Freitag, 26. Juni 1981
Nach monatelangen Verhandlungen mit der RAG ist es endlich gelungen,
die Aufschließungsverträge abzuschließen. Ich bin fest davon über-
zeugt, hätten wir nicht die Erhöhung des inländischen Gaspreises,
den die RAG sowie die ÖMV dringend wünscht, sicherlich aber nicht
braucht, mit der Vertragsunterzeichnung junktimiert, wir wären jetzt
noch zu keinem Ende gekommen. GD Schachinger hat daher in seiner
Ansprache auch darauf verwiesen, daß dies und vieles andere auch
taktische Manöver waren, die sich bei einer Vertragsverhandlung eben
ergeben. Jetzt erwartet die RAG, daß es endlich zu einer Lösung auch
dieses Problems kommt.
Schon bei der inoffiziellen Begrüßung der Generaldirektoren von
Mobil und Shell, den Besitzern der RAG, habe ich ironisch gemeint,
ob sie sich überhaupt noch mit einem Preistreiber zusammensetzen.
Gestern hatte Grabher-Meyer, ein FPÖ-Abgeordneter, mich wegen der
Benzinpreiserhöhungen als Preistreiber Nummer eins bezeichnet. Zu-
erst glaubte ich, daß es sich hier um einen Ausrutscher eines unbe-
deutenden FPÖ-Abgeordneten handelt. Zu meiner größten Überraschung
mußte ich heute feststellen, daß Klubobmann Peter von der FPÖ genau
dieselbe Beschuldigung vorbrachte. Ich werde daher der Ölindustrie
spüren lassen, daß, wenn jetzt die Freiheitliche Partei, die letzten
Endes über die Industriellenvereinigung, nicht zuletzt auch von der
Ölindustrie finanziert wird, wegen meines Bestrebens, in der Benzin-
preiserhöhung einen Konsens unter allen zu erzielen, so wertet,
daß ich an einer Erledigung des Benzinpreises gar kein besonderes
Interesse jetzt zeigen werde.
Der Vertreter des FWV in Fotografeninnung, Woditzka, wollte mit
Innungsleuten bei mir verhindern, daß ein Pressefotograf Kramreiter,
im Berufungsverfahren einen Dispens von der Prüfung bekommt und da-
durch Innungsmitglied und härtester Konkurrent wird. Tatsache ist,
daß ein amtsärztliches Gutachten zweimal festgestellt hat, daß er
krankheitshalber die Prüfung nicht machen kann. Daran fühlt sich
SC Jagoda mit Recht gebunden. Daß Kramreiter gleichzeitig auch
einen Führerschein hat und Auto fahren darf, ist für uns uninteressant.
Wenn die Innung dies der Verkehrsbehörde mitteilt, wird diese viel-
leicht daraus Konsequenzen ziehen. Sicher ist, daß jetzt vielleicht
etliche Pressefotografen, die nur Anmeldungsgewerbe sind, jetzt
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ebenfalls Innungsmitglieder mit Dispens werden wollen. Unwahrschein-
lich wie auch immer in der Gewerbeordnung vereinzelt zumindestens
Probleme bei der Gewerbeerlangung existieren. Jagoda nimmt hier die
einzig richtige Haltung ein und versucht soweit wie möglich eine
liberale Auslegung.
Im Integrationsausschuß hat die sozialistische Fraktion, aber auch
ich sehr überrascht, daß die ÖVP zum ersten Mal den Integrations-
bericht ablehnte. Vorher wurde einmal mehr von allen Rednern der
ÖVP-Fraktion, aber auch vom FPÖ-Abgeordneten Grabher-Meyer, der
mangelnde Fortschritt in der Integration besonders auf dem land-
wirtschaftlichen Sektor kritisiert. Die ÖVP-Abgeordneten erwarten,
daß die Europäische Gemeinschaft entsprechend den österr. Wünschen,
wie höhere Exportkontingente bei Rindern, bessere Erlöse durch
geringere Abschöpfung usw., erfüllt. Grabher-Meyer wieder wollte für
die finanzielle Unterstützung der EG in unseren Autobahnausbau, daß
wir ein ganzes Paket, natürlich mit entsprechenden Anboten Österreichs,
der EG übergeben. Die österr. Parlamentarier hatten eine Delegation
nach Brüssel geschickt und dort hatte der neue griechische Kommissar,
eben weil Griechenland an einer Verkehrslösung, höheren Kontingenten,
Erhöhung der Höchstschwergewichte der Lastkraftwagen, Bau der Straßen-
abgabe brennendst interessiert ist, eine solche Paketlösung vorge-
schlagen. Nachdem ich all diese Fragen, wie ich glaube, befriedigend
beantwortet habe, hatte dann die ÖVP-Abgeordnete Marga Hubinek zwar
erklärt, der Bericht sei von den Beamten sachlich sehr gut ausgear-
beitet, aber durch die schlechte Regierungspolitik bedingt müsse
die ÖVP trotzdem ablehnen. Deutlich zu erkennen ist für mich die
neue Taktik der ÖVP-Fraktion, mehr auf Konfrontationskurs zu gehen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Das nächste Mal müssen wir sozialistischen
Abgeordneten mehr Diskussionsmaterial zur Verfügung stellen.
Der Präs. d. Auslandsösterreicher Bernardin, gleichzeitig Direktor
von Triumph in Portugal, hat mit Ges. Buchauer über die Möglichkeit
eines besseren Informationsdienstes für Österreich das Gespräch
begonnen. Buchauer schwebt vor, ähnlich wie dies in Großbritannien
selbstverständlich ist, daß Erfahrungen oder Informationen den Be-
hörden gemeldet werden oder zumindestens auf Anfrage der Betreffende
sich für diese Informationen zur Verfügung stellt. Mit Recht hat
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Bernardin gefragt, wie dies mit den österr. Handelsdelegierten abge-
stimmt werden kann. Ich beruhigte ihn und sagte, daß diese Aktion
nicht gegen die HK gerichtet ist, sondern daß sogar, wie Buchauer
mitteilte, diese Idee vom außenhandelszuständigen Abteilungsleiter
Dr. Gleißner stammt. Bernardin wird dieses Problem mit seinem Ver-
einsvorstand besprechen und uns dann Bescheid sagen.
