Montag, 30. November 1981
Beim Jour fixe mit GD Fremuth meinte dieser, die Preiserhöhung für
elektrischen Strom sei in der Öffentlichkeit ausgestanden. Er hat ein
Interview der Wochenpresse gegeben und damit glaubte er ernstlich, da
der Journalist sehr zurückhaltend schrieb, daß tatsächlich die Bevölke-
rung die Erhöhung des Elektrizitätspreises akzeptiert. Hier irrt Fremuth
ganz gewaltig. Ich habe nach wie vor das Gefühl, nicht zuletzt be-
stätigt durch die Diskussionen auf der Landstraße, daß die Energieprei-
se jeder Art die Bevölkerung sehr beunruhigen. Fremuth glaubt, da
die Verbund im nächsten Jahr 9,6 Mrd. investieren wird, davon 50 % Bau-
investitionen, sieht die Bevölkerung die Elektrizitätspreiserhöhung
als begründet an. Die gesamte Elektrizitätswirtschaft wird 15 bis 17
Mrd. S investieren.
Die Verbund braucht im nächsten Jahr 15,5 Mrd. S zur Finanzierung, davon
10 1/2 Mrd. Fremdfinanzierung, 5 Mrd. will er sich im Ausland holen, den
Rest im Inland, nach der 20 Mrd. Yen, 300 Mio DM. Die inländische soll
durch 1 Mrd. S im Jänner, wie er hofft, als erste aufgelegt werden.
Bei dem Essen der Handelskammer für das Committee on Invisible Exports,
für Sir Francis , war die ganze Kreditwirtschaft, vom Präsident der
Nationalbank bis zu den Generaldirektoren aller Kreditinstitute ver-
treten. Ich unterhielt mich mit OeNB-Präsident Koren und dann ganz be-
sonders mit dem GD der Länderbank, Vranitzky, und von der BAWAG Flöttl.
Wir sprachen insbesondere über die schlechten Beziehungen zwischen der
Regierung und den Banken und ich fragte insbesondere, ob sie Fremuth die
Chance geben, daß die Verbund tatsächlich die erste Anleihe im nächsten
Jahr sein würde. Der Kapitalmarkt hat beschlossen, daß dies die Investi-
tionskredit wäre. Koren und die Banker meinten, der Bund wird aber
wahrscheinlich als erster am Markt gehen. Die Kreditinstitute sind sehr
verärgert, daß Salcher die für jetzt vorgesehene 1 Mrd. S Bundesanleihe
nicht zeichnet. Auch Androsch hat mich deshalb angesprochen. Alle sind
aber davon überzeugt, daß Salcher sich als erster Anleihenzeichner durch-
setzen wird.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Fremuth verbinden.
Fremuth überlegt auch eine 20 Jahre, 100 Mio. $ Anleihe jetzt aufzunehmen
mit 10 % Bruttoverzinsung. Die Länderbank soll dies ihm organisieren,
nach 10 Jahren würde eine Kündigungsmöglichkeit sein. Das Verzinsungs-
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risiko erscheint Fremuth erträglich, problematisch ist nur das Kurs-
risiko. Hier kann und wollte ich ihm keinerlei Tips geben, aber auch
keine Zustimmung, dafür bin ich am Kapitalmarkt viel zu wenig bewandt.
Über diese Anleihe verhandelt er mit der Länderbank.
Bei dem Essen hat mir Länderbank-GD Vranitzky mitgeteilt, daß die
Länderbank große Schwierigkeiten hat, die Fremdfinanzierung für das
Pölser Sulfatzelluloseprojekt aufzubringen. Zu den 950 Mio, die benö-
tigt werden, werden daher die Italiener auch entsprechende Garantien
für ihr Bankkonsortium in Italien bringen müssen.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte sich auf dem laufenden halten.
Fremuth sieht gewisse Schwierigkeiten mit der Lösung des Personalpro-
blems in der GKT. Dies gilt weniger für die Angestellten als für die
beiden Geschäftsführer. Fremuth will Dir. Nentwich in die Verbund
zurücknehmen, ihn von der Fünfer, die 5a überspringend, in die Sechser
einstufen und als Nebenbeschäftigung die GKT-Geschäftsführung belassen.
