Samstag, 7. März 1981
Die Landeskonferenz der LUGA in der Steiermark ist in Graz sehr gut be-
sucht. Ich bin erstaunt, wie viele zu dieser, Freitag, Fraktionsbespre-
chung, Samstag, Landeskonferenz gekommen sind. Vielleicht ist die Erklä-
rung, daß viele steirische Betriebsräte ganz gerne in Graz übernachten wol-
len, mir ist diese Zeitverschwendung natürlich unangenehm und unerklärlich.
Alle anderen wickeln diese Landeskonferenzen in einem Tag ab. Enttäuscht
bin ich, daß auf mein Referat ein einziger Diskussionsredner sich meldet,
der allerdings dann gleich ein Koreferat hält.
Wichtiger fast als das offizielle Referat ist die Aussprache dann mit
den einzelnen Delegierten, die alle angeblich sehr glücklich sind, daß
der Obmann einer so kleinen Gewerkschaft gleich ein Bundesminister sein
kann und ist. Der BRO Tieber von der Fa. Zach, die Soletti erzeugen,
möchte sehr gerne nach Ungarn Soletti exportieren, die ungarische Seite
hat dafür auch großes Interesse gezeigt, aber bis jetzt ist noch nichts
weitergegangen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mich mit ungarischen Handelsrat Hammer ver-
binden.
BRO Eigl von der Konsumgenossenschaft in Graz beschwert sich, daß sie
jetzt, obwohl sie, ein modern errichteter Betrieb, 1972 Wurstwaren produ-
zieren könnten, durch die Produktaufteilung nur mehr Speck erzeugen
können. Dadurch sind die 120 Beschäftigten in Hinkunft nicht mehr ausge-
lastet. BRO Eigl fürchtet daher auf lange Sicht die Einstellung des Be-
triebes. 1972 wurden 55 Mio. S investiert und jetzt wurden bereits 10
Mio. zusätzliche Investitionen getätigt.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Konsumdirektor Gerharter in Wien ver-
binden.
Da an der Landeskonferenz auch unser jetziger Landessekretär in Kärnten,
ein ehemaliger steirischer Funktionär, teilnimmt, ersucht mich dieser, daß
ich unbedingt der Firma Pomona in Klagenfurt während meines Besuches der
Fremdenverkehrsausstellung GAST das Staatswappen überreichen möchte. Der
Unternehmer würde die ganze Belegschaft dazu einladen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Geht dies terminlich?
Dr. Burian macht bei KR Grünberger in dessen Kellergewölben eine Ab-
schieds-Trauerfeier. Ein Twen nimmt Abschied, Ende der wilden 20-er
Jahre. Bei dieser Gelegenheit rennt der Wiener Schmäh. KR Grünberger hat
auf geheiligtem Boden, einerseits Probusgasse, als Zentrum der Heurige,
und andererseits ein altes Frauenkloster, welches er umbaute, zu einer
Kombination Architektenbüro und gleichzeitig Wohnung . Grünberger hat
jetzt etliche Projekte über Fremdenverkehr bei Dr. Ortmann laufen, ich
ersuche ihn, mich darüber ständig am laufenden zu halten.
Sonntag, 8. März 1981
Die Nationalbank, GD Kienzl, hat zur weiteren Wintersportaktivität das
Tourenschilaufen als zukunftsträchtige Sportart propagiert. Ihm ist es
gelungen, den Fernsehverantwortlichen Kreuzer, aber auch den Obmann der
Naturfreunde Fischer und zu meiner größten Überraschung auch ein Dutzend
Teilnehmer an einer Tourenschifahrt auf die Reisalpe zu organisieren.
Der Bürgermeister empfängt uns natürlich, die Bergwacht begleitet uns,
ja sogar die Schutzhütte auf dem Gipfel ist offen. Der Winterraum, wo
Kienzl die Pause einlegen wollte, ist in einem trostlosen Zustand. Der
Hüttenwirt, ein Schwechater, seit 7 Jahren dort tätig, hat, wie er Kienzl
und mir erklärt, viel Arbeitszeit in den Ausbau der Hütte gesteckt. Die
Firma Schuh-Ski hat für die, die keine Tourenschi hatten, die neuesten
Modelle mitgenommen. Dasselbe gilt auch für die Felle, mein altes See-
hundfell wird nur belächelt, meine guten alten Tourenschi mit den ent-
sprechenden Strammerbindungen als altmodisch verworfen. Am meisten impo-
nieren aber jedem meine uralten Lederschuhe. Kienzl meint mit Recht, daß
wenn jedermann immer seine alten Sachen, wenn er sie nicht mehr braucht,
aufhebt, um dann, wenn die Nostalgiewelle kommt, sie wieder zu verwenden,
dann wird die österreichische Industrie keine zusätzliche Produktion
haben. Dies kann stimmen, doch erscheint mir die zweckmäßige Verwendung
der Konsumgüter, die nicht unbedingt gleich immer wegwerfen muß, auch
nach etlichen Jahrzehnten energie-, rohstoffsparend. Offiziell kann
ich aber als Handelsminister eine solche Linie nicht vertreten.
Überrascht war ich, daß die ganze Partie dann tatsächlich am Abend in der
Zeit im Bild zu ungeheuer guter Zeit gesendet wurde.
Die Heimfahrt benützte ich, um mit Klubobmann Fischer, der ja jetzt im
Präsidium der Partei sitzt, über die Unzufriedenheit unserer kleinen
Funktionäre auf der Landstraße und auch sonst in den Bundesländern, wie
58-0329
ich immer wieder feststellen kann, zu informieren. Unsere Genossen
wünschen nicht, daß in der Spitze der Regierung oder Partei oder auch
Gewerkschaft über Sachfragen Streitigkeiten entstehen. Die Idee, eine
offene Partei muß alle Probleme auch offen diskutieren, wird von unse-
ren Funktionären mit Recht nicht akzeptiert. Die Sozialdemokratische
und Sozialistische Partei war immer eine zentral gelenkte, geführte und
straff organisierte Ideengemeinschaft und kein in sich zerstrittener
Interessentenhaufen. Die Massenmedien, selbst die, die uns nicht feindlich
gesinnt sind, nehmen diese differenten Auffassungen nicht als eine Sach-
diskussion, sondern schreiben schlichtweg, Streit in der Regierung. Das
typischste Beispiel dafür ist die heutige Kronen-Zeitung, dort wurde mit
großen Lettern ein Streit in der Regierung zwischen Justizminister Broda,
Herabsetzung des Ehefähigkeitsalters von Frauen auf 15 Jahre, beeinsprucht
durch die Staatssekretärin Dohnal. Diese vertritt den Standpunkt entge-
gen ihrer sonstigen Meinung, daß man Frauen emanzipieren muß, daß 15
Jahre für die Ehe für eine Frau zu früh sei und hat diese Meinung sofort
öffentlich verkündet. Wenn in all diesen Sachfragen die Massenmedien
dann immer, ob zu Recht oder Unrecht ist ja gar nicht zu prüfen, daraus
einen Streit konstruieren und berichten, dann erklärte ich Fischer,
könnten wir uns die Aufwände und den Einsatz für die nächsten Wahlen spa-
ren. Mit dieser Methode haben wir sie garantiert verloren.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Was ist Deine Meinung zu diesem Problem?
Tagesprogramm, 7.3.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)