Freitag, 3. Juli 1981
In der Lebensmittelarbeitergewerkschaft will man von mir wissen, ob
es möglich ist, daß die deutsche Firma Fischer Consulting International
einen österreichischen Staatspreis für die Rationalisierung einer
Schuhfabrik bekommen hat. Die Firma ist derzeit bei der Brau AG, und
zwar dem Betrieb in Stiegl Salzburg, um auch dort entsprechende Rationa-
lisierungsvorschläge auszuarbeiten.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wer kennt diese Firma? Hat sie einen Staats-
preis bekommen?
Bei der letzten Schulung von jungen Beamten haben diese in der Gruppen-
arbeit auch graphisch ihre bisherigen Erfahrungen in Zeichnungen fest-
gehalten. Ich bespreche mit einer kleineren Delegation zwei Kollegen
und einer Kollegin ihre Probleme. Interessant für mich ist, daß es
auch innerhalb der jungen Beamten, die in zwei Kursen bis jetzt ge-
schult wurden und wo wir jetzt einen gemeinsamen Auffrischungskurs
machen wollen, zwischen den beiden Kursen es zu keiner richtiggehenden
Verschmelzung kommt. Schon die verhältnismäßig kurzen Einführungskurse
führen dazu, daß sich eine eigene Gruppe der jeweiligen Teilnehmer
herauskristallisiert.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte auf diese Entwicklung besonders achten.
Der sowjetische Sektionschef Simakow und eine 5-köpfige Delegation ver-
handelt mit MR Fälbl und MR Pschorn über die Konkretisierung des für
die 80-er Jahre abgeschlossenen 10 Jahres erweiterten Wirtschaftsprogrammes zwischen Österreich und der Sowjetunion. Ich nütze die Gelegen-
heit, um auf die große Diskrepanz der Handelsbilanz, im vorigen Jahr
13 Mrd. S Import mit 30 % Steigerung, 6 Mrd. Export mit 10 % Verminderung,
hinzuweisen. In den ersten Monaten des Jahres 81 kann man ca. eine gleich-
mäßige 50 %-ige Export- und Importsteigerung feststellen, allerdings
von einem fast unerträglichen Basisjahr 80. Simakow unterstreicht, daß
dieses nicht als Basisjahr dienen dürfe, da es für die SU äußerst gün-
stig diese Entwicklung, aber von der SU nicht angestrebt wurde. Er
hätte mit ersten Vizeminister Komarow und dieser mit dem Ministerpräsi-
denten Tichonow verhandelt, damit jetzt Schiffe, Ausrüstungen usw. ge-
kauft werden können.
Als weiteres Problem verweise ich auf die jetzt in Stocken geratenen
Verhandlungen über die große Erdgaslieferung, 40 Mrd. m³ für Westeuropa
mit einem ca. 10 %-igen Anteil für Österreich. Die Kreditfrage und der
Preis müßten jetzt meiner Meinung nach von der SU durch entsprechende
vernünftige Anbote so schnell als möglich beschlossen werden. Simakow
verweist darauf, daß derzeit in Paris verhandelt wird, dann wird noch
einmal in Italien und in Deutschland diese Frage von einer neuerlichen
sowjetischen Delegation angeschnitten. Die Idee, daß das österreichi-
sche Kreditabkommen, 10 Mrd. S, nur zu 20 % ausgenützt, erweitert und ver-
längert, sowie für die Gaslieferung herangezogen werden könnte, lehne
ich auf das entschiedenste ab. Die Kontrollbank hat mit der sowjetischen
Außenhandelsbank stets einen eigenen Kreditrahmen für Gas-Röhrengeschäf-
te vereinbart.
Fälbl ersucht mich, ich soll auch Simakow noch auf die österreichischen
Verhandlungen mit Libyen bezüglich eines Planungsauftrages für Errich-
tung eines Kernkraftwerkes, das letzten Endes die Sowjets liefern werden,
besonders aufmerksam machen. Dieser wußte davon gar nichts, nebenbei
bemerkt genauso wenig wie ich, und erklärte nur, er wird in Moskau be-
richten. Fälbl hat diesen Wunsch, auf den die Handelskammer größten
Wert legt, daß die Sowjets davon erfahren, auf Wunsch von Austroplan
über mich den Sowjets mitgeteilt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was wissen wir von dieser Kernkraftwerkplanungs-
aktion?
Bei der Sitzung in der WLV hat Staatssekretär Albrecht dankenswerter-
weise den Vorsitz übernommen. Diesmal steht die Ernährungswirtschafts-
vorbereitung der Länder und des Landwirtschaftsministeriums zur Diskus-
sion. Einleitend verweise ich darauf, daß jetzt ein Punkt der WLV, ein
Rohstoffkonzept vom Handelsministerium ausgearbeitet wurde und der
Presse vorgestellt. Da die Ländervertreter und auch die Parteienver-
treter im WLV-Ausschuß diese Unterlagen nicht besitzen, verteilen wir
sofort die restlich noch vorhandenen Exemplare, bevor die gedruckten
Exemplare zur Verfügung stehen werden. Desweiteren informiere ich die
Landesvertreter, aber vor allem die drei Sprecher der Parteien im Na-
tionalrat, Mondl, Ermacora, Josseck, über die beabsichtigte Kohlenbe-
vorratung. Dieser Bericht wird auch zustimmend zur Kenntnis genommen.
NR Ermacora meint nur, es wäre vielleicht zweckmäßig, wie dies auch
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bei der zivilen Landesverteidigung geschehen ist, mit den Ländern über
die Kompetenzabgrenzung zu verhandeln und gleichzeitig die Länder be-
treffende Kompetenz durch Koordination zwischen Bund und Land und da-
durch eine Artikel-15a-Lösung notwendig machen könnte. Dieselbe möch-
te er in der WLV anwenden. Der SPÖ-Wehrsprecher Mondl meint sogar, es
wäre vielleicht zweckmäßig eine Enquete über die Verfassungsfrage mit
dem Handel und Landesverteidigungsausschuß im Parlament gemeinsam durch-
zuführen. Diesen Vorschlag werde ich mit dem SPÖ-Klubobmann noch be-
sprechen. Die Ländervertreter lehnen eine solche verfassungsrechtliche
Grunddiskussion für die WLV als nicht notwendig ab. In der WLV sind
klare Kompetenzverhältnisse als dies bei der zivilen Landesverteidi-
gung der Fall ist.
Die Wehrsprecher könnten sich nach Meinung Prof. Ermacora sich bei der
WLV koordinierend einschalten, wenn sie entsprechend informiert wären.
Ich sage Ermacora und den beiden anderen sofort zu, ihnen bezüglich
der Verhandlungen über die Energieversorgung, Energiesicherungsgesetz,
aber auch bezüglich des Unterausschusses über die Atomkraft einen
entsprechenden Bericht zukommen zu lassen. Ich bin zwar persönlich
fest davon überzeugt, daß Ermacora mir nicht im entferntesten im Parla-
ment in diesen Materien helfen kann, doch kann es sicherlich nicht
schaden, wenn er auch innerhalb der ÖVP auf die Notwendigkeit einer auch
von der WLV notwendigen Reform der Energiesicherung hinweist.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte entsprechende Briefe mit den Beilagen
über unsere bisherigen Vorschläge für die Wehrsprecher von Zluwa aus-
arbeiten lassen.
Der langjährige Präsident des Statistischen Zentralamtes, Bosse, geht
jetzt nach 1 1/2 Jahre Verlängerung in den Ruhestand. Die Verlängerung
hat er deshalb bekommen, weil jetzt eine Volkszählung vorbereitet wird.
Überrascht bin ich von ihm zu erfahren, daß Dr. Schmidl, der in der
Volkszählung eine führende Stellung einnimmt, scheinbar vom Bundes-
kanzler jetzt als Präsident des Statistischen Zentralamtes ernannt
werden soll. Soweit ich Schmidl aus meiner AK-Tätigkeit kenne, mag
er ein guter Beamter sein, vergleichbar unserem früheren Präsidenten
des Patentamtes Thaler, wie sehr gerade die Präsidenten solcher Organi-
sationen aber für das Ansehen eines Amtes von Bedeutung sind, hat auf
dem Patentamtsektor Präs. Leberl gezeigt.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND BURIAN: Wißt ihr etwas über die Bestellung?
Die BRO von Elin, Siemens, BBC und EBG, also alle Elektroinstallations-
firmen, beschweren sich bitter bei mir, daß die NEWAG ihre Netztrafos
in Frankreich kauft. Auch die OKA hat jetzt in Belgien einen 17.500
MVA bestellt, nur weil er angeblich um 10 % billiger ist als der öster-
reichische Einkaufspreis. Der NEWAG-Auftrag, wenn er an Frankreich ver-
geben würde, würde einen Jahresbedarf dieser E-Gesellschaft decken. Mit
Recht verweisen diese Metallarbeiter darauf, daß die E-Wirtschaft ein
Monopolbetrieb ist und man erwartet, daß sie österreichische Firmen
beschäftigt. MR Gröger wird dies sofort untersuchen und ich werde ge-
gebenenfalls mit GD Gruber persönlich verhandeln.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte einen Brief an die NEWAG mit Gröger und
E-Sektion besprechen.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB einigen wir uns über die
treidepreis ergebende Mehl- und Brotpreiserhöhung. Im Prinzip stimmt
die AK zu, daß diesmal der Brotpreis nicht um 60 Groschen, sondern um
70 Groschen, genauso wie der Mehlpreis statt 50 offenes, 60 Groschen
verpacktes Mehl um 70 Groschen erhöht werden könnte.
Bezüglich der Benzinpreiserhöhung gibt es drei Varianten. Zöllner möchte
nur 40 Groschen, die Ölindustrie verlangt 60, ein Kompromiß wäre 50
Groschen. Dieselkraftstoff will die AK und ÖGB 30 Groschen, die Ölwirt-
schaft denkt an 50 Groschen, dieser Betrag wird sicherlich aber nicht
herauskommen. Für Heizöl extraleicht möchte Zöllner sogar 30 Groschen
geben, was auch die Ölwirtschaft verlangt, wahrscheinlich sollen es
aber nur 20 Groschen werden. Die größte Differenz mit Zöllner gibt es,
daß dieser für Heizöl schwer derzeit keine Erhöhung genehmigen möchte,
die Ölwirtschaft aber mindestens 200 S mehr verlangt. Der Zöllner-An-
satz bringt 116 S Mehrerlös pro Tonne Rohöl, der Vermittlungsvorschlag
der sonstigen AK-Vertreter und auch des Gewerkschaftsbundes wären 180
S. Dieser Betrag wird vollkommen unzulänglich bei den bisherigen klei-
nen Gesprächen, die die Ölwirtschaft mit AK und ÖGB führte, bezeichnet
Ich erklärte rundweg, mir ist jede Lösung recht, wenn es nur zu einer
einvernehmlichen Regelung kommt, die irgendwann nächste Woche beschlos-
sen werden könnte. Eine lange Diskussion ergibt sich dann noch, ob dies
vor dem Mittwoch-Stichtag der Indexpreiserhöhung für Juli erfolgen
sollte. Dr. Kienzl ist schwer dagegen, Mag. Tumpel vom ÖGB dafür. Angeb-
lich hat Benya dies besonders verlangt, weil er optisch eine Angleichung
an den Oktober 8 % oder sogar mehr steigenden Index wünscht. Kienzl
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vertritt mit Recht den Standpunkt, je später diese Benzinpreiserhöhung
in Kraft tritt, umso geringer wird die Jahresdurchschnittssteigerung
des Verbraucherpreisindex. Ich empfehle den beiden, da ja Kienzl als
der Ratschlaggeber für Benya im ÖGB agiert, sich mit Benya über den
Termin abzustimmen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Kurzel soll so bald als möglich versuchen eine
einvernehmliche Regelung herbeizuführen.
GD Kienzl berichtet, daß die Kreditinstitute, insbesondere die GZ, sehr
illiquide sind. Die Devisenreserven haben jetzt wieder 44 Mrd. erreicht.
Durch den Zustrom der Fremdenverkehrsdeviseneinnahmen wird die DM von
7,05 wahrscheinlich von 7,03 fallen. Der $-Kurs bleibt nach wie vor
weiterhin sehr stark. Das Leistungsbilanzdefizit ist wesentlich günsti-
ger als prognostiziert und wird heuer 15 Mrd. betragen. Es gibt eine
längere Debatte über die Prognosen resp. über die österreichische
Prognosetechnik. Zum Schluß zitiert Kienzl den sehr gescheiten öster-
reichischen Wirtschaftsjournalisten Horst Knapp, erfahrene Propheten war-
ten die Ereignisse ab.
