Samstag, der 20. September 1980

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Samstag, 20. September 1980, und Sonntag, 21. September 1980

Beim traditionellen Frühstück anläßlich der Innsbrucker Messe hat
mir LH Wallnöfer neuerdings bestätigt, daß er an dem Ausbau der
Osttiroler Wasserkräfte sehr interessiert und einen baldigen Be-
schluß darüber wünscht. Ich erklärte ihm sofort, wir könnten, wenn
die Nationalparkfrage und die Restwasserfrage gelöst ist, sofort
nach entsprechender Einigung über die Beteiligung einen Baubeschluß
herbeiführen. Ich versuchte Wallnöfer klar zu machen, daß doch die
bessere Lösung auch für Tirol ähnliche Vereinbarung wie in Kärnten
und Vorarlberg wäre. Wallnöfer besteht natürlich noch immer auf Er-
richtung einer eigenen Gesellschaft, wo er zumindestens pari betei-
ligt ist. Eine solche Lösung, habe ich ihm dezidiert wieder erklärt,
kommt für mich nicht infrage. Wallnöfer urgierte bei mir, daß jetzt
zwischen der Tiwag und der Verbund die Gespräche intensiviert wer-
den sollten.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte nächstes Jour fixe Fremuth setzen.

Die Eröffnung der Innsbrucker Messe verlief im üblichen Rahmen. Dies-
mal war nur Präs. Sallinger hier, weshalb der HK-Präsident von Tirol
auf seine Ansprache verzichtete.

Bei der Landeskonferenz der LUGA hielt ich eines meiner üblichen Re-
ferate. Da diese Landeskonferenz wegen mir an einem Samstag statt-
finden mußte, gab es nur mit einigen älteren Funktionären eine kurze
Diskussion darüber. Unwahrscheinlich, wie sich dies auch gewandelt
hat. Früher, als ich in die Gewerkschaft gekommen bin, waren diese
Landeskonferenzen manchmal sogar Sonntag, jetzt will jedermann dies
womöglich unter der Woche, damit der Samstag, Sonntag auch frei bleibt.

Der Sparkassen- und Vorschußdirektor von Landeck, Holzmann, ist zwar,
anders geht es in Tirol ja gar nicht, ÖVP-Mitglied, doch kooperiert
er mit LH-Stv. Fili und vor allem dem zweiten Präsidenten des Tiro-
ler Landtages, Lettenbichler, der gleichzeitig Abgeordneter von
Westtirol ist, sehr gut. Im Kaunertal wurden von 8 Gemeinden gemein-
sam 48 Mio. S Eigenkapital aufgebracht, um die Gletscherbahn zu er-
richten. Da man größten Wert darauf legte, daß dieses Projekt mir
gezeigt wird, wurde mit einem Hubschrauber ins Kaunertal geflogen.



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Mit dem Auto wurden wir dann über die Straße vom Kaunertalstausee
bis zur Bergstation gebracht, wo jetzt ein Restaurant mit einem Zin-
senzuschuß für 10 Mio. Kredit schon positiv erledigt wurde. Für
die Pistengeräte kann ein Zinsenzuschuß gewährt werden. Wichtig er-
scheint den Bürgermeistern und vor allem dem Dir. Holzmann, daß sie
jetzt die 12 km lange Straße bekommen. Sie haben für einen Kredit-
betrag von 36 Mio. S um einen Zinsenzuschuß eingereicht. Ich habe
allerdings sofort erklärt, hier wird es im Handelsministerium größe-
re Schwierigkeiten geben.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Erkundige Dich und laß Dir berichten, wie die
Sache weiterläuft.

Mein erster Eindruck von dieser Gletscherbahn ist, daß sie in der
ersten Ausbaustufe über einen verhältnismäßig flachen Gletscher läuft.
Die zweite Sektion wird hier im steileren Gelände geführt. Der Vor-
teil beim flachen Gelände ist, daß jedermann dort schifahren kann
und daß sich vor allem dort keine Spalten öffnen. Bei einer anderen
Bahn soll, ich glaube, es war in Hintertux, trotz Zuschieben der Spal-
ten mit Pistengeräten ein Schifahrer auf gesicherter Piste in eine
Spalte gestürzt sein.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was weiß man darüber?

In Tirol gibt es 3 Projekte, im Ötztal, wo die Firma Falkner Millio-
nen ebenfalls für eine Straße investierte und von LH Wallnöfer ent-
sprechende Zusagen bekommen hat. Abg. Lettenbichler meint, die brau-
chen nichts, da würden die Reichen nur noch reicher werden. Im Pitz-
tal, wo eine Gletscherbahn ebenfalls entstehen soll und welcher Wahl-
kreis von LH Wallnöfer ist, soll er 30 Mio. S verlorenen Zuschuß ver-
sprochen haben. Die Pitztaler kommen aber nicht weiter, hier würde
Lettenbichler sie sehr wohl unterstützen. An erster Stelle aber wird
von ihm Kaunertal gereiht. LH-Stv. Fili als auch Präs. Lettenbichler
meinen, ich sollte den LH Wallnöfer nicht aus seiner Verantwortung
rauslassen, daß er die Priorität dieser drei Tiroler Projekte klar
und deutlich sagen muß. Bis jetzt hat ja, wie Wallnöfer in einem
Brief an mich mitteilte, er sich für alle drei Projekte gleichmäßig
ausgesprochen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mein Schreiben und Antwortschreiben vