Freitag, der 22. Jänner 1982 bis Sonntag, der 24. Jänner 1982

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Freitag, 22. Jänner bis Sonntag, 24. Jänner 1982

Oberösterreich hat im Einvernehmen und mit Unterstützung der ÖFVW
für das Mühlviertel Journalisten eingeladen. In Aigen-Schlägl Endstation
einer defizitären Nebenbahn war der Stützpunkt die Winteraktivitäten
des Böhmerwaldes wurden gezeigt. Ich selbst war persönlich auch sehr
überrascht was sich dort in den letzten Jahren geändert hat. Das Stift
Schlägl war bereit aus seinen umfangreichen Bewaldungen der ganze
Böhmerwald auf der österr. Seite gehört ihr, 60 ha für Liftanlagen zur
Verfügung zu stellen. Initiiert hat die ganze Lage Spannocchi, der Bruder
des ehemaligen Generals und Oberbefehlshabers, ein sehr geschickter
ÖVP-Politiker der es auch bis zum Landesrat in OÖ gebracht hat. Der
Prior des Stiftes Dipl.Ing. Pröll war anfangs, wie mir der Direktor
der Liftanlage Kehrer sagte, sehr dagegen. Als Forstingenieur kann
ich dies verstehen. Voll Stolz hat er dann allerdings erzählt, wie sehr
diese Anlage für die gesamte Gegend eine große wirtschaftliche Bedeu-
tung hat. Als praktisches Beispiel erzählte er, daß die Bäcker jetzt
in der Gegend 48.000 Stück Semmeln für die Wintersaison für ihn backen
können. Das Stift hat nämlich am Ausgangspunkt der Liftanlagen ein
großes Selbstbedienungsrestaurant gebaut, das nur im Winter betrieben
wird. Die Lifts gehen bis an die tschechische Grenze, die Wasserscheide
Böhmerwald wird dadurch erschlossen.

Das Stift selbst hat für die Anlage nur den Grund beigebracht. Die
notwendigen finanziellen Mittel hat das Land Oberösterreich beigestellt.
Die gemeinsame Gesellschaft 50 - 50 % zwischen Land und Stift gegründet,
hat 1965 mit dieser großzügigen Anlage begonnen und ist jetzt schon ak-
tiv. Ende der 80er-Jahre wird das ganze eingebrachte Kapital abge-
schrieben sein, d.h. wenn nicht eine wesentliche Änderung eintritt,
wird es nachher ein Bombengeschäft für das Stift aber auch für das Land
Oberösterreich. Schon jetzt sagen die Landeshauptleute dies sie die
einzige Landesgesellschaft, die nicht in den roten Zahlen ist, d.h.
die aktiv gebart.

Außer dieser Liftanlage für alpines Skifahren gibt es auch im ganzen
Böhmerwald groß angelegte Langlaufloipen. Überhaupt hat der Fremden-
verkehrsverband Mühlviertel von der deutschen Grenze besser gesagt von
Bayern bis nach Niederösterreich, die Loipen in eine eigene Loipenkarte
gezeichnet und präsentiert dieses Langlaufen als eine zukunftsträchtige
Wintersportart. Da ich bis jetzt noch niemals Langlauf betrieben habe
und einmal beginnen mußte, war dies für mich äußerst interessant und


