Mittwoch, der 24. Juni 1981

60-0794

Mittwoch, 24. Juni 1981

Dir. Hautzenberg von der ÖDK verständigt mich, daß sie auf Einladung
des RH-Präsidenten wegen der RH-Kritik an dem Dienstvillenerwerb der
früheren Direktoren verhandelt haben. Broesigke soll vorgeschlagen
haben, daß ein Gutachten Dr. Dittrich dazu führen könnte, daß von
einer Gerichtsverfolgung Abstand genommen wird. Der Rechnungshof
wird aber in seinem Bericht die Kritik an diesem Dienstvillenverkauf
aufrecht erhalten. Ich habe Hautzenberg sofort erklärt, daß ich eine
solche Vorgangsweise entschieden ablehne. Wenn ein Strafbestand vor-
liegt, dann hat dies kein Gutachten aus der Welt zu schaffen, sondern
der Staatsanwalt zu prüfen, ob Anklage erhoben wird oder nicht. Der
Fall liegt übrigens noch beim Staatsanwalt.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Jour fixe Fremuth setzen.

GD Brommer von Stölzle-Oberglas und gleichzeitig auch Präs. des
Instituts für Verpackungswesen ersucht mich, bei LH Ratzenböck zu
intervenieren, damit nicht durch Herausbrechen von OÖ aus der Glas-
recyclingaktion als gefährliches Präjudiz die ganze Aktion dann
zusammenbrechen könnte. Die Fa. Lutzky-Glas hat mit der OÖ Landes-
regierung einen Vertrag abgeschlossen, wonach sie das Glasrecycling
vornehmen wird. Derzeit bekommt Lutzky-Glas 3.000 to, insgesamt aus
OÖ könnten 8.000 to aufgebracht werden. Der Fachverband für die Glas-
industrie würde aber bei 43.000 to derzeitiger Glasaufbringung Lutzky-
Glas 11.000 to zuweisen. Leider hat man dieses Arrangement Lutzky
glaube ich zu spät angeboten. Das Aufsplittern der Glasaktion würde
die Gefahr beinhalten, daß die Durchschnittsfrachten nicht mehr ge-
halten werden können, weil das Recycling nur in dem fabriksnäheren
Gebiet durchgeführt wird. Die weitentfernteren könnten dann nicht
mehr kostengünstig erfaßt werden.

Brommer hat auch vorgeschlagen, wir sollten jetzt eine Studie über
das Problem der Bepfandung, Einwegflaschen usw. durchführen. Im Prinzip
erklärte ich mich bereit, wenn die Bundeshandelskammer ein Drittel, der
Glasfachverband das zweite Drittel und das Handelsministerium das
dritte Drittel bei Gesamtkosten von maximal 200.000 S übernimmt. In
dieser Studie könnte gleichzeitig auch die Idee "Sauberes Österreich"
untersucht werden. Brommer wird mir die Aktionen, wie sie in der
Schweiz und wie sie in Großbritannien durchgeführt werden, zur Ver-


60-0795
fügung stellen. Die Umweltverschmutzer, wie chemische Industrien mit
Verpackung, Glasindustrie usw., würden respektive müßten ihren Beitrag
für dieses Sauberhalten von Österreich beitragen.

ANMERKUNG FÜR SC MARSCH UND HAFFNER: Überlegt bitte, wen ich zu dieser
Besprechung einladen soll?

Präs. Coffrini aus Triest hat mir den Plan von Agip über den Bau eines
Kohlehafens in Triest dargelegt. In einem neuen italienischen Energie-
plan soll für den Rückzug aus Öl festgelegt worden sein, daß 50 %
staatliche Gesellschaften an dem Kohlenimport, 15 % italienische
private Gesellschaften und 35 % ausländische Gesellschaften für einen
Kohlehafen herangezogen werden. Agip will das nun koordinieren und
in Triest auch durchführen. Mein Hinweis, daß bereits die internatio-
nale Ölgesellschaft Shell ein solches Projekt sehr konkret verfolgt
und jetzt eine harte Konkurrenz entstehen würde, wurde dahingehend
entkräftet, daß Coffrini mit Dir. Stemberger von Shell Austria ent-
sprechende Gespräche schon geführt hat. Dasselbe erfolgte mit GD Bauer
von der ÖMV und in weiterer Folge mit GD Fremuth von der Verbundgesell-
schaft. Ich erklärte im Prinzip, daß Österreich an einem Mittelmehr-
kohlehafen Nähe österr. Grenze brennendst interessiert ist, ich machte
nur gleichzeitig darauf aufmerksam, daß auch die Jugoslawen sich mit
ähnlichen Projekten, Koper oder ein sonstiger Hafen, beschäftigen. Coffrini
ist fest davon überzeugt, daß Triest der einzige zweckmäßige, günstige
und große Hafen dafür wäre.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Jour fixe HK, AK und ÖGB setzen.

Bei der Außenhandelstagung für Nordamerika, Australien und Japan habe
ich unseren Handelsdelegierten in Tokio alle Details mitgeteilt, über
die zweimalige Aussprache bei den Internationalen Energieagentur-
Tagungen in Paris, mit dem Außenhandelsminister Tanaka. Ich ersuchte
ihn, im Ministerium zu intervenieren, um bezüglich der Maßnahmen, die
Japan setzen sollte, und die mir versprochen wurden, um das Handels-
bilanzdefizit abzubauen, zu erfahren. Ich ermächtigte auch den Handels-
delegierten, anzudeuten, daß, wenn die japanische Industrie nicht
größere Anstrengungen macht, um z.B. bei Zulieferfirmen in Österreich
für die japanischen Autos mehr zu kaufen, wir früher oder Maßnahmen
gegen dieses große Bilanzungleichgewicht ergreifen müssen. Ich halte
es für unerträglich, daß die europäischen Autofirmen mehr oder minder
verpflichtet werden, in Österreich einzukaufen, während die Japaner


60-0796
sich mit den Reifenimporten von Semperit begnügen. Die 17 %ige
Anteilsquote der Autoimporte müßte wahrscheinlich erhöht werden.
Darüber hinaus ersuchte ich den MR Willenpart, zu prüfen und mir
in einer Aktennotiz mitzuteilen, wie Frankreich und Italien sich
mit einer 4 %igen Autoimportquote aus Japan behaupten kann, während
Österreich von den 4 % des Jahres 77 jetzt auf bald 30 % Marktanteil
japanischer Autos gekommen ist. Meine Idee ist, ähnlich der Einführung
von der Videorecorder-Kontingentierung durch Austausch eines heute
uninteressanten Quotenproduktes, die Autos ev. aufzunehmen, da wir
zum Zeitpunkt des GATT-Beitrittes von Japan noch keine eigene Auto-
produktion haben. Mit General Motors und jetzt auch mit Steyr-Daimler-
Puch und BMW sowie wahrscheinlich auch in Hinkunft mit Volkswagen,
müßten wir versuchen, eine Art österr. Autoproduktion nachzuweisen.

ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte diese Überlegungen mit den
zuständigen Abteilungen abzustimmen.

Beim offiziellen Essen mit der libyschen Delegation hatte ich auf
Wunsch des österr. Botschafters in Tripolis, doch außerhalb der
Sitzung vor dem Essen, mit dem Staatssekretär im Wohnungsministerium
und vor allem auch dann mit dem Delegationsleiter Sekr., wie sie in
Libyen heißen, Hijazi, über die offenen Wohnungsprobleme unsere Bot-
schaft gesprochen. Der Minister erklärte mir rundweg, daß vor etlichen
Jahren ein Gesetz festlegt, daß ausländische Eigentümer mehr oder
minder enteignet sind, Mietverträge wahrscheinlich heute nicht mehr
den Wert haben, den sie früher einmal hatten. Neben unserem Handels-
delegierten hat er selbst jetzt ein Grundstück erworben, ein Teil
überschneidet nach der österreichischen Grundstückseite. Dies gehört
also ihm, und darauf wird jetzt eine ital. Firma für ihn ein Haus bauen.
Da dies sowieso niemand verhindern kann, die Villa mit dem Grundstück
vom österreich. Mietvertrag nur bis Ende nächsten Jahres läuft, halte
ich eine Streitauseinandersetzung für äußerst gefährlich. Selbst wenn
wir die Einhaltung des Mietvertrages bis Ende der Laufzeit erzwingen,
wird es nach Ablauf des Vertrages dann umso schwieriger sein, eine
Verlängerung oder ein neues Mietrecht zu begründen. Der österr. Bot-
schafter war aber sehr froh, daß ich doch noch diese Frage, die eigent-
lich der Außenminister hätte mit ihm besprechen müssen, zur Sprache
gebracht habe. Ob hier tatsächlich vom Außenamt oder selbst vom Bot-
schafter zweckmäßig vorgegangen wird, bezweifle ich. Eine weitere
Intervention betraf die Tatsche, daß der Vöest-Projektleiter im Flug-


