Freitag, der 11. Dezember 1981

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Freitag, 11., bis Sonntag, 13. Dezember 1981

In der Fraktion des Handelsausschusses wurden die Genossinnen und Ge-
nossen über die langwierigen Verhandlungen mit der ÖVP im Unterausschuß
über eine gemeinsame Regelung der Energiespar- und Energiesicherungs-
probleme informiert. Hier gab es keine differente Meinung mehr.

Im Handelsausschuß war die ÖVP mit etlichen Ersatzleuten und trotzdem
nicht mit voller Präsenz anwesend, für mich ein deutliches Zeichen, daß
sie fest überzeugt waren, daß die Sozialisten mit ihrer Mehrheit die
GewO inklusive der mit den Ländern vereinbarten Staatsvertragsbestimmun-
gen bezüglich der Energie§e durchziehen werden. Abg. König, der Energie-
sprecher der ÖVP, meinte einleitend gleich, er bedauere zutiefst, daß
es nicht möglich ist das ausgehandelte Kompromiß zu vereinbaren. Ge-
scheitert ist dieses Kompromiß, weil die ÖVP nicht bereit war die GewO-
Bestimmungen über Energiefragen, die im Staatsvertrag mit den Ländern
unbefristet vereinbart sind und auch im Parlament einstimmig beschlossen
wurden, in eine unbefristete Bestimmung des Energiesicherungsgesetzes
einzubauen. König hatte scheinbar tatsächlich die Idee durchsetzen
können, daß die SPÖ-Seite die Befristung akzeptieren würde. Die Dis-
kussion über die GewO-Novelle wurde dann § für § durchgeführt, da der
FPÖ-Abg. Stix mit Recht meinte, dies sei notwendig, da der Unterausschuß
aus der Grundsatzdiskussion niemals zu einer wirklichen Spezialdebatte
gekommen ist. Stix selbst hatte zwei Abänderungsanträge, der eine hat
vorgesehen, daß ich aufgrund des Staatsvertrages mit den Ländern in der
GewO-Novelle nicht eine Verordnungspflicht, sondern nur eine Verordnungs-
ermächtigung behalten hätte. Dies wäre mir sehr recht gewesen, doch
hätte es dem Staatsvertrag widersprochen. Dort ist nämlich auch eine
Verordnungspflicht vereinbart.

Da Stix mit Recht kritisierte, daß hier die Gewerbeordnungsnovelle, aber
auch die anderen Gesetze, die ich ins Parlament einbringe, vorerst auf
der Sozialpartnerbasis bis ins letzte Detail abgesprochen sind, hat die
FPÖ keine Möglichkeit vorher ihre Meinung im Handelsministerium zu de-
ponieren. Ich versprach in Hinkunft dafür Sorge zu tragen, daß die FPÖ
eine solche Möglichkeit erhält.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte dafür vorsorgen und auch SL aufnehmen.

Die Verhandlungen im Handelsausschuß dauerten so lange, daß ich erst
zum Ende des Referates von Kreisky in den Parteivorstand erschien.



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Kreisky hat aber, so lange ich dort war, nur über außenpolitische Fragen
und insbesondere natürlich über seine Golfstaatenreise berichtet. Da
Staatssekretär Albrecht alles fein säuberlich mitgeschrieben hat, wie
mir das letztemal schon die Frau Minister Firnberg erzählte, wird sie
auch diesmal wieder für das Tagebuch entsprechende Aufzeichnungen machen.

ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte den gesamten Parteivorstand dem Tagebuch
beifügen.

Klubobmann Fischer ersuchte mich um eine Aussprache wegen der offenen
Punkte resp. der Handelsausschußergebnisse bezüglich der GewO-Novelle.
Insbesondere wollte er Aufklärung, wieso in der Fraktion des Verhandlungs-
komitees mit der ÖVP im Unterausschuß es doch auch für ihn deutlich
sichtbare Differenzen zwischen Schmidt, Heindl, Mühlbacher und mir gab.
Diese Sachdifferenzen haben, glaube ich wie auch die anderen Genossen,
die Ursache darin, daß Schmidt das erzielte Kompromiß als so weitrei-
chend betrachtet, daß er glaubt auch eine Befristung dafür akzeptieren
zu können. Da aber weder Präs. Benya noch Klubobmann Fischer, geschweige
denn ich diese Meinung teilte, Schmidt aber scheinbar in Vorgesprächen
mit der anderen Seite dieses Kompromiß hoffte durchziehen zu können, er-
gaben sich, solange die Verhandlungen nicht endgültig abgeschlossen, in
dem Fall allerdings gescheitert waren, verschiedene Auffassungsdifferen-
zen. Ich bin überzeugt, zumindestens hoffe ich, daß dies jetzt endgültig
bereinigt ist.

Die Wirtschaftsgespräche mit der FPÖ verliefen wesentlich länger und
auch ins Detail gehender als die am Vortag mit der ÖVP. Auch die von
den Experten vorgelegten Papiere waren nicht so umfangreich wie mit der
ÖVP, auch die Präsenz bei der FPÖ war nicht so stark, da, wie Parteiobmann
Steger einleitend sofort feststellte, es parlamentarische Verpflichtungen
von Präsidiumsmitgliedern innerhalb der FPÖ gegeben hat. Interessant
war, daß der für den Fremdenverkehr zuständige Landesrat Brunnenfeld Ferrari nicht anwesend war, dem ich dann allerdings am Abend beim Jour-
nalistentreffen am Naßfeld gleich über die Ergebnisse berichten konnte.

Die FPÖ war bestrebt neben den Vereinbarungen zwischen ÖVP und SPÖ über
die weitere Vorgangsweise in den wirtschaftspolitischen Maßnahmenkatalog
auch für sich gewisse Forderungen durchzusetzen. Dies bezog sich insbe-
sondere auf regionale Gebiete. Steger war aber sehr erstaunt zu hören,
daß eine ganze Reihe von österreichischen Gebieten, bereits mit Landes-
regierungen vereinbart als sogenannte hilfsbedürftige bezeichnet, jetzt


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bereits mit Sonderaktionen ausgestattet sind. Steger ersuchte, man soll
eine diesbezügliche Liste, ergänzt durch FPÖ-Vorschläge, erstellen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Aufgrund der SC-Gatscha-Unterlagen vom Haus
zusammenstellen lassen.

Die konkreteste Forderung war in dem gemeinsamen Papier die Errichtung
von Exportringen. Dies war gegenüber dem ÖVP-Papier vollkommen neu.
Parteiobmann Steger erklärte auch sofort, dies sei ein Punkt, der sich
gegen die bisherige Politik der Handelskammer in Exportfragen richtet.
Hier müsse auch das Handelsministerium federführend sein, wobei die
Handelskammer es zu bezahlen hätte. Kreisky führte dazu aus, daß die
Handelskammer überfordert ist, da die Unternehmer ja gleichzeitig nicht
nur von ihr unterstützt werden sollen, damit sie Ausstellungen durchführen
können, sondern eben Verkaufsorganisationen zu gründen wären. Als Bei-
spiel führte er an, daß die Voest-Alpine, die Intertrading von der
Voest-Alpine erfolgreich auftritt. Sie hat in der letzten Zeit aus
Kompensationsgeschäften mit der DDR Konfektionsanzüge in Amerika ver-
kaufen können. Kreisky schwebt z.B. vor, daß früher eine starke Hutpro-
duktion und Hutexporte in Österreich waren, jetzt seien Kappen modern
und niemand traue sich diese Produktion mit Exportmöglichkeiten aufzu-
nehmen. Steger legte größten Wert darauf zu unterstreichen, daß er jed-
wede Lösung akzeptiert, nur nicht, daß die Handelskammer dies durchführt.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Jour fixe HK und AK setzen.

Auch hier hat Kreisky dann zusammengefaßt, daß keine Verträge vereinbart
werden, sondern daß eben eine Summe von Maßnahmen, die die Regierung
jetzt dem Nationalrat vorschlagen wird, aufgrund der Gespräche mit der
ÖVP, jetzt genauso mit der FPÖ die Folge dieser Gespräche sein werden;
kein Pakt, aber doch eine weitestgehende Übereinstimmung über die Vor-
gangsweise, um kritische Wirtschaftsflaute im nächsten Jahr, insbesondere
die hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen zu können.

Am Flug nach Klagenfurt traf ich Ing. Rogner. Ich war sehr erstaunt von
ihm zu erfahren, daß das ERP-Ansuchen für den Sünnhof im 3. Bezirk bis
jetzt nicht erledigt ist. Rogner hat mit der Z, Dir. Haiden, alles bis ins
letzte Detail besprochen und auch vereinbart gehabt, in der FGG hat aber
dann der GD Vak, Rogner vermutet aus persönlicher Rivalität mit Haiden,
den Antrag nicht unterstützt, sondern erklärt, hier müßten noch ent-
sprechende Untersuchungen erfolgen.



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ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Haiden sofort verbinden.

Rogner hat auch in Naßfeld jetzt ein Feriendorf errichtet. Da die Handels-
kammer gegen eine solche Bezeichnung entschieden Stellung nimmt, bleibt
ihm nichts anderes übrig, als dieses Feriendorf als Hotel Sonnleiten
mit 600 Betten, Investitionsaufwand 160 Mio., zu bezeichnen. Neben See-
leiten, 800 Betten, Investition 180, am Faakersee jetzt dann das zweite
Dorf Kirchleiten, St. Oswald, ebenfalls 800 Betten, Investition 210 Mio.,
wird dieses dritte Feriendorf, wie Rogner sagt, sein letztes sein. Er
konzentriert sich jetzt ausschließlich auf die Baustoffherstellung Laprex.
Dort hat er die notwendigen Kredite, auch dafür entsprechende Zuschüsse
bekommen und wird 240 Leute beschäftigen. Die sowjetische Erfindung von
der SGP, bei uns im Lizenzverfahren übernommen, glaubt Rogner, ist der
zukünftige billige Baustoff. Da dieser nur aus Sand und Kalk besteht, hat
die Zementindustrie sich dafür nicht interessiert. Rogner glaubt aber
jetzt bereits feststellen zu können, daß Zementleute über Dritte mit
ihm Kontakt nehmen wollen. Die Zementindustrie hat bis jetzt geglaubt,
sie kann durch Negieren dieser neuen Idee diesen Baustoff sozusagen
totschweigen. Da Rogner jetzt einsteigt, ist er fest davon überzeugt,
wollen sie sich mit ihm arrangieren.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Abteilung soll vorsichtig recherchieren, was
daran wahr ist.

Die große Wintersaisonvorstellung der ÖFVW in Verbindung mit dem Land
Kärnten war sehr gut von ausländischen, aber auch inländischen Journali-
sten besucht. Ca. 2 Dutzend Teilnehmer waren zu verzeichnen. Leider
war am Naßfeld keine Skimöglichkeit, weil unzulängliche Schneeverhältnisse
vorliegen. Die Kärntner haben dieses Skigebiet vorgeschlagen, was meiner
Meinung nach sehr unzweckmäßig war. Als Ausweichlösung war vorgesehen,
daß man mit Bussen nach Heiligenblut fährt. Dort herrschen nämlich interes-
santerweise bessere Schneeverhältnisse, wenn das berühmte Adriatief aus-
bleibt. Da ich am ersten Tag nicht anwesend war, sind die meisten mit dem
Autobus nach Heiligenblut gefahren, am zweiten Tag fuhr dann ich mit
einer kleineren Gruppe, die wieder das Programm abwickeln wollte. Ich
stehe auf dem Standpunkt, daß wenn ein Programm ausgearbeitet ist, auch
dieses dann tatsächlich den Journalisten anbieten muß. Der größere Teil
ist dann nach Hermagor das Heimatmuseum besichtigen gefahren.

Die Pressekonferenz am Abend war sehr gut besucht. Allerdings ergab es
keine besondere Diskussionspunkte. Entweder konnte ich die ausländischen
und die inländischen Journalisten über die richtige Politik in der Frem-


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denverkehrswerbung des Handelsministeriums und noch viel mehr der ÖFVW
überzeugen oder sie waren vom Saunen, Schwimmen, Spazierengehen so
müde, daß sie überhaupt nicht aggressiv waren.

Die in der Hoteliervereinigung die Jugendgruppe führende Klaus Barbara
in Kötschach-Mauthen ersuchte mich zu einer Vernissage eines Gailtaler
Malers zu kommen. Spät abends sind dann Haffner und ich erschienen, ge-
rade noch zeitgerecht, um das Ende eines langen Einleitungsvortrages
eines Organisators zu erleben. Peinlich war, daß diese graphischen
Bilder verhältnismäßig sehr teuer sind, ungefähr 6.000 S pro Stück, was
ich anfangs gar nicht bemerkte und Haffner zuflüsterte, ich glaube da
müssen wir eines kaufen. Aus dieser Schlinge konnte ich mich dann nur so
rausziehen, daß ich dem Maler, der in Mödling wohnt, versprach, Haffner
resp. unser Protokollmann Dr. Dersch werden ihn besuchen, um gegebenen-
falls ein Bild als Repräsentationsgeschenk für einen ausländischen Mi-
nister zu erwerben.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte übernimmt diese Arbeit.

Sonntags früh wurden alle ausländischen und inländischen, aber genauso
auch ich von der Mitteilung überrascht, daß in Polen jetzt Jaruzelski
eine Art Militärlösung des Streites zwischen der Solidarität und des
Staates eingeführt hat. Das polnische Militär hat in der Bevölkerung einen
verhältnismäßig guten Namen, weshalb sich Jaruzelski wahrscheinlich zu
diesem Schritt entschlossen hat, da er die Solidarität damit stillegt,
und um objektiv zu erscheinen hat er gleichzeitig auch den ehem. Zen-
tralsekretär Gierek und den ehem. Ministerpräsidenten verhaftet, die
ebenfalls vor ein Gericht gestellt werden sollen. Die ersten Erklärungen
des Militärrates sind, auch wenn sie nicht als solche bezeichnet werden,
die Einführung des Standrechtes. Überraschend für mich war nur die
Erklärung des BK Kreisky, er hofft, daß damit eine Lösung aus den cha-
otischen Entwicklungen der letzten Zeit gefunden wird, und insbesondere
auch die ersten Stellungnahmen der westlichen Staaten, die meinten, mit
dieser Lösung würden die Polen es selbst versuchen zu einem positiven
Ergebnis zu gelangen und nicht die Russen, wie in Ungarn und in der
CSSR, durch Einmarsch und Besetzung das Regime retten. Natürlich hoffen
alle, daß diese Maßnahme unblutig endet.

62_1424_01

Tagesprogramm, 11.12.1981

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
GND ID: 119083906


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    Tätigkeit: Sts. HM


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg.


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Landesrat Ktn., FPÖ


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Bauunternehmer, Villach


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            Tätigkeit: GD-Stv. Z


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              Tätigkeit: -obmann


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                Tätigkeit: Bundeskanzler
                GND ID: 118566512


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                  Tätigkeit: poln. MP


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                      Tätigkeit: GD Z
                      GND ID: 170004570


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                        Tätigkeit: Hotelierstochter Hermagor (Ktn.)


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                          Tätigkeit: MR HM


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                            Tätigkeit: Vizepräs. BHK, Präs. FWV


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                              Tätigkeit: Leiter vw. Abt. ÖGB, SPÖ-NR-Abg.


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                                Tätigkeit: Wissenschaftsministerin
                                GND ID: 11869104X


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                                  Tätigkeit: 1. Sekr. poln. KP bis 1980


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                                    Tätigkeit: FPÖ-Obmann


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                                      Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Personalchef Unilever


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                                        Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                        GND ID: 102318379X


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                                          Tätigkeit: Beamter HM


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