Montag, 9. März 1981
Um den steirischen Kollegen die Spezialfragen in der Landeskonferenz
der LUGA, die sie mir nach Wien mitgegeben haben, die schnelle Erledi-
gung zu beweisen, habe ich sofort den ungarischen Handelsrat Hammer
wegen Lieferung von Produkten der Fa. Zach nach Ungarn gesprochen.
Hammer sagte mir zu, so etwas wäre denkbar, wenn von der Firma Zach
ähnliche Produkte, die sie nicht erzeugt und in Österreich aber verkau-
fen könnte, als Gegenleistung übernommen werden. Die Firma wird mit dem
Betriebsrat mit Hammer verhandeln.
Der für die Produktion im Konsum Österreich zuständige Gerharter wegen
der Behauptung, die Fleischfabrik in Graz könnte infolge geringerer Pro-
duktion geschlossen werden, hat mir seine Konzeption genau erklärt. Um
Kosten zu senken, hat er den Produktenaustausch im Konsum Österreich
installiert. Die Grazer haben 280 Mio. S Umsatz und dies geschieht mit
den Hamburger-Speck, den sie für ganz Österreich erzeugen. Die Wurst
wird in Wien produziert, die Produkte ausgetauscht. Der Rohertragsrück-
gang von 20 auf 17 % ist im Vorjahr darauf zurückzuführen, weil die
Schweinepreise um 30–35 % gestiegen sind und die Verbraucherpreise
nicht nachgezogen werden konnten. Erst jetzt hat die paritätische resp.
die Landespreisbehörde, nachdem die Kollektivverträge der Fleischer
endlich revidiert wurden, Preiserhöhungen zugestimmt. Der Deckungsbei-
trag 1 war aber auch im Vorjahr vorhanden. Nur der Deckungsbeitrag 2
mit den Fuhrparkkosten und den Overhead-Kosten war nicht erreicht.
Der Umsatz hat sich in allen Jahren wesentlich verbessert, 1979 + 12 %,
1980 + 14 % und auch heuer erwartet er eine Umsatzsteigerung von + 10 %.
Auch Gerharter war sofort bereit mit den Betriebsleitern und Betriebs-
räten über diese Frage zu sprechen. Dies habe ich den Kollegen in Graz
sofort mitgeteilt.
Beim Journalistenfrühstück habe ich einleitend, da Dr. Zolles von der
ÖFVW zu spät kam, über meine Eindrücke bei der ITB Berlin berichtet.
Ich glaube, daß die von uns nach meinem ersten Besuch in Berlin nachge-
machte ITB besser organisiert ist und auch mehr Anklang findet, dies
wurde mir von den ausländischen Einkäufern immer wieder bestätigt. Auch
die Berichte über die Besucherzahl zeigen, daß unsere Trennung zwischen
ITB und der österr. Ferienmesse ofm bis jetzt zumindestens einen besse-
ren Abschluß ergab. Ich habe spät abends auf der Kärntner Straße, als ich
auf das Ende der 50-maligen Modeschau von Adlmüller wartete, den
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Baudirektor der Wiener Messe getroffen. Dieser erzählte mir, daß sie
mit den Interessenvertretern der ofm eine Aussprache über die Über-
siedlung vom Messepalast in das Messegelände hatten. Die Laufkunden,
die jetzt zur ofm in den Messepalast kommen, weil es eben im Zentrum
der Stadt liegt, werden vielleicht nicht auf das Messegelände im Prater
fahren. Trotzdem halte ich eine Übersiedlung für notwendig, in den Messe-
palast wird überhaupt nichts mehr investiert, der Messepalast wird
garantiert Mitte der 80-er Jahre geräumt, eine ofm jetzt großzügig auf-
zuziehen, mit den Austria Tourist Filmfestival zu verknüpfen, ist im
Messeausstellungsgelände im Prater zweckmäßiger. Dort gibt es die Film-
vorführhalle.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nächste Aussprache mit Zolles erinnern.
Albrecht, die das Pressegespräch leitete, erzählte mir dann, daß es
auch über die Berichte der Geschäftsführung von der Bürges, über das
gut abgeschlossene Jahr 1980 keine Debatte gab. Wir mußten wegen der
Wirtschaftskommission das Pressefrühstück eine halbe Stunde vorverlegen,
der Besuch war, solange ich dort war, dadurch wesentlich schlechter als
sonst.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Wie war es dann zum Schluß?
In der Wirtschaftskommissionsaussprache gab es zuerst bei voller Be-
setzung eine Grundsatzdebatte. Im Prinzip stimmten alle mit dem vorge-
legten Entwurf überein, nur hatten viele entsprechende Wünsche. Die
einen hatten das Gefühl, daß das Ergebnis ihrer Arbeitsgruppe zu stark
gekürzt wurde und wollten entsprechende Ergänzungen, insbesondere Staats-
sekretär Nußbaumer meinte, über die Entwicklungshilfe müßte wesentlich
mehr geschrieben werden. Da Minister Haiden aber dann sofort konterte,
die Landwirtschaft sei mit 4 Seiten unterrepräsentiert, dann müßte er
seine ganzen Punkte wieder verlangen, daß sie aufgenommen wurden, dies
das beste Argument für die Vorsitzenden Kreisky und Benya zu sagen,
im Prinzip kann es nur sachliche Kurzergänzungen geben und nicht
lange Ausführungen. Das Zusammenstreichen kann allerdings dazu führen,
daß z.B. über die Entwicklungshilfe dann gesagt wurde, sie ist vom kom-
merziellen Außenhandel zu trennen, dies unter der Überschrift "Verbes-
serung der Leistungsbilanz". Wenn die Entwicklungshilfe, wie ich dann
kritisierte, tatsächlich vom kommerziellen Außenhandel total getrennt
ist, dann kann man nur erwarten, daß das Leistungsbilanzdefizit größer
wird. Kreisky hat mir zugestimmt, daß man sich jetzt nicht mehr weltweit
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damit brüstet, mit der Entwicklungshilfe wirklich nur selbstlos den
Entwicklungsländern zu helfen, sondern sehr wohl kommerzielle Absich-
ten damit verbindet.
Grundsätzlich meinte der Klubsekretär Ostleitner, das vorgelegte Programm
sei kein Forderungsprogramm, sondern ein Förderungsprogramm. Er möchte
daher mehr den Forderungscharakter eines solchen Wirtschaftsprogramms
der 80-er Jahre herausstreichen. Kreisky konterte sofort, an wen
soll sich ein solches Forderungsprogramm richten. Wir sind Regierungs-
partei, die Regierung muß daher nur ihr Programm dokumentieren und dar-
legen, wie die sozialistische Regierung und die SPÖ die 80-er Jahre
sowie die 70-er Jahre zu einem Erfolg bringen werden.
Die einzige berechtigte Kritik, die Klubobmann Fischer dann brachte,
war, daß der letzte Satz ein Hinweis darauf ist, daß für die Konsumenten
die Prozeßordnung der Gerichte geändert wird. Alle stimmten überein, daß
ein Schlußkapitel unbedingt geschrieben werden muß.
Mir war bei dieser Diskussion eine einzige Änderung notwendig und wich-
tig. Ich hatte durch jahrelange Verhandlungen und dann im Kapitel Preis-
politik unter Vorsitz von Albrecht endlich eine, wenn auch vage, Formu-
lierung über ein Rute-im-Fenster-Preisgesetz gelungen. Dieser Hinweis,
daß eine gesetzliche Regelung wirkungsvoller wäre, die der Behörde einen
flexiblen Anwendungsspielraum einräumt zur Durchsetzung von Wettbewerbs-
preisen, Verhinderung von überhöhten Monopolpreisen, Sanktionsmöglichkeit
zur Unterstützung der Preispolitik der Wirtschaftspartner und zum
Schutz wirtschaftlich schwacher Käuferschichten bei lebenswichtigen
Gütern und Leistungen erfolgversprechender als die amtliche Preisrege-
lung. Diese für mich so wichtige Formulierung war auch dem Kürzungs-
stift zum Opfer gefallen. Zum Glück wurde dieses Kapitel wahrscheinlich
durch einen reinen Zufall als letztes in das Programm aufgenommen. Jetzt
waren die Diskussionsteilnehmer durch die stundenlangen Beratungen
wahrscheinlich schon so ermüdet, daß sie diesen Wunsch von mir sofort
alle akzeptierten. Dkfm. Blaha meinte nachher nur zu mir, er möchte
gerne diese Aussage ein wenig kürzen. Ich habe ihn ersucht, er soll
unbedingt davon Abstand nehmen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte achte, daß der volle Wortlaut aufgenommen
wird.
Benya machte zum Schluß den Vorschlag, es sollte Kreisky dieses Programm
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auch den anderen Sozial- und Wirtschaftspartnern zukommen lassen.
Kreisky schlug vor, daß jetzt die Partei, das heißt die Wirtschaftskom-
mission, diesen endgültigen Entwurf dem Bundeskanzler offiziell zuschickt,
dieser wollte ihn dann der Industriekommission zur Kenntnis und Dis-
kussion schicken. Ich habe sofort vorgeschlagen, es erscheint mir
zweckmäßiger, wenn man alle heranzieht, die in der wirtschaftspolitischen
Aussprache vertreten sind. Benya hatte übrigens auch an diese Gruppe
gedacht. Da einige meinten, man sollte aber einen größeren Kreis von
Managern dieses Wirtschaftsprogramm offiziell schicken, einigten wir
uns dann darauf, daß wir beide, die Industriekommission und die Sozial-
und Wirtschaftspartner, die alle in der wirtschaftspolitischen Aussprache
vertreten sind, offiziell den Entwurf übersenden. Dies ist zweifels-
ohne ein neuer Weg und wird, so hoffe ich, Anklang finden. Wichtig er-
scheint mir persönlich nur noch, daß, wie angeblich vorgesehen, Traxler,
Pressereferent von der Verbundgesellschaft, den Entwurf stilistisch über-
arbeitet, nur so ist es möglich, daß er dann einen einheitlichen, entspre-
chend lesbaren Stil bekommt. Derzeit ist er eben ein buntes Gemisch
von 10 Arbeitsgruppen und dort wahrscheinlich von mindestens 100 Formu-
lierern.
Im Prinzip erscheint mir aber das Wichtigste, daß jetzt über dieses
Programm der 80-er Jahre eine öffentliche Diskussion beginnen wird.
In der Partei wird sich dies gut auswirken, weil dann Aktivitäten ent-
faltet, die unbefriedigende Diskussion über differente Auffassungen in
der Führungsspitze der Partei, der Gewerkschaft usw. überdeckt werden.
Außerhalb der Partei erscheint aber eine solche Diskussion, aber noch
wichtiger, weil damit einigermaßen konkrete Vorschläge, wie auf dem
Steuerbereich, gemacht werden, um damit dieses ewige Herumreden auch zu
Ende kommen kann. Nichts hat uns in den letzten Wochen mehr geschadet,
als daß jedermann irgendwelche Meinungen äußerte, ohne sie vorher mit
den dafür Zuständigen und Verantwortlichen abzusprechen. Wenn dieser
Führungsstil nämlich fortgesetzt wird, dann muß der Eindruck entstehen,
wir sind ein zerstrittener Haufen, in diesem Fall könnten wir uns den
Einsatz für die nächsten Wahlen 1983 sparen, da wir garantiert verlieren.
Kreisky dürfte dies auch entsprechend spüren, weshalb er auf die Erstel-
lung dieses Programmes und vor allem jetzt auf die breite Diskussion
größten Wert legt.
Tagesprogramm, 9.3.1981