Freitag, der 8. Mai 1981

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Freitag, 8. Mai 1981

Der Handel organisiert jährlich in der Stadthalle eine Riesenaus-
stellung "Senior aktuell". Die Drogisten haben dort einen großen
Informationsstand und außerdem im ersten Stock dann von einzelnen
Firmen entsprechende Gesundheitsangebote. Da ich mich für den Drogisten
zum Schutz seines Namens durch eine Gewerbeordnungsverordnung stark
exponiert habe, wurde mir die Ehrennadel in Gold verliehen. Zum Glück
hat mich der Freier-Wirtschaftsverband-Vertreter abgepaßt und meinte, ich
sollte doch besonders darauf hinweisen, daß ich mit ihrer Gruppe gut
zuammenarbeite. Dies konnte ich dann in meiner launigen Ansprache
leicht tun, indem ich darauf verwies, daß die Sozi-Drogisten, was auch
stimmte, mich vorzeitig schon auf die Notwendigkeit, etwas gegen die
großen Drogeriemärkte zu tun, aufmerksam machten.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie weit können wir den Freien Wirtschaftsverband
ansonsten stärker ins Spiel bringen.

Die Fa. Kiepe Elektrik, ein spezifisch auf öffentliche Aufträge ausge-
richtetes, hoch spezialisiertes Unternehmen, muß jetzt zur Kenntnis
nehmen, daß die Gemeinde Wien ihre Bestellung für Übertragungseinrich-
tungen der Straßenbahn eingestellt hat. Die Firma hat nun mit der
französischen Firma Thompson CSF für die Panzerfunkgeräte angeboten.
Thompson hatte große Firmen genau geprüft, um dann bei Kiepe Electric
wegen der guten Facharbeit zu kooperieren. Die Firmenvertreter ersuch-
ten mich nun, bei Rösch zu intervenieren. Dies habe ich selbstver-
ständlich zugesagt, wenn es soweit ist, das heißt, das Bundesheer durch
entsprechende Budgetmittel diese Aufträge vergibt. MR Gröger wird
zwischenzeitig versuchen, entsprechende Kontakte und weitere Unter-
stützung der Firma geben.

GD Buchner, Chemie, und sein Wien-Vertreter Dr. Rimsky erklärten mir die
Notwendigkeit bei den Düngepreisen eine gewisse Gastangentenlösung
von der Paritätischen Kommission genehmigt zu bekommen. Dadurch soll
wie seinerzeit bei den Brennstoffpreistangenten der Baustoffindustrie
automatisch die Gaspreiserhöhung auf den Verbraucherpreis abgewälzt
werden können. Z.B. muß jetzt das deutsche Gas um 3,20 S für die 40 Mio.
m³ gegenüber dem sonstigen Gasbezugspreis von 2,30 S bezahlt werden.
Dies würde auf den derzeitigen Stickstoffpreis von 3.600 S die t ca.
180. S ausmachen. Zum Glück muß nicht ich diese Regelung erlassen,
sondern eben die Paritätische Kommission. Die Chemie Linz wird daher


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unverzüglich dort trotz der jetztigen einvernehmlichen Düngepreiser-
höhung sofort einen neuen Preisantrag stellen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN Wenn die Unterlagen kommen, mir bitte vorle-
gen.

Buchner rechnet fest, daß er eine große Anlage für 1200 Mio S Inve-
stitionen in Enns, Hafen, auf Kohlenstoffaser früher oder später errich-
ten wird. Ein gewisser Forster, der derzeit mit Airbus Geschäfte
macht, hat diese Chemiefaser, die härter ist als Edelstahl, entspre-
chende Produktionsmöglichkeiten. Auf der Welt gibt es nur eine
Kapazität von 3.000 bis 4.000 t. Diese Faser kostet deshalb 20 DM
pro kg. Für 5 PKW Teile könnte es jetzt sofort die Produktion aufneh-
men. VW und andere wären daran brennendst interessiert. Alles müsse
strengst vertraulich behandelt werden.

ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Was wissen wir davon?

Die Vertreter der RAG wollten sich bei mir beschweren, daß ihr Preis-
antrag von 1 S pro m³ Gas verlängert wurde und nicht ein neuer In-
landspreis festgesetzt wird. Ich erklärte sofort, solange die entspre-
chenden Förderzinsverträge nicht abgeschlossen sind, sie mit keiner
besseren Lösung rechnen können. Da mit 1.1.81 jetzt die 15 %-ige
Förderzinsabgabe gilt, wünschen sie natürlich jetzt so schnell als
möglich zu einem Inlandsgaspreis zu kommen. MR Mock wird sein Möglich-
stes tun, um noch im Mai spätestens aber im Juni zu einem Abschluß
zu kommen.

Die Beschwerde, daß jetzt in Oberösterreich zu wenig Heizöl extra-
leicht ausgeliefert wird, kann nur auf Hamsterkäufe zurückgeführt
werden. Im ersten Quartal 81 haben sie 82.000 to ausgeliefert, gegenü-
ber 55.000 im Vorjahr.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Laß Dir stets, wenn Beschwerden auftauchen,
sofort die notwendigen Auslieferungsziffern von den Multis und ÖMV
geben.

Der bulgarische Botschafter Penkov informierte mich, daß beim Kreisky-
Besuch Mitte Mai die Voest-Alpine und etliche bulgarische Firmen, die
in einem Konsortium zusammengeschlossen sind, einen Kooperationsvertrag
abschließen werden. In Zukunft sollen auch Edelstahlimporte, die bis


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jetzt in Deutschland bezogen wurden, auf Österreich umgelegt werden,
wenn ein Sonderkredit dafür gegeben wird. Dies hatte mir Penkow aller-
dings nur zur Einleitung gesagt, in Wirklichkeit ist er gekommen, um
zu Fragen, was mit den 35 Mio. Zahlungsleistung der österreichischen Klimagesellschaft an bulgarische Firmen geschehen wird. Ich habe ihm
einmal mehr wieder erklärt, das ist eine Angelegenheit des Konkurs-
richters. Der österreichische Staat wird und kann nicht bulgarische
Firmen besonders behandeln.

Neuerdings beschwerte sich Penkow wegen der Vidierung. Einwandfrei
konnte festgestellt werden, daß 91 t, die normalpreisig angeboten
wurden, ohne weiteres eingeführt werden konnten, bei 69 t wurden bis
zu 50 % Unterpreise festgestellt. Einen Schwellenpreis von 10 S wurde
Importpreise von 5,40 S uns gemeldet. Penkow erklärte mit Frau MR
Pschorn die Details zu besprechen. Ebenso beschwerte er sich dann bei
Blumenimporten, die allerdings nur 1 % der Oststaaten, Bulgarien und
Rumänien gemeinsam, ausmachen. Hier erklärte ich ihm sofort, das müßte
er mit dem Landwirtschaftsministerium klären.

Der sozialistische LAbg. Dietrich intervenierte wegen einer Firma, de-
ren Kreditzuschuß war auf die Auflage gebunden, daß das WC und Bad
getrennt werden muß. Da wir gerade jetzt in der Bürges eine nicht so
strenge Lösung beschlossen hatten, hat Haffner versucht zu klären, ob
dies auch hier möglich ist. Zu spät stellte sich dann heraus, Dietrich
war bereits wieder auf dem Weg nach Vorarlberg, daß bereits die Kre-
ditzusage erfolgte.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Du mußt eine bessere Koordination von der
Bürges verlangen.

Beim Arbeitsessen mit dem BR Honegger, der zweckmäßigerweise gleich
neben mich placiert wurde, und ganz besonders mit dem auf der linken
Seite platzierten Sommaruga konnten tatsächlich die offenen Probleme
zweckmäßig besprochen werden. Über unser Handelsbilanzaktivum wurde
von Seiten der Schweizer kein Wort verloren. Dies ist auch erklärlich,
denn wenn man die Ziffern des Ursprungs- und Bestimmungslandes als
unsere normale Handelsbilanz der Statistik nach dem Handelsland gegen-
überstellt, dreht sich der Aktivsaldo von 1,2 Mrd sofort in Passivsaldo
von über 6 Mrd.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: In Hinkuft bitte wünsche ich neben unserer Handels-
statistik immer die Ziffern des Handelslandes, gegebenenfalls Schätzungen.



