Montag, 17. November 1980
GD Lap von Philips mit Dir. Kopez sprachen sich gegen den Wunsch der
Fa. Grundig auf zollfreie Einfuhr von Bildröhren für Fernsehgeräte
unter 26 Zoll aus. Philips kooperiert mit Grundig insbesondere auch
bei der Videorekorder-Produktion, Philips ist bei Grundig 24,5 % an-
teilsmäßig beteiligt. GD Lap hat seinen Referenten Dr. Günther nach
Nürnberg geschickt, damit zwischen den beiden Vorständen eine Verein-
barung in dieser Angelegenheit geschlossen wird. Es kam auch zu einem
Kompromißvorschlag. Max Grundig aber hat diesen verworfen und gedroht,
er geht mit seiner Produktion aus Österreich nach Portugal. Lap bezeich-
net dies als blackmail, das heißt Erpressung. Da Grundig die größte
Fernsehfabrik in Wien stehen hat, wäre dies ein furchtbarer Schlag
für Wien und Österreich. Philips wieder erklärt, er hat neun Fabriken
in Europa. Insgesamt erzeugen die europäischen Fabriken 11 Mio. Stk.
Fernsehgeräte, dazu kommen 4 Mio. Stk., die aus Japan importiert werden.
Philips hat an diesen 15 Mio einen Anteil von 1,3 Mio. Gesamtproduk-
tion seiner neun Fabriken, 200.000 entstehen in Wien. Aufgrund seiner
Österreichproduktion, insbesondere von der Bildröhrenfabrik in Lebring,
werden 90 % im Europamarkt exportiert. Die gesamte Exportsumme macht
6 Mrd. S aus. Er wollte damit andeuten, er könnte genauso erpressen,
doch entspricht dies nicht der Philosophie von Philips. Philips hat
jetzt große Schwierigkeiten in den europäischen Produktionsstätten.
Hart attackiert werden sie in den Niederlanden, weil sie als nieder-
ländisches Unternehmen immer mehr in den letzten Jahren in ausländische
Staaten ihre Produktion verlegt haben. In der Presse wurde insbesondere
die Videoproduktion in Österreich von Philips scharf angegriffen. Lap
war damit einverstanden, daß die Sektionschefs Meisl und Marsch jetzt
einmal mit Grundig die Gespräche aufnehmen werden, ob nicht doch ein
Kompromiß möglich wäre. Darüber hinaus erklärte ich mich bereit, in
weiterer Folge mich zu einer Verhandlungsrunde selbst einzuschalten.
Gegebenenfalls bin ich bereit sogar nach Nürnberg zu fahren, um mit
Max Grundig dann selbst zu verhandeln.
Anschließend besprach ich mit den Sektionschefs, daß es zweckmäßig ist
einen Brief an Max Grundig zu schreiben, wenn das Kompromiß ungefähr
feststeht, was die Nürnberger Grundig-Vorstandsleute schon einmal abge-
schlossen haben, wobei allerdings auch eine gewisse Modifikation zu-
gunsten Grundigs enthalten sein muß. Ich kann kaum damit rechnen, an-
sonsten zu einem Ergebnis zu kommen. Die Idee Sektionschefs Meisl, die
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zuständigen Gewerkschaften und den Gewerkschaftsbund einzuschalten,
gibt mir zwar einen Zeitgewinn, bringt mich aber der Lösung sicherlich
nicht näher. So wie die Handelskammer außerstande gewesen ist, die
beiden zu koordinieren, gelingt dies auf Gewerkschaftsebene noch viel
weniger. Der Schlüssel zur Lösung liegt nicht in Österreich, sondern
eben in Nürnberg bei Max Grundig.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Jour fixe HK und AK, ÖGB setzen.
Beim Journalistenfrühstück berichtete Jagoda über die Preisauszeich-
nungsverordnung für Dienstleistungen. Interessant ergab sich dann eine
Debatte über die Installateurbeschwerden. Eine Redakteurin hat statt
120.000.–– S Kostenvoranschlag dann eine Rechnung von 160.000 S bekom-
men, ohne daß sie für diese Mehrarbeit vorher gefragt wurde. Ein
Rechtsanwalt, aber insbesondere die AK meinten, daß dies ohne weiteres
gesetzlich möglich sei und auch gedeckt ist, sodaß eine Klage zu kei-
nem Ergebnis führen kann. Ich habe ihr sofort vorgeschlagen, den kon-
kreten Fall dem Handelsministerium mitzuteilen, damit wir, wie dies
schon etliche Male geschehen ist, auch einen Schlichtungsversuch un-
ternehmen. Interessant, daß sich sofort eine Diskussion ergibt, wenn
Journalisten unmittelbar selbst betroffen sind. Ähnlich war es dann
auch am Schluß der Pressekonferenz mit der Benzinpreisfrage.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Die Stellungnahme der AK zum Installateurfall
interessiert mich.
Dr. Knap vom österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung ÖIBF
berichtete über das Ergebnis eines Auftrages, objektive Kriterien der
Berufsausbildungsstätten zu finden. Neue Unternehmer, die keine Be-
rufsausbildung bis jetzt durchgeführt haben, müssen nach § 3a der
Berufsausbildungsgesetznovelle einen Bescheid zur Genehmigung erhal-
ten. Dies geschah bis jetzt nach jeweils Einzelfalluntersuchung. Dem
Institut wurde nicht zuletzt, um ihm überhaupt eine Beschäftigung und
Subventionen zu geben, dieser Auftrag von Jagoda übertragen. Nach
jahrelangem Studium in 450 Betrieben wurden für die 10 wichtigsten
Lehrberufe, wo 100.000 Lehrlinge beschäftigt sind, objektive Kriterien
geschaffen. Das Ergebnis wird auf die heftigsten Widerstände der HK
stoßen. Immerhin wurde festgestellt, daß 56 % der Ausbildungsstätten
die Berufsbilder nicht aufliegen haben. 48 % haben eine unzureichende
technische Ausstattung, 26 % geben keinerlei theoretische Unterweisun-
gen den Lehrlingen. Die erarbeiteten Schemata werden sicherlich von
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der Handelskammer teilweise mit Recht sicher abgelehnt. Diese indirek-
ten Angriffen von Dr. Knap und seinem Institut sind mir aber sehr recht.
Bei den Gewerkschaften werden sie vielleicht eine gewisse Befriedigung
auslösen, daß jetzt endlich das Handelsministerium etwas gegen die
laxe Ausbildung der Lehrlinge unternimmt. Meine Reaktion auf etwaige
Angriffe der Handelskammer wird darin bestehen, daß ich ihnen ja sei-
nerzeit vorgeschlagen habe, wir sollten ein gemeinsames Institut grün-
den. Damals hat die Handelskammer es abgelehnt, weil sie ihr Institut
nicht verschmelzen wollte. Sie fürchtete, daß das größere Institut
des Gewerkschaftsbundes Übergewicht in diesem gemeinsamen Institut haben
würde.
Würzl berichtete dann über eine WIFI-Studie über den deutschen Urlaubs-
gast. Aufgrund einer Erhebung in der BRD liegt viel Material über das
Verhalten der deutschen Gäste vor. Das WIFI hat dies jetzt zusammenge-
faßt und gemeinverständlich den Unternehmern der Fremdenverkehrsbran-
che in einer Broschüre dargelegt. Dies ist die dritte Broschüre, die
der Fremdenverkehrswirtschaft mit 50 % Subvention des Handelsministe-
riums zur Verfügung gestellt wird. Zum Glück zeichne ich für diese
Broschüre nicht verantwortlich, sondern eben das WIFI und damit indi-
rekt die Handelskammer. Manche Ausdrücke und Sätze sind sehr gewagt,
das Ganze ist, wie ich dann aus der Kritik oder Anfragen der Journali-
sten entnehmen konnte, auch keinesfalls unbestritten. Ich verglich
dies damit, daß der Kinsey-Bericht in seinen Zahlen und wissenschaft-
licher Trockenheit sicherlich auch nicht so große Popularität erlangt
hätte, wenn er nicht von den Massenmedien und dann wahrscheinlich auch
von etlichen Fachleuten gemeinverständlicher dargestellt worden wäre.
Ähnlich verhält es sich mit den Erhebungen in der BRD über den deutschen
Gast und über die Darstellung jetzt des WIFIs. Mit diesem Vergleich
wollte ich aber die wirklich grundsätzlichen Erkenntnisse vom Kinsey-
Bericht nicht mit dem doch verhältnismäßig unbedeutenden Broschürl
des WIFI, sprich Handelskammer, vergleichen.
Bei meinem täglichen Morgenbesuch in der Gewerkschaft mußte ich in
der letzten Zeit immer mehr feststellen, daß sich die Gruppe Bäcker
benachteiligt fühlt. Dort gibt es die schwierige Frage, wer dem
jetzigen Gruppenobmann Deutsch, ehemaliger Betriebsratsobmann der
Ankerbrotfabrik, nachfolgen soll. Auf der einen Seite gibt es Schwie-
rigkeiten mit dem zweitgrößten Betrieb, BRO Serini, auf der anderen
Seite wollen die Bäcker natürlich nicht auf ihre Position verzichten.
Ich werde dieses Problem kaum lösen können. Trotzdem möchte ich, daß
zumindestens bis zum Verbandstag im nächsten Jahr nicht eine offene
Diskussion über dieses Problem ausbricht. Ich beschloß daher, zuminde-
stens zeitweise bei ihrer Bäckerkonferenz anwesend zu sein. Deutsch
und Serini saßen im Vorsitz. Deutsch berichtete gerade über die Ent-
wicklung des Bäckereiarbeitergesetzes, insbesondere über die Tätigkeit
der Arbeitsinspektoren. Leider mußte ich dann zur Fraktionsbesprechung
im Budgetausschuß für das Kapitel Handel.
Während bei allen anderen Fraktionsbesprechungen im Klub der SPÖ für
Handelsfragen kaum pünktlich begonnen wird, ist dies traditionsgemäß
bei der Budgetvorberatung immer der Fall. Da Mühlbacher jetzt nicht
nur der Sprecher des Freien Wirtschaftsverbandes und damit auch auf
dem Handelssektor ist, sondern gleichzeitig auch der Vorsitzende des
Finanz- und Budgetausschusses und damit auch die Budgetverhandlungen
im einzelnen führt, legte er größten Wert auf Pünktlichkeit und möchte
womöglich von jedem Minister genau wissen, welche Fragen er gestellt
haben will. Da er mich aber seit 10 Jahren kennt, haben wir zwar pünkt-
lich begonnen, aber er gleich festgestellt, da Staribacher ja jedem
Abgeordneten freistellt, was immer ihn fragen will, gibt es keinen ge-
naue Aufteilung der einzelnen Redner. Wie mir Staatssekretär Albrecht
versichert, ist dies bei vielen anderen gerade umgekehrt. Dort wird
vom Minister erwartet, daß ganz genau seine schriftlich den Abgeordne-
ten womöglich festgelegten Fragen wörtlich verlesen werden, damit
er dann entsprechende Antwort geben kann. Da wir, nachdem die Redner
sich gemeldet hatten und erklärten, welches Thema für sie interessant
ist, noch Zeit hatten, erörterte ich die weitere Vorgangsweise im
Handels- resp. Integrationsausschuß bezüglich der nächsten Arbeiten.
Insbesondere kam das Problem der Ratifizierung der EG-Protokolle zur
Sprache. Da niemand weiß, ob die Kommission in Brüssel bis zum Frei-
tag, den 28. November unterschrieben hat, wird es zweckmäßig sein, den
Ausschuß für wirtschaftliche Integration zu verschieben. Dies kann ich
noch am Donnerstag, den 27. November bei der Haussitzung Robert Fischer,
unserem Klubsekretär, mitteilen. Die Mitglieder des Integrationsaus-
schusses wären sehr verärgert, wenn sie am Freitag noch in Wien blei-
ben würden, und dann stellt sich heraus, daß wir erst nicht die richti-
gen Durchführungsnovellen beschließen könnten. Die Unterlagen liegen
schon im Parlament, die Frage ist nur, ob es nicht jetzt schon zweck-
mäßig ist, gleich auf die Ausschußwoche 9.–12.12 zu verschieben.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Bitte den Fahrplan jetzt endgültig
fixieren.
Im Budgetausschuß wurde dann, wie es üblich ist, eine zweifache Frage-
runde gestartet. Diesmal gab es dann sogar noch 3 Anfragen von Opposi-
tionsabgeordneten sogar zu einer dritten Runde. Das Ganze entwickelte
sich im Zeremoniell ab, das ich bereits 1970 versucht habe, zu durch-
brechen. Ich halte gar nichts davon, daß die Abgeordneten zuerst ihre
Fragen stellen, teilweise kritisieren und wenn dann so 6 bis 8 Abgeor-
dneten eine Unzahl von Fragen gestellt haben, der Minister dann darauf
antwortet. Ich hatte 70 versucht, dieses Ritual zu durchbrechen und
früher gleich, wie aus der Pistole geschossen, auf Anfragen reagiert.
Interessanterweise hat die Oppositionspartei sich damals furchtbar
aufgeregt, die Abgeordneten wollen also das Recht haben, sie kommen
zuerst dran. Nichts Dümmeres kann eine Oppositionspartei in diesem
Fall machen. Statt den Minister zu piesacken, direkte Anfragen von ihm
sofort zu verlangen, kommt eine solche Summe von Fragen zustande, daß
dann der Minister es leicht hat, die, die er nicht beantworten will,
dilatorisch zu beantworten. Manchmal kommt es bei mir sogar vor, daß
ich eine oder die andere Frage vergesse. Dies ist meistens unbeabsich-
tigt und wenn mich daher dann der Abgeordnete daran erinnert, ent-
schuldige ich mich tausend Mal und antworte natürlich auf alle aufge-
worfenen Fragen. Albrecht war überrascht über dieses System. In der
Vorbesprechung hatte ich noch angenommen, daß sie von Oppositionsabge-
ordneten attackiert würde werden. Dies ist vielleicht noch in der Haus-
sitzung möglich. Im Budgetausschuß wurde in keinem einzigen Fall auch
nur eine Andeutung oder ein indirekter Vorwurf hörbar. Für Konsumen-
tenfragen habe ich Albrecht gebeten, muß sie auf alle Fälle antworten.
Dies wurde auch prompt und hervorragend von ihr dann im Budgetausschuß
erledigt. Trotzdem glaube ich, daß in der Budgetdebatte im Plenum ein
Angriff gegen sie erfolgen wird. In diesem Fall, vereinbarten wir in
der Fraktion, wird Albrecht zeitgerecht darauf reagieren. Sie wird al-
so, auch das ist wahrscheinlich ungewöhnlich, gegenüber den anderen
Staatssekretären als erste zu einer guten Zeit noch replizieren. Dies
entspricht auch meiner traditionsgemäßen Vorgangsweise. Ich selbst
habe stets, auch als die Kapitel Handel und Finanzen zusammengelegt
wurden, in der Plenumsdiskussion als letzter, genauer ausgedrückt, als
vorletzter immer zusammenfassend das Wort ergriffen. Ich stehe auf dem
Standpunkt, der Minister soll sich alle Vorschläge, Anregungen, Kri-
tiken der Abgeordneten anhören und dann erst replizieren. Da die ÖVP
aber als Oppositionspartei das letzte Wort haben möchte, wird resp.
sprich nach meiner Stellungnahme immer dann noch ein ÖVP-Abgeordneter
reden. Sollten wider Erwarten die Angriffe auf Albrecht unterbleiben,
was mir auch recht ist, dann wird sie trotzdem für die Konsumentenpoli-
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tik und ihre Tätigkeit im Plenum von der Regierungsbank das Wort er-
greifen.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte bereite Dich auf alle Fälle für deinen
ersten größeren Parlamentsauftritt von der Regierungsbank vor.
TAgesprogramm, 17.11.1980