Donnerstag, der 19. November 1981

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Donnerstag, 19. November 1981

GD Lap von Philips Austria hat darauf gedrängt, daß ich unbedingt nach
Eindhoven fahren soll. Beabsichtigt hatte er, daß ich mindestens 2
Tage dort bin, dies lehnte ich kategorisch ab. Ich war fest davon über-
zeugt, daß man in einem Tag alles erledigen kann. Philips holte daher
SC Marsch und mich mit einem ihrer 8 Flugzeuge morgens von Wien ab, und
abends sind wir zurückgeflogen. Überrascht war ich, daß keine anderen
Passagiere mitflogen. Nur am Rückflug wurde dann ein Holländer von Wien
wieder nach Eindhoven transportiert. Für Lap war es sicherlich, wie
Marsch treffend mir gegenüber bemerkte, ein ungeheurer Prestigegewinn,
daß in verhältnismäßig so kurzer Zeit ein Minister nach Eindhoven
brachte. Mir wieder war es sehr recht, das Zollproblem mit Japan mit den
Vorstandsmitgliedern diskutieren zu können. Dem Holländer Lap gab es
die Möglichkeit, in seine Heimatstadt zurückzukommen, er hat mir beim
Rückflug dann erzählt, daß auch seine Frau aus Eindhoven stammt, auf
meine Frage, warum er sie dann nicht mitgenommen hatte, meinte er, nicht
wegen mir, aber wegen seines Staff, sprich den Vorstandsmitgliedern, wollte
er eine strenge Trennung zwischen eben der notwendigen Dienstreise und
der privaten Besuchsmöglichkeit seiner Frau. Ich habe ihm sofort erklärt,
ohne weiteres wäre meine Frau mitgefahren, wenn er es wegen seiner Frau
gewünscht hätte. Von Eindhoven haben wir allerdings fast nichts ge-
sehen, ich habe nur den Vorschlag gemacht, bevor wir wieder auf den
Flughafen zurückfahren, sollten wir uns die Stadt zumindestens vom Auto
durch eine Rundfahrt ansehen. Eindhoven ist eine typisch erst durch
Philips gewachsene, sehr moderne holländische Stadt, mit ca. 200.000 Ein-
wohnern, 35.000 davon arbeiten bei Philips. In Eindhoven selbst sind
hauptsächlich, neben der Zentralverwaltung, Labors, Entwicklung und For-
schungsstätten, interessant aber hat Philips das System, daß auch klei-
nere Fabriken, wie z.B. auch eine Bildröhrenfabrik, die Möglichkeit für
die Forschungs- und Entwicklungsstätte haben soll, in direktem Kontakt
mit der Produktion die Schwächen von neuen Modellen oder Entwicklungen
sofort durch Direktkontakt kennenzulernen.

Philips hat außerdem zu seinem 75. Geburtstag der Stadt eine Art Museum
um 75 Mio. Gulden gespendet, 1966 eröffnet, wird es von Philips betrieben,
zeigt anhand von Modellen die Entwicklungsgeschichte der Menschheit, na-
türlich ist es eine Art Grundlagendemonstration für Sehen, Hören, Fühlen,


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Schmecken, Denken, all der dann auf diese Sinne aufbauenden Philipsge-
räte. Die Führerin hat behauptet, man müßte 15 Stunden Zeit haben, um
alle Details zu erklären und vor allem, um sich selbst anhand der vielen
Bildschirme und sonstigen Sendungen und Quiz und was man alles selbst
betätigen kann, die einzelnen Objekte demonstriert zu bekommen. Mir haben
die 50 Minuten vollauf genügt.

In Eindhoven konferierte ich außer dem Präsidenten des Vorstandes, der
im fernen Osten war, von 11 Vorstandsmitgliedern mit den 4 wichtig-
sten. Van der Lukt, ab nächstem Jahr Vizepräsident und stellvertretender
Vorstand, den ich sofort zur neuen Aufgabe gratulierte, er war sehr
überrascht, von mir zu erfahren, daß ich davon wußte, Lap hat mich ja
im Flugzeug extra darauf aufmerksam gemacht. Lukt meinte, wenn ich über
alles so gut informiert bin, dann werde ich Philips sehr genau kennen.
Jellov, der für die Telefonie zuständig war, gleichzeitig aber ganz
besonders für die Ostkontakte interessierte, Hessels, der seit 30 Jahren
des Japangeschäft macht, und Herr Evers, der für Bildröhren Zuständige,
aber kein Vorstandsmitglied.

