Mittwoch, der 19. November 1980

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Mittwoch, 19. November 1980

Bunzl & Biach hat einen Schredder zur Altpapierzerkleinerung,
welcher dem Datenschutz entspricht, aufgestellt. Dadurch kann er
bis zu 500 to im Monat von der Verbrennung retten. Der Arbeits-
kreis Datenschutz in der Kammer hat bestätigt, daß diese Art
der Erfassung und Zerkleinerung dem Datenschutzgesetz entspricht.
Eigene Container, die in den Büros aufgestellt werden, werden nachher
mit Sicherheitsschlössern verschlossen, eigens in die Anlage trans-
portiert werden müssen, dort von zwei Arbeitern aufgemacht und
händisch der Schredderanlage zugeführt. Dies ist die Folge unseres
Datenschutzgesetzes. Ich bin nicht ganz überzeugt, daß alle, die
das Gesetz beschlossen haben, gewußt haben, welche Folgen dies im
einzelnen auslösen kann. Da ich ja zu jeder noch so unnötigen
Eröffnung gerne bereit bin mitzumachen, habe ich auch dort auf
den Knopf gedrückt. Bei dieser Gelegenheit danke ich GD Schmidt von
Bunzl & Biach, der überhaupt diese Investitionen getätigt hat, um
Altpapier wieder verwerten zu können.

Bei der ganztägigen Klubtagung der Wr. Gemeinderäte, Bezirksvor-
steher u. d. Wr. Vorstandes in der Körner-Halle hat Gratz das Grund-
satzreferat gehalten. Die für mich auffälligste Feststellung war,
daß 75 % der Bevölkerung dem Umweltschutz und mehr grün positiv
gegenüber stehen, wie eine neue IFES-Umfrage ergeben hat.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Versuch diese Umfrage zu bekommen.

Die größte politische Forderung war die Aufforderung Gratz', man
müßte versuchen, die nahestehende Industrie und Unternehmungen zu
veranlassen, von der Industriellenvereinigung auszutreten. Kreisky
selbst hat auch in der letzten Zeit besonders immer auf die Finan-
zierungsmöglichkeiten der ÖVP hingewiesen, die ja ständig die
Sozialisten als jetzt von allen unseriösen Quellen finanzierte
Partei bezeichnet, ihre Finanzierungsquellen aber geschickt zu
tarnen versteht. Kreisky hat deshalb auch einen neuen Vorschlag
gestartet, daß jetzt aufgrund des Parteifinanzierungsgesetzes eine
Novelle dazu festlegen soll, auch die Spenden der Parteien zu
prüfen. Insbes. stößt sich Kreisky immer wieder an der Finanzierung
der Zeitung Die Presse durch die Handelskammer. Ich besprach mit


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Zentralsekretär Sallaberger vom Freien Wirtschaftsverband die Zu-
schüsse, die diese Organisation erhält. Der Schlüssel ist 18 %, im
Budget der Bundeshandelskammer werden vom Pressefonds 10 Mio. S für
die wahlwerbenden Gruppen ausgegeben. Der österreichische Wirtschafts-
bund erhält davon 8,2 Mio., der Freie Wirtschaftsverband 1,8 Mio. Dieses
Geld braucht er dringendst, ansonsten könnte er seine Aktivitäten
nicht entfalten. Er behauptet, so wie sein Präsident Mühlbacher längere
Zeit mir gegenüber schon sagte, daß damit die Organisation des Freien
Wirtschaftsverbandes steht und fällt. Von einzelnen Budgets der
Landeshandelskammern erhält er dann auch gelegentlich kleinere Be-
träge, Burgenland, Tirol z.B. je 100.000 S. Mit diesem Geld muß
er nicht nur sein Büro führen, sondern auch seine beiden großen Publi-
kationen herausgeben. Der Selbständige, die Verbandszeitung, erscheint
14 mal, wird mit 25.000 gedruckt, den Mitgliedern zugesendet und
höchstens von 1000 gelesen. Wichtiger ist daher die Sonderpublikation
Selbständige aktuell, diese erscheint derzeit 6 mal, er beabsichtigt
sie auf 10 mal pro Jahr zu vergrößern und wird an alle 250.000 Handels-
kammermitglieder 32 Seiten zugesandt. Der Druck und die ganze Ab-
wicklung macht der Vorwärts. Sallaberger ist fest davon überzeugt,
daß die Zeitung Die Presse eine besondere Finanzierung über einen
Verein durch die Bundeshandelskammer erfährt.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bespricht mit Sallaberger das Budget genau.

Bei der längeren Sitzung der Bundesregierung, und zwar die Regierungs-
mitglieder allein, berichtete Kreisky, daß jetzt die Klage von Ver-
kehrsminister Lausecker gegen den seinerzeitigen Steckbrief von Herrn
Steinbauer über die LKW-Steuer deshalb mit einem Freispruch Steinbauer
geendet hat, weil der Richter zur Begründung erklärt, ein Politiker,
insbesondere ein Regierungsmitglied, hat einen höheren Gehalt und müßte
daher auch eine höhere Belastung seiner Ehre akzeptieren. Die Klage
wurde abgewiesen. Broda erklärte dazu, es wird in Hinkunft in so einem
Fall die Generalprokuratur die Nichtigkeitsbeschwerde einlegen. Da
dieser Prozeß bis zum Obersten durchgezogen wurde und von ihm die
Klage abgewiesen wird, mit der wahrscheinlich nicht genau wörtlichen
Begründung, aber dem Sinne nach, wie Kreisky sagte, gibt es in der
Republik jetzt zwei Ehrbegriffe. Einen normalen, wo sich jeder gegen
dessen Verletzung bei Gericht sein Recht holen kann, und einen der
Politiker, welcher eben weniger oder geringer geschätzt wird.



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ANMERKUNG FÜR JAGODA: Könntest Du diesen Urteilsspruch des Obersten
analysieren.

Kreisky berichtet dann, daß die Wirtschaftspolitik in der jetzigen
Rezessionsphase, die kommen wird, sich von der im 75-er Jahr unter-
scheiden wird und muß. Derzeit stehen Mittel zur Verfügung, die ge-
gebenenfalls, wenn sie ausgeschöpft werden, jederzeit ergänzt werden
müssen. Seine Erklärung ist, es wäre für Österreich besser, wenn die
Mittel so schnell als möglich ausgeschöpft werden, dann hätten wir
eben entsprechend gute Projekte, um die Strukturmängel zu ändern.
VÖEST-Alpine wird jetzt in Eisenerz einen neuen Betrieb mit 80 Be-
schäftigten mit 300 Mio. S errichten. Dazu werden 100.000 S pro Arbeits-
platz und Arbeitsmarktförderungsmittel gegeben.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was wissen wir über dieses Projekt.

VEW hat zu hohe Beschäftigte. Die Strukturmängel werden sicherlich
vom Gutachter Booz-Allen aufgedeckt werden. Jetzt ist schon klar,
daß insbesondere im Zentrallager in Wien Überbelag existiert. Die
VEW-Betriebsräte wollen keine Zeitnehmer in die Betriebe lassen, keine
neuen Maschinen installieren, weil dadurch die Überbesetzung noch
deutlicher wird. Ähnliche Betriebe in Deutschland haben keine Verluste.
Sekanina wurde direkt angesprochen und meinte, in Judenburg hätte es
eine Betriebsversammlung gegeben, wo die Belegschaftsvertreter sehr
wohl eingesehen haben, daß eine Reform durchgeführt werden muß. In
Mürzzuschlag wird er selbst am 11. eine solche Betriebsversammlung
abhalten. Was die Arbeiter, und diese sind ja nur in der Metallarbeiter-
gewerkschaft organisiert, so ärgert oder verstimmt, ja sogar eine ab-
lehnende Haltung bis jetzt einnehmen ließ, ist, daß alles auf Kosten
der Arbeiter reorganisiert werden soll. Einmal mehr kam, ohne daß er
dies besonders herausstrich, der Gegensatz zwischen den Arbeitern und
Angestellten klar zutage. Das Management versagt hier. Kreisky hat
dies sofort zugegeben und meinte, der GD Bayer kann sich nicht durch-
setzen und das ÖAAB-Vorstandsmitglied Neubert ist überhaupt überflüssig.
Eine Änderung bedingt aber sofort, daß ein Politikum daraus wird.

Kreisky fragte dann, wann endlich und wie die Straße in der Mur-
Mürz-Furche in Angriff genommen wird. Sekanina hat wieder mit vielen
Detailzahlen über Kilometer, die schon ausgebaut sind, im Bau und in
Planung, Bundesstraßen, Schnellstraßen, normales Programm, Sonder-,


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mittelfristiges Programm, Programm, was notwendig wäre, um den Kreisky-
Wunsch zu erfüllen, vorgetragen. Einmal mehr hörte ich neue Ziffern,
insbesondere von notwendigen Finanzmitteln. Jetzt braucht er, um die von
ihm vorgelegten Straßenbauten erfüllen zu können, 200 Mrd. S. Bis 1984
sei eine Teilfinanzierung möglich, dann gibt es überhaupt keine Fi-
nanzierungsmittel. Die Belastung aus den Sondergesellschaften trifft
Sekanina immer härter, 2 1/2 Mrd. Rückzahlung, im nächsten Jahr steigert
auf 3 Mrd., übernächsten 4 Mrd., dann 83 um 4,3 Mrd. im 84-er Jahr.
Dann wird die Quote, wodurch neue Straßen gebaut werden können, von
64 % der Gesamteinnahmen auf 41 % zurückgehen. Der langen Rede kurzer
Sinn war, er hat kein Geld, um diese S-Straße auszubauen. Er braucht
dringend 150 Mio. pro Jahr bis 1985, um den Halbe-Ausbau weiterführen
zu und schneller zu beenden. Androsch hat sofort festgehalten, das
sind ca. 1 %. Er würde sogar vorschlagen, man könnte bis zu 200 Mio.
S pro Jahr nehmen, allerdings nicht wie Sekanina unbedingt die zu-
sätzliche Finanzierung, sondern eben als Sonderprogramm aus dem nor-
malen Straßenbudget. Dieses beträgt nach Sekanina 11,8 Mrd. S in diesem
Jahr. Da im Halbjahr dann 30 Groschen Mineralölsteuer dazugekommen
sind, müßte die Einnahme jetzt 12,3 Mrd. S in diesem Jahr ausmachen.
Um alle Wünsche aber zu finanzieren, hätte er eine weitere Mehrwert-
steuererhöhung um 1,06 notwendig. Androsch meinte, früher oder später
wird ja wieder 10 Groschen oder sogar mehr draufkommen, weshalb man
ohne weiteres eben die anderen kürzt und dadurch dieses Sonderprogramm
finanzieren kann. Sekanina hat dann nachgegeben und diesen Vorschlag
akzeptiert. Er wird den Landeshauptleuten eben jetzt mitteilen, daß
die anderen eine entsprechende Kürzung ihrer schon mit ihm abgespro-
chenen und beschlossenen Ausbaustufen zur Kenntnis nehmen müssen.
Sekanina hat in seinem Budget eine 7,7 %-ige Steigerung des Benzinver-
brauches kalkuliert. Im Oktober ist aber wesentlich weniger eingegan-
gen, da nach seiner Berechnung nur 2,9 % Steigerung war. Bis Oktober
sind jetzt 9,4 Mrd. Mineralölsteuer eingeflossen. Er kommt heuer be-
stimmt nicht auf die 12,3 Mrd., wie ich ihm prophezeite. Bei dieser
Gelegenheit erwähnte ich auch gleichzeitig, daß jetzt eine neuerliche,
wesentlich höhere Benzinpreiserhöhung bevorsteht, die sicherlich zu
einem weiteren Rückgang des Verbrauches führen wird. Da Sekanina
heuer feststellen mußte, daß die Straßen um 24 % Preissteigerung zu
verzeichnen haben, bei den Brücken 16 %, möchte er für die Mur-Mürz-
Furche eine Sonderarge gründen. Baufirmen sollten sich zu entsprechend
billigen Offerten bereiterklären, diesen Bau schnell und preiswert
durchzuziehen. Ich verwies darauf, daß das System, wie wir es bei der


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DoKW zum Ausbau der Donau handhaben, äußerst zweckmäßig und ziel-
führend ist. Da die Bauunternehmer, die dort eingesetzte ARGE genau
weiß, daß die nächste Donaustufe am Soundsovielten begonnen wird
und kontinuierlich eine nach der anderen in Angriff genommen wird,
gibt es die geringsten Baupreissteigerungen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte laß mir eine genaue Zusammenstellung,
wie es vorher war und wie es jetzt ist, anfertigen.

Kreisky kam dann auch auf die ÖBB, Lausecker den sogenannte Basis-
tunnel am Semmering zu sprechen. Der Verkehrsminister verwies darauf,
daß derzeit Großbauten in Kledering, Wien, seit 78, in Fürnitz bei
Villach seit 79 in Bau sind. Kledering wird 86 fertig, Fürnitz danach.
Ab diesem Zeitpunkt hat die Bahn dann vorgesehen, den Semmering-
Basistunnel in Angriff zu nehmen, um eine Hochgeschwindigkeitsstrecke
für 200 km/h sowohl an der Süd-, noch wichtiger aber nach der Bahn auf
der Westbahn zu errichten. Kreisky meinte, dies muß alles vorgezogen
werden. Man sollte eine Sondergesellschaft für die Verschiebebahnhöfe
gründen, die gleichzeitig dann auch den Tunnel in Angriff nehmen sollte.
Für den gesamten Hochgeschwindigkeitsausbau würden 16 Mrd. S erforder-
lich sein. Der 20 km lange Semmeringtunnel, der 45 Minuten Fahrzeiter-
sparnis brächte, wird 7 Mrd. kosten, der reine Tunnel 4 Mrd. Zur Pla-
nung benötigt man 2 Jahre, für den Bau 4 Jahre. Kreisky meinte, man
müsse dies eben mit Energiesparen begründend vorziehen. Energieer-
sparnis wird minimal sein, wie Lausecker feststellte, weil die Bahn
nur 1,7 % des gesamten Verbrauches der Elektrizität hat. Wichtiger
erscheint Lausecker, daß das Sonderwaggonprogramm, das bis 83 lauft,
jetzt noch durch 400 Waggons für die Kohlenlieferungen aus der CSSR
ergänzt wird, wodurch die SGP gut ausgelastet ist.

Das größte Problem sind für Lausecker die 44 Nebenbahnen. Die ÖROK
hat seit 73 untersucht. 463 km müßten sofort stillgelegt werden, bei
900 km müsse man in Hinkunft mit weiteren Subventionen rechnen. Das
typischste Beispiel ist die Bregenzerwaldbahn. Dort müßten Inves-
titionen von 200–500 Mio. erfolgen, da sie jetzt aus sicherheits-
technischen Gründen gesperrt wird. Diese Investitionen werden aber
auf lange Sicht gesehen sinnlos, denn früher oder später wird die
Vorarlberger E-Gesellschaft die Bregenzer Ache aufstauen und ein Kraft-
werk machen, wodurch der Bahnkörper, der ja unmittelbar neben der


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Ache geführt wird, überflutet wird. Über die Nebenbahnen wurde trotz
alledem keinerlei Entscheidung getroffen.

Kreisky empfiehlt, daß die Betriebsansiedlungsgesellschaften jetzt
durch eine besondere Aktivität in Erscheinung treten müssen und auch
neue zu gründen sind. Wieder einmal hat er die Idee, es müßte in den
großen Wirtschaftszeitungen in Amerika, Deutschland, Schweiz, aber
auch Österreich annonciert werden. Eine Werbefirma soll das layout
für die Propaganda machen. Immer mehr komme ich drauf, daß ich mich in
diesem Punkt grundsätzlich von seiner Politik unterscheide. Ich habe
vor fast 10 Jahren diese Methode schon als kostspielig und nicht ziel-
führend abgelehnt. Damals wollte er ja, daß auch das Handelsministerium
diesbezügliche Propaganda mit großem finanziellen Aufwand betreiben
sollte. Ich verlasse mich da viel mehr auf die subtilere Methode,
Einladungen von Unternehmungen, gegebenenfalls Jagdvermittlung, Ordens-
auszeichnungen und als höchstes dann Staatsbürgerschaftsverleihung.

