Donnerstag, 25. Juni 1981
Zur 60-jährigen Zugehörigkeit des Burgenlandes zu Österreich hat
Präs. Graf eine Vollversammlung der HK in Eisenstadt einberufen.
Als Festredner hatte er Bundespräs. Kirchschläger gewonnen. Zuerst
hielten LH-Stv. Sauerzopf und LH Kery Ansprachen. Sauerzopf verwies
auf die gute Zusammenarbeit sowohl der Sozialpartner als auch der
politischen Parteien im Burgenland. Kery brachte einen geschicht-
lichen Überblick und stellte fest, daß das Grenzland, schon als es
bei Ungarn war, wirtschaftlich vernachläßigt wurde. Da es nicht
attraktiv sein sollte, wurde nichts investiert und selbst im vorigen
Jahrhundert, als Ungarn eine große Industrialisierung begann, dieser
Grenzstreifen sträflich vernachläßigt.
Meine Aufgabe bestand darin, daß ich 11 Kommerzialräten, die aus
diesem Anlaß den so begehrten Titel vom Bundespräsidenten verliehen
und von mir überreicht wurden , anläßlich dieser 60-Jahr-Feier zu
übergeben hatte. Auf eine Rede war ich nicht vorbereitet, doch ent-
sprechend der Aufforderung des Präs. Graf schilderte ich den gigantischen
Aufstieg des Burgenlandes in der zweiten Republik, wie ich eben immer
wieder feststellen konnte. Natürlich nahm ich auf die letzten Besuche
Bezug, meine Wochenend-Drei-Burgen-Wanderung brachte mich zur Über-
zeugung, daß hier die burgenländischen Unternehmer durch Sachleistungen
wesentliches zur Restaurierung von Lockenhaus, Schlaining und Kobers-
dorf beitrugen. Besonders der gigantische Aufstieg im Fremdenverkehr,
insbesondere im nördlichen Burgenland, wurde von mir herausgestrichen,
gleichzeitig aber auch darauf verwiesen, daß das mittlere und süd-
liche Burgenland noch viel nachzuholen hat.
Ein Radioreporter fragte mich, ob es nicht Lobhudelei war, daß ich
so enthusiastisch vom burgenländischen Aufstieg sprach. Ich konnte
mit ruhigem Gewissen sagen, daß dies nicht der Fall sei. Wenn man
das Burgenland der Zwischenkriegszeit kennt und das jetzige, dann
weiß man, daß das ärmste Bundesland viel aufgeholt hat, wohl aber
noch, wie dann die Redner auch unterstrichen, noch etliches zu leisten
ist, weil Österreich heute überhaupt einen großen Aufstieg mitmachte.
Die Überreichung der 11 Dekrete war natürlich mit einer Laudatio,
sehr individuell und sehr humorvoll von mir vorgetragen. Bei jedem
Einzelnen gut angekommen und von allen, auch vom Bundespräsidenten
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mit Schmunzeln zur Kenntnis genommen.
Präs. Graf hielt dann in seinem Festvortrag mit vielen Statistiken den
Aufstieg der burgenländischen Wirtschaft fest. Insbesondere unter-
strich er die Leistung 1945, als trotz vierfacher Besetzung und
anderer Probleme man sofort an die Wiedererrichtung des Burgenlandes
gegangen ist. Während der NS-Zeit war ja das Burgenland zwischen
Niederdonau und Steiermark aufgeteilt.
Die Festansprache Kirchschlägers gipfelte in dem Satz: "Es lebe das
goldene, mit Österreich in Liebe verbundene, moderne Burgenland".
Graf, der sich herzlichst bedankte, meinte, in Liebe zu Österreich
würde Burgenland niemand übertreffen.
Anschließend gab es dann für den Bundespräsidenten, die LH-Leute,
das Präsidium der Kammer in Purbach ein festliches Essen. Richtiger
müßte man sagen, Speisen, denn es war wie eine burgenländische Hoch-
zeit und dauerte daher auch stundenlang. Bei dieser Gelegenheit wurde
einmal mehr vom Präs. Graf festgestellt, daß, wenn im Burgenland
frostiges Klima zwischen den politischen Parteien herrscht, oder gar
vielleicht in der Landesregierung, LH Kery mit LH-Stv. Soronics kaum
gesprochen habe, es immer wieder Präs. Graf war, der auf Sozialparntner-
ebene mit den anderen Kammern, aber auch mit dem Landeshauptmann ein
Gesprächsklima hatte. Graf meinte zu mir, für ihn ist dies selbst-
verständlich, denn die Interessenvertretung HK muß mit jeder Regierung
auskommen, und seine Aufgabe sieht er primär darin, das politische
Klima in Österreich zu erhalten und nicht zu verschlechtern. Ich muß
Graf zugestehen, daß er auch im Bund eine solche Politik verfolgt.
Für mich war es vielleicht noch interessant zu erfahren, daß bei der
dringlichen Anfrage, die die ÖVP gegen mich einmal eingebracht hat,
davon erst erfuhr, als sie eben bereits angemeldet war und daher den
verhängnisvollen Lauf für die ÖVP nehmen mußte. Graf erklärte, er
hätte, wenn er dies zeitgerecht erfahren hätte, sofort eine solche
dringliche Anfrage, falsche Information des Parlaments durch den
Handelsminister, gestoppt. Graf hat auch damals in seiner Ansprache
zum Schluß erklärt, er glaubt eigentlich mir mehr als den Informanten
der ÖVP, die eine solche falsche Behauptung aufstellten. Dies hat ihm,
wie er mir jetzt versicherte, heftige Kritik innerhalb der eigenen
Reihen eingebracht.
Die Unterzeichnung des Protokolls mit dem libyschen Minister war
eigentlich kurz und schmerzlos. Vorher konnte ich feststellen, daß
es tatsächlich gelungen ist, all die Schwierigkeiten, die sich bei
der Erstellung dieses umfangreichen und eigentlich mit detaillierten
Projekten angehäuften Protokolls ergaben, nur durch das Entgegen-
kommen des Staatssekretärs im Wohnungsministerium möglich war. Ich
bedankte mich daher ganz besonders bei ihm und bei der libyschen
Delegation. Interessanterweise hat MR Fälbl unter vier Augen mir dann
rapportiert, er nimmt an, daß, weil eine solche Kooperation festzu-
stellen ist, tatsächlich die Projekte große Chancen haben, verwirk-
licht zu werden. Andererseits war dann bei dem obligatorischen Zu-
spätkommen der Delegation und bei sonstigen Kleinigkeiten umso mehr
verärgert. Mir erschien die ungerechte Behandlung, daß Fälbl nicht
bei der Ankunft anwesend war, Grund genug, mich durch besonderes
Entgegenkommen der Delegation gegenüber auch auf diese Art zu ent-
schuldigen.
Die Energiesektion hat sich jetzt mit dem Problem des Beimischungs-
zwanges von Biosprit und damit auch der Herabsetzung des Bleigehaltes
im Benzin eingehend beschäftigt. Fest steht, daß durch die Ethanol-
Beigabe der Bleigehalt nicht gesenkt werden kann. Die ÖMV hat jetzt
ein Entbleiungsprogramm mit dem Gesundheitsminister vereinbart, wo-
nach sie insbesondere durch Errichtung des dritten Platformers und
dann die Reparatur des zweiten imstande sein wird, ohne weiteres den
Bleigehalt von 0,4 auf 0,15 Mitte der 80er-Jahre zu senken. Durch
Beimischung von Äther , Literpreis 6 S, wird der Benzinpreis dann um
10 Groschen verteuert. Die Ethanolerzeugung wird aber pro Liter min-
destens 8 S, wahrscheinlich bis 12 S kosten und daher wahrscheinlich
den Benzin um 30 Groschen verteuern. Neu für mich war, daß doch jetzt
bei größeren Ethanolzusätzen über 5 % Schäden in den jetzigen zu-
gelassenen Typen entstehen würden, neben dem Beimischungszwang
müßte daher auch noch eine Typenregelung erfolgen. Überrascht war ich,
daß die ÖMV angeblich feststellt, daß, wenn es zu einer 10 %igen Bei-
mischung von Ethanol bei einem hochoktanigen Superbenzin kommt, die
Benzineigenschaft sich um 5 Grad verschlechtert. Wir einigten uns darauf,
daß bei der interministeriellen Besprechung von unserer Seite auf all
diese Probleme genau hingewiesen wird und das Verkehrsministerium
dann entsprechende Untersuchungen veranlassen muß. Dr. Zluwa stellte
mir gegenüber eindeutig klar, daß niemals die Absicht bestand, diese
Kompetenz in das Handelsministerium zu bringen. Zluwa behauptet ganz
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im Gegenteil, daß wir mit dieser Frage in unsere Energiekompetenz
neuerlich große Schwierigkeiten dazu bekommen würden, die er nicht
anstrebt. Zluwa meinte nur, es wäre furchtbar schwierig, den Bei-
mischungszwang aufgrund der Kraftfahrgesetzdurchführungs-Verordnung
verfassungsrechtlich zu begründen.
Auf Einladung der Gemeinde Hainburg sind sowohl Dir. Kobilka und
Dr. Neiger sowie ich zu einer Aussprache im AK-Saal pünktlich
um 19.00 Uhr erschienen. Wir begannen auch zeitgerecht, der Saal
war zu diesem Zeitpunkt erst 3/4 voll und Kobilka meinte mir
gegenüber, da sieht man, wie wenig Interesse von den Hainburgern
für dieses Problem aufgebracht wird. Im Laufe der Zeit aber füllte
sich der Saal dann wirklich, und es gab nach einer Einleitung von mir,
wo ich die Energiesituation schilderte und ganz besonders die
Notwendigkeit des Primärenergie-Ausbaus in Österreich bei Öl, Gas,
Kohle und Wasser darlegte, daß wir unsere Importabhängigkeit damit
verringern können, würden wir dies aber nicht tun, müßte unsere
Importabhängigkeit noch wesentlich vergrößert werden. Insbesondere
erwähnte ich, daß das von der Bürgerinitiative mir übergebene Forderungs-
programm bis auf zwei Punkte erfüllt werden könnte. Der eine, der aus
rechtlichen Gründen nicht geht, ist, daß die Bürgerinitiative Partei-
stellung will, und der zweite ist, daß er einen fixen Standort ablehnt,
über den allerdings erst verhandelt wird und die Details die Direktoren
erörterten. Kobilka und Neiger stellten eindeutig fest, daß sie noch
keine endgültige Fixierung des Standortes vornehmen können, da es noch
vieler Voruntersuchungen bedarf. Vor allem muß durch entsprechendes
Bohren der Untergrund der Donau und der Donauauen eindeutig festge-
stellt werden.
In der Diskussion meldeten sich
burg zu Wort. Es wurden die verschiedensten Behauptungen aufgestellt,
die die Direktoren versuchten, dann durch sachliche Aufklärung zu
widerlegen. Typisch für mich war, daß z.B. ein Mann behauptete, jetzt
würden bereits in der Au von den Bundesforsten für das Kraftwerk un-
geheure Schlägerungen vorgenommen. Ein zufällig anwesender Förster
hat dann eindeutig festgestellt, daß dies nicht der Fall ist. Natür-
lich wurde zwischendurch ich auch immer wieder zitiert, unter anderem,
was ich also vom Fremdenverkehrsstandpunkt zu diesem Projekt sage.
Ich versuchte am Beispiel Kaprun zu erklären, daß auch Elektrizitäts-
bauten eine Anziehungskraft haben und Fremdenverkehrsattraktionen werden
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können. Vor allen empfahl ich der Bürgerinitiative, jetzt einmal
festzustellen, wie viele Gäste in die Au tatsächlich gehen. In
Wirklichkeit bin ich überzeugt, nur ganz wenige. Alle Aussagen
der Bürgerinitiative und der im Saal Anwesenden gipfelten darin,
man solle ihren Lebensraum nicht zerstören. Manche drückten dies
in langen Gedichten aus. Natürlich wollten die hauptsächlichen Gegner
des Standortes in dem Saal, wo allerdings nicht nur Hainburger an-
wesend waren, von der Gemeinde die Zusicherung, daß sie niemals einem
solchen Standort zustimmen wird. Der Bürgermeister war erkrankt, der
sozialistische Vizebürgermeister und ein Stadtrat auch der anderen
Partei erklärten dezidiert, die Gemeinde hat den Beschluß gefaßt, daß
man unter größtmöglicher Schonung des Auwaldes den günstigsten Stand-
ort suchen sollte, und daß die darüber verhandeln und selbstverständ-
lich dann die Bürger entsprechend ständig informieren wird. Die Bürger-
initiative erwartet, daß auch die Minister Haiden und Salcher zu
solchen Aussprachen kommen. Ohne daß ich es sagte, wurde nach Schluß
der Sitzung um 10.00 Uhr von den Vizebürgermeistern gegenüber der
DoKW festgehalten, daß der Präs. d. NÖ AK, Hesoun, die nächste Voll-
versammlung im Oktober nach Hainburg in genau denselben Saal einbe-
rufen hat.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Kobilka ersuchen, daß er auch daran
teilnimmt.
Tagesprogramm, 25.6.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)