Bei Vorbesprechungen haben sowohl Dir. Fridl von der OKA als auch Hof-
stätter von der KELAG gegen diese Vorgangsweise Bedenken. Die General-
versammlung wird endgültig beschließen, ich stimme aber Fremuth bei,
daß dieses Problem jetzt gelöst werden muß.
Ich berichte Fremuth über die Aussprache mit den ungarischen Ministern
bezüglich der Energietransitsituation. Die Ungarn müssen ihre 380-KV-
Leitung auf alle Fälle erneuern und dafür 1 Mrd. S aufwenden. Österreich
muß auf alle Fälle eine HGÜ um 1 Mrd. S in Österreich für diese Tran-
sitleitung zusätzlich errichten. Ob sich die Schweizer wieder mit 25 %
wie bei der tschechischen Transitleitung beteiligen, ist ungewiß, eher
fraglich. Ich ersuche Fremuth, mir die Unterlagen für die Prager Reise
bis Donnerstag zur Verfügung zu stellen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte sieh, daß dieser Termin eingehalten wird.
Zur Innovationspreisverleihung haben wir die Presse eingeladen, gekommen
sind allerdings nur 3 Journalisten von Fachzeitschriften. Insgesamt 20
Firmen haben sich an diesem Innovationspreis beteiligt. Die Jury wählte
die Industriegeräte und Maschinenfabriks GesmbH IGM mit einem mikropro-
zessorgesteuerten Präzisionsschweißroboter. Diese kleine Firma mit 50 Mit-
arbeiter hat, wie mir nachher der Firmenchef selbst schilderte, diese
Spezialroboter entwickelt und kann heute dieses Gerät auch nach Ame-
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rika, dem Mutterland der Roboter, exportieren. Der Innovationspreis
ist 100.000 S, davon allerdings geht die Hälfte auf Steuern. Derzeit
verhandeln wir mit dem Finanzministerium, ob doch diese 100.000,–– S
nicht als Aufwandsentschädigung für Betriebsausgaben angerechnet wer-
den könnten. Sollte dies gelingen, wäre es ein beachtlicher Durchbruch
für viele Preise.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Versuche über das Büro des Finanzministers zu
erfahren, ob so etwas überhaupt möglich ist.
Anerkennungspreise erhielten die Engel-Spritzgußfabrik für eine Mikropro-
zessorsteuerung für Spritzgußautomaten, die Firma Dubrava für ein Stahl-
bauverfahren und die Firma Miba für ein Rillenlager resp. Präzisions-
drehmaschine. Die Firma Miba könnte den japanischen Spikesbedarf, 300
Mio. Stück, leicht decken. Derzeit exportiert sie nur 10 Mio. um 2 Mio.
S. Das Vormaterial kommt von den VEW, Spikes sollten daher als autotive
Teile anerkannt werden. Dies wäre auch ohne weiteres möglich, wenn die
Firma Miba nicht über einen Händler, sondern direkt exportieren könnte.
Dann würde MR Egger vom Finanzministerium diese Lieferung sofort für
autotive Teile anerkennen. Ob dieser formelle Weg in diesem Fall wirk-
lich notwendig sein sollte, müßte man genau untersuchen. Mir erscheinen
Spikes autotiver als Aluminiumbarren.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sofort prüfen und dann die Firma verstän-
digen.
Beim Pressefrühstück berichtete MR Steiger über die EFTA-Tagung. Obwohl
er das jugoslawische Problem und insbesondere auch die ungarische AFP,
Agence France-Presse, besonders erwähnte, gab es keinerlei Anfragen oder
Diskussionen. Ich erörterte nur den ungarischen Standpunkt, den ich
Samstag, Sonntag von dem zuständigen Vizeministerpräsidenten und ganz
besonders von den beiden Ministern hörte.
Fellner berichtete über den Innovationspreis. Er meinte zu Recht, die
Industrie würde in der öffentlichen Meinung viel zu schlecht beschrie-
ben und die positiven Leistungen von der Presse viel zu wenig gewürdigt.
Plasser & Theurer ist auch mehr durch die Sissy Theurer als Reiterin
bekannt, als heute eine der führendsten und besten Gleisbaumaschinen-
fabrik.
Vizepräsident Dr. Fichte vom Patentamt berichtet dann über Service für
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Innovatoren, die das Patentamt leistet. Auch hier gab es nur wenig
Diskussion.
