Dienstag, der 18. November 1980

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Dienstag, 18. November 1980

Botschafter Hinteregger aus Moskau teilt mit, daß er mit dem ersten
Vizeaußenhandelsminister Komarow vereinbart hat, der 10-jährige lang-
fristige Wirtschaftsvertrag soll in Moskau mit Patolitschew unterschrie-
ben werden, wenn ich dem zustimmen würde. Patolitschew wollte ursprüng-
lich nach Wien kommen, ist dann schwer erkrankt und schlägt jetzt eben
vor, in Moskau zu unterzeichnen. Ich habe sofort zugesagt. Die Sowjets
haben jetzt endlich eine andere Papierfabrik für Voith, 960 Mio S unter-
schrieben, die mir bei der letzten gemischten Kommission in Moskau zuge-
sagte haben sie den Finnen vergeben. Dies war damals genauso eine
politische Entscheidung für Finnland wie jetzt die politische Entschei-
dung für Österreich gefallen ist. Der österreichischen Schiffswerft
Korneuburg und Sudoimport laufen jetzt vielversprechende Verhandlungen
für 5 Passagier- und etliche Schubschiffe. Damit wäre die Beschäftigung
in diesem kritischen Werk gesichert. Schon allein weil sie Außenhandels-
minister Patolitschew für diese Abschlüsse sehr eingesetzt hat, wäre ich
auf alle Fälle bereit, seinen Wunsch zu erfüllen und am 21. und 22. De-
zember nach Moskau zu fliegen.

Beim Jour fixe in der Handelskammer informierte ich Sallinger und
Kehrer.

Sallinger teilte mir mit, er fährt jetzt nach Saudi-Arabien und möchte
dort den Außenhandelsminister nach Wien einladen. Da Minister ja nur
über mich eingeladen werden können, fragte er um eine Zustimmung. Ich
erklärte ihm sofort, er hätte stets plein pouvoir, wenn er es für not-
wendig empfindet, alle Minister nach Wien einzuladen. Damit wollte ich
ihm demonstrieren, daß wir in dieser Beziehung vollkommen konform gehen.

Ich informierte die Handelskammer auch über die Auseinandersetzung
zwischen Philips und Grundig bezüglich der zollfreien Einfuhr von
Fernsehgeräten. Die Handelskammer war nämlich nicht imstande eine Koordi-
nierung zwischen diesen beiden Firmen herbeizuführen. Ich bin allerdings
nicht sicher, ob es mir gelingt.

Dem Wunsch der Handelssektion, Eisenschrott aus der Preisregelung heraus-
zunehmen, kann ich so lange nicht nachkommen, als nicht eine Zustimmung
der Schrottabnehmer, sprich Stahlindustrie vorliegt. Kehrer wird mir
diesbezüglich Bescheid sagen.



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ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte für nächstes Gespräch mit GD Apfalter
vormerken.

Die Drogerien dürfen wie SC Jagoda jetzt ausarbeitet, nur mehr dann die-
sen Namen führen, wenn sie eine Vollkonzession haben und alle Drogerie-
waren tatsächlich anbieten. Damit sollen die Billigstgroßmärkte DM und
Vita, die ja nur die Schnelldreher verkaufen, sich nicht als Drogerie
bezeichnen dürfen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie läuft diese Angelegenheit?

Kehrer wird prüfen, ob die Handelskammer einen Kompromißvorschlag für
die Wirtschaftstreuhänder erstatten wird. Die AK hat auf die Forderung
von 15 % mit einem 5 %-igen Angebot pariert. Kehrer sagt, die Tages-
sätze, die die WIFIs für ihre Betriebsberater verrechnen, sind jetzt
schon höher als die Tagessätze der Wirtschaftstreuhänder.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Die Handelskammer wird mir entsprechende Unter-
lagen schicken. Nächstes Jour fixe AK setzen.

Dem Wunsch der AK entsprechend habe ich vorgeschlagen, im Rahmen der
OECD-Gespräche über die Multis, welche entsprechende Unterlagen dem
Handelsministerium liefern müßten, eine eigene Arbeitsgruppe einzuset-
zen. Kehrer hat dagegen größte Bedenken. Die Multis sind nur bereit, die
im Rahmen der österreichischen Gesetze vorgesehen Unterlagen den da-
für zuständigen Ministerien zu liefern. Ich versuchte wenigstens eine
Arbeitsgruppe zustande zu bringen. Kehrer wird mit seinen Leuten noch
einmal darüber reden.

Der Redakteur Hanke vom Profil hat der Handelskammer eine Studie über
die zukunftsträchtige Wirtschaftspolitik der Unternehmer für 300.000 S
angeboten. Kehrer beabsichtigt dieses Angebot nicht anzunehmen.

Bezüglich der EG-Griechenland- und Österreichverträge wird von seiten der
Handelskammer festgehalten, daß sie bereit wären, dem Vertrag als posi-
tiv auch im Parlament zuzustimmen. Die Schwierigkeit liegt derzeit nur
bei den Landwirten, die nicht bereit sind, wenn sie nicht eine entspre-
chende Abschlagszahlung für die Nichterhöhung des Zucht- und Nutzrinder-
kontingentes von 38.000 auf 45.000 Stk. in der EG durch eine weitere


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Bundessubvention bekommen, zuzustimmen. Ich erkläre sofort, daß ich
dafür nicht zuständig bin. Da dieser Vertrag im Parlament nur mit 2/3-
Mehrheit beschlossen werden kann, muß sich die ÖVP entschließen, ob sie
letzten Endes zustimmt. Ich bin überzeugt, daß die Bauernvertreter bei
Bundeskanzler Kreisky erscheinen werden und vor der Beschlußfassung im
Parlament, um wieder eine weitere Unterstützung herauszubekommen.

Die Handelskammer ist sehr verwundert von mir zu erfahren, daß die
Wiener Antiquitätenmesse, die Frau Staatssekretär Albrecht eröffnen wird,
wofür sich die Handelskammer sehr bedankt, durch eine andere österreichi-
sche Antiquitätenmesse, einen Tag vorher eröffnet, durch den ehemaligen
Wirtschaftsbundgeneralsekretär und jetzigen Vizebürgermeister Busek
als Konkurrenzunternehmen eröffnet wird. Die Handelskammer war dazu gar
nicht eingeladen. Nur Albrecht hatte diese Einladung bekommen. Eine In-
formation der Wiener Handelskammer, die Kehrer sofort einholte, ergab,
daß es sich dabei um Betriebe handelt, die von der Wiener Antiquitäten-
messe abgelehnt werden. Die Wiener Antiquitätenmesse wird sehr streng
durch ein eigenes Ausstellerforum qualifiziert. Antiquitäten gelten nur
inklusive Jugendstil. Eine eigene Jury legt fest, was alles ausgestellt
werden darf.

ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Laß Dich bitte vorher vom Wiener Kammeramtsdi-
rektor Kainz informieren.

Kehrer beschwerte sich über die am gestrigen Pressefrühstück von Knap
vorgelegte Studie, die die Handelskammer übrigens nach seiner Behaup-
tung gar nicht bekommen hat. Ich erkläre sofort, dies könnte sich, wenn
überhaupt, nur um ein Versehen handeln, da ja diese Studien von mir nicht
zurückgehalten werden.

ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Bitte sofort, wenn nicht schon gesche-
hen, an Dr. Winkler übersenden.

In der Ministerratsvorbesprechung stellt Kreisky fest, daß in die NÖ
Waldviertelkommission unbedingt tüchtige Beamte entsendet werden müssen.
Die Niederösterreicher werden dort ihre parteipolitische Wirtschafts-
politik verfolgen. Das Kanzleramt, Finanz-, Handels- und Sozialministe-
rium müssen deshalb die besten Leute schicken. In dieser Gegend kann man
nicht erwarten, daß Großunternehmen hinsiedeln. Die Aktivitäten in
Moorbad Harbach wirken sich aber bereits auf Weitra, der nächstgrößeren
Gemeinde, entsprechend gut aus. Die Regierung als Ganzes muß sich um die-


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ses Gebiet kümmern. Kreisky betont ausdrücklich, daß er hier nicht als
niederösterreichischer Mandatar spricht. LH-Stv. Grünzweig hat einen
guten Start, auch gegen den sehr geschickt jetzt bestellten neuen Landes-
hauptmann Ludwig. Waldviertel ist eine gute politische Reserve. Dort
könnte die NÖ Partei viele Stimmen gewinnen, um die Mehrheit in Nieder-
österreich auch bei Landtagswahlen zu erreichen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Ich möchte über dieses Problem mit Jagoda, Marsch
und Buchauer sprechen.

Kreisky berichtet von seinem letzten Zusammentreffen mit den Jugendor-
ganisationen. Die SJ ist keine Massenorganisation, dadurch, daß sie aber
stets gegen die Partei agiert, hat sie den Vorteil, daß sie bei gewissen
Jugendlichen, insbesondere am linken Rand gehört wird und dort größere
Veranstaltungen möglich sind. Die Diskussion mit Jugendlichen geht weit
über parteipolitische Veranstaltungen hinaus. Nur so kann man verhindern,
daß es nicht so wie in Zürich zu schweren Auseinandersetzungen kommt.
Die unsicherste Stadt in Europa ist derzeit Zürich. Samstag abends kann
man sich nicht einmal in der Bahnhofstraße bewegen. Dieser Inbegriff
des Wohlstandes in der Schweiz wird ständig von Jugendlichen zertrümmert.
Die Polizei hat das erstemal reingedroschen, dadurch ist dier Widerstand
nur größer geworden. Die Jugendlichen haben ihn darauf aufmerksam gemacht,
daß jetzt endlich die HTL für Körperbehinderte gebaut werden müßte, die
die Bürokratie, wie Kreisky meint, verhindert. Sinowatz stellt fest,
daß die ersten Grundstücke bei der Wotruba-Kirche und der angeschlossenen
Schule von dieser Schule abgelehnt wurden. Ebenso war es nicht möglich,
wo die pädagogische Akademie errichtet wird, diese hinzubauen, weil dort
wieder wertvolle Bäume nicht geschlagen werden durften. Jetzt ist end-
lich für diese Körperbehinderten ein Areal gefunden und der Baubeginn
erfolgt 1982. Dasselbe gilt übrigens für die Bundesblinden- und die
Bundestaubstummenanstalt. Sozialminister Dallinger verweist darauf,
daß 1981 das Jahr der Behinderten sein wird und daher die Beschlüsse ge-
rade richtig kommen.

Über den Honecker-Besuch berichtet Kreisky, daß eine Versteifung zwischen
Ost und West nicht im Interesse der Sowjetunion liegt. Deshalb muß die
Entspannungspolitik auch von sowjetischer Seite fortgesetzt werden und
er erwartet dafür eine Bereitschaft zur Verständigung. Das Entgegenkom-
men gegen Österreich ist einfach zu erklären, die Sowjetunion will,
daß die DDR mehr Geschäfte mit Österreich macht. Die großen Beziehun-


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gen Österreich-BRD mit der wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung sollte
eben jetzt auch durch die DDR ermöglicht werden. Kreisky meint, Honecker
sei kein sympathischer Zeitgenosse. Er meint, man sollte die Abschlüsse,
die gigantisch waren, nicht allzu sehr lobpreisen, damit nicht gönnerhaft
die DDR erklärt, sie hätten die österreichische Vollbeschäftigung ge-
sichert. Alles müßte mit der richtigen Dosierung geschehen. Die derzei-
tigen deutsch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen zwischen BRD und DDR betra-
gen 10 Mrd. Mark. 4 Punkte, faßt Kreisky zusammen, haben zur Verschlech-
terung beigetragen. Von der DDR mußte der Tagsatz für Besucher erhöht
werden. Die westdeutschen Besucher haben nicht nicht nur am Schwarzmarkt
ihre DM gegen 5 DDR-Mark umgetauscht, um ihren Aufenthalt zu bezahlen,
sondern auch noch Geld dort gelassen, damit die DDR-Verwandten besser
leben können. In einer Diskussion im Wahlkampf hat Schmidt erklärt, er
müsse sich auch Sorgen um die 17 Mio Geiseln, sprich DDR-Staatsbürger,
machen. Die Grenzmarkierung wurde zwischen den Staaten vereinbart und
Niedersachsen lehnt nun die Elbgrenzziehungsmarkierung entschieden ab.
Im Bundesrat ist man daher nicht durchgekommen. Die Frage, ob es deutsche
Staatsbürger in der DDR gibt und die konsulatorische Schwierigkeiten
in anderen Staaten ergab, sind in Österreich nicht aufgetreten. Wir ha-
ben die einfache Erklärung, es gibt keinen Staat ohne Staatsbürger, simpel
festgestellt, daß natürlich auch DDR-Staatsbürger gibt.

Kreisky fordert Pahr auf über Madrid zu berichten. Dort ist nichts, wie
Pahr feststellt, zu erwarten. Der formelle Durchbruch ist der neutralen
Unterführung Österreichs überhaupt nur geglückt, weil vorher der Nord-
Süd-Gipfel in Wien gerade in diesem Gebiet wertvolle Vorarbeiten lei-
sten konnte. Es wird jetzt eine 6 Wochen Implementierungsdebatte statt-
finden und erst im nächsten Jahr wird man überhaupt sehen, ob es zu neuen
Maßnahmen kommt. Wichtig wäre, ob es eine europäische Abrüstungskonfe-
renz geben kann, oder die Wiener Truppenabbaugespräche fortgesetzt
werden. Alles hängt von der amerikanischen Delegation ab, die natürlich
kein Verhandlungspouvoir besitzt.

Kreisky berichtet über die Sozialistische Internationale und meint, diese
sei das einzige Forum von vielen Parteien. Noch niemals sei die Soz.
Internationale so breit gefächert gewesen. Dies gilt insbesondere für
viele Entwicklungsländer, die heute daran teilnehmen. Das Programm sei
nicht wie in der Vergangenheit ein doktrinäres, sondern erlaube eine po-
litische Toleranz. Die wirkliche Gefahr besteht aber für den mittel-
amerikanischen Raum. Reagan und die Amerikaner werden und wollen ein
zweites Kuba dort verhindern. Nicaragua ist daher größtens gefährdet.



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Die dortigen Bischöfe stehen auf der linken Seite. Wenn die Amerikaner
sich fehlverhalten, kann es zu einer schwereren Belastung als in Viet-
nam kommen. Das gesamte Präsidium der Sozialistischen Internationale
hat sich deshalb sofort als Komitee für Nicaragua gebildet, Motto:
Hände weg von Nicaragua. In Bolivien gibt es jetzt zwar eine Militär-
junta, doch ist das halbe Heer nach wie vor demokratisch eingestellt.
Der Vertreter der sozialistischen Partei Boliviens hätte sogar von
Kreisky wollen, daß man weiter Panzer nach Bolivien schickt, wenn das
Militär entsprechende Erklärungen abgibt, es wirklich nur für Verteidi-
gungszwecke zu gebrauchen. Kreisky sieht dafür keine Möglichkeit.

Haiden berichtet, daß jetzt der Bauernbund ihn wegen der Agrarwelt, eine
Zeitschrift, die das Landwirtschaftsministerium an alle Bauern versen-
det hat, hart angreift. Er hat nicht gewußt, daß der Agrarweltverlag
dem Forum gehört, Forum wiederum der Vorwärts AG. Für den Verlag wurde
keine Bezahlung von seiten des Ministeriums geleistet. Der Verlag wird
aus dem Druckauftrag bezahlt. Dieser Druckauftrag ist ausgeschrieben
worden, auch die Erneuerung wurde begrenzt ausgeschrieben und Vorwärts
hat dort immer billiger geboten, war sozusagen Bestbieter. Weil das
Landwirtschaftsministerium verweigert hat, daß ausländische Maschinen-
firmen in dieser Agrarwelt werben können, wurde der Inseratentarif von
20 auf 25 % erhöht. Haiden fragt an, wie er sich jetzt verhalten soll,
einen anderen Verlag wählen, die Unterlagen auf den Tisch legen. Kreisky
entscheidet, es soll sich gar nichts ändern. Die Wiener Presse wird von
der Handelskammer subventioniert, über den Wirtschaftsbund. Die Agrarier
über die Tullner Zuckerfabrik sind am Kurier beteiligt, die Raiffeisen-
kassen in Salzburg haben das Bacher-Projekt unterstützt. Durch die Aus-
schreibung sei alles objektiv und legal verlaufen und man sollte alles
offenlegen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Besprich mit Sallaberger, wie tatsächlich die
Finanzierung der Presse und des Freien Wirtschaftsverbandes erfolgt.

Androsch hat mich bei Beginn der Sitzung schon darauf aufmerksam ge-
macht, daß Kreisky gegen die Entschließung von König bei der 300 Mio. $
Kreditgewährung für Polen größte Bedenken hat. Kreisky bringt dies auch
dann tatsächlich zur Sprache und meint, er lehnt dieses Entgegenkommen
an den Energiesprecher König entschieden ab. Dieser will als Laufbursche
der Multis nur die Interessen der Handelskammer gegen den Bergbau ver-


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treten. Ich wendete sofort dagegen ein, daß durch die Formulierung
der österreichische Bergbau auf alle Fälle geschützt ist. Bei dieser
Auseinandersetzung geht es um die Einschaltung der Kohlenimportfirmen.
Bisher konnte die verstaatlichte Wirtschaft über eigene Kohlengesell-
schaften entsprechend versorgt werden. Es gibt kaum mehr einen freien
Kohlenhändler, der nicht schon Gaskoks gehört. Jetzt sind die Multis,
aber auch die ÖMV, die E-Wirtschaft wird sehr bald folgen, in das Kohlen-
geschäft eingestiegen. Da in Hinkunft die Ölaktivitäten der Internatio-
nalen mangels Rohstoff geringer werden, werden sie in Hinkunft beson-
ders das Kohlengeschäft betreiben. Auf die Dauer können wir es nicht
verhindern. Androsch sagt mit Recht, es wäre für ihn günstig, wenn der
300 Mio $ an Polen einstimmig im Haus beschlossen werden. Kreisky meint,
dies sei gar nicht notwendig, denn für diese Kredite gibt es ja die
Kohlenlieferungen. Ich erkläre sofort, daß in meinen Augen diese Liefe-
rung nicht so sicher ist, als es den Anschein hat. Wenn die polnische
Kohlenlieferung weiter zurückgeht, muß man wahrscheinlich mit Kürzungen
rechnen. Kreisky erklärte dann abschließend, er wird sich das Ganze
noch einmal überlegen.

Pahr berichtet, daß seinerzeit auf Wunsch der Amerikaner vom Handels-
ministerium alle Vorbereitungen getroffen wurden, um die Lieferung nach
Iran, nur nach dem courant normal, das heißt also im üblichen Ausmaß,
wie in der Vergangenheit durchzuführen. Dieser courant normal sei längst
überschritten, es müßte jetzt eine Meldepflicht eingeführt werden. Da
jetzt Iran mit Irak sich im Krieg befindet, müßte man auch gegenüber dem
Irak eine solche Maßnahme setzen. Ich spreche mich gleich ganz entschie-
den dagegen aus, denn sowohl im Iran als auch im Irak hat unser bishe-
riges neutrales Verhalten und Nichtanschluß an die Boykottmaßnahmen der
Amerikaner sehr positiv sich ausgewirkt. Kreisky steht auch auf dem
Standpunkt, daß das Ganze zu verschieben ist.

Pahr macht mich darauf aufmerksam, daß die Iraker sich jetzt beschwert
haben, daß Elin nicht ihren Lieferverpflichtungen nachkommt. Er meint,
ich sollte mich dafür einsetzen, daß Elin Leute nach Irak schickt. Ich
erkläre sofort, ich kann höchstens mit Elin sprechen. Ich würde nieman-
den beauftragen oder auch nur dringendst empfehlen, sich ins Kriegsge-
biet zu begeben. Das muß jeder einzelne selbst entscheiden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte stell fest, was an Elin-Lieferungen offen
ist und dann mit Direktion verbinden.



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In der Ministerratssitzung dankt Bundeskanzler Kreisky namens der Re-
gierung Pahr für sein geschicktes und erfolgreiches Verhalten bei der
Madrider Konferenz. Dies ist ein außergewöhnlicher Akt, der mich sehr
überrascht.

Zur ASVG-Novelle stellt der Finanzminister fest, daß binnen Jahresfrist
ermittelt werden muß, welche Mehrbelastungen dadurch entstehen und er
maximal 100 Mio. S dafür veranschlagen kann. Landwirtschaftsminister
Haiden ersucht, daß der Unfallversicherungsschutz, Aufnahme für die
Bundesprüfungskommission, die diesmal nicht durchgesetzt werden konnte,
das nächste Mal in die nächste ASVG-Novelle aufgenommen werden sollte.
Daraus kann man schon entnehmen, wie heute die Sozialversicherung, ver-
ästelt bis ins letzte Detail, alles regeln soll. Für die paar in der
Bundesprüfungskommission anwesenden Agrarvertreter müßte jetzt eine
neue Gesetzesnovelle geschaffen werden, damit sie der Unfallversiche-
rung unterliegen. Dieser Perfektionismus wird auf die Dauer unerträglich.

GD Kienzl teilt mir mit, daß die Nationalbank heuer 6 Mrd. Reingewinn
haben wird. Da sie bereits 1 1/2 Mrd. freie Reserve zu jetzigen 4 Mrd.
dazulegt, darüber hat sie noch Auslandsrisken von 4 Mrd. Reservefonds
plus allgemeine Risken 8 Mrd. Reservefonds, will sie eine halbe Milliarde
der Österreichischen Kontrollbank und eine halbe Milliarde der Invest-
kredit für 7 bis 8 % Zinsen zur Verfügung stellen. Der Zinsertrag von
dieser Milliarde soll aber nicht der Nationalbank zufließen, sondern
einer Exportförderung. Kienzl möchte, daß ich über dieses Projekt auch
mit Kreisky spreche. Ich erkläre Kienzl sofort, mit Androsch habe ich
schon gesprochen, dieser ist mit allem einverstanden, nur daß die Na-
tionalbank nicht auf seine Kosten ein solches Projekt finanzieren sollte.
Kienzl stellt fest, daß der Finanzminister nur mit 53 % an der National-
bank beteiligt ist. Der Finanzminister wurde mit einem Schreiben von
der Nationalbank über diese Idee informiert.

Die SWS-Umfrageergebnisse zeigen nach Interpretation Kienzls, daß die
Partei doch nicht so schlecht dasteht. Wirklich große Einbußen haben nur
die Politiker, insbesondere Androsch, erlitten. Mit Freude und Stolz er-
zählt er, daß ich immer sehr gut abschneide. Mir gibt dies überhaupt
nichts.

Dr. Stanzel, Finanzministerium, interessiert sich jetzt neuerdings für
die Nachfolge vom Sektionsleiter der Energiesektion. Ich erkläre ihm so-


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fort, daß er kaum Aussichten hat, wenn er nicht aus der Sektion selbst
kommt. Er wäre übrigens der vierte Bewerber. Jetzt gibt es Zluwa,
Burian und Hladik. Stanzel kann sich allerdings schwer entscheiden, ins
Handelsministerium zu kommen, weil er nur bei entsprechender Zusage für
die Sektionsleitung aus dem Finanzministerium ausscheiden würde und da-
durch die zwei Staatskommissärsposten bei den Banken verlieren würde.
Seine Frau wird jetzt von Eypeltauer weggehen, da sie nicht einmal eine
Vertragsbedienstete B werden konnte. Ich erkläre sofort, wir werden uns
den Fall im Handelsministerium genau ansehen, ob wir sie nicht gebrau-
chen können.

ANMERKUNG FÜR KAZDA UND BURIAN: Wie steht der Fall?

Ein Herr Kunsch, der Blecha und viele andere sehr gut kennt, hat auch
mit dem Bundespräsidenten Kirchschläger Gespräche geführt, der angeb-
lich sofort allem zustimmte. Erstens möchte er Gas- und Strom-Meßtest-
tage haben, wo einmal im Jahr 3 Tage sozusagen genau gemessen wird.
Zweitens möchte er eine Medienaktion für Bewußtseinsbildung mit einem
Quiz verbinden. Drittens soll eine Verordnung für Steuerersparnis,
dai ab Jänner gilt, zweckentsprechende Verwendung garantieren. Zivil-
ingenieure müßten um 170,–– pauschal alle diese Ansuchen bestätigen.
Viertens sollte ein Stoffwertekatalog erstellt werden. Für all diese
Tätigkeiten erhofft Kunsch eine entsprechende Bezahlung. Zentralsekre-
tär Blecha hätte ihm der geforderten 70.000 S 10.000 S angeboten. Ich
erklärte ihm sofort, wir haben nicht einmal 1 S. Er müsse sich an die
EVA oder andere Institutionen zwecks Bezahlung wenden. Die Ideen werden
Satzinger und die Energiesektion prüfen.

Herr Maschinda, Geschäftsführer der TRW, amerikanische Großfirma mit
einem Umsatz von 5 1/2 Mrd. $, hat in Österreich REPA Salzburg gegründet.
Im Ostgeschäft haben sie aus Lieferungen 40 Mio. $ Polen, 15 Mio. $
Ungarn, 10 Mio. $ CSSR, 2 Mio. $ Bulgarien und 1 1/2 Mio. $ Rumänien ge-
liefert. Von Polen jetzt 5 Mio. S ausständig, die sie nicht bezahlt be-
kommen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: MR Fälbl soll ihn unserem Handelsdelegierten
empfehlen.

Dir. Warasch, Schifabrik Elan, begleitet von Saplatnik, slowenisches Min-
derheitenreisebüro, und Herrn Smolle, der überhaupt für die Wirtschafts-
fragen der Minderheit sich einsetzt, ersucht, ob wir sie nicht unter-


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stützen könnten. Sie haben kaum Chance im Skipool aufgenommen zu
werden. MR Hönel wird ein diesbezügliches Schreiben mit ihm gemeinsam
für mich verfassen. Elan erzeugt 180.000 Paar Ski, die zu 98 % expor-
tiert werden. Die Jugoslawen haben für 48 Mio. S investiert, die Zinsbe-
lastung drückt jetzt auf die Ertragslage von Elan. Saplatnik referiert
über ein großes Ausbauprojekt von Petzen. Dies habe ich dann MR Würzl
erklärt und ich gebeten, er soll mit den Kärntnern abstimmen, wie wir
der Reisebüroorganisation von Saplatnik helfen können. Smolle referiert
über die Verhandlungen der Bundesregierung. Die ökonomische Mittel-
schule, Kindergärtnerinnenfrage, das ORF-Problem scheint in Angriff ge-
nommen, vielleicht sogar teilweise gelöst, über die Wirtschaftshilfe
muß man noch Gespräche führen. Ich erkläre sofort, daß jeder Unterneh-
mer aus diesem Gebiet von mir genauso behandelt wird wie ein sonstiger
österreichischer Unternehmer. Falls er Einzelfälle hat, wo er sich
beschwert fühlt, soll er sie mir unbedingt direkt mitteilen.

Die Passagendiskussion im AEZ ist diesmal mit den Atomgegner sehr hart.
Einer von ihnen regt sich furchtbar auf, beginnt Streit mit einem an-
wesenden Sicherheitspolizisten. Ich kann dies unter ganzem Einsatz nur
einigermaßen beruhigen. Das Ergebnis dieser Diskussion, die sich unter
direktem Bedrängen von mir ergibt, ist, daß mein Hut bei dieser Gelegen-
heit verschwindet. So emotionell aufgeladene Kernkraftdiskussion habe
ich noch niemals miterlebt. Ich bin aber trotzdem natürlich nicht von
meiner Ansicht abgewichen.

Auf der Landstraße habe ich den Bezirksräten, die meistens gleichzeitig
Sektionsleiter sind, über die Wirtschaftslage, insbesondere Benzinpreis
Auskunft geben müssen. Eine Energiediskussion mit Stadtrat Nittel im
Haus der Begegnung verlief bei 100 %-iger Anwesenheit nur von Genossen,
obwohl die Volkshochschule die Rudolfsheimer Bürger eingeladen hatte.
Dies war ein krasser Gegensatz zur Nachmittagsdiskussion im AEZ.

Ich habe Nittel über die zu befürchtende Entwicklung, Umweltschutzgegner
gegen das E-Werk in Simmering, aufmerksam gemacht. Jetzt ist eingetreten,
was ich Stadtrat Schieder prophezeite. Die Wiener Stadtverwaltung wen-
det sich gegen das Kohlekraftwerk in Niederösterreich. Früher oder
später wird man sich gegen das Wiener wenden. Ich habe Nittel nicht im
Unklaren gelassen, daß wenn sie 1982 einen Beschluß für den Ausbau des
Donaustadt-E-Werkes treffen, dies nicht auf Gas oder Öl sein kann. Die
Umweltschutzbestimmungen werden für sie, was immer sie dann entscheiden,
sehr teuer zu stehen kommen. Nittel gab mir recht, er hat mit den Um-


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weltschutzfragen, Flötzersteig, E-Werk usw., große Sorgen.

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Tagesprogramm, 18.11.1980

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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Tätigkeit: BK BRD, SPD


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Unterrichtsminister


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Wr. (HK-?) Kammeramtsdir.


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


        Einträge mit Erwähnung:
          GND ID: 124729509


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: stv. UdSSR-Außenhandelsmin.


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., Staatssekretärin


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Sts. HM


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Sekr. HM (urspr. FM), Interessent Stelle Leiter Energiesektion HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: LH-Stv. bzw. LH NÖ, ÖVP


                    Einträge mit Erwähnung:
                      GND ID: 119100339


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Bildhauer


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: MR HM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: sowj. Außenhandelsminister


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                              Tätigkeit: Beamter HM


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Finanzminister
                                GND ID: 118503049


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


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                                    Tätigkeit: GD VÖEST


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                                      Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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                                        Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Beamter HM


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                                              Tätigkeit: Wirtschaftsredakteur "Profil"


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                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: slowen. Minderheitenreisebüro; vmtl. Falschschreibung


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                                                    Tätigkeit: Vertr. slowen. Minderheit; evtl. Falschidentifikation


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      GND ID: 129507873


                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                        Tätigkeit: Bildungs-LR bzw. LH-Stv., SPÖ


                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                          Tätigkeit: GF Fa. TRW, Gründer REPA Sbg.; Falschschreibung?


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            Tätigkeit: MR HM


                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                              Tätigkeit: öst. Botschafter in Spanien, der Sowjetunion, ab 1981 GS im BMfAA


                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                Tätigkeit: Leiter Öst. Inst. f. Berufsbildungsforschung (ÖIBF)


                                                                Einträge mit Erwähnung:
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                                                                        Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                                                                        Einträge mit Erwähnung:


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                                                                            Tätigkeit: 1. Sekr. d. ZK d. DDR


                                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                                              Tätigkeit: Beamter HM


                                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                                Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


                                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                                  Tätigkeit: US-Präs. ab 1981


                                                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                                                    Tätigkeit: HM


                                                                                    Einträge mit Erwähnung:


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                                                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                                                          Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                                                          GND ID: 118566512


                                                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                                                            Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Personalchef Unilever


                                                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                                                              Tätigkeit: Beamter HM


                                                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                                                Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                                                                                                GND ID: 118723189


                                                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                                                  Tätigkeit: Energieexperte


                                                                                                  Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                                                                      Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


                                                                                                      Einträge mit Erwähnung: