Dienstag, 4. August bis Sonntag, 9. August 81
Auf Vorschlag des Klubobmannes der SPÖ und gleichzeitig Naturfreunde-
obmann, Dr. Fischer, organisierten die Tauernkraftwerke eine Besichtigung
des Oberpinzgauprojekts. Dir. Gmeinhart hatte alle betroffenen Bürger-
meister und Gemeindevorsteher des Oberpinzgaues zu dieser Besichtigung-
stour eingeladen. Ich selbst hatte den LH Haslauer zuerst mündlich, und
dann sogar glaube ich auch schriftlich, ebenfalls zur Abgrenzungsbe-
sprechung zwischen dem Nationalpark und dem Kraftwerksprojekt der TKW
eingeladen. Haslauer bedankte sich dafür, konnte aber wegen Verpflich-
tungen bei den Salzburger Festspielen daran nicht teilnehmen und hat
seinerseits den Landesrat Oberkirchner, der auch für den Naturschutz zu-
ständig ist, beauftragt, daran teilzunehmen.
Die Begehung der sieben Täler war für mich sehr interessant. Größten-
teils waren es allerdings Befahrungen, denn die TKW hat, um Zeit zu sparen,
die zwar oft sehr schlechten Güterwege doch dazu genützt, um meistens bis
zur Talwurzel mit ihren Spezialfahrzeugen vorzudringen. Die meisten der
Güterwege werden von Interessenten-Genossenschaften mehr schlecht als
recht instandgehalten. Das große erste Interesse der Interessentenge-
nossenschaften war natürlich, daß, wenn schon die TKW dort Bachfassungen
oder irgendwelche Dämme für Staubecken errichtet, daß die TKW den Ge-
nossenschaften beitritt, und so damit bereits jetzt dann der Erhaltung
respektive dem Ausbau der Straße beteiligt ist. Ich einigte mich sofort
mit Dir. Gmeinhart, daß wir, ähnlich wie in Osttirol, größere Vorleistungen
in Form von Straßen, die auch dem Fremdenverkehr dienen könnten, er-
bringen sollten. Das wirkliche Problem ergibt sich aber gar nicht so
sehr aus der Abgrenzung der Nationalpark-Kernzone mit den Bauen der
Elektrizitätswirtschaft, sondern aus sonstigen Naturschönheiten, insbe-
sondere von Wasserfällen. Die Hohen-Tauern-Kernzone-Nordabdachung umfaßt
260 km², ein riesiges Gebiet. Die Gemeinden haben große Sorge, daß diesen
Kernzonen durch Erschließungsverbot, das den Naturschützern entspricht, aber
ihren Gemeindeinteressen und denen der Bevölkerung widerspricht. Vor allen
fürchten die Salzburger, daß die Osttiroler doch dann den Venediger mit einem
Sommerskilaufgebiet erschließen, und sie dadurch in einen ungeheuren Wett-
bewerbsnachteil kommen. Zwischen den einzelnen Ländern, insbesondere Tirol
und Salzburg, wird daher die Abgrenzung und die beabsichtigte Erschließung
noch eine große Streitfrage bleiben. Kärnten ist ja aus diesem Streit
insoferne ausgeschieden, als es jetzt endgültig, wie die Nationalpark-
vertreter allerdings sagen, wesentlich kleineres Gebiet als vorgesehen
zur Kernzone machen möchte, respektive durch Landesgesetz schon in Angriff
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genommen hat. Der Streit wird jetzt insbesondere zwischen den LH Wall-
nöfer und Haslauer auszutragen sein. Da die TKW in Osttirol und Salzburg
entsprechende Projekte verwirklichen will, wird es nicht zuletzt am ge-
schickten taktischen Verhalten von Gmeinhart liegen, wie er diesen Pro-
jekten in der Südabdachung und der Nordabdachung, also in Osttirol und
Salzburg, entgegentritt. Gmeinhart macht dies mit den Bürgermeistern und
den Betroffenen sehr geschickt. Er ist verhandlungstechnisch sehr beweg-
lich, legt sich von vornherein nicht fest und geht den Problemen bis in
die Einzelheiten auf den Grund. Ich erklärte ihm einmal mehr, daß ich
voll hinter ihm stehe, und daß wir nur taktisch geschickt vorgehen müssen.
In den Streit der Länder respektive Gemeinden werden wir uns nicht ein-
mischen. Das erklärte Ziel der TKW muß sein, Kompromißlösungen anzubieten,
die eben alle akzeptieren können.
Am interessantesten bei diesen ganzen Talbegehungen war die am ersten
Tag von den TKW-Leuten wirklich erstmalig durchgeführte Begehung der
Bachfassungen für den Mühlbach. Angeblich hatte kein TKWler bis jetzt, der
an dieser Begehung mitgewirkt hat, das Tal gesehen. Alle waren daher na-
türlich interessiert, beim Aufstieg eine Stelle zu finden, wo die beste
Bachfassung angebracht werden könnte. Der Hydrologe sorgte sich um die
optimalste Wasserfassung, der Geologe wieder um eine Stelle, wo er die
geringsten Stollenführungsschwierigkeiten erwarten konnte. Zuerst wurde
durch die Schuttkegel kaum ein erträglicher Standort gefunden.
Zuletzt wurde dann aber dann im idealen Höhenbereich eine Felssteilstufe
des Baches entdeckt, der sich direkt, wirklich auch für mich als Laien,
als Bachfassung anbot. Die Frage, die sich nur ergibt, kann bis jetzt mit
den örtlichen Gegebenheiten und den Behörden auch dort fixiert werden.
Die einzelnen Täler sind mehr oder minder von den Touristen, wie ich mich
selbst davon überzeugen konnte, als Nahausflugsbereich sehr beliebt. Die
20 km Anmarschwege zum Venediger aber, respektive zu den anderen hohen
Tauerngipfeln mit entsprechender Übernachtung auf den Schutzhütten, wird
schon nur von einem wesentlich geringeren Gästeanteil frequentiert. Hier
würde, wenn tatsächlich dieses Projekt, und insbesondere die Straßen, dann
für den öffentlichen Verkehr doch freigegeben werden, wahrscheinlich eine
wesentlich größere Anzahl von Gästen diese Täler dann frequentieren,
respektive schon allein wegen dem Hüttenstempel und den Wandernadeln
dann auch höhere Regionen von Urlaubern besucht werden.
Die einzelnen Gemeinden haben natürlich einzelne Wünsche. Die ärmste
aller Gemeinden in diesem Gebiet ist Hollersbach, mit einem Budget von
5,5 Mio. hat er überhaupt nur mehr 1,5 Mio. frei, alles andere ist
durch Kreditrückzahlung und fixe Ausgaben gebunden. Die Verschuldung
der Gemeinde ist enorm. Die Gemeindeaufsichtsbehörde würde keinerlei
zusätzliche Kredite mehr genehmigen. Der Bürgermeister meint aber, sie
bräuchten auch, so wie die anderen Pinzgauer Gemeinden, Tennisplätze,
Badeeinrichtungen usw. Ich habe ihm zwar keinerlei Zusagen gemacht, aber
vorgeschlagen, er soll einmal seine Wünsche zusammenschreiben und mir
mitteilen.
Die Gemeinde Neukirchen
gegenüberliegenden Wildkogels durch Sessellift die Wintersaison wesent-
lich verbessert. Für den Sommer bräuchten sie aber noch Allwetterein-
richtungen, insbesondere eine Tennishalle. Tennisplätze und andere Ein-
richtungen wurden durch das Handelsministerium, Zinsenzuschußaktion, schon
unterstützt. Auch hier habe ich dem Bürgermeister vorgeschlagen, ent-
sprechende Ansuchen an das Handelsministerium zu richten, da gerade für
Allwettereinrichtungen sicherlich Zuschüsse gegeben werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte diesen Briefen besonderes Augenmerk zu-
wenden.
Der Bürgermeister der Gemeinde Bramberg, Nindl, hat besonders zwei große
Anliegen. Bramberg möchte sich an der Wildkogelaufschließung beteiligen.
Auf ihrem Gemeindegebiet soll daher ein Lift um 70 Mio. S errichtet werden.
20 Mio. würde die Bramberger Freizeit- und Liftanlagen Ges.m.b.H. auf-
bringen. Der Rest müßte durch Fremdmittel finanziert werden. Hier habe
ich insbesondere auf die Beteiligung des Landes verwiesen und gleichzei-
tig aufmerksam gemacht, daß die Kompetenz beim Verkehrsminister liegt.
Ich selbst habe nur zugesagt, dieses Projekt dem Verkehrsminister zu
empfehlen.
ANMERKUNG FÜR SC JAGODA UND HAFFNER: Bitte die Abteilung soll mit dem
Verkehrsministerium diesbezüglich kontaktieren.
In der Gemeinde Bramberg liegt das berühmte Habachtal
Urzeiten die schönsten Halbedelsteine gefunden. Insbesondere wurde bis
vor nicht allzulanger Zeit noch nach Smaragden bergmännisch geschürft.
Jetzt hat dieses Schürfrecht ein Deutscher, Dr. Max Gaab aus München,
erhalten. Wie mir die Alpler dort erklärten, wird auch gelegentlich
am Wochenende von einem Wiener in dem aufgelassenen Bergwerk weiter-
geschürft. Die Gemeinde hätte aber größtes Interesse, wie der Bürger-
meister Dr. Nindl mir dezidiert erklärte, das Schürfrecht selbst zu be-
kommen. Wahrscheinlich beabsichtigt er, daß er dieses dann fremdenver-
kehrsmäßig nützen könnte. Ich versprach ihm, den Salzburger Berghaupt-
mann zu ersuchen, sich mit Bürgermeister Nindl ins Einvernehmen zu
setzten, damit eine Möglichkeit besteht, seinen Wunsch zu prüfen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Ich möchte mit MR Sterk und anschließend mit
Berghauptmann von Salzburg sprechen.
Allgemein geklagt wurde über die 40.000-S-Grenze für Privatzimmerver-
mieter. Immer mehr erreichen diese Grenze, und es kommt dann unwillkür-
lich zum Versuch, die Gäste nicht mehr den Gemeinden zu melden, um eben
unter dieser 40.000-S-Grenze zu bleiben. Ich versprach, diesbezüglich
mit Finanzminister Salcher neuerlich zu kontaktieren. Mir erscheint es
dringend notwendig, daß man diese Grenze tatsächlich erhöht.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit MR Würzl verbinden.
Klage wurde auch geführt, daß das Statistische Zentralamt zweimal im
Jahr eine Bettenerhebung veranlaßt, die von den Betroffenen als Schikane
betrachtet wird. Einmal im Jahr würde es vollkommen genügen, da sich
keinesfalls so große Differenzen ergeben. Hier habe ich keinerlei Zu-
sagen gemacht, weil ich nicht genau weiß, warum das Statistische Zentral-
amt zweimal jährlich erhebt. Ich versprach nur, die Frage genau prüfen
zu lassen.
ANMERKUNG FÜR BUCHAUER: Unser neuer Mann in der Grundsatzabteilung, der
vom Statistischen Zentralamt kommt, soll dies überprüfen.
Gmeinhart, aber auch der zweite Direktor Kandolf der TKW teilten mir mit,
daß jetzt alle Beschlüsse bezüglich des Baues von Zillergründl gefaßt
wären. Statt 980.000 m³ müßten jetzt 1,300.000 m³ Beton eingebracht
werden, dadurch verteuert sich das Projekt von 5,6 Mrd. S auf 6 Mrd. 750 Mio.,
Preisbasis Herbst 1980. In dieser Summe ist eine Reserve von 500 Mio.
eingebaut. Trotzdem fürchte ich, wird dieses Kraftwerk an die 8 Mrd. S
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mindestens kosten. Ähnlich wie beim Maltakraftwerk allerdings wird,
wenn es dann fertig sein wird, nach ein paar Jahren niemand mehr über
die doch verhältnismäßig großen Kapitalmengen reden, die aufgebracht
werden müssen. Das Betrübliche bei diesem Projekt ist ja, daß die EVS
Energieversorgung Schwaben durch den seinerzeitigen Vertrag an diesen
Mehrkosten nicht beteiligt ist. 15 Jahre bekommt sie 50 % des erzeugten
Stromes für eine Beteiligung von 670.000 Mio. DM . Von dieser Summe sind
nurmehr 110 Mio. offen, alles andere ist zinsgünstig angelegt, so daß
82 300 Mio. S Zinsenertrag der TKW respektive Verbundgesellschaft er-
wachsen sind. Kandolf hat angeblich der Verbundgesellschaft 77 vorge-
schlagen, man sollte mit der EVS dieselbe Konstruktion wählen, wie die
TIWAG mit den Bayernkraftwerken. Die TIWAG hat Selbstkosten inklusive
eines Gewinnanteils vereinbart. Derzeit würde EVS für diesen Spitzen-
strom, wenn er schon erzeugt würde, gegen Devisen 1,50 S/kWh bezahlen
müssen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte nächstes Jour fixe mit Fremuth setzen.
Bei meiner Rückkehr am Freitag abends habe ich dann ein wenig umständ-
lich, aber letzten Endes doch noch zeitgerecht, die umfangreichen Unter-
lagen für das Pressegespräch vorgefunden. Wie sich dann allerdings beim
Pressegespräch herausstellt, hat man sich überhaupt nur für die Energie-
fragen interessiert. Einleitend hat zwar der Leiter der Diskussion,
Weißenberger, einen Teil meiner Kompetenzen, von Energie, Außenhandel,
Preise, Fremdenverkehr usw. aufgezählt, die Redakteure haben sich aber
sofort auf die Energiefrage gestürzt und sind eigentlich nie mehr davon
weggekommen. Da es eine Affenhitze, im Osten Österreichs zumindestens,
gehabt hat, im Westen soll es angeblich schon geregnet haben, bin ich
überzeugt, hat diese Sendung ja fast niemand gesehen. Einleitend wollte
Weißenberger von mir schon wissen, ob ich nicht nach 11 Jahren Handels-
ministertätigkeit schon amtsmüde bin, da sich die anderen aber sofort
auf die Energiefragen stürzten, mußte ich diese Frage nicht beantworten.
Zum Schluß hat er sie dann neuerdings wiederholt, bei dieser Gelegenheit
konnte ich meine grundsätzliche Stellungnahme klar und deutlich abgeben.
Ich bin nicht amtsmüde, aber es liegt auch nicht an mir, wie lange ich
noch Minister bin. In unserer Partei und noch viel mehr in der Gewerk-
schaftsbewegung, wird man in eine Funktion berufen und hat sie solange
auszuüben, bis man eben wieder abberufen wird. Eigentlich hatte ich er-
wartet, daß es bei dieser Diskussion zu einer auch sonst üblichen Frage
kommt, was ich in Zukunft eventuell noch beabsichtige, respektive wie
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ich zu Plänen und Absichten anderer Ministerkollegen stehe. Ich war
persönlich sehr froh, daß mir dies alles erspart blieb, sicherlich
hätte ich mich auf genauso lockere Art, wie ich auch die Probleme
meiner Amtsmüdigkeit dort behandelt habe, mich herausgeredet, mir hat
eigentlich schon der versteckte Angriff von Redakteur Steininger,
Salzburger Nachrichten, genügt, der zugeben mußte, daß er zwar nicht
von BK Kreisky, aber sicherlich aus seiner Umgebung verständigt wurde,
daß Kreisky die Benzinpreisfrage an sich ziehen wird. Dies hat letzten
Endes, davon bin ich fest überzeugt, zu diesen sehr negativen Kritiken
in den Zeitungen geführt. Ähnlich wie 1973 bei der ersten Energiekrise,
wo er auch mich zu gewissen Maßnahmen indirekt veranlassen wollte, die
ich aber ablehnte, hat es diesmal wieder zumindestens den Redakteuren
gegenüber den Anschein, als würde ich aus Unfähigkeit von Kreisky
kritisiert. Die wirklich große Differenz ist damals genau wie heute,
daß ich versuche, mit Gewerkschaftsbund und auch den anderen Interessen-
vertretungen darüber einen Konsens zu erzielen. Ich teile nicht die
Meinung anderer, hier müßte ich regieren, sozusagen den starken Mann
spielen. Diese Konsenspolitik und das war auch der Sukkus meiner Stunden-
diskussion, war und ist meine Politik, auch dann, wenn sie mühsam und
meistens sogar sehr schwierig durchzuführen ist. Ich habe dies 11 Jahre
getan und werde dies sicherlich auch noch die restliche Zeit meiner
Ministerschaft praktizieren.
Tagesprogramm, 4.-7.8.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesprogramm, 9.8.1981