Große Diskussion dagegen löste dann der Bericht des Dir. Hausermann von
der Firma Flaga über die Chancen für Flüssiggas aus. In Europa werden
derzeit 10 Mio. to verbraucht. Bei den Bohrungen insbesondere in Über-
see fällt aber wesentlich mehr Begleitgas an, das aber größtenteils
noch abgefackelt wird. Österreich verbraucht ca. 160.000 to, davon
25.000 für Autogasantrieb. 60 % dieses Flüssiggases werden in der
Schwechater produziert, 40 % importiert. Derzeit gibt es 200 Tankstel-
len, in Hinkunft werden es 240 sein. Der Umbau für ein Auto kostet nach
dem italienischen System 10.000 und nach amerikanischem 15.000 S. Der-
zeit gibt es 25.000 gasgetriebene Autos. Niederlande haben dies am mei-
sten entwickelt, dort beträgt bereits der gasbetriebene Autoanteil
15 %. Der Finanzminister wird 1983 3.000 S pro Tonne Steuer einheben,
dadurch wird sich der Treibgaspreis von 6.20 S auf 8,20 S erhöhen, ge-
genüber dem Superpreis von 11,40 S noch immer preisgünstig. Wer sich
1982 jetzt schnell umstellt, kann daher das ganze Jahr noch durch die
verbilligte steuerfreie Gaspreissituation den Umbau leicht finanzieren.
Hier gab es, wie könnte es anders sein, eine umfangreiche Diskussion,
die letzten Endes dann in der Frage endete, was mit dem Benzinpreis im
nächsten Jahr geschehen wird. Mein Hinweis, ich werde vorerst mit den
Landeshauptleuten und den Interessensvertretungen verhandeln, bevor
ich meine Stellung dazu sage, wurde von den Journalisten nur widerwillig
akzeptiert. Insbesondere insistierte immer wieder die Redakteurin
Freisinger, die mich stets zu vorzeitigen Festlegungen der Meinung ver-
anlassen möchte. Ebenso wurde ich natürlich über die Elektrizitätspreis-
verhandlungen gefragt.
Dr. Schenz von der ÖMV berichtete dann über die Reduktion des Schwe-
felgehaltes im Heizöl um 3 1/2 % auf 3 %, die ÖMV sei jetzt durch die
Umstellung ihrer Raffinerie dazu imstande. Da in Deutschland für Heizöl
schwer bereits 2 % nur zugelassen werden und die ÖMV dies maximal mit
1. Jänner 85 erfüllen kann, erklärte ich sofort, damit wird das Gesund-
heitsministerium nicht sehr zufrieden sein. Wir müssen jetzt im Han-
delsministerium die notwendige Verordnung sofort erlassen. Ich habe
bereits angekündigt, daß es eine sehr kurze Übergangsperiode geben
wird. Die ÖMV hat insgesamt 1,8 Mrd. S für diese Schwefelgehaltherab-
setzung investiert. Unerklärlich erscheint mir, daß Dr. Schenz dort wie-
der erklärte, wenn die ÖMV schwefelärmere Rohöle zukauft, die wesent-
lich teurer allerdings sind, kann sie früher auch den Heizöl-schwer-
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Schwefelgehalt entsprechend senken. In Deutschland werden 55 % dieser
schwefelarmen Rohöle schon verwendet. Wenn die Öffentlichkeit dies
erfährt, wird sie glattweg sagen, da muß eben auch die ÖMV diese teu-
reren schwefelarmen Rohöle kaufen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte sofort den Verordnungsentwurf fertig-
stellen lassen.
Beim MittagessenFrancis der Bundeshandelskammer und sein
Komitee, an dem mindestens 50 Personen teilnehmen, konnte ich nur die
Reden abwarten und die Suppe schlürfen. Dann bin ich bereits in den
Wiener Vorstand geeilt. Dort habe ich auch nichts versäumt, denn Lan-
desparteisekretär Sallaberger berichtete über die Vorbereitungen zur
Volksbefragung, dann gab es eine Diskussion über den Stadtentwicklungs-
plan. Hier hat eine aus 210 Teilnehmern bestehende, auch von Oppositio-
nellen wie z.B. Dozent Lötsch, den Umweltschützer, sehr sachlich dis-
kutiert und in 6 Unterausschüssen soll jetzt weiterverhandelt werden.