Mit den Vertretern der Landwirtschaftskammer, Präs. der Präsidentenkon-
ferenz Lehner und Präs. der NÖ LK Bierbaum sowie dem später dazukommen-
den AK-Vertreter Blaha gibt es mit Haiden und mir und den Beamten eine
lange Diskussion über die Getreidepreise. Manchmal scheinen die Ver-
handlungen zu scheitern, weil z.B. Bierbaum erklärt, da müsse man halt
nächste Woche weiterverhandeln, obwohl Landwirtschaftsminister Haiden
nicht hier ist. Haiden, der nach Skandinavien, dann nach Paris zur neuen
Landwirtschaftsministerin fährt, übrigens dann auch mit dem neuen EG-
Kommissar für Landwirtschaft verhandeln will, fühlt sich persönlich
angegriffen. Letzten Endes gelingt es dann doch zu einem Kompromiß zu
kommen, dem allerdings erst der Finanzminister zustimmen müßte. Diesen
können wir leider den ganzen Tag nicht erreichen. Sein Büro wußte nur,
daß er zur Vorstellung der 500-Schilling-Münze zum Gedenken an Otto
Bauer eine Pressekonferenz einberufen hat. Da dies nicht im Finanzmini-
sterium erfolgt, sondern, wie ich später feststellte, in der Arbeiterge-
schichteausstellung, konnte man ihn dort scheinbar auch telefonisch nicht
informieren. Die Einigung vorbehaltlich der Zustimmung des Finanzmini-
ster lautet, daß wir den Weizen- und Roggenpreis um 15 1/2 Groschen er-
höhen, 7 1/2 Groschen muß der Bauer davon Verwertungsbeitragserhöhung
bezahlen, so daß ihm netto 8 Groschen bleiben. 1/2 Groschen, um auf die
20 Groschen Verwertungsbeitrag für Brotgetreide zu kommen, soll jetzt
von der 1 1/2 Groschen vorgesehenen Getreideaufkaufsspanne wieder weg-
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genommen werden.
Die Durchrechnung für diese Getreidepreiserhöhung, dann natürlich inkl.
der Erhöhung der Löhne, für die Mühlen und Bäcker sowie der Handelsspan-
ne um 0,25 % dürfe trotzdem nicht mehr als eine 70 Groschen Mehl- und
Brotpreiserhöhung ergeben. Dies setzt die AK für ihre Zustimmung vor-
aus. Für MR Kurzel als Leiter der Preisbehörde sowie allen anderen An-
wesenden wird diese Möglichkeit bestätigt.
Der Gerstepreis wird um 8 Groschen, der Maispreis um 11 Groschen er-
höht, wobei gleichzeitig jeweils 3 Groschen für die Verwertungsbei-
träge abgezogen werden. Die Landwirtschaftskammer verlangt eine stärkere
Anhebung des Maispreises, um diesen, als weitere Etappe den Gersten-
preis anzugleichen. Auch im Vorjahr wurde der Gerstepreis nur um 6
Groschen erhöht, der Maispreis um 10 Groschen. Dadurch wird die der-
zeit bestehende Differenz von 10 Groschen zwischen Gerste und Mais auf
7 Groschen reduziert. Das Maissperrlager wird vollkommen aufgelassen,
das Sperrlager für Gerste von 79 % im Vorjahr auf 55 % der Ernte re-
duziert. Dadurch erspart sich der Finanzminister , der annähernd den
selben Betrag wie die Erhöhung der Zinsbelastung von 9 1/2 auf 12 %
ausmachen wird. Ein Akkord ist nur zu erzielen, wenn Salcher bereit ist
diese höheren Zinsen in die Qualitätsweizenaktion aufzunehmen. MR
Schultes vom Finanzministerium konnte dem nicht zustimmen, da eine
solche Entscheidung nur der Finanzminister selbst treffen kann. Er meint
aber, er könne sich eine solche Lösung vorstellen, obwohl das Finanzmini-
sterium gehofft hat, dieser Getreidepreisregelung über 200 Mio. S
Stützungsmittel sich zu ersparen. Landwirtschaftsminister Haiden er-
klärt, daß dies vollkommen undenkbar sei. Schultes verweist mit Recht
darauf, daß es dem Finanzminister derzeit ankommt, wie er überhaupt
das Budgetdefizit des nächsten Jahres finanzieren kann. Erst in zweiter
Linie ist es entscheidend, wie die einzelnen Ressort ihre Budgetbedürf-
nisse befriedigen können. Salcher ist sicher in einer schlechten Po-
sition, wird aber, fürchte ich, in diesem Fall nachgehen müssen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Salcher verbinden.
Tagesprogramm, 3.7.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)