Die Philips-Leute hatten eine eigene kleine Bildschau vorbereitet, um
anhand konkreter Unterlagen die Situation der Farbbildröhrenproduktion
zu zeigen. Die Quintessenz ist, daß die Japaner 10,9 Mio. Farbfernseher
produzieren, 4 Mio. davon exportieren sie, importiert wird nichts. Farb-
fersehbildröhren produzieren sie ab 20 Mio., 8 Mio. davon werden expor-
tiert, importiert wird wieder nichts. Philips mußte deshalb innerhalb
der letzten 2 Jahre 3 Farbfernsehbildröhrenbetriebe schließen, weitere
zwei waren Silvanie und Finfalko. Die Europäer können sich also gegen
die harte Konkurrenz der Japaner nicht durchsetzen. Strengst vertraulich
wurden uns dann die Produktionsziffern gegeben, die jetzt in Lebring
neu aufzunehmenden Größen 16 und 18 Zoll sollen mit 500.000 Stk. pro-
duziert werden, die 26 Zoll nur mehr 270.000 Stk. Der Trend geht vom
Großformat zu Mittel- und Kleinformat. Philips hat durch das starke
Drängen von GD Lap und Ettl und mit dessen Hinweis, in Österreich dann
einen entsprechenden Zollschutz für alle Bildröhren zu bekommen, die
aus Japan importiert werden sollten, diese neuen Kleinformate, 16 und
18 Zoll, aufgenommen. Philips erwartet nun, wenn die Produktion nächstes
Jahr beginnt, daß dann durch Verordnung das Finanzministerium den Zoll-
schutz auch tatsächlich einführt. Die Schwierigkeit, erklärte ich, be-
steht nicht darin, daß diese Zusage selbstverständlich eingehalten wird,
sondern daß die Firma Grundig für die nicht in Österreich produzierten
Typen unbedingt Zollfreiheit verlangen. Ein aus dem mittleren Management
anwesender Spezialist, dessen Namen ich leider nicht mitbekommen habe,


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und der mich besonders hart attackierte, er wollte unbedingt von mir eine
entsprechende dezidierte Zusage, erörterte, daß auch die EG sich gegen
dieses Zolloch aussprechen wird, und wir daher auch von dieser Seite
große Schwierigkeiten bekommen werden. Die Japaner müssen in ganz West-
europa 15 % Zoll in Kauf nehmen, wenn daher in Österreich eine solche
zollfreie Einfuhr besteht, dann wird die EG sicherlich ganz entschieden
dagegen ankämpfen. Ich habe SC Marsch sofort ersucht, er möge prüfen,
was unsere Mission in Brüssel zu diesem Problem sagt.

ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Bitte äußerst vorsichtig für mich
notwendige Informationen beschaffen.

Am wirklich interessantesten war nur die stundenlange Aussprache mit
dem Japanspezialisten Hessels. Dieser hat einmal mehr meine Auffassung
bestätigt, daß in Japan die Westeuropäer, aber auch die Amerikaner, keine
Chance haben, in diese Wirtschaft deutlich sichtbar einzudringen. Dies
gilt nicht nur allein auf dem Farbfernsehsektor, sondern ganz allgemein.
Philips ist es gelungen, seit 28 Jahren eine Firma Mesuschta mit 35 % An-
teil zu erwerben. 65 % halten die Japaner. Eine Riesen-Firma mit 2 Mrd.
$ Umsatz. 40 % Marktanteil auf dem Lichtsektor, Produktion von elektri-
schen Komponenten, Bildröhren usw. Durch seine jetzt über 30 Jahre Tätig-
keit in Japan lernt er schön langsam die Mentalität der Japaner kennen.
Trotzdem sagt er, je länger er sie kennenlernt, umso weniger versteht er
sie. Alles wird dort, wie er sich ausdrückt, in Kanälen geleitet. In
einen solchen Kanal aber kann ein Ausländer mit seinen Produkten kaum
eindringen. Die Ausländer machen überhaupt den Fehler, daß sie glauben,
wenn sie mit Japanern, die im Ausland aufgewachsen sind, die Englisch
oder eine andere Fremdsprache bestens beherrschen, und mit denen ver-
handeln, daß die in der Japanischen Gesellschaft was gelten. Wer im Aus-
land aufgewachsen ist, wer sozusagen nur von der Ferne die japanische
Erziehung mitgemacht hat, wer dann, wenn er dann noch so gut japanisch
spricht, weil es doch seine Muttersprache ist, und er sie zu Hause immer
gesprochen hat, wieder nach Japan zurückkehrt, ist ein sehr nützlicher
Dolmetsch. Mitzureden hat er aber in keinem japanischen Unternehmen und
natürlich schon gar nicht in der Bürokratie. Dieser Japaner ist und bleibt
ein Außenseiter.

Die Preispolitik der Japaner ist so ausgerichtet, daß sie womöglich ein
Monopol bilden können. Typisches Beispiel dafür die Mikroherdwellen,
die Produktion liegt heute ausschließlich in Japan, mit einer einzigen
Firma außerhalb, und zwar Philips in Amerika. Als Philips damit begonnen
hat, haben die Mikrowellenröhren 19 $ das Stück gekostet. Bei Betriebs-


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beginn, als die Amerikaner sozusagen auf dem Markt erschienen sind, haben
sie den Preis sofort auf 17 $ gesenkt. In der Zwischenzeit ist er auf
11.50 $ das Stück zurückgegangen, weil noch immer die amerikanische
Firma nicht zugrunde gegangen ist. Lange können sie es aber nicht mehr
aushalten, denn von diesen 11,50 $ kostet ihnen allein das Material 9 $.
Hessels ist fest davon überzeugt, daß, wenn dann die amerikanische Firma
geschlossen hat, natürlich die Röhrenpreise entsprechend erhöht werden.

Philips hat sich natürlich bemüht, auch in dem japanischen Wirtschafts-
reich seine Haushaltsartikel abzusetzen. Trotz heftigstem Bemühen ist
es nur geglückt, 150 bis 200.000 elektrische Rasierapparate dort zu ver-
kaufen, obwohl eindeutig auch von japanischer Seite festgestellt wird,
daß ihre Produkte die besten sind. Niemand kann aber in Großkaufhäuser
in Handelsketten usw. eindringen, dort ist das japanische Management
so mit der japanischen Produktion über japanische Banken verbunden, daß
sie gar nicht können, wenn sie überhaupt wollten, europäische Produkte
zu verkaufen. Nur bei Kaffeemaschinen gelang es ihnen, 600.000 Stk. pro
Jahr zu verkaufen, dies aber nur deshalb, weil unerklärlicherweise
Philips und Kaffee ein Synonym dort sind. Ähnlich wie bei uns in der
Vergangenheit der Kaffee und Meinl. Da die Japaner Kaffee ja früher
überhaupt nicht getrunken haben, wurde dieser Zweig von den Japanern nicht
entsprechend zeitig und nicht entsprechend genug beachtet. So war es
möglich, daß Philips sich dort eine gewisse Marktstellung aufbauen konnte.

Selbstverständlich nutzte ich auch die Gelegenheit, um über die Video-
produktion in Österreich zu sprechen, da mich bei der letzten Gemisch-
ten Kommission der Vorsitzende des Staatskomitees für Wissenschaft und
Technik, Gwischiani, um einen Kontakt mit Philips angesprochen hat, habe
ich dies neuerdings, insbesondere dem Vorstandsdirektor Jellov vorgetra-
gen. Dieser hatte bereits vor einiger Zeit eine ähnliche Information be-
kommen. Lap wurde beauftragt und wird dies sicherlich auch jetzt endlich
finalisieren, mit Gwischiani Kontakt aufzunehmen. Die bisherigen Möglich-
keiten sind an Terminschwierigkeiten gescheitert. Jellov hat mich er-
sucht, ob ich bereit bin, wenn er das nächste Mal nach Wien kommt, mit
ihm über die Ostliefermöglichkeit und Kooperation ein eingehendes Ge-
spräch zu führen, was ich natürlich sofort zugesagt habe.

Mit diesem Eindhoven-Besuch habe ich eine Verpflichtung erfüllt, gege-
benenfalls, um das österreichische Interesse an dieser Produktion zu doku-
mentieren, zu Philips nach Eindhoven, aber auch genauso zu Grundig nach
Nürnberg zu fliegen, wenn man dies wünscht. Meine klare Absicht ist, den


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Unternehmungen zu demonstrieren, daß ich für alle hier bin und daß das
Motto des Handelsministeriums nicht die Zuteilung und die Bewirtschaftung,
nicht die Preisbildung und schon gar nicht die Aufhebung eines Konkurrenz-
kampfes ist, sondern der Versuch, als ehrlicher Makler Service für die
Wirtschaft zu leisten. Ich hoffe, daß mir dies geglückt ist. Lap hat mir
beim Rückflug versichert, daß er von diesem Ergebnis überzeugt ist, und
sich vielmals bei mir für diese Reise bedankt. Ich glaube auch, daß es
für das Handelsministerium gut war, aber genauso für den Generaldirektor.

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Tagesprogramm, 19.11.1981

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Vorstandsmitgl. Philips Eindhoven [ev. Falschschreibung, ev. van der Lugt?; soll ab dem folgenden Jahr (1982) Vizepräs. werden]


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      Tätigkeit: GD Philips Österreich


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        Tätigkeit: Philips-Vorstand, Eindhoven [Schreibung?; für Telefonie zuständig]


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          Tätigkeit: Philips-Vorstand, Einhoven [Vorname ev. Lao; zuständig für Japan-Geschäft]


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            Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


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              Tätigkeit: MR HM


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                Tätigkeit: Finanzreferent von Philips


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                  Tätigkeit: Beamter HM


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                    Tätigkeit: Philips, Eindhoven [für Bildröhren zuständig, kein Vorstandsmitglied]


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