60-0797
hafen von Tripolis festgehalten wurde und, da angeblich Visumprobleme
existieren, obwohl die Sitzung schon stattfindet, nicht aus dem Flug-
hafen raus kann. Hijazi hat sofort mit Tripolis telefoniert und mir
dann erklärt, es ist alles erledigt. Der libysche Sekretär der Bot-
schaft in Österreich, so nennt sich nämlich wieder der Botschafter,
erklärte dann, er gibt die Visa sofort, während in Tripolis auf der
österr. Botschaft es lange dauert. Hier gab es wieder ein Heckmeck
zwischen den Botschaftern. Ein so scheußliches Klima habe ich über-
haupt noch nie erlebt, das scheinbar zwischen dem Außenamt, der
österr. Botschaft und den libyschen Stellen hier in Österreich und
natürlich erst recht in Tripolis besteht.

Die Vertreter des Außenamtes haben angeblich dem MR Fälbl erklärt,
daß es jetzt üblich ist, daß die gesamte Delegation Gastgeschenke
bekommt. Zum Glück habe ich dies durch die notwendige Unterschrift
auf meinen Visitkarten zeitgerecht erfahren. Eine Rücksprache, die
ich mit Gen.Sekr. Kehrer von der HK führte, hat mir bestätigt, daß
eine solche Vorgangsweise von der HK entschieden abgelehnt wird.
Da sie letzten Endes die Gastgeschenke bezahlt, richte ich mich
natürlich ausschließlich nach den Wünschen der HK.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Du mußt dich um diese Probleme mehr kümmern.

Bei der ÖFVW-Generalversammlung ging die Tagesordnung doch reibungs-
los über die Bühne. LR Bassetti hat sich mit meinem Vorschlag zu-
frieden gegeben, daß, nachdem jetzt der Rechnungshof-Bericht vorliegt,
wir diesen nicht nur beantworten, sondern auch jetzt die Statuen- und
Geschäftsordnungsdiskussionen aufnehmen. Die ganzen Vertreter in der
Generalversammlung waren sehr erfreut, von mir neuerdings zu hören,
daß ich ja auf weitere Kooperationen und einstimmige Beschlüsse
größten Wert lege. Den Vorschlag des Rechnungshofes, der Bund müßte,
weil er 60 % bezahlt, auch in den Organen mit 60 % vertreten sein,
halte ich ja nicht für einen glücklichen Vorschlag. Was nützen mir
60 % Vertreter, wenn ich dann die Länder, die nur 20 % hätten, so
verärgere, daß sie nicht mehr wie bis jetzt kollegial zusammenarbeiten.
Nicht auf die Anzahl der Vertreter kommt es an, sondern ob die Be-
treffenden sich eben mit ihren Ideen durchsetzen. Geschäftsführer
Dr. Zolles hatte mir morgens allerdings gesagt, er fürchtet, daß jetzt
die Ländervertreter ihre weitestgehenden Forderungen bei den Be-
sprechungen anmelden und letzten Endes auch durchsetzen werden. Diese


60-0798
Gefahr besteht sicherlich nicht. Dr. Würzl wird jetzt alle Wünsche
auflisten, dann wird es eine generelle Diskussion geben, und ich
werde dann im bilateralen Gespräch versuchen, ev. offene Fragen
mit einzelnen Länder-Vertretern und der Bundeshandelskammer zu
bereinigen.

Bei der Wahl der ständigen Vertreter der Länder in dem Direktorium
wurde von den Ländern selbst LR Bassetti vorgeschlagen, dieser lehnte
aber gleich wegen Arbeitsüberlastung, wie er sagte, entschieden ab
und bestimmte dann den FV-Dir. Dr. Lässer. Dieser war über die Nominie-
rung auch nicht sehr glücklich, wie er mir nachher unter vier Augen
sagte. Interessant, daß die Länder-Vertreter um Positionen kämpfen
und sie dann letzten Endes aber doch gar nicht ausführen wollen.

Eine Delegation, geschickt vom Bauernbundobmann Riegler wegen Einbe-
ziehung des Dieselkraftstoffes in die amtliche Preisregelung, konnte
ich nach längerer Debatte dahingehend abbiegen, daß ich mich im
Prinzip bereit erklärt habe, wenn die Ölfirmen mit dem Dieselpreis
z.B. über den Superbenzinpreis rausgehen würden, ich eine diesbezüg-
liche amtliche Preisregelung dann tatsächlich wieder einführen müßte.
Der Wunsch der Bauern-Vertreter, den Dieselpreis 50 Groschen unter
dem Normalbenzinpreis festzusetzen, konnte ich nicht akzeptieren. Ich
empfahl ihnen, über dieses Problem mit der Ölindustrie selbst zu ver-
handeln, damit sie sehen, daß die Ölindustrie den Dieselkraftstoff
nicht mehr belastet, als dies auch in umliegenden Ländern, wie Deutsch-
land und Schweiz geschieht. Die dortige, in der freien Preisbildung
gefundene Relation sollte auch für Österreich gelten.

Die ÖFVW hatte die Wiener Journalisten, welche eng mit dem Fremden-
verkehr zu tun haben, in das Schweizerhaus zu einer Vorurlaubsab-
schiedsparty geladen. Auch die Praterveranstalter nahmen daran teil.
Diese wären brennendst daran interessiert, daß wir eine Aktion mit
den Journalisten gemeinsam im Prater veranstalten. Unser Presse-
referent Hofbauer hatte die Idee, mit bring your family eine solche
Praterbesuchsaktion tatsächlich durchzuführen. Diesmal habe ich ein
Bierfaß angeschlagen, mich als Schankkellner betätigt, zum Schluß
dann noch die Österr. Fremdenverkehrs-Radfahrleibchen "Radlbares
Österreich" verteilt und halt ein klein wenig den Schmäh rennen las-
sen. Eines hat mich insoferne befriedigt, daß trotz der verhältnismä-
ßig großen Aufwendungen, die die ÖFVW in Betreuung der Wiener Journalisten,


60-0799
die allerdings auch ausländische Zeitschriften vertreten, macht, es
doch immer wieder dieselben Journalisten sind, die sich an allen
Aktionen beteiligen. Die Problematik bei der ÖFVW-Journalistenbetreu-
ung ist ähnlich der, die wir auch bei unserem Pressefrühstück haben.
Das befriedigt zwar nicht, aber es beruhigt.

60_0793_05

Tagesprogramm, 24.6.1981

60_0793_06

hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: GD ÖMV


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: MR HM


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Beamter HM


      Einträge mit Erwähnung:


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: jap. HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: GD Fa. Stölzle-Oberglas, Präs. Inst. f. Verpackungswesen ab 1978


            Einträge mit Erwähnung:


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Lutzky-Glas


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Beamter HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: MR HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      GND ID: 115563237


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Direktor ÖFVW


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Gen.Sekr.


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: ÖDK


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: libyscher Minister


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Büro des Bundesministers


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Pressechef ÖFVW


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Dir. Shell


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Gutachter (Rechnungshof?; Dienstvillen ÖDK)


                                        Einträge mit Erwähnung:


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Präs. ENI Carbone, Triest


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Landes-FV-Dir. Tirol


                                                Einträge mit Erwähnung: