Sonntag, der 14. Juni 1981 bis Montag, der 15. Juni 1981

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Sonntag, 14. Juni bis Montag, 15. Juni 1981

In Paris war der letzte Tag der großen Luftfahrtausstellung und
unser ständiger Mann in der Mission, Dr. Potocnik, hatte vorge-
schlagen, diese zu besuchen. Es war zwar furchtbar heiß und der
Missionsleiter Dr. Jankowitsch meinte, er würde vorschlagen, wir
sollten wahrscheinlich in Bois de Boulogne spazieren gehen. Ich war
dagegen brennendst daran interessiert, mit dem event. Aussteller für
die F-16 und für die Mirage in Kontakt zu kommen. Die Ausstellung
war richtig imposant. Als einzige Firma hatte sich erstmalig die
VEW mit Gußteilen usw. vorgestellt. Die Firmenvertretung erklärte
mir, sie hätten mit ca. 60 Firmen Kontakt bekommen, 30 davon waren
ihnen sowieso schon bekannt. Von den weiteren 30 waren 15 ungefähr
neu, und hier könnte es Geschäftsbeziehungen geben. Die Kosten waren
zwar beträchtlich, doch glaubt VEW, tatsächlich neue Exportbereiche
erschließen zu können.

Interessant für mich war noch, daß ein zweiter großer Stand vollkommen
leer war und darüber einheitlich wie bei allen anderen Firmen das
Schild Österr. Klimatechnik groß zu lesen stand. Niemand hatte abgemel-
det, so daß zu den schon bezahlten Gebühren noch die blamable Erinne-
rung dazukommt.

Die großen Nationen waren natürlich entsprechend repräsentativ ver-
treten. Amerika hatte einen Pavillon für sich. Als Gag hatten sie ein
Stück vom Mond mitgebracht und jeder konnte darauf greifen. Die
Sowjetunion wieder nicht in einem eigenen Pavillon, dafür aber eine
vollkommene Astronautenstation aufgebaut, die man betreten konnte, wo
die Leute natürlich auch Schlange standen.

Die Produktionsfirma der amerikanischen Militärflugzeuge F-16, Douglas,
war nicht vertreten. Da mir Sts. Nußbaumer Montag abends, als wir
wegfuhren, ist er gerade zur OECD-Tagung angekommen, mitteilte, daß
die Amerikaner sich immer wieder beschweren, daß man zu wenig mit ihnen
Kontakt nimmt, empfahl ich ihm zu sagen, daß ich bei der Luftfahrtaus-
stellung mit ihnen über Details sprechen wollte. Der Landesverteidigungs-
rat hatte nämlich, wie nicht anders zu erwarten, montags beschlossen,
daß wieder keine Entscheidung fällt, welche der Typen gekauft werden
sollte. Ich halte das Rauszögern für sehr richtig, denn wir haben


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erstens kein Geld und zweitens wird vielleicht dann doch früher oder
später die Möglichkeit, unsere abgebrannten Brennelemente bei dieser
Gelegenheit in den Kompensationsvertrag einzubinden, möglich werden.

Die franz. Firma, die die Mirage erzeugt, Dassault, war dagegen ganz groß,
wie nicht anders zu erwarten, bei dieser franz. Luftfahrtausstellung
vertreten. Der Gen.Dir. ist, als ich am Stand mich sozusagen für die
neuesten Triebwerke und für die neuesten Modelle interessierte, sofort
erschienen, und wir diskutierten dann sehr lange über viele technische
Details, die eigentlich die andern oft fragten, weil sie für mich un-
interessant sind. Jede größere Firma hat dort ein Chalet, von wo man
die Vorführung genau beobachten konnte. Den ganzen Tag donnerten haupt-
sächlich Militärmaschinen über das Flugfeld hinweg, ein Mordslärm und
für die Laien eigentlich überhaupt nichts zu sehen, außer, daß eben die
Maschinen die größten Kunststücke vollführten. Immer wieder wurde mir
erzählt, wo bei jedem Typ die Vöest-Alpine als größter Kompensations-
partner mit Teillieferungen eingeschaltet werden soll. Interessant für
mich war aber nur, daß die Franzosen bereits die Kohlenfaser, welche
Aluminium und Stahl ersetzt, weil sie beide Eigenschaften bestens in
sich vereinigt, für die Flügel bereits verwenden. GD Buchner von
Chemie Linz hat mir vor einigen Monaten angekündigt, daß dies der zu-
künftige Werkstoff ist, auf die sich ausschließlich die Chemie Linz
stürzen möchte. Wir überlegen, wie man so etwas event. in Österreich
produzieren kann, und die Franzosen haben dies alles schon längst. An
solchen Einzelheiten und Kleinigkeiten sieht man, wie hoffnungslos tech-
nisch wir abgehängt sind.

Beim obligatorischen Abendessen der Minister, die an der Sitzung der
Intern. Energieagentur am nächsten Tag teilnehmen, wurde versucht, über
die drei Punkte kurzfristige Situation, Preisentwicklung und Nuklear-
energie zu diskutieren. Interessant war vielleicht nur die Stellung-
nahme der Amerikaner und der Japaner. Der neue Staatssekretär Edwards
verwies darauf, daß jetzt eine ganz neue Politik in Amerika gemacht
wird, die Privatfirmen werden alles in Angriff nehmen. Durch die Öl-
preisfreigabe wurden die Firmen jetzt veranlaßt, bis zu 50.000 feet
zu bohren, das ist 13.000 m, wesentlich tiefer, als die ÖMV dies bei uns
macht. 17,5 Mrd. US-$ werden investiert, 4.000 neue Bohrtürme gibt es
jetzt. Gas ist momentan noch preisgeregelt, wird aber in Zukunft auch
frei sein. Die Kohle wird ganz groß in der Produktion jetzt verstärkt


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und wird zu Flüssiggas und zu Benzinproduktion als Grundstoff heran-
gezogen werden. Umweltbestimmungen werden in kürzester Zeit, damit
der Kohlenabsatz vergrößert werden kann, verwässert, er hat von er-
leichtert gesprochen. Kernkraft ist groß im Kommen, gibt uns die
größte Freiheit, ist billiger als wie Kohle und wird insbesondere
auch jetzt auf schnelle Brüter ausgedehnt. Die Japaner wieder, der
Außenhandels- u. Energieminister Tanaka war wieder gekommen, werden
den Ölanteil von 73 % derzeit auf 50 % im Jahre 1990 senken.

Mit Tanaka hatte ich dann zwei Gespräche wegen des Ungleichgewichtes
unserer Handelsbilanz. Ich ersuchte ihn dringendst, er möge dafür
Vorsorge treffen, daß, so wie dies in südwesteuropäischen Staaten der Fall
ist, die Japaner mehr an Zulieferteilen für die Autoindustrie aus
Österreich kaufen. Der Autoanteil, 77,4 % und jetzt auf 26 % gestiegen,
gibt ihnen dazu die Möglichkeit. Tanaka erklärte, er wird eine Ein-
kaufskommission nach Österreich schicken, damit diese sich umsieht,
welche Produkte sie event. brauchen können. Außerdem hat er empfohlen,
daß sich Österreich an den Autoausstellungen in Japan stärker beteiligt.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Überleg, ob wir nicht Tanaka einen Brief schreiben
und ihn auf diese Aussprache erinnern.

Selbstverständlich besuchte ich dann mit Jankowitsch das sozialistische
Hauptquartier, da die Franzosen einen riesigen Wahlsieg erreichten.
Da aber jeder größere oder kleinere Funktionär der Partei gleichzeitig
auch irgendwo Bürgermeister ist, war in der sozialistischen Zentrale
überhaupt niemand zu erreichen. Zwei Dutzend Journalisten trieben sich
im Hof herum, vor dem Haus standen ein Dutzend Neugierige. Rein konnte
man nur mit höchster Protektion, das war aber auch schon alles.

Die Energietagung stand im Zeichen, daß erstmals keine Krise oder
krisenhafte Entwicklung der Grund der Zusammenkunft der Minister war.
Sie war daher auch entsprechend flau, die Tagesordnung mit acht Punkten
wurde daher gar nicht tagesordnungsmäßig abgewickelt, sondern jede
einzelne Nation gab ein Statement ab, im Grunde genommen ganz un-
interessant. Der Amerikaner erklärte, daß jetzt mit Reagan eine neue
Politik kommt und daß die Privatwirtschaft alles lösen wird. Der Japaner,
daß sie sich auf die Alternativenergie, Kohle, welche übrigens auch


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jetzt in der Zementindustrie verwendet wird, Kernkraft und Gas stürzen
werden. Das wichtigste aber sei die Einsparung der Energie. Der Engländer
Howell ersuchte, man möge die Preispolitik nicht nur auf Öl, sondern
auf alle Brennstoffe ausdehnend überlegen, ohne natürlich für eine
Preisregelung zu plädieren. Die Kernkraft ist in England bereits 20
Jahre alt und sehr billig. Dies trifft auch bei Kohlekraftwerken zu.
Der Deutsche Lambsdorff verwies darauf, wir sollten uns von der kurz-
fristig jetzt günstigen Lage auf dem Ölsektor nicht verleiten lassen,
mittel- und langfristig kommt es zu einer Verknappung und höheren
Preisen. In der Vergangenheit haben wir immer falsche Entscheidungen
in den Ländern getroffen, es wurden über die Preise Signale gesetzt
an den Verbraucher und für Investitionen, die sich dann, da sie falsch
waren, auch falsch auswirkten. Die Vorkrise, wofür ja die IEA jetzt
Maßnahmen setzen soll oder Lösungen finden soll, wurde in einzelnen
Ländern immer sehr gut gelöst. Der IEA fehlt aber das Instrumentarium
und darum geht es. Von der EG hat Davignon dann darauf verweisen, daß
es keine Mengenverknappung jemals gegeben hat, daß die Preise einen
gewissen Nachholbedarf haben, und daß die Entwicklungsländer auf alle
Fälle zu kurz kommen, auch mit der Aussage im Kommuniqué. Das Jahr 81
ist ähnlich dem des Jahres 78, wo auch bereits damals ein größeres
Angebot war und die Preise gefallen sind und wir doch dann die größten
Fehler in unseren Entscheidungen getroffen haben.

Einzelheiten hat keiner gesagt, es wurde immer mehr allgemein gesprochen.
Ich selbst habe daher, da ja jedes Land irgendetwas sagen muß, auch ein
Statement abgegeben, das aber in der Erkenntnis gipfelte, daß wir den
Fehler nicht machen sollten, 70 rein ins Öl, nach der Ölkrise raus aus
dem Öl. Rein in die Kohle, dann wieder raus aus der Kohle. Jetzt momen-
tan rein ins Gas, ich bin überzeugt davon, früher oder später wieder
raus aus dem Gas. Ja selbst in der Kernenergie rein in die Kernenergie,
jetzt raus in die Kernenergie. Dann noch die Alternativen Biosprit,
Erdwärme, Windenergie, jetzt momentan rein, wahrscheinlich dann früher
oder später dann wieder raus. Mir erschien es notwendig, eine Gesamt-
schau, aber vor allem auch die kostenmäßige Situation gesamtmäßig genauer
zu untersuchen.

Nachmittag dauerte es dann irrsinnig lange, bis das ganze Forum dort,
als Redaktionskomitee tätig, die grundsätzlichen Überlegungen und das
Kommuniqué durchbrachte. Hier kämpfen manche Beamte der Vertreter, die


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Minister sind da meistens ja schon alle weg, um wahrscheinlich ihre
Tüchtigkeit zu beweisen, wie sehr sie ihren einzelnen Landesstandpunkt
dann doch irgendwie durchbringen. Ich verstehe das noch, wenn es darum
geht, daß die Japaner sich dagegen wehren, daß aufgenommen wird, es soll
nicht subventioniert werden. Die Japaner geben nämlich große Energie-
subventionen. Irgendwie findet man dann irgendwelche Formulierungen,
die letzten Endes alle zustimmen können. Das Ganze richtet sich eben
nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Da diese erste Tagung der IEA
in keiner Krisensituation war, war sie nicht nur überflüssig, sondern
hat auch wirklich keinerlei besondere Erkenntnisse gebracht.

Bei dem Besuch der österr. Fremdenverkehrszweigstelle war ich über deren
Größe wirklich auch überrascht. Als wir sie in Bau gesehen haben, dort
Bauschutt und Baugeräte rumlagen, war der Eindruck nicht so überwältigend.
Zwei Stockwerke 600 m², Investitionsaufwand in Frankreich allein 6 Mio.,
wahrscheinlich durch österr. Zulieferungen noch um ein Drittel mehr,
bedingen jetzt Betriebskosten von 40.000 Fr im Monat, das sind ca.
123.000, im Jahr über 1,5 Mio. S, 20 % des Sachaufwandes. Früher im
Gassenlokal haben wir 40.000 Fr für drei Monate bezahlt. Die Leute
sind dort sicherlich enger zusammengesessen, der österr. Botschafter
Eiselsberg hat bei der Eröffnung ja laut und deutlich vor der Presse dies
kritisiert, und er hat nicht ganz unrecht. Die neun Beschäftigten ver-
lieren sich fast in diesem großen Doppelstockbüro. In einem wurde ein
Handlager angelegt, ein verhältnismäßig sehr teuerer Platz in der Nähe
der Oper. Die AUA ist mit einem Schalter drinnen, bezahlt daher nur
8 % der Miete, weil sie ja auch nur 8 % der Fläche hat. Die AUA ist von
einem Gassenlokal deshalb mit der ÖFVW mitgegangen, weil sie ja doch
die Kunden, die dort erscheinen, um sich für Österreich zu interessieren,
am ehesten werben kann.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie kann man diese Raumverschwendung besser
nützen?

Frau Schmid ist bei der letzten Revision erkrankt, angeblich hat man
die Zweigstelle so hart von der Zentrale genommen. Während der Zeit
wurde ihr Budget von Enzmann in Wien aufgestellt. Ihrer Meinung nach
kann sie damit nicht auskommen. Personal 730.000 auf 720.000 Fr redu-
ziert. Sachaufwand von 802.000 auf 840.000 wegen der teuren Miete er-
höht. Werbeaufwand von 1,281.000 auf nur 1,3 Mio. erhöht.



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ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was ist da mit Enzmann geschehen?

Interessant für mich war aber eine Bemerkung, daß Schmid ebenso
wie Dir. Dr. Zolles bestrebt ist, Nebeneinnahmen zu erreichen. Die
Schweizer z.B. haben aber für ihren Fahrkartenverkauf drei bis vier
Angestellte beschäftigt. Wenn ich mir nur vorstelle, daß vielleicht
bei uns ein oder zwei Angestellte zusätzlich notwendig sind, so glaube
ich, ist das Ganze kein Geschäft, sondern in Wirklichkeit ein Drauf-
zahler.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Dies möchte ich im einzelnen noch besprechen.

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Tagesprogramm, 14./15.6.1981

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: jap. HM


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    Tätigkeit: für Budget ÖFVW in Paris zuständig


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      Tätigkeit: 82


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        Tätigkeit: Vertr. ÖFVW Paris


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          Tätigkeit: Chemie Linz


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            Tätigkeit: ÖH-Vorsitzender (ca. 1973), Mitarb. OECD-Vertretung in Paris, sollte 1978 wg. Energieplan aus Paris zurückbeordert werden [vmtl. dieselbe Person?]


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              Tätigkeit: MR HM


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                Tätigkeit: EG-Kommissar


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                  GND ID: 119453290


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                    Tätigkeit: brit. Energieminister


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                      Tätigkeit: Direktor ÖFVW


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                          Tätigkeit: Staatssekretär BKA


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                              Tätigkeit: US-Präs. ab 1981


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