Montag, 2. August 1982
Stadtrat Veleta erkundigt sich bei mir, ob das Handelsministerium eine
Subvention für eine internationale Hotelfachschule am Kahlenberg geben
könnte. Veleta hat die schwierige Aufgabe, fast würde ich sagen daneben
gegangene Projekte wie Rinter-Müllverwertung, Entsorgungsbetriebe Simme-
ring, Giftabfallbeseitigung, Bellevue-Ausflugsrestaurant und vor allem mal
Kahlenberghotel-Restaurantbetrieb zu versuchen, einigermaßen zu sanieren.
Die Stadt Wien versucht dieses Projekt mit der Wr. HK, Ing. Dittrich, durch-
zuziehen. Die Wiener HK hat in Modul die FV-Schule und Hotel bestens kom-
biniert. Eine soche Ausbildungsstätte. Der Präsident der Wr. Kammer,
Ing. Dittrich ist mit der neuen Lösung für den Kahlenberg einverstanden.
Das Handelsministerium kann max. für diese Schule einen ERP-Kredit geben,
keinesfalls aber laufende Subventionen übernehmen. Schulsubventionen
könnten überhaupt nur vom Unterrichtsministerium gegeben werden, dieses
lehnt aber eine solche Unterstützung ab. Zum Glück ist jetzt die Saure-
gurkenzeit, weshalb ich Veleta sofort zusagen kann, an der morgigen offi-
ziellen großen Aussprache persönlich teilzunehmen.
Die Entsorgungsbetriebe Simmering, die jetzt von der Privatgesellschaft
die sie gegründet hat und mit einem guten Vertrag mit der Gemeinde Wien
gehofft hat, Millionen scheffeln zu können, jetzt aber finanziell pleite
gemacht hat, ist in die Wiener Holding eingegliedert worden. Ing. Hübl,
der Geschäftsführer, der seinerzeit auch diese EBS als Spiritus Rector ge-
gründet hat, steht im Verdacht von der franz. Errichtungsfirma Inor Be-
stechungsgelder in Millionenhöhe genommen zu haben. Veleta sagt mit Recht,
man muß dies jetzt genau prüfen, denn die franz. Errichtungsfirma Inor
muß jetzt für das Nicht-Funktionieren haften und Hübl als der Geschäfts-
führer hat entsprechende große finanzielle Leistungen von dieser Firma
verlangt.
In der Rinter-Müllverwertung gibt es nach wie vor, nicht zuletzt durch
den immer größeren Anteil von Sperrmüll große Verarbeitungsschwierigkeiten.
Die Idee der Baustoffverwertung in der Schweiz ist längst aufgegeben.
Dieses System hätte meiner Meinung nach nie funktionieren können, weil der
Transportweg des komprimierten Mülls von Wien bis in die Schweiz viel zu
teuer ist. Jetzt beabsichtigt man den Müll zu Brennstoff umzuarbeiten.
Da die Fa. Andritz seinerzeit für dieses Müllverwertungsanlage ein ent-
sprechendes Offert gelegt hat, dann auch an die Fa. Rinter AG entsprechen-
de Teillieferungen von Maschinen durchgeführt hat, erkläre ich mich sofort
bereit, wenn Veleta dies bei einem späteren Zeitpunkt wünscht, mit GD
Scheriau von der Andritzer entsprechende Gespräche zu führen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte vormerken, wenn ich Scheriau einmal zufällig
treffe.
ZBO Nischkauer von der Verbundgesellschaft und der Arbeiterbetriebsrat
Kindl, der gleichzeitig auch Kassier ist, hätten die Idee, man sollte die
Aufsichtsratsentschädigung, die die Arbeitnehmer nicht bekommen, dem ZBO für
Schulungstätigkeiten usw. überweisen. GD Fremuth steht dieser Idee prin-
zipiell positiv gegenüber. Eine Aussprache mit den beiden und Dr. Zluwa
von der Energiesektion hat ergeben, daß wir dieses Problem doch einiger-
maßen prüfen müssen. Angeblich hat die Linzer Elektrizitätsunternehmen,
ESG, trotz der gesetzlichen Bestimmung dem Obmann des Betriebsrates 2/3,
dem Stellvertreter die Hälfte und den anderen Arbeiterdelegierten im Auf-
sichtsrat 1/3 der Entschädigung gegeben. Diese Lösung lehnt die Verbundge-
sellschaftsvertretung ganz entschieden ab. Die Arbeiter und Angestellten
wünschen dagegen eine größere Dotation ihres Betriebsratsfonds. Aus der
10 %-igen Zentralbetriebsratsumlage bekommen sie nur 71.000,-- S. Von der
Verbundgesellschaft haben sie 1980 S 420.000,-- bekommen, für 1981 waren
es S 530.000,--, weil eine Betriebsratswahl ebenfalls damit finanziert
werden mußte. Aus diesem Geld werden die Weihnachtsfeiern aber auch die
Reisekosten der Betriebsräte bezahlt. Eine Schulung in Kaprun kostet allein
75.000,-- S. Jetzt seien sie noch 60.000,-- S dafür der Verbundgesellschaft
für Quartier usw. schuldig. Ich erkläre sofort dezidiert, diese Lösung
würde auf die andere verstaatlichte Industrie eine entsprechende Auswir-
kung haben, weshalb ich um Verständnis bitte, daß ich dies mit dem Gene-
raldirektor Grünwald von der ÖIAG besprechen muß.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Grünwald verbinden.
Beim Journalistenfrühstück berichtet Liebl über die Vorsaison, die, wenn
er Mai und Juni zusammenzieht, auf der Höhe des Vorjahres bleibt und kei-
nerlei Zuwachs und keinen Verlust hat. Die Inländer haben um 0,5 % zuge-
nommen, die Ausländer um 0,2 abgenommen. Da der Vorsaisonanteil nur
20 % beträgt, so wird die endgültige Sommerentwicklung ganz von der Haupt-
saison, aber dann auch insbesondere von der Nachsaison abhängen, die in
immer stärkeren Ausmaß an Bedeutung gewinnt. Auf alle Fälle läßt sich
aber eine wesentliche Änderung feststellen, die Ankünfte haben um 9 % im
Mai zugenommen, die Übernachtungen aber nur um 5 %. Der Juni war überhaupt
sehr schlecht und hat überhaupt nur negative Ergebnisse gebracht. Die
formelle Ausrede von Liebl, daß er Mai und Juni zusammengezogen hat, weil
Mai diesmal auch die Pfingstferien daruntergefallen sind, ist für mich
nicht stichhaltig. Hätte ich früher gewußt, was eine solche mehr oder min-
der unglückliche Tarnung für das schlechte Juniergebnis damit kaschiert
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werden soll, indem man den Mai zusammenrechnet, hätte ich dies nicht
goutiert.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte das nächste Mal ganz normale Berichte, auch
wenn sie noch so negativ sind, vorbereiten.
Vom Stat. Zentralamt erschienen drei, um über die Umsatzmeßzahlen für das
Beherbergungs- und Gaststättenwesen, die seit 1978 zur Verfügung stehen,
zu berichten. An und für sich stört es mich gar nicht, wenn da ja immer
weniger Journalisten kommen, das Zimmer wenigstens durch fremde Beamte
und nicht nur die Hauseigenen voll ist. Gebraucht wurde allerdings nur
die Frau RR Weber, die über die Ziffern und Ergebnisse berichtete, die
andren haben keinen einzigen Muckser getan.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Wir sollten versuchen, mehr Journalisten und
weniger Beamte in das Pressefrühstück zu bringen.
Die Umsatzmeßzahlen ergaben von 78 auf 81 eine nominelle 33 %-ige Steige-
rung. Real, wenn man die Preisentwicklung abrechnet, sind es immerhin
noch 14 %. Allerdings deutlich fallende Tendenz. 1979 real 5,4, 1980 4,9,
1981 3,4. Das erfreuliche bei dieser Statistik ist, daß es nicht wieder
bei den Gaststätten eine Primärerhebung, sondern die Ergebnisse aus der
Umsatzsteuervoranmeldung herausgerechnet werden. Da auch bei den Gaststätten
natürlich die S 40.000,-- Freigrenze gilt und nicht nur bei den Privat-
quartieren, wo bei den Übernachtungsziffern eben geschwindelt wird, um
diese S 40.000,-- nicht zu überschreiten, wird von RR Weber mitgeteilt,
daß diese Umsätze für diese Kategorien, also Kleinstgasthäuser im Gesamt-
umsatzbild vollkommen uninteressant sind und nicht einmal 1 % des Um-
satzes ausmachen.
Von der Fa. Basis Research berichtet Dr. Andexer über Urlaubsmotivation
der Über-60-jährigen. Sehr zum Unterschied, was man eher früher geglaubt
hat, diese Senioren wünschen eine besondere Urlaubsbetreuung, stellt sich
heraus, daß sie in Wirklichkeit nur Kontakt- und Verwöhnungsbedürfnisse
haben. Raus aus der Isolation, keine Anstrengung bezüglich ihrer organi-
satorischen Abwicklung des Urlaubes oder auch ihrer körperlichen Tätig-
keit, 82 % sind fürs Spazierengehen und vor allem aber auch für Verwöhnen.
Der Urlaub für die Über-60-jährigen ist aufgrund des Mikrozensuses ein-
deutig immer stark im zunehmen. Waren es 1972 noch 30 %, so sind es 81
bereits 41 %, die auf Urlaub gehen. Auch der Gesamtanteil der Über-60-jähri-
gen ist von 5,1 % auf 10,9 % aller Urlauber gestiegen .
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wer hat alle diese Auswertungen bekommen und wer
hat sie bezahlt?
Dem Handelsministerium, AR Müller, Preisabteilung, ist es geglückt, eine
Musterpreisauszeichnung für Friseure mit der Bundesinnung zu vereinbaren,
KR Melkus, der Innungsmeister hat darüber stolz berichtet. Für Damen, aber
auch Herren gibt es jetzt 7 Positionen, wo die Preise eindeutig ausgezeich-
net werden können und auch dann einen entsprechenden Preisvergleich den
Laien ermöglichen. Dies ist deshalb gar nicht so einfach, weil bei Damen
Friseure z.B. insgesamt 26 Dauerwellmethoden heute angewandt und teil-
weise natürlich verschiedenartigst angeboten werden.
Im Pressefrühstück gab es dann eine außerhalb der Tagesordnung abgewickel-
te Diskussion, insbesondere über meine Erklärungen in Vorarlberg. Dort
wurde gemeldet, daß ich nicht amtsmüde bin, für die nächste Legislatur-
periode als Handelsminister zur Verfügung stehe, vorausgesetzt natürlich,
der Bundeskanzler und die Partei wünschen dies, und begründet war dies mit
meinen Erfolgen im FV. Die APA, Red. Hahn, fragte natürlich sofort an, wie
mit den Energieversorgungserfolgen steht. Insbesondere was ein länger-
fristiges Energiekonzept betrifft. Hier konnte ich zu recht verweisen, daß
wir in den Energiebericht jetzt seit Jahren schon auch langfristige Prog-
nosen des WIFO abdrucken, was die langfristige Prognose gar nicht so
schwierig ist und sie im Jahre 2000 und später kaum noch verifiziert wer-
den kann, und daß die wirkliche Schwierigkeit darin besteht, die kurzfristige
Versorgung der Energie sicherzustellen. Anhand der konkreten Beispiele
habe ich dies dann demonstriert. Bringen wird es sicher niemand.
Dir. Kreutler von Semperit hat jetzt, weil es Semperit auch wirklich in
jeder Beziehung schlecht geht, immer wieder das Bedürfnis, dem Handels-
ministerium über die Tätigkeit zu berichten. Im Jahre 1982 hat der Reifen-
umsatz um 2 – 4 % zugenommen, die Produktion aus technischem Gummi aber
um 9 – 10 %, neben der Treibriemenproduktion soll jetzt auch eine Walzen-
fabrik mit 160 Mio. S investiert werden, mit einer kanad.-japan. Lizenz.
oder Joint Venture. Der Ostexport wird von 200 Mio. im Vorjahr auf 350 Mio.
in diesem Jahr anwachsen, 3/4 davon gehen in die Sowjetunion. Die DDR, die
einen 5-Jahres-Vertrag mit Semperit hat und jährlich 80 Mio. abnehmen soll,
hat aber in diesem Jahr sehr nachgelassen. Ich habe den neuen Exportlei-
ter, Mag. Gillespie, den mir Kreutler vorgestellt hat, sofort eingeladen,
bei der nächsten gemischten Kommission in Moskau zu sein und als Experte
dort vielleicht für Semperit einige bessere Abschlüsse tätigen zu können,
den DDR-Export sollte er mir schriftlich jetzt mitteilen, damit ich an-
fangs nächster Woche, wo ich Sts. Beil in Wien treffe, diese Unterlagen
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ihm mitgeben kann.
Das wirkliche Problem bei Semperit ist aber, daß ich sofort fragte, wel-
che Verluste heuer Semperit bauen wird. Trotz der Umsatzsteigerung bei
Reifen 500 Mio. und auf dem techn. Sektor 100 Mio., insgesamt also 600
Mio., diese sollen auch in einem Gespräch mit Finanzminister Salcher und
Sozialminister Dallinger irgendwie abgegolten werden. Die Mutter der
Semperit, die CA hat angeblich 285 Mio. S zur Verfügung gestellt, respek-
tive in Aussicht gestellt. Daß die Zinsenbelastung eine große Rolle spielt,
ist sowieso bekannt. Semperit muß 7 % des Umsatzes für Fremdkapitalver-
zinsung aufwenden, bei dem größten Konkurrenten Conti sind es nur 3 %.
Aber auch alle andren Gummifabriken der Welt sind derzeit in roten Ziffern.
Dies ist zwar keine Lösung, aber vielleicht für GD-en ein Trost, für mich
sicherlich nicht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: In Hinkunft soll womöglich MR Gröger den Kontakt
halten.
GD Fremuth berichtete mir, daß es jetzt geglückt ist, nicht für 500, aber
immerhin für 300 MW einen Sommer-Winter-Austausch mit der Sowjetunion zu
vereinbaren. Dies bedeutet, daß wir 600 Mio. kWh ab 1. Jänner 85 über die
CSSR zum Schlüssel 1,25 kWh im Sommer in die Sowjetunion geliefert, eine
kWh im Winter zu Niedertarif von der Sowjetunion zurück, für beide Länder
ein Vorteil ist. Wir haben Sommerwasserüberschußstrom und brauchen im
Winter unbedingt Grundlast. Natürlich ist die Niedertariflieferung nicht
so wertvoll wie Tageslieferung, doch kann man diesen Strom als Pumpstrom
immer noch sehr gut benützen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Die Relation vertraulich einmal prüfen las-
sen.
Von der Energiesektion erscheint MR Burian und Obermair. Sie schlagen vor,
man sollte die Fernwärmedemonstration nicht in Graz, für die Presse zu weit
entfernt, und auch nicht in St. Pölten, für die Stadtwerke dort noch unin-
teressant, sondern nach Linz verlegen, wo sowohl die städtische ESG als
auch die Privatfirma ESSO zwei große Anlagen demonstrieren können. Ich bin
sofort damit einverstanden, daß am 23. August diese Pressefahrt durchge-
führt wird.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte veranlaße, daß jetzt bereits die Redaktionen
verständigt werden und die Organisation, insbesondere Verpflegung klappt.
Bei dieser Aussprache beschweren sich die beiden und auch insbesondere
dann der Fraktionsführer der soz. Bediensteten, Müller, sehr über den Streit
mit DI Hein. Ihr Vorschlag lautet, nun ihn von der Abteilung Obermair raus-
zunehmen und der anderen Abteilung Bolhar zuzuteilen, da Hein jetzt zum
Zivildienst einrücken wird, ist dies vielleicht vorübergehend eine erträg-
liche Lösung.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER UND BURIAN: Bitte mit Präsidium abwickeln, da
Bujatti in Urlaub ist.
Die Fa. Frequentis bekommt das Staatswappen, Ing. Strunz, die Seele dieses
Unternehmens hat 1945 mit ein paar Mitarbeitern in der franz. Zone einen
Ravag-Sender aus Militärbeständen und sonstigen Abfällen aufgebaut. Aus
dieser Arbeitsgruppe ist dann eine hochspezialisierte Firma, die heute
Flugsicherungen macht, hervorgegangen. Im 10. Bezirk in zwei Stockwerken
wird sozusagen in kleinster Produktion die Modelle erstellt, die dann bei
der Firma Elin, jetzt in Hinkunft auch sogar mit Siemens Deutschland gefer-
tigt werden. Das Unternehmen ist wirklich ein führendes in dieser Branche
und braucht das Staatswappen insbesondere für die beabsichtigten Auslands-
aktivitäten. Ich habe der Firma zu diesem Erfolg gratuliert, den Arbei-
tern und Angestellten, soweit sie nicht auf Urlaub waren, auf ihren Arbeits-
plätzen einem jeden die Hand schütteln können und da mit meinen herzlichsten
Glückwünschen das Dekret übergeben und mich damit verabschiedet. Beein-
druckend für mich war, daß dort zwar alle Leute zusammengekommen sind, was
das allerwichtigste war, die Firma aber nicht einmal ein Glas Wasser be-
reitgestellt hat. Etwas, was mich sehr – eigentlich – gefreut hat. Keine
Spesen für die Firma aber doch eine Feier, an der alle teilgenommen haben,
ob allerdings die Belegschaft auch dieser Meinung ist, bezweifle ich.
Tagesprogramm, 2.8.1982