Mittwoch, 26. November 1980
Sektionschef Meisl wird den portugiesischen Handelsrat wegen der Lizenz-
verweigerung resp. Verzögerung von österreichischen Einfuhren nach
Portugal vorladen. Die Portugiesen haben jetzt auf die Kontingentierung
der Hemdeneinfuhr nach Österreich mit 1.030.000 gegen 1,8 Mio., die sie
bis jetzt geliefert haben und heuer liefern wollten, mit systematischen
Lizenzverzögerungen reagiert. Ich erkläre Meisl aber dezidiert, daß
jedwede Gegenmaßnahme, die Österreich erwägt, den Fall nicht eskalieren
soll und vor allem kein Handelskrieg daraus entstehen dürfte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Kläre, was Österreich im EFTA-Sekretariat beab-
sichtigt.
Mit Dir. Hautzenberg, ÖDK, und GD der Verbund Fremuth als Aufsichtsrat der
ÖDK bespreche ich die rechtlich sehr verworrene Situation der Baugeneh-
migung für Voitsberg III. Dr. Zluwa, anerkannter Rechtsspezialist der
Energiesektion, steht auf dem Standpunkt, der Verwaltungsgerichtshof hat
indirekt auch den Baubescheid aufgehoben. Immer mehr verdichtet sich da-
her die Rechtsauffassung, der Bau müßte eingestellt werden. Dagegen spre-
che ich mich ganz entschieden aus. Niemand würde dies verstehen, schon
allein die Stillstandskosten würden den Bau nicht nur verzögern, sondern
auch die terminmäßige Fertigstellung infrage stellen. Die dann zu die-
sem Zeitpunkt anfallende Kohle würde zu erheblichen Lagerschwierigkei-
ten und damit auch wieder zu ungeheuren Kostensteigerungen führen. Ich
verstehe, daß der Aufsichtsrat unbedingt eine rechtliche Deckung braucht.
Theoretisch wäre nämlich möglich, daß der Bau vollendet wird und dann
keine Betriebsbewilligung gegeben wird. Ich schlage deshalb GD Fremuth
vor, er soll einen entsprechenden Ministerratsvortrag vorbereiten.
Am Nachmittag spreche ich auch mit Dir. Kerschbaumer von der KELAG als
Aufsichtsrat der ÖDK. Dieser wieder fürchtet, daß die Einspruchswerber,
die ja bezüglich des formellen Verfahrens vom Verwaltungsgerichtshof
Recht bekommen haben, jetzt bereit wären und eine diesbezügliche Erklä-
rung dem Landesregierungsreferenten schriftlich abgegeben haben, daß
sie nur den Einbau einer Entschwefelungsanlage wünschen. Dies wird,
wie Kerschbaumer richtig sagt, ja bereits durch die neue Dampfkesselver-
ordnung verlangt. Die ÖDK hat sich damit auch bereits abgefunden. Diese
halbe Milliarde muß eben als Baukostenverteuerung zur Kenntnis genommen
werden. Kerschbaumer hat nur Angst, daß ein Querulant sich dann noch-
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mals daquer legt und die Gefahr einer weiteren Verzögerung bei An-
spruch des Verwaltungsgerichtshofes entsteht. Um dem vorzubauen, schlage
ich vor, es muß der Bürgermeister jetzt das Widmungsverfahren und im
Bauverfahren durch Parteiengehör aller davon Betroffenen in 4 km Um-
kreis durch entsprechende Einvernahme, Niederschrift, Einverständnis,
vielleicht sogar mit Rechtsmittelverzicht einer solchen Entwicklung
vorbeugen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Zluwa soll dies neuerdings prüfen und mir
berichten.
Fremuth teilt mir vertraulich mit, daß die CSSR jetzt die 100 MW Ver-
tragslieferung von Strom einstellen muß. GD Huschek aus der CSSR hat
ihm mitgeteilt, die Polen liefern keine Kohle, die Tschechen sind zu
dieser Maßnahme gezwungen. Fremuth wird mit Huschek sofort darüber
Verhandlungen beginnen.
Fremuth glaub heute mehr denn je, daß die SU bereit ist, wie er bei
dem IIASA-Gespräch in Laxenburg feststellen konnte, den Stromtausch
zwischen Österreich, Spitzenstromlieferung gegen Bandstrom aus der SU,
akzeptieren wird. In Moskau war man nur überrascht, daß das Verhältnis
1 zu 4 sein soll. Auch bezüglich der Atommüllagerung hat die SU noch
nicht negativ endgültig entschieden.
Ich stimme mit Fremuth vollkommen überein, daß er als Organ trotz ge-
genteiliger Meinung von Kreisky, niemand solle oder dürfe über Atomla-
gerung verhandeln, geschweige denn eine Koppelung zwischen Atommüllage-
rung und militärischem Güterbezug, konkret Mirage-Verhandlungen, führen,
daß Fremuth dies sehr wohl tun muß. Ohne Atommüllagerung gibt es im
Parlament keine 2/3-Mehrheit. Ich decke daher das Vorgehen Fremuths
in jeder Beziehung.
MR Dr. Mock wird jetzt seine Punktation bezüglich eines Gesetzes für
eine angemessene Entgeltregelung für bundeseigene mineralische Roh-
stoffe mit den Interessensvertretungen und gleichzeitig den Ölgesell-
schaften ÖMV, RAG und Vorarlberger vorbereiten. Ich selbst beabsichtige
die erste Gesprächsrunde zu eröffnen. Ich bin davon überzeugt, daß
die Ölgesellschaften bereit sein werden, wenn sie von diesem Plan er-
fahren, die Vertragsverhandlungen über entsprechenden Flächenzins und
Förderzinsgespräche zu beschleunigen und sehr bald positiv abschließen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Jour fixe AK, HK setzen.
Ich informiere Dr. Kehrer, daß jetzt bezüglich der Änderung der Richt-
linien des Weinfonds erstmals die HK nicht zustimmt und der Landwirt-
schaftsminister jetzt von mir entgegen dem Wunsch der Handelskammer
die Genehmigung verlangt und erwartet. Die HK hat durch ihren Vertre-
ter dagegen protestiert, daß im Ausland nur für Siegelweine im Ausland
und im Inland hauptsächlich nur Siegelweine beworben werden sollen.
Da es für mich selbstverständlich ist, daß man nur Qualität ins Ausland
exportieren kann und daher nur dafür werben sollte, erwarte ich von
Kehrer eine entsprechende Stellungnahme. Nachmittags teilt er mir mit,
daß bei dieser Sitzung nicht der Handelskammervertreter Dr. Vavra,
sondern der Gremialvorsteher Mraz anwesend war. Kehrer teilt meine
Meinung und erklärt sich dazu bereit, daß wenn ich die Richtlinien un-
terschreibe, die Handelskammer dies versteht und dagegen nichts unter-
nehmen wird. Offiziell möchte sie scheinbar nicht den Gremialvertreter
desavouieren.
Das Gespräch mit Dir. Brandner, Grundig Austria, und vor allem Herrn
Lippmann, der extra zu dieser Aussprache nach Wien eingeflogen ist,
bringt nicht das von mir gewünschte Ergebnis. Grundig sieht in dem
Wunsch von Philips, keine zollfreien Bildröhren unter 26 Zoll herein-
zulassen, eine reine Geschäftstaktik des internationalen Philipskon-
zerns auf Kosten von Grundig. Die Idee, den Verlust zwischen Grundig,
den diese erleidet, und Philips mit einem Drittel durch Zuschüsse von
Philips abzudecken, wird von Grundig abgelehnt. Grundig schlägt Philips
dagegen vor, statt derzeit 90.000 Bildröhren 150.000 Bildröhren, 26
Zoll, zu kaufen. Grundig beabsichtigt, wenn er die zollfreie Einfuhr
von japanischen-Bildröhren bekommt, im Laufe der Jahre 450.000 Fern-
sehgeräte in Wien zu erzeugen. Wird die zollfreie japanische Einfuhr
abgelehnt, dann wird Grundig nach Portugal die Produktion verlegen.
SC Meisl teilt mit, daß bereits in Brüssel Slingerland das Projekt
kennt und die Europäische Gemeinschaft ein solches Entgegenkommen ge-
gen die Japaner nicht verstehen würde. Ich informiere in Anwesenheit
von den Grundigherren GD Lap von Philips telefonisch und schlage vor,
man soll noch einmal ein Gespräch zwischen beiden führen. Ich erkläre
beiden meine unmögliche Situation, da ich natürlich, wenn es zu keinem
Kompromiß kommt, durch meine Entscheidung auf alle Fälle einen der
beiden zu tiefst treffen werde. Da eine inländische Produktion für
Fernsehröhren unter 26 Zoll derzeit nicht besteht, kann ich aufgrund
des § 6 Zolltarif bei Nichtproduktion eine Zollermäßigung oder Frei-
stellung geben. Formell ist dies für mich der einfache Weg.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Erkundigt Euch, wie dies gehen würde
und was Brüssel dazu sagt.
In der Paritätischen Kommission führe ich auf Wunsch Kreiskys den Vor-
sitz. Vorher versuchte ich noch mit der Landwirtschaftskammer zu einem
Kompromiß bezüglich der Düngepreiserhöhung von der Chemie Linz zu ge-
langen. Die Kalkulation von Chemie Linz brächte eine 17 %-ige Erhöhung.
GD Buchner wäre einverstanden mit 12 1/2 %, die Landwirtschaft ist nur
bereit 9 % zuzugestehen. Ing. Altmann von der Präsidentenkonferenz
meint, damit seien die Energiekosten und die höheren Gaspreise abge-
deckt. Die innerbetriebliche Lohnregelung kann und will er nicht be-
rücksichtigen. Präs. Bierbaum von der NÖ Landwirtschaftskammer meint,
da die Versuche Vizepräsident Seidls, mit 11 % abzuschließen, auch ge-
scheitert sind, GD Buchner soll erhöhen, die Landwirtschaftskammer wird
dann bei mir eine amtliche Preisregelung beantragen, sie trägt dann
nicht mehr die Verantwortung. Mein Hinweis, daß die Bauern damit aller-
dings mehr bezahlen müssen, als wenn es doch zu einer einvernehmlichen
Regelung kommt, wie dies auch seinerzeit bei der Traktorpreiserhöhung
von Steyr-Daimler-Puch der Fall gewesen ist, beeindruckt die Landwirt-
schaftsvertreter nicht.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Jour fixe AK, HK setzen.
Die andere Tagesordnung kann ich so schnell abwickeln, daß, als Kreisky
wenige Minuten später erscheint, er nur mehr den nächsten Termin der
Paritätischen Kommission verhandeln muß.
Die Aussprache mit der KELAG, Kerschbaumer, Kehrer, Dr. Rief, Dr.
Oberndorfer, Industriesektion, bezüglich der Baukostenzuschüsse kann
durch meinen Vermittlungsvorschlag positiv abgeschlossen werden. Die
HK hat sich bei der Baukostenzuschußregelung, die jetzt mit den Inte-
ressensvertretungen einvernehmlich festgelegt wurde und bundesweit ab
1. Jänner 1981 gelten soll, dagegen ausgesprochen, daß Kärnten hier ein-
bezogen wird, solange Kärnten nicht bereit ist, für die Sondertarifab-
nehmer ebenfalls die generelle Regelung, wie sie bei allen anderen Bun-
desländern besteht, anerkennt . Nach langem hin und her einigten wir
uns dann auf ein verspätetes Inkrafttreten der Sonderabnehmerbaukosten-
zuschußregelung. Die KELAG erklärt sich bereit, und ich gebe die Ver-
wendungszusage, daß jetzt die allgemeine Tarifabnehmerbaukostenzuschuß-
regelung auch für die KELAG gilt, die KELAG dann spätestens mit der
nächsten Elektrizitätspreiserhöhung, die sicherlich im Jahre 1981 erfol-
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gen wird, die Sonderabnehmerregelung der anderen Bundesländer ebenfalls
einführt. MR Burian wird diese Regelung schriftlich festhalten.
Gen.Sekr. Kehrer teilt mir mit, daß Pechkohle, die von Partl jetzt ein-
geführt wird, nur in Bayern existiert. Aus Jugoslawien kann daher keine
Pechkohle kommen. Die Bezeichnung Glanzpechkohle, um die Zollermächti-
gung für jugoslawische Einfuhren in Anspruch zu nehmen, ist daher eine
Falschbezeichnung. Kehrer wünscht daher nicht die Aufhebung einer
Zollämterermächtigung, sondern die richtige Deklaration der Firma Partl.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Die Oberste Bergbehörde soll den Sachverhalt
genau feststellen.
Bei der Überreichung des großen Silbernen Ehrenzeichens für GD
Schroeder von Felten & Guilleaume erfahre ich vom anwesenden Management,
daß die Stahlsituation zwar sehr kritisch ist, doch für diese Firma
jetzt ein gewisser Aufwind, eher allerdings von mir als leichtes Lüfterl
zu bezeichnen, festzustellen ist. Felten & Guilleaume exportiert jetzt
größtenteils in die Bundesrepublik. Das war noch niemals der Fall.
Dort kann jetzt sogar eine leichte Preisaufbesserung festgestellt wer-
den. Diese Mitteilung ist für mich sehr überraschend. Sie würde in
Wirklichkeit zeigen, daß doch die Prognose, spätestens im 2. Quartal
beginnt auch in Deutschland wieder ein Konjunkturaufschwung, zutrifft.
Im Parlament gibt es wegen der neuen Steuergesetze eine heftige Dis-
kussion. Dem Präsidenten des Freien Wirtschaftsverbands, Mühlbacher, und
mir ist es geglückt, den Finanzminister Androsch doch noch zu einer
Revision seines Vorschlages bezüglich der 13 % Mehrwertsteuer für Ener-
gielieferungen bei Fremdenverkehrsbetrieben zu korrigieren. Androsch
wird nur 10 % Vorsteuerabzug anerkennen, dadurch aber auch ein extra
Ausweisen der Heizkostenzuschläge erübrigen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Würzl soll feststellen, wie die Branche darauf
wirklich reagiert.
Bei der Genehmigung des 300-Mio.-$-Kredites hat Dr. Heindl mit Dr. König,
bei als Energiesprecher vereinbart, wenn es zur Annahme einer Entschlie-
ßung, welche die ÖVP will, kommt, die ÖVP diesem Gesetzentwurf zustimmt.
Da in dieser Entschließung festgehalten wird, daß in Hinkunft lang-
fristige Lieferverträge, allerdings, wie ich verlangte, unter Berücksich-
tigung der inländischen Kohlenproduktion, liberal behandelt werden soll,
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sah Kreisky darin eine Bevorzugung der Multis. Die Ölgesellschaften
wollen jetzt stärker in die Kohle einsteigen. Der Laufbursche der
Multis, wie Kreisky König bezeichnet, will uns daher zu etwas zwingen.
Kreisky wollte am liebsten die Entschließung ablehnen. Androsch hat
zwar mir gegenüber erklärt, er bräuchte unbedingt die Zustimmung der
ÖVP, weil die polnischen Kredite ja sehr umstritten sind und noch mehr
sind und noch mehr umstritten werden, Kreisky hat ihm aber gegenüber
diese Entschließung ganz entschieden abgelehnt. Heindl und ich mußten
daher bei Kreisky heftigst intervenieren, damit er letzten Endes, wie er
sagte, zwar gegen seinen Willen, aber doch bereit war zuzustimmen.
Daß König sich dann in seinem Diskussionsbeitrag nicht an die Vereinba-
rung bezüglich der Polemik mit Heindl gehalten hat, war für mich nicht
überraschend. Heindl meinte dann mir gegenüber allerdings, es hat sich
wieder einmal gezeigt, daß man mit König kaum etwas vereinbaren kann.
Dies wußte ich schon seit eh und je. Wichtig für Androsch, und ich glau-
be auch für die gesamte Regierung, war es nur, daß die ÖVP und auch
die FPÖ dieser Kreditgewährung zustimmt.
Tagesprogramm, 26.11.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)