisse Einnahmequellen aus der Rückgewinnung von Cadmium und sonstigen
wertvollen Bestandteilen sieht. Dies trifft bei den im Haushalt befind-
lichen Lacken und sonstigen chem. Rohstoffen und Putzmitteln nicht zu.
Albrecht ist ein wenig enttäuscht, daß die Gemeinde so vorsichtig ans
Werk geht und nicht sofort größere Aktionen gestartet hat. Ich selbst
kann dies einigermaßen verstehen, denn durch diese Aktion, die ja mehr
oder minder kostenlos sein muß, wird eine weitere zusätzliche große finan-
zielle Belastung erwartet.
Sondermüll gewerblich heute entsorgt, kostet bei der EBS, Entsorgungsbe-
triebe Simmering, 340,-- S/kg. In Wirklichkeit müßte dieses Problem gar
nicht im Handelsministerium und mit dem Handelsministerium besprochen
werden, sondern mit dem Gesundheitsministerium. Dort überlegt man sich
schon längere zeit, wie eine österreichweite Lösung der Deponien und
dieses speziell das Grundwasser schädigende Abfallproblem gelöst werden
kann. SC Jagoda bemerkt allerdings zu recht, es wäre eine schrittweise
Chance zu einem Ergebnis zu kommen, wenn man einen Modellfall Wien fin-
den könnte. Die Gewerbebehörde und insbesondere das Handelsministerium
als Gewerbesektion wird dabei tatkräftigst mitwirken. Ohne allerdings in
eine Hysterie zu verfallen.
Beim Empfang des Bgm. Gratz über die UNO-Weltversammlung über die Prob-
leme des Alterns erlebe ich zum 1. Mal, daß beim Honoratiorentisch nach
10 Uhr dann niemand mehr sitzt. Firnberg und auch der Präsident dieser
Konferenz, ein Malteser Landwirt, mit dem ich mich über die Agrarprobleme
sehr gut unterhalten habe, muß zu einer Nachtsitzung.
Mit Bgm. Gratz spreche ich anerkennend, daß er als einziger in der Dis-
kussion um Broda erklärt hat, man soll jetzt endlich aufhören, über ihn
zu sprechen, sondern mit ihm über eine etwaige Ausnahmegenehmigung für
eine weitere Kandidatur, respektive Regierungsbeteiligung. Gratz meinte
mir freimütig gegenüber, er wollte nur den Ball von sich wieder wegbrin-
gen, den ihm ja BK Kreisky, der meinte, die Wiener müßten dies entscheiden,
respektive die Massenmedien zugespielt haben. Ich finde überhaupt, daß
diese Diskussion wirklich eine Art Sauregurkenzeit-Diskussion Jahr für
Jahr immer wiederkommt.
Ich informiere auch Sozialminister Dallinger über die Ängste der Unter-
nehmer bezüglich weiterer sozialpolitischer Maßnahmen wie z.B. Überstun-
denverbot. Dallinger bestätigt mir, daß gar nicht die Absicht besteht,
dies alles abrupt einzuführen. Er verweist aber doch mit Recht darauf,
daß in vielen europ. Staaten jetzt Maßnahmen gesetzt werden, die er in
den letzten Monaten zur Diskussion gestellt hat. Früher oder später, ist
er überzeugt, muß dasselbe auch in Österreich eingeführt werden. Z.B. be-
absichtigt er nicht mehr die Arbeitslosenversicherungsbeiträge ausschließ-
lich für die Arbeiter und Angestellten zu erhöhen, sondern auch, wie dies
jetzt in anderen europ. Staaten geschieht, die Beamten sozusagen mit ein-
zubeziehen. Ihr Privileg unkündbar zu sein muß eben als Solidarität für
die, die gekündigt werden können, ein gewisses Opfer wert sein.
Ich informiere Dallinger über die derzeitig eigentlich nicht durchgeführ-
ten Verhandlungen bezüglich der beiden in Österreich in Konkurs befindlich
Bauknecht-Fabriken. Der dt. Ausgleichsverwalter kooperiert nicht mit den
österreichischen. Deutschland, und dafür habe ich gewisses Verständnis,
möchte für Bauknecht Deutschland die Probleme einigermaßen lösen können.
Die österr. Unternehmer interessieren ihn höchstens am Rande. Dallinger
ist auch der Ansicht, daß ein Konkurs der österr. Fabriken nicht zu ver-
hindern sein wird, wahrscheinlich sollte man so schnell als möglich zu
einer spezifisch österr. Lösung kommen.
ANMERKUNG FÜR SC MARSCH UND HAFFNER: Bitte mit den Sozialministeriumsver-
tretern diese Taktik besprechen.
Tagesprogramm, 4.8.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)