Übereinstimmung herrschte von den Diskutanten im Wiener Vorstand, daß
es sich hier nur um ein Empfehlungsorgan und um kein Beschlußorgan han-
deln dürfe. Die Diskussion war insbesondere ausgelöst, weil der Ge-
meinderat ja ein Verkehrskonzept vor ganz kurzer Zeit beschlossen hat
und jetzt in der Stadtentwicklungsdiskussion dieses wieder anders ge-
staltet werden sollte. Gratz meinte, auch der Fluchtlinienplan von 1895
hat nicht dazu geführt, daß sofort alle Häuser, die außerhalb der
Fluchtlinien gestanden sind, niedergerissen wurden, auch der Stadtent-
wicklungsplan zeigt nur auf, wie entsprechende zukünftige Beschlüsse
gefaßt werden sollen.
Mit der JG gab es zwischen Gratz, Sallaberger und dem Klubobmann Edlin-
ger eine sehr offene Aussprache, die von allen Beteiligten als posi-
tiv empfunden wurde. Bei diesem Bericht bemerkte dann der Obmann der
Jugendzentren Hanke, daß jetzt die Jugendzentren sich schön langsam
durchsetzen und von den Jugendlichen auch anerkannt werden. Da mein
Sohn Wolfgang in einem solchen Jugendzentrum arbeitet und das Gefühl
hat, daß für einzelne Teile zu viel Geld ausgegeben wird, Frau Stadt-
rat Fröhlich-Sandner erklärte, sie hat mit 52 Mio. S ein zu kleines Bud-
get, habe ich mich ausnahmsweise auch zu einem Problem mit einer In-
formation gemeldet, wo ich ansonsten kaum irgendwelche Bemerkungen ma-
che.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Hanke verbinden.
Gratz sollte im Wiener Vorstand einen politischen Bericht geben, meint
aber, dieser Tagesordnungspunkt steht auch auf der Tagesordnung des
Wiener Ausschusses.
Im Wiener Ausschuß hat dann Sallaberger wiederholt, was zu der Volks-
befragung zu geschehen hätte. Außerdem berichtete er dann über die
Werbeaktion der Wiener. Derzeit sind 17 1/2 % der Wähler organisiert,
1951 war es genauso. Die Wiener Organisation ist daher, wie Sallaberger
meint, nicht schlechter geworden.
Den politischen Bericht hat dann Gratz erklärt, sollte doch lieber Lanc
halten. Dieser berichtete insbesondere über die 30.000 Asylwerber,
von denen nur 7.500 in Drittländer dieses Jahr, insbesondere Amerika
Kanada, Australien, weggebracht werden können. Derzeit kommen 1.000 Polen
pro Woche, 82 müßte man daher mit 10.000 weiteren Zuwächsen rechnen.
Der UN-Hochkommissar, der letzten Endes die Flüchtlinge anerkennen muß,
ist sehr zurückhaltend. Er hat sich insbesondere jetzt auf Vietnam-
Flüchtlinge festgelegt und möchte dort die größeren Kontingente der
Einwanderstaaten abdecken. Daher bleibt für die Ostflüchtlinge, insbe-
sondere für die Polen kaum ein Raum. Über diese Probleme und viele
andere wurde dann lange debattiert. Interessant für mich war nur noch,
daß der Bezirksvorsteher von Döbling darauf verwies, daß jetzt endlich
der Einheitstarif auch auf den Kahlenbergautobus ausgedehnt wird. Gleich-
zeitig wird aber jetzt der Pächter gekündigt, sodaß mit nächstem Jahr
März das Kahlenbergrestaurant geschlossen wird. In der Vergangenheit
hat die Wigast damit 3 Mio. S Defizit erwirtschaftet, der Pächter hat
jetzt auch schon wieder 1 Mio. Schulden, obwohl der 2 Mio. Pachtzins be-
reits gezahlt hat. Die Döblinger sind ganz entschieden gegen die Schlie-
ßung. Gratz erklärt, wenn jetzt nicht bald für Cobenzl eine Lösung
gefunden wird, wird er diese Ruine dort wegreißen lassen und auf Grün-
land umwidmen. Kahlenberg soll bestehen bleiben, aber man will einen
besseren Pächter.
NR Braun als Zentralsekretär der Privatangestellten berichtete, daß
wenn es nicht jetzt bald zu einer Einigung mit den Unternehmern kommt,
dann Freitag, Samstag die Handelsangestellten tatsächlich streiken
werden.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Obmann Steidl verbinden.
Tagesprogramm, 30.11.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)