Ich selbst nutzte die Gelegenheit, Bernardin mitzuteilen, daß ich
enttäuscht bin, daß die österr. Unternehmer an dem EFTA-Portugal-
Fonds mit 100 Mio. $ in einem sehr geringen Ausmaß partizipieren.
Ich hatte mich persönlich dafür stark gemacht und tatsächlich gegen
alle anderen Staaten in der EFTA diese 100 Mio. $ durchgesetzt.
Österreich trägt aufgrund seines perzentuellen Anteiles ca. 15 %
dazu bei. Nicht einmal ein Drittel haben österr. Firmen die Export-
möglichkeit von Investitionen oder Anlagen für Portugal genützt.
Bernardin wird dies mit den Handelsdelegierten besprechen.
Der jugoslawische Botschafter wird in kürzester Zeit nach Belgrad
zurückkehren. Er verwies besonders darauf, daß vor ein paar Tagen
eine Aussprache zwischen dem Ministerpräs. Sloweniens, Semjevic, und
LH Wagner erfolgte, die sehr positiv verlaufen ist. Offen ist
noch immer die Entscheidung der Jugoslawen wegen des Karawanken-
Tunnels. Die Belgrader Zentralstelle konnte sich noch immer nicht
für die Finanzierung entscheiden. Die jugoslawische Seite erwartet
noch, daß Österreich zuwartet. Da wir eigentlich gar keine andere
Möglichkeit haben, betrachte ich dies als selbstverständlich. Schwierig
ist es ja nur für die österr. Baufirmen, die mit dem Auftrag für den
Beginn des Karawankentunnels jetzt schon jahrelang warten.
Daß der jugoslawische Botschafter gerade jetzt zu seinem Abschieds-
besuch kommt, wurde mir dann klar, als er sich erkundigte, ob bei
dem Besuch des albanischen Außenhandelsministers Hoxha von diesem
mir mitgeteilt wurde, daß in Hinkunft die Albaner mit ihren Export-
gütern nach Österreich Rijeka nicht mehr anfahren werden, sondern
nach Triest gehen werden. Dieser Punkt wurde nicht erwähnt, was ich
auch freimütigst zugab. Das Ganze ist durch eine Information aus
Tiranaer Diplomatenkreisen entstanden. Durch die große Anzahl von
Hoxha-Büchern, die ich von der albanischen Botschaft jetzt bekommen
habe, und vor allem auch die letzten Broschüren über Unterdrückung
der Albaner in Kosovo, kam dieses Problem auch zu Sprache. Wie nicht
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anders zu erwarten, hat der jugoslawische Botschafter, der, wie ich
glaube, sogar ein Serbe ist, sich ganz entschieden gegen das Wunsch-
programm der Albaner im autonomen Gebiet Kosovo ausgesprochen. Jed-
wede Verstärkung der Autonomie oder gar vielleicht die Umwandlung
dieses autonomen Gebietes in eine Republik, wie es die Albaner
wünschten, wird auf das Entschiedenste abgelehnt. Nach jugoslawischer
Meinung ist einseitig von den Belgrader Zentralstellen in Kosovo
viel zu freizügig und den albanischen Wünschen, aber auch den Albanern
in Jugoslawien nachgegeben worden. Anderseits aber sehen die Zentral-
stellen in Belgrad ein, daß es unbedingt notwendig ist, mit Albanien
ein womöglich friktionsfreies Verhältnis zu haben. Die derzeitige
Unabhängigkeit Albaniens sollte und dürfte nicht gefährdet sein.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB beschwerte sich Herr Kollege Maurer, daß
bei der Elektrizitätspreisverhandlung für Wien und NÖ die AK bereit
gewesen wäre, 7,4 Groschen zuzugestehen, während MR Burian dann nur
7 Groschen genehmigte.
Über den Benzinpreis-Inkrafttretungs-Termin konnte keine Einigung erzielt
werden. Die AK möchte noch zuwarten und wartet vor allem einmal auf
die Vorschläge des Ministeriums, da sie sehr verärgert ist.
Für die Gaspreiserhöhung, Inlandsgas für die RAG, wird von der AK
mitgeteilt, daß wenn 15 Groschen Differenzbetragserhöhung für heuer
durch die Entschwefelung, die die ÖMV durchführen muß, gerechtfertigt
wäre.
NR Schmidt urgiert die Energiesparprogramm-Vorschläge für die Quartals-
berichte der Energiesektion.
Bezüglich der immer wieder von der HK kritisierten Entscheidungen
der AK, §-68-Staatswappen-Dekrete, aber jetzt auch Bekleidungsförderungs-
entscheidungen von der Anwesenheit eines Betriebsrates abhängig zu
machen, bringt mich in die schwierigste Situation. NR Schmidt, ÖGB, ge-
steht sofort zu, daß, wenn eine solche unglückliche Erklärung erfolgt,
daß von der AK ein Betrieb abgelehnt wird, weil er keinen Betriebsrat
hat, ich dann verpflichtet bin, unter allen Umständen die Genehmigung
zu erteilen. Ich kann nicht in den Verruf kommen, aus diesen Gründen
einer Ablehnung des Ansuchens auf die Dauer der AK recht gegeben zu
haben.
Tagesprogramm, 26.6.1981