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lehrreich. Der Prälat des Stiftes, die Fremdenverkehrshonoratioren,
auch LRat Leibenfrost, für Fremdenverkehr und Wirtschaft in Oberöster-
reich zuständig, begleiteten mich auf meiner Loipentour. Ich hätte
nicht geglaubt, daß es so kompliziert und schwierig für mich ist. Die
Fa. Fischer hat mir Ski gegeben, die sogar meinen Namen hatten, die das
nächste Jahr erst auf den Markt kommen und ausgesprochene Rennlanglauf-
ski sind. Beim Aufsteigen oder beim geraden dahinfahren war es überhaupt
kein Problem. Beim Abwärtsfahren hat es mich ständig hingeworfen. So
ging es aber auch den meisten Journalisten. Soferne sie nicht schon
früher Langlauf fleißig geübt hatten. Die Deutschen, die Schweizer
beherrschten dies ganz gut, einer Holländerin aber ging es ähnlich wie
mir, bis sie sogar abschnallte. Ich selbst hab mich halt immer runter-
gewuzlt. So oft wie dort bin ich noch nie beim alpinen Fahren in den
vergangenen Jahrzehnten geflogen. Nach 8 km war die erste Rast in einem
Langlaufzentrum wie sie es bezeichnen, hatte ein Deutscher ein altes
Gasthaus gekauft und sehr modern ausgebaut. Eine hervorragende Küche
der beste Kaiserschmarren, den ich jemals gegessen habe. Dort wurde uns
auch gleichzeitig ein Kettenfahrzeug präsentiert, welches im Mühlvier-
tel erzeugt wird und der Besitzer hat voll Stolz darauf verwiesen, daß
er schon ein paar Dutzend verkaufen konnte, der Preis 140.000 S ist
allerdings sehr respektabel.

Nach dem Mittagessen sind dann schon wesentlich weniger nämlich nur mehr
ein paar offizielle vom Fremdenverkehrsverband und ich den zweiten Teil
12 km weitergefahren die anderen sind mit Autobus wieder nach Aigen-
Schlägl zurück. Mein Prinzip ist es aber das vorgesehene Programm muß
abgewickelt werden.

Am Abend wurde vom Abt noch eine Spezialführung für mich durch das
Kloster veranstaltet. Der Umsatz des Klosters durch den Wald ist 170
Mio. S doch wird die verschiedenste kommerzielle Tätigkeit seit Jahrhun-
derten ausgeübt. In der alten Brauerei ist jetzt eine Weinstube einge-
richtet, da die Gäste in großen Fässern, sozusagen in Nischen sitzen,
ist diese Attraktion in Bayern sehr bekannt, die Weinstube war, trotzdem
es Samstag Abend war nicht besonders besucht. Eine kleine Brauerei mit
40.000 hl gebart aktiv, das Kloster selbst beherbergt auch eine Hinter-
glasmalerei vom Oberösterreichischen Bildungswerk. Dort wird das ganze
Jahr hindurch von Freitag bis Montag Hinterglasmalerei für Laien gelehrt.
in dieser Zeit kann man 4 Hinterglasbilder malen, ein Mann aus Wien
und sonst lauter Frauen aber auch z.B. zwei aus der BRD München waren
diesmal bei dem Kurs. Das Kloster beherbergt ca. 40 Patres, die Novizen
kommen auch teils aus Österreich aber auch aus der BRD. Da der Abt sehr


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leger ist und wahrscheinlich der ganze Prämonstratenserorden nicht allzu
strenger Orden ist über den Nachwuchs nicht zu klagen, wie ich aus
ihrer Zeitschrift, die sie herausgeben entnehmen konnte, hat er dies-
bezüglich keinerlei Sorgen. Das Kloster entwickelt auch eine entspre-
chende kulturelle Aktivität. Man hat für die Klostergeschichte eine
eigene Schlägler Bücherei herausgegeben. 7 Bände sind bis jetzt er-
schienen und ein großes Kulturbuch Aigen-Schlägl, alle hat man mir mit-
gegeben. Vom werden des Klosters, den einzelnen Äbten bis zum Einfluß
Adalbert Stifters auf das Kloster, resp. das Klosterleben auf Adalbert
Stifter
war sehr interessant. Wie ich mich selbst überzeugen konnte.
Typisch für das Klosterleben und dessen Auffassung ist, daß einmal
wertvollste Flügelaltäre und sonstige Gemälde vor ein paar Jahren ge-
stohlen wurden. Der Auftragsgeber der Diebsbande hatte dann scheinbar
doch nicht genug bezahlt oder Angst bekommen, auf alle Fälle hat dann
die Diebsbande sich wieder mit dem Kloster in Verbindung gesetzt und
erklärt sie könnten die Gegenstände wieder zurückbringen. Als soge-
nannten Bergungslohn haben die Patres dann 500.000 S bezahlt, ihnen
war der Erhalt der Gemälde wichtiger als die Polizei zu verständigen
oder dann vielleicht des Wertes verlustig zu werden. Jetzt ist dies
natürlich besser gegen Diebstahl abgesichert. Erstmals ist mir passiert,
daß bei einer Führung und Eintragung in die Klosterchronik man auch
ein Bild von mir wünscht. Da ich keines bei mir hatte, versprach ich
ihnen sofort eines natürlich zu schicken.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte mit Dankschreiben ein Bild senden.

Bei der Pressekonferenz aber auch bei den div. Besichtigungsfahrten
und Kontakten mit den örtlichen Bürgermeistern wurden auch einzelne sehr
konkrete Wünsche geäußert. Das Einzugsgebiet des Mühlviertels insbeson-
dere die Skianlage reicht bis weit über Passau hinaus d.h. in den
bayerischen Raum. Von Passau selbst geht eine herrliche deutsche oder
bayerische Bundesstraße bis Wegscheid, dann wird auf österreichischen
Straßen die Anreise zum Skizentrum schon schwieriger. Sie sind zwar
alle ganz gut ausgebaut, aber sicherlich nicht so modern wie in Bayern.
Der Wunsch wäre also von der deutschen Grenze bis nach Ulrichsberg die
Straßen zu verbessern. Ich habe nur versprochen dem Bautenminister davon
Mitteilung zu machen. Ich selbst habe in Einzelgesprächen dann den
Bürgermeistern klargemacht, daß das größte Straßenbauproblem in Ober-
österreich der Anschluß an die Autobahn Nürnberg-Regensburg-Passau-
Suben ist. Diese wird nämlich heuer oder spätestens nächstes Jahr
vollkommen fertig sein und die Autobahnbrücke in Suben wird dann auf


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österreichischer Seite in Bundesstraßen einmünden, die nicht annähernd
den gewaltigen Verkehr aufnehmen können. Hier wird es notwendig sein,
als erste Priorität eben die Autobahn von Wels nach Raum Schärding
endlich fertigzustellen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte nach Bürogespräch mit Bautenminister
Schreiben vorbereiten.

Die Bundesforste verlangen jetzt für Seeufer, die sie an Gemeinden
verpachten, statt 1,30 S pro Meter bis zu 30.-- S, dies gilt aber nur
für private Betriebe, Gemeinden oder öffentliche Körperschaften bekommen
das Seeufer verhältnismäßig zu den selben bisherigen Bedingungen weiter.
Im konkreten Fall wurde in Altmünster vom Abt weiter 3 S verlangt, die
Bundesforste aber z.B. 20.-- S. Die Pachtverträge laufen immer 3 Jahre,
sind wertgesichert, nach 3 Jahren aber werden meistens irrsinnige
Pachtschillingerhöhungen vorgenommen. Auch hier habe ich mich nur be-
reit erklärt, mit dem Landwirtschaftsminister Haiden darüber zu spre-
chen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte dieselbe Vorgangsweise wie bei Straßen-
wunsch.

Der Bgm. von Neufelden hat mich ersucht beim Unterrichtsminister
Sinowatz zu intervenieren, es soll eine HTL für Heizung und Klimatechnik
in Neufelden errichtet werden. Eine solche gibt es schon in Pinkafeld,
Burgenland und Jenbach, Tirol, jetzt ist Oberösterreich als dritter
Standort zugelassen und Neufelden hat die größte Chance.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Ebenfalls bei Unterrichtsministerbüro anfragen.

Am meisten überrascht war aber ich, als ich bei einem Zwischenaufenthalt
im Böhmerwald telefonisch von GD Bauer, ÖMV angerufen wurde und er mir
mitteilte, die ÖMV hätte jetzt beschlossen sofort den Benzinpreis von
Super 30, Normal 20 Groschen zu senken. Er hatte keinerlei Vorbedingun-
gen mehr mir gegenüber gemacht, sondern erklärt, er hätte sich jetzt
über die Proteste der Multis hinweggesetzt und wollte damit den guten
Willen dokumentieren. Ich habe ihm für diesen ersten Schritt gedankt und
sofort erklärt, damit werden wir allerdings nicht durchkommen. Was noch
vielleicht vorige Woche geglückt wäre, ist jetzt durch die Aussprache
mit den Landeshauptleuten und vor allem meinen Bericht jetzt auch in
der Paritätischen Kommission wo ich feststellen mußte, daß AK und ÖGB


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mit einer solchen Preissenkung nicht zufrieden sind, wesentlich schwie-
riger zu lösen. Bauer ersuchte mich, nächster Woche diesbezügliche
Gespräche zu führen, was ich ihm sofort zugesagt habe.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Termin vereinbaren.

Die Mühlviertler Pressefahrt, "Abseits der Piste" war, wie ich mich
selbst überzeugen konnte, ein voller Erfolg und auch sehr gut organi-
siert. Natürlich fragte man mich, ob ich jemals schon diese Gegend
besucht hatte, zum Glück konnte ich darauf verweisen, daß ich 1943
sogar die Hochzeitsreise dorthin gemacht habe. Als die Einheimischen
erfuhren, nach Hochkraml, erklärten sie sofort, dort gibt es nicht
einmal ein Gasthaus. Dies stimmt, Hochkraml besteht aus ein paar Bauern.
Ein Kriegskamerad der übrigens beide Füße verloren hat und da damals
erst die Elektrifizierung bekommen hat ersuchte mich für ihn Leitungs-
drähte zu organisieren, da auch ich schwer kriegsbeschädigt war war
es mir möglich ohne Bezugsschein als ich ein paar Geschäfte abgeklappert
habe, bei einem dann tatsächlich dieses wertvolle Leitungsmaterial um
Marken zu erwerben. Wir fuhren deshalb mit diesem Material und vielen
anderen Geschenken in diese Gegend und haben dann 10 Tage dort gelebt
und auch gearbeitet, sowie dann sogar noch 50 Eier für Wien mitbekommen.
Der Anmarsch nach Hochkraml war damals sehr schwierig, öffentliche
Fahrzeuge sind nicht gefahren, jetzt ist dieses Gebiet sogar diesbezüg-
lich erschlossen, die dortigen Bergbauern haben aber noch nicht die
Lage wesentlich verbessern. Natürlich besitzen viele ein Auto die 7
Kinder von Bauern sind Fleischhauer, Operationsschwester in Linz und
so weiter. Überall aus dem Mühlviertel pendeln nämlich die überschüssi-
gen Bauernsöhne und Töchter nach Linz, die meisten von ihnen in die
VÖEST. Einmal mehr habe ich bei der Diskussion mit den Bauern festge-
stellt, daß diesen nur durch Direktsubvention zu helfen ist. Über den
Milchpreis oder sonstigen Agrarpreis ist ihre Lage nicht zu verbessern.
So weit die Gemeinden im Einzugsgebiet des Böhmerwaldes und im Frem-
denverkehr zusätzliche Einnahmen haben, geht es aufwärts. Die abgele-
genen kleinen Gemeinden aber haben auch in dieser Branche keine Chance.
Hier müßte die Infrastruktur aber vor allem die einzelnen Bauernhöfe
wesentlich besser ausgestattet werden, damit man Urlaub am Bauernhof
vielleicht im einen oder anderen Fall dort aktivieren könnte. Nur in
Kriegs-, oder vielleicht unmittelbar nach Kriegszeiten haben solche Be-
triebe eine Chance durch Tauschverträge oder durch entsprechende Schwarz-
lieferung von Nahrungsmittel sich finanziell besser zustellen. Darauf
kann man aber nicht warten.



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ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mich bei nächstem Ministerrat wegen
Haiden erinnern.

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Tagesprogramm, 22.–24.1.1982


Tätigkeit: Unterrichtsminister


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Büro des Bundesministers


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: GD ÖMV


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: oö. Wirtsch.-LR, ÖVP


              Einträge mit Erwähnung: