Dienstag, der 3. August 1982

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Dienstag, 3. August 1982

Generalsekretär Effenberger vom ARBÖ hat, wie könnte es bei ihm anders
sein, wieder etliche Ideen. Wanderkarten von Österreich, Auflage 350.000,
wie er dem Ministerium mitteilte, tatsächlich sind es aber 325.000 Stück,
wird er jetzt mit einer Aktion ARBÖ für wanderbares Österreich verbinden.
Zu diesem Zweck hat er die Plakatwand, Wanderhut, -rock, Rucksack, ...,
Fernglas, Schuhe aufgebaut und ersucht mich, daß ich wie er sagt als
bestes Fotomodell mitmache. Die beiden Wanderkartenbücher, eines für
West- und eines für Ostösterreich möchte er auch für eine große Werbe-
aktion einsetzen. Seine Funktionäre, die 20 Mitglieder werben, haupt-
amtliche 40, bekommen außerdem zur Belohnung eine Uhr.

Semperit hat jetzt von Heilmasseur Dungl Fußmatten hergestellt, auf die
man frühmorgens beim Rasieren oder beim Zähneputzen im Bad drauftreten
soll, um den Kreislauf anzuregen und vor allem die Verformung der
Füße durch ewiges Sitzen und Fahren zu verhindern. Früher, und ich kann
mich noch sehr gut erinnern, ist man in der Jugend barfuß oder wie wir
Wiener besser sagen, bloßfüßig über die spitzesten Steine gelaufen und
hat so eine künstliche Betätigung nicht notwendig gehabt. Semperit ver-
kauft diese Matte um S 175,--. Derzeit wird sie bei Apotheken abgegeben
und kostet S 500,--. Effenberger möchte nun eine große Aktion verbilligt,
allerdings meiner Meinung nach noch immer zu teuer, zwischen 300 und
400,-- S starten.

ANMERKUNG FÜR VECSEI: Wie kann eine solche Aktion preiswerter und besser
gestartet werden?

Das wirkliche Problem ist aber die Abgasregelung ECE 1504, die am ersten
Oktober in Österreich in Kraft treten sollte. Wenn diese neue Vorschrift
kommt, könnten die meisten Autotypen in Österreich nicht mehr zugelassen
werden. In der BRD beabsichtigt deshalb Minister Hauff auf den 1. April 1983
den Inkraftsetzens-Tag der Vorschrift zu verschieben. Angeblich will nur
die Schweiz diese Europavorschrift rigoros handhaben. Effenberger macht
mich auf diese kritische Situation aufmerksam und erwartet, daß das
Handelsministerium nicht zuletzt durch die guten Beziehungen zur Auto-
industrie einen vernünftigen Vorschlag vertreten wird. Kompetenzmäßig
zuständig ist aber das Verkehrsministerium. Ich erkläre sofort, mich mit
Minister Lausecker, wenn er vom Urlaub zurückkommt, in Verbindung zu
setzen.

ANMERKUNG FÜR Großendorfer: Was wissen unsere Abteilungen davon?



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In der BAWAG stelle ich bei einer Aussprache mit Dir. Tröthann fest, daß
er fest davon überzeugt ist, daß angebliche Anbote eines Wr. Kreditinsti-
tutes für 500.000,-- S, 10 3/4 % Zinsen zu bezahlen, wie in Vorarlberg
mir gegenüber behauptet wurde, nicht stimmen kann. Derzeit liegen alle
Habenzinsen unter 10 % oder höchstens bei 10 %, wenn es sich um Angebote
über 10 % handelt, kann es sich höchstens um Kombinationen für Steuerzwek-
ke handeln. Jemand wünscht einen höherzinsigen Kredit, sei es aus Steuer-
oder Kalkulationsgründen, gibt dafür genau dieselbe Menge als Deckung
und erhält dann natürlich auch einen wesentlich höheren Habenzins als es
sonst üblich ist. Da die Kreditinstiutute derzeit sehr liquid sind, die
Sparraten sind sehr günstig und die Nachfrage nach Krediten sehr gering,
kann eine über 10 %-ige Verzinsung von keinem Institut geboten werden.