Dallinger berichtet, daß er jetzt die Arbeitszeitverkürzung, 5 Wochen
Urlaub usw. unter einer offensiveren Struktur und Beschäftigungspo-
litik sehen möchte. Zu diesem Zweck werden aus Arbeitsmarktförderungs-
mitteln 500 Mio. S reserviert. Nicht wie in der Vergangenheit wäre not-
leidenden Unternehmen über die Runden zu helfen, sondern neue 5000
Arbeitsplätze sollten jetzt geschaffen werden. Androsch war davon be-
geistert, meinte, man müsse gegebenenfalls noch zusätzliche Mittel
woanders finden. Bei einer Gesamtinvestition von 30 Mrd. S in der
Industrie müßte es möglich sein, diese neue Politik konzeptiv zu ge-
stalten. Dallinger verwies darauf, daß viel mehr koordiniert werden
muß. Jetzt gibt es schon wieder 2 größere Firmen, Kneissl und Funder,
die Geld von ihm wollen. Kreisky meinte, es sei in der Vergangenheit
alles immer bestens koordiniert worden. Nur bei der Arbeitsmarktför-
derung gibt er zu, möge dies vielleicht nicht der Fall gewesen sein.
Haiden verwies darauf, daß im ERP-Verfahren, insbesondere jetzt bei
der letzten Tranche von 60 Mio. für die Landwirtschaft, 20 Mio. zur Aus-
wertung der Milchwirtschaft, 15 Mio. für Mehrzweckhallen und 12 Mio.
zur Schlachthofkapazitätsvergrößerung eingesetzt werden sollen. Diese
Politik müßte man ändern. Nußbaumer wieder meinte, im Energie-ERP-
Verfahren sollte man die 100 Mio. S streichen und für allgemeine In-
dustrieinvestitionen verwenden. Androsch hätte sich dem sofort ange-
schlossen. Ich habe schärfstens dagegen protestiert und erklärt, daß
die Verbund heuer auf 300 Mio. Kapitalaufstockung durch den Bund ver-


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zichtet hat, da kann man nicht die 100 Mio noch wegnehmen. Nußbaumer
hatte zur Begründung erklärt, für die Riesenaufwände der E-Wirtschaft
spielen diese 100 Mio keine bedeutende Rolle. Ich werde daher, dort
habe ich es noch nicht angekündigt, trachten, daß man diese 100 Mio
S in Zukunft für viele Kleinprojekte von den verschiedensten Gesell-
schaften einsetzt. Dort darf dann auch nicht mehr gesagt werden, daß
dient für die E-Wirtschaft, sondern z.B. eben für die Rauchgasentschwe-
felung als unbedingt notwendige Investitionshilfe usw.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte nächstes Jour fixe Fremuth setzen.

Kreisky meinte dann noch, Krainer hätte die 100 Mio. S angeboten, die
man nicht gleich im Prinzip ablehnen sollte. Gegen das gewaltige Enga-
gement, das aber für die Stahlindustrie notwendig ist, ist dies ein
lächerlich kleiner Betrag. Die Länder sind in den Gesellschaften heute
im Aufsichtsrat überproportional vertreten, eine Abtrennung von Eigen-
tum ist schwer möglich. Da Krainer aber jetzt verlangt hat, es soll
eine Studie von Prof. Tichy gemacht werden, werden sich das BKA und
die ÖIAG zu je 1/3 beteiligen, das dritte Drittel zahlt die Steier-
mark.

Über die Wohnungsproblematik gab es dann eine lange Diskussion. Kreisky
hat seinen plakativen Vorschlag, renovieren statt demolieren, für
Wien vertreten. Im Zentrum wohnen die Fremdarbeiter, am Rande die
Wiener in den Neubauten. Der Standard ist zu hoch, daher die Wohnung
zu teuer. Sekanina erklärte sofort, man müsse erst ein Modell erar-
beiten, derzeit sei er nicht so weit, irgendetwas konkret sagen zu
können. Staatssekretär Eypeltauer dagegen meinte, sie hätte sich mit
den Problemen sehr eingehend beschäftigt. Unerklärlich für sie sei,
daß über den Wohnhauswiederaufbaufonds mit 100-jähriger Laufzeit
Kredite zinsenfrei gegeben werden, wo es jetzt 1,80 pro m² verrechnet
wird. Derzeit gibt es Höchstbelastungen, die das 20-fache bei Neu-
bauten ausmachen. Da in der Summe 100 Mrd. S ausständig sind, könnte
man dort aufwerten, entweder, wenn man den Einheitswert dem Verkehrs-
wert anpaßt, oder sonstige zumindest Kreditlaufzeitverkürzungen macht.
Das neue Stadterneuerungsgesetz hat ja keine finanzielle Verbesserung
gebracht, sondern nur Verfahrensänderungen. Wien würde zur Assanierung,
also renovieren statt demolieren, 130 Mrd. S brauchen. Kreisky meinte
sofort, so könne man dies nicht sehen. Dallinger brachte dann seine
Idee, die 30 S Wohnungsbeihilfe nur bis zu einem Betrag von 10.000
Einkommen weiterzubezahlen, dann den Rest zu inkammerieren, 1 Mrd. für


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den Wohnbau, 1 Mrd. für die Pensionsversicherung, in die Diskussion.
Hier wehrte sich Androsch dagegen, denn jetzt bekommt er ca. 800 Mio.,
dann muß er noch die höheren Gehälter der öffentlich Bediensteten be-
zahlen, die über 10.000 S sind, was wieder 200 Mio. kosten würde, sodaß
er nach seinen Berechnungen 1 bis 1 1/2 Mrd. nach diesem Plan drauf-
zahlen würde. Die ganze Wohnungsdebatte wurde dann abgebrochen. Ich
habe Albrecht zugeflüstert, sie hat halt das Pech in einem Ministe-
rium zu sein, wo nicht so große Pläne gewälzt werden, dabei halt
leider nichts herauskommt, sondern Kleinarbeit leisten muß. Da Kreisky
auch uns aufforderte, was aktuell ist, berichtete ich über die Griechen-
land-EG-Österreich-Verhandlungen. Die Landwirtschaft wird, bevor sie
dann im Parlament diesem Gesetz ihre Zustimmung gibt, bei Kreisky sicher
vorsprechen, um die 70 Mio., die sie angeblich Verlust haben, Staats-
subvention zu verlangen. Kreisky erklärte, er wird nicht mehr zusagen,
als Haiden und ich bis jetzt zugesagt haben. Haiden hat aber bis jetzt
zumindestens erklärt, er hat überhaupt keinen Schilling. Albrecht
berichtete dann über die Gewerbeordnungsnovelle, wo mobile Verkaufs-
stellen leichter eingesetzt werden können. Über beides wurde über-
haupt nicht diskutiert. Lanc stellte die Frage der Religionsbekennt-
niseintragung in die Erhebungen zur Debatte. Mit der Kirche hat er
sich teils einigen können, teils sind die wichtigsten Fragen noch
offen. Salcher erklärte sofort, dies sei für ihn eine der schwierig-
sten Fragen. Er möchte, bevor irgendetwas entschieden wird, daß dies
unbedingt in der Regierung behandelt wird. Auch Kreisky war dieser
Meinung. Für Salcher als praktizierenden Katholiken wird dies wahr-
scheinlich sogar zu einer Kabinettsfrage.

Kreisky verwies dann darauf an die hohen Architektenhonorare.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wo werden die und wie wurden sie festgesetzt.

Kreisky fragte dann auch noch, ob wir bei der Abwärme etwas tun und
ich habe frech geantwortet, mit 15 Mio. S, die unserem Budget zur Ver-
fügung stehen, ein optimales. Scheinbar hätte Kreisky erwartet, daß
ich sofort höhere Mittel dafür verlange. Da ich weiß, daß der Finanz-
minister solche garantiert nicht geben kann, habe ich eine solche
Forderung erst gar nicht aufgestellt.

Androsch hat mir vorher wegen der Idee von Kienzl, eine Exportstiftung
von 1 Mrd. zu schaffen, analog dem Jubiläumsfonds, daß er dies ent-
schieden ablehnt.



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ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Jour fixe AK, ÖGB und HK setzen.

Die Verhandlungen mit der Ölwirtschaft und den Sozialpartnern wurden
nicht im kleinen Rahmen abgeführt, sondern, wie dann GD Bauer als Öl-
wirtschaftssprecher erklärte, im großen Rahmen, weil man jetzt endlich
zu einer Entscheidung kommen möchte. Über das Beschleunigungs- resp.
Vereinfachungsverfahren wird, wie Sekr. Tumpel vom ÖGB erklärte, weiter-
verhandelt. Die HK möchte, daß jetzt aber sehr schnell das Preisprü-
fungsverfahren abgeschlossen wird. Die ÖGB- und AK-Forderung, daß gleich-
zeitig auch in der Paritätischen Kommission über die anderen Preise
außer den amtlichen verhandelt wird, wurde akzeptiert. Ich erkläre
dezidiert eine zweimalige Erhöhung der Preise, zuerst Wunsch der HK,
Rohpreissteigerungen usw. und dann ab 1. Jänner durch entsprechende
Steueränderungen kommt nicht infrage. Das Ganze muß eine Paketlösung
sein. Nach längerer Diskussion wird auch dieser Vorschlag akzeptiert.
Dr. Rief möchte, daß die 55 Groschen, die ab 1. Jänner nach ihrer Be-
rechnung dazukommen, als absolute Größe sozusagen anerkannt, von der
Ölwirtschaft dann entsprechend den privaten Händlern abgedeckt werden.
Dagegen spricht sich sogar Hirnigel von BP entschieden aus. Die Öl-
wirtschaft erwartet, daß letzten Endes dann von mir bei dem endgültigen
Preis gesagt wird, was die Händler kriegen und was die Tankstellen
bekommen und was der Ölwirtschaft verbleibt. Eine große Beschwerde von
der HK war, daß der offizielle Antrag in der Sektion III nach einer
Woche noch immer nicht der Sektion V zugeleitet wurde. Da ich aus der
Regierungssitzung zu spät gekommen bin, weiß ich nicht, wie diese in-
terne Information in die Sitzung gebracht werden konnte. Mir ist er-
stens unerklärlich, daß es diesmal angeblich so lange dauerte, bis
die Unterlagen in der V-er sind. Noch unerklärlicher ist es mir,
daß dies in einer so offenen Sitzung von unseren Beamten zur Sprache
gebracht wird. Ich gab sofort die Erklärung ab, daß mit Einreichen
des Antrages das Preisprüfungsverfahren eingeleitet ist und man si-
cherlich von der III-er nur zugewartet hat, bis eben die jetzt festge-
setzte Sitzung, die prinzipielle Klarstellung bringt, wie es weiterge-
hen sollte.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Wieso kam es zu dieser unerfreulichen
Situation.

Das Fernsehen und die Presse wollten natürlich nach Schluß der Sitzung
sofort entsprechende Erklärungen. Die Ölwirtschaft hat jedweden Kommen-
tar abgelehnt und gemeint, der Handelsminister würde alle Erklärungen


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geben, zu denen sie 100 %-ig steht. Ein solches Vertrauen am Anfang
von Verhandlungen habe ich schon lange nicht gehabt. Am Ende der
Verhandlungen wird es sicherlich anders aussehen.

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Tagesprogramm, 19.11.1980

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Ökonom, Graz


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: GD ÖMV


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: HK


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: MR HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Dir. VEW, Mitglied ÖAAB-Vorstand


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Staatssekretär BKA


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Vizepräs. BHK, Präs. FWV


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Sts. HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: GD BP Österreich


                          Einträge mit Erwähnung:
                            GND ID: 115563237


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Abg. NR, ÖVP


                              Einträge mit Erwähnung:


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Verkehrsminister


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: GD Vereinigte Edelstahlwerke


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Büro des Bundesministers


                                      Einträge mit Erwähnung:


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          GND ID: 119100339


                                          Einträge mit Erwähnung:


                                            Einträge mit Erwähnung:


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., Staatssekretärin


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                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                    GND ID: 118566512


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                        Tätigkeit: MA vw. Referat ÖGB


                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                          Tätigkeit: Finanzminister
                                                          GND ID: 118503049


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            Tätigkeit: Justizminister


                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                              Tätigkeit: GD Bunzl & Biach


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