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Bezüglich unserer Wünsche von Weinexporten in die Schweiz wurde sofort
zugestimmt, daß wenn die inländische Produktion nicht ausreicht, wir
außer dem nicht länderspezifischen Globalkontingent von 35.000 hl Grund-
kontingent sofort bei Mehrimporten so wie auch im vergangenen Jahr
groß ins Geschäft kommen können.

Bezüglich unserer Getreideexporte hat das Landwirtschaftsministerium
ersucht, ich sollte nicht intervenieren, weil die Qualitätskontrollen
bei Mahl- und Backversuchen für uns ungünstig verlaufen sind.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was sagt die Fa. Mauthner dazu?
Während des Aufenthaltes Honeggers hatte man sich wegen der Joghurtim-
porte geeinigt. Die Abschöpfung wird von 8 S auf 5,50 reduziert,
gleichzeitig aber 3 % der österreichischen Produktion als Kontingent
festgelegt.

Bezüglich der Stumpenimporte nach Österreich wurde von der Schweiz
darauf verwiesen, daß lt. EFTA-Übereinkommen das Verpackungsmonopol ange-
zweifelt werden könnte. Das möchte man aber nicht, es sollte aber we-
gen der 5 Schweizer Stumpenproduzenten doch eine Importmenge von der
Tabakregie zugelassen werden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte bei Tabakregie sofort intervenieren.

Bezüglich des Wunsches der schweizerischen Heizölexporteure, meistens
kleinere Firmen, Heizöl extraleicht nach Österreich zu liefern, sollte
nicht nur allein in der Raffinerie Schwechat, sondern auch in einem
Freilager die Färbung vorgenommen werden. Dies widerspricht dem
österreichischen Gesetz. Niemand kann eine solche Ausnahme machen, not-
wendig wäre es, daß daher die ÖMV sich bereit erklärt, zu einem erträg-
lichen Verarbeitungspreis die Färbung durchzuführen. Jetzt versucht
die ÖMV die schweizerischen Exporteure zu veranlassen, gewisse Mindest-
preise einzuhalten. Dies verstoßt erstens gegen das Kartellgesetz und
zweitens können sie dann natürlich überhaupt nichts nach Österreich
verkaufen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte kläre vertraulich, wie die ÖMV dies
tatsächlich handhabt.

Bezüglich der Lebensmittelimportmeldeverordnung, wonach Käse und Topfen


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unverzüglich zu melden sind, konnte ich keinerlei Zusagen machen, da
diese notwendige Kontrolle auch vom Standpunkt des Lebensmittelrechtes
notwendig ist. Ihre Beschwerden über unseren Gesundheitspapst Petuely
sind nicht stärker, aber auch nicht anders, als auch von österreichischen
Unternehmen immer wieder vorgetragen wird.

Ein großes Problem ergibt sich, daß die Schweizer mit Portugal kein
Textilabkommen bis jetzt abgeschlossen haben. Sie fürchten, daß jetzt
die überschüssigen Textilien, insbesondere die Hemden in die Schweiz von
Portugal exportiert werden. Nachdem die nordischen Staaten, Norwegen,
Schweden, Finnland, zuerst geheim, jetzt aber offiziell ihre Hemdenim-
porte aus Portugal beschränkt haben, mußte auch Österreich eine ent-
sprechende Regelung treffen. Die Schweizer haben recht, dies verstoßt
gegen die EFTA, wir haben aber keine andere Lösung, mehr als 1,3 Mio Hem-
den pro Jahr können wir nicht importieren. Da die anderen Staaten, die
dem Multifaserabkommen unterliegen, von Österreich verlangen, daß Nicht-
mitglieder des Multifaserabkommens gleich Mitgliedern behandelt werden,
haben wir in Österreich keine andere Wahl. Honegger wird dies bei der
nächsten EFTA-Sitzung Mai, fürchte ich, zur Sprache bringen.

Über diese EFTA-Sitzung hatte Honegger den Wunsch, wir sollten sie
wieder formell abwickeln. Diese Idee der freien Klubaussprache hat
sich nach seiner Meinung nicht bewährt. Ich war sofort mit dem Vorschlag
einverstanden, diese formal ablaufende Sitzung wieder einzuführen.
Honegger und ich kamen aber überein, wir sollten versuchen bei dem
neuen Generaldirektor Kleppe, ein norwegischer Sozialist, doch vielleicht
zu erreichen, daß wir nur einmal im Jahr eine EFTA-Sitzung haben und
gegebenenfalls eine solche klubähnliche Aussprache bei Bedarf abhalten.

Honegger hatte dann noch eine Aussprache mit Bundeskanzler Kreisky.
Das letzte Mal hatte Kreisky ihn ersucht, er möge doch dafür sorgen,
ob nicht schweizerische Unternehmer in der Mur-Mürz-Furche investieren
würden. Ich habe ihm zu diesem Zweck jetzt alle Unterlagen überreicht.
Honegger meinte, die Engländer hatten ein Investitionsseminar, wo der
Energieminister, das Investitionsinstitut, ein Steuerberater, ein Ge-
werkschafter von TUC und ein Schweizer Unternehmer, der bereits in
England investiert, Vorträge hielten und dann auch für Auskunft zur
Verfügung standen. Der Handelsdelegierte Koch wurde ersucht, er sollte
eine solche Werbeaktion auch in der Schweiz starten.

ANMERKUNG FÜR MARSCH: Wie weit können wir uns da einschalten?



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Beim Abendessen in der Schweizer Botschaft, an dem zu meiner großen
Freude auch Staatssekretär Albrecht teilnahm, wurden die Gespräche
noch fortgesetzt.

Das Begräbnis von Stadtrat Nittel in der Feuerhalle war bestens orga-
nisiert und es hat eine unzählige Menschenmenge daran teilgenommen.
Umso schlimmer fiel dann die Trauerkundgebung auf dem Rathausplatz ab.
Ich weiß nicht, wer auf diese Wahnsinnsidee gekommen ist, nachdem am
ersten Mai, als die Züge bereits formiert waren und auf den Rathausplatz
losmarschierten, die Erste-Mai-Kundgebung abgesagt und zu einer Trauer-
kundgebung umfunktioniert wurde, war natürlich eine unübersehbare
Menge auf dem Rathausplatz eingetroffen. Am Freitag abends dann eine
zweite Trauerkundgebung zu wiederholen, mußte ein Debakel werden, damit
hat man der Partei, aber vor allem dem Andenken Nittels keinen guten
Dienst erwiesen.

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Tagesprogramm, 8.5.1981

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Schweizer Diplomat; evtl. ident mit Sommaruga, A


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    GND ID: 124729509


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      Tätigkeit: Sts. HM


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        Tätigkeit: Beamter HM


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          Tätigkeit: OB


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            Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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              Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


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                Tätigkeit: Schweizer BR


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                  Tätigkeit: Geschäftsmann


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                    Tätigkeit: MR HM


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                      Tätigkeit: norweg. Minister, EFTA-Gen.Sekr.


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                        Tätigkeit: MR HM


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                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Dir. Chemie Linz


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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                                Tätigkeit: Chemie Linz


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                                  Tätigkeit: Präs. bulg. HK, ab 1980 HR


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                                    Tätigkeit: LTAbg. Vbg. (SPÖ)


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                                      Tätigkeit: 6


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                                        Tätigkeit: öst. Handelsdelegierter Schweiz


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                                          Tätigkeit: Bundeskanzler
                                          GND ID: 118566512


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