Die BAWAG hat seinerzeit, als ich noch in den diversen Agrarfonds war,
einen eigenen Mann, Jäkl eingesetzt, um auch dort zumindestens bescheide-
ne Kreditgeschäfte tätigen zu können. Da diese Fonds ja drittelparitä-
tisch besetzt sind, steht die BAWAG auf dem Standpunkt, für die Konsumen-
tenseite könnte sie als Konsumentenbank sogar 1/3 erwarten. Sie war und ist
aber mit wesentlich kleineren Anteilen auch zufrieden. Jetzt aber in der
letzten Zeit hat sie dort systematisch an Boden verloren. Ich erkläre
mich bereit, mit den Konsumentenvertreter AK und ÖGB über dieses Problem
zu sprechen.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte bei der nächsten Aussprache mit AK erinnern.

Beim Stadtrat Veleta fand eine Aussprache mit Finanzstadtrat Mayr, dem GD
der Holding Machtl, dem Präsidenten des Wr. Stadtschulrates Matzenauer,
dem AK-Dir. Scheer, wenn man so will alles die sozialistische Seite, und
dem GR Mayr von der ÖVP und HK-Vertreter sowie dem Dir. Blohberger von
der FV-Schule Modul wegen der Hotelfachschulidee auf dem Kahlenberg
statt. Die Holding hat die Firma Edlinger ein Gutachten erstellen lassen,
an dem auch der FV-Lehrer der Ischler Schule Steindl mitgewirkt hat.
Diese schlagen nun vor, man könnte eine internationale Hotelfachschule,
3 Jahrgänge, 2 1. Jahrgänge, je 25 Schüler, insgesamt also ca. 110 Schüler,
dort errichten, die Investitionen wären 46 Mio. S, der Restaurantbetrieb
von 400 Sitzen müßte auf 60 Sitze reduziert werden, das Hotel also größ-
tenteils auch mit diesen Internatsschülern gefüllt. Die Schulkosten wären
120.000,-- S pro Schüler. Ich meldete mich sofort zu Wort, um meine Be-
denken gegen eine nur internationale Hotelschule am Kahlenberg zu depo-
nieren. Wenn es sich um eine Schule ähnlich der in Modul oder in Siezen-
heim, Salzburg, handelt, mit entsprechender größerer Beschickung von Aus-
ländern, kann man nicht damit rechnen, daß diese 120.000,--/Schüler zahlen.



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Wenn es sich um eine Topmanagementschule handelt, wie dies z.B. in Frank-
reich Cornele oder in der Schweiz in Lausanne geschieht, dann dürfte man
nicht damit rechnen, daß diese Exklusivschule zu irgendwelchen Massenver-
anstaltungen wie Samstag oder Sonntag bei Schönwetter am Kahlenberg her-
angezogen werden können.

Blohberger hat dann die Konzeption von Modul erörtert. Dort wurde von
190 Schülern in der Metternichgasse, die Schüleranzahl jetzt in Modul
auf 460 erhöht. Die Schulgebühren sind aber 12.000,-- S/Schüler, also ein
Zehntel. Derzeit sind 15 Ausländer dort. Die Ausländer erwarten stets,
wenn sie von unterentwickelten Ländern kommen, daß die Schulgebühren
ihnen erlassen werden, respektive die Entwicklungshilfe im Bundeskanzler-
amt mitbezahlt. Derzeit unterrichten in Modul 46 Lehrer, davon 10 Gast-
lehrer, die über Recht und sonstige nicht Hauptgegenstände sozusagen
aushelfen. Der Unterricht kostet 27 Mio. S/Jahr. Die Einnahmen sind ca.
7 Mio., so daß 20 Mio. S Defizit entsteht. Dazu kommt noch, daß auch das
Hotel, welches man wegen der Schule schon dringend braucht, 3 bis 4 Mio.
Defizit/Jahr hat. Das ganze ist alles ohne Abschreibungen und Zinsen ge-
rechnet, denn die HK Wien hat eben diese modernste FV-Schule errichtet
und so wie ich und Scheer dann erklärte, auch die AK ihren Abendschulen
sofort auf eine Abschreibung und Verzinsung verzichten muß, ansonsten
hätte sich das Defizit für diese Unterrichtstätigkeit noch wesentlich er-
höht. Blohberger erklärte sich auf dringendes Befragen der Stadträte
gegebenenfalls bereit, eine Kooperation mit den Modul zu machen, wobei
der Kahlenberg eine Art Expositur der Schule wäre. Nach wirklich längerer
und gründlicher Diskussion stellte sich dann allerdings heraus, daß die
FV-Schule am Kahlenberg nicht das ideale ist, sondern ganz im Gegenteil
ein laufendes Defizit für die Gemeinde Wien auf alle Fälle bringen wür-
de. Zweckmäßiger erscheint es deshalb ein Vorschlag des Oberlaaer Dir.
Auer, ehemaliger Stadtgartendirektor, der Kahlenberg zum großzügigen
Freizeitzentrum ausbauen möchte. Ihm ist es gelungen, den Pfarrer der
Kahlenberger Kirche zu überzeugen, daß er doch jetzt bereit wäre, in Zu-
kunft Hochzeiten, d.h. Trauungen durchzuführen. Darüber hinaus möchte er
dort eine gute Konditorei machen, wie dies auch im Oberlaaer Schwefelbad
ist, die sehr gut und gewinnträchtig geführt werden kann. Freizeitein-
richtungen wie Beauty Farm, Sommerrodeln usw. sollen die Wiener am Kahlen-
berg locken und dort gleichzeitig ein Erholungszentrum vorfinden. Für
diese ganzen Aktivitäten seien allerdings 90 Mio. S notwendig. Die wich-
tigste Erklärung aber hat Blohberger abgegeben, der ja meinte, er könne
Leute zur Verfügung stellen, wenn am Samstag und Sonntag schönes Wetter
herrscht und daher dort ein riesiger Stoßbedarf wäre. Blohberger
hat dieses Angebot nicht zuletzt deshalb gemacht, weil, wie ich ihm nach


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sofort am Kopf zusagte, er ja doch in Wirklichkeit ein Interesse hat,
daß keine 2. FV-Schule in Wien errichtet wird. Noch immer kann er zwar
gute Schüler, die bei ihm unterkommen wollen, ablehnen und Matzenauer
erklärt, er muß sie dann in irgendwelche Frauenhaushaltsschulen nehmen,
sog. Kochlöffeluniversitäten, wo sie eigentlich keine spezifische Fach-
ausbildung bekommen. Blohberger ist aber fest davon überzeugt, daß ein
Sprung von 190 Schülern in der Metternichgasse auf jetzt 460 Schüler auch
für Wien ausgereicht hat und nicht eine weitere Schule notwendig ist. Ich
habe daher letzten Endes dann vorgeschlagen, daß das Handelsministerium
ja bereit wäre, Investitionskredite über die ERP-Fonds wahrscheinlich
auf ERP-Ersatzaktion zu geben, konkretes Projekt soll zwischen Dir. Auer
und Blohberger ausgearbeitet werden. Dies wurde von allen Beteiligten
als der zweckmäßigste Weg angesehen.

Ich habe Dir. Auer sofort davon verständigt, der meinte, am Kahlenberg
eine FV-Schule zu errichten, sei der größte Unsinn. Der Kahlenberg mit
seiner Tradition, mit seinem natürlich vom Wetter abhängigen ungeheuren
Andrang der Wiener müsse anders gestaltet werden.

ANMERKUNG FÜR SC JAGODA UND HAFFNER: Bitte bei diesen Projekten mitwirken
und mir dann laufend berichten.

Überrascht war ich, daß der GD der Holding Machtl sofort erklärte, er
könnte das sonst immer defizitäre Restaurant und Hotelbetrieb sofort
aktiv gestalten, wenn er wie EKAZENT auch wollte, Appartements dort
machen könnte. Dies wird natürlich aus ideologischen Gründen von der Ge-
meinde und ganz besonders von der Bezirksorganisation der SPÖ abgelehnt.
Letzten Endes hat aber Mayr und Veleta Machtl erklärt, er müßte eben
eigentumsgleichgestaltende Vorschläge erarbeiten. Auch hier zeigte sich
für mich einmal drastisch, daß ideologische Vorurteile zwar nicht im
Prinzip abgebaut werden können, aber doch in der Praxis dann Maßnahmen
dann notwendig erscheinen, die man, wenn man sie beim Namen nennt, sicher-
lich nicht durchsetzen kann.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Was sagst Du zu diesem Problem?

Präs. Leberl vom Patentamt hat, wie Vizepräsident Fichte bei der Anspra-
che sagte, eine kleine bescheidene 60-Jahre-Geburtstagsfeier. In den
Repräsentationsräumen des Patentamtes eingeladen. Fichte hat in seiner
Laudatio mit recht darauf verwiesen, daß in den 8 Jahren Präsidentschaft
Leberl das Patentamt zu einer internationalen Institution ausgebaut und
umorganisiert wurde. Im Rahmen der WIPO, der intern. Organisation zum


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Schutz des geistigen Eigentums in Namen des EPÜ, des europ. Patentüberein-
kommens, im Zuge des EDV-Ausbaus hat Leberl beträchtlich das Patentamt
in diese neue Zeit geführt. Ich habe dann doch auch darauf verwiesen,
daß Leberl, dessen Bestellung gar nicht so unumstritten war, sich in je-
der Beziehung durchgesetzt hat und heute unumstritten anerkannt ist.
Jetzt obliegt nur noch das Problem der INPADOC einer zielführenden und
zweckmäßigen Lösung zuzuführen. Frau Sts. Albrecht, die mit einem riesi-
gen Rosenstrauß gekommen ist, gratulierte ihm herzlichst. Leberl war so
erschüttert über die große Teilnahme, ich glaube es waren alle Bediens-
teten, die nicht auf Urlaub waren, erschienen, schließlich war es ja auch
in der Arbeitszeit, daß er seine Dankesrede dann tränenerstickt vorzei-
tig beenden mußte. Am meisten beeindruckt hat mich und sicherlich auch
Albrecht, daß das Quartett aus Mitgliedern des Patentamtes zur musikali-
schen Umrahmung Mozart spielten. Das wirklich jetzt schön hergerichtete
Palais, die große und feierliche Geburtstagsfeier war für mich überra-
schend.

ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Sollten wir dies nicht auch gelegentlich be-
nützen.

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Tagesprogramm, 3.8.1982

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Stadtgartendirektor Wien


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: gf. Präs. Wr. Stadtschulrat


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Masseur


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: MR HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Wr. Wirtschafts- u. Finanzstadtrat


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: techn. Vizepräs. Patentamt


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Sts. HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Pressesprecher Staribachers


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Leiter Hotelfachschule Wien 3


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Verkehrsminister


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                          GND ID: 102318379X


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: GD einer Holding


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Präs. Patentamt


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Leiter Wertpapierabt. BAWAG


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: ARBÖ-Bundessekretär


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Kammeramtsdir. AK Wien


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Komponist


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Wr. Stadtrat, SPÖ


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Stat. Zentralamt, ab 1981 Büro JS


                                          Einträge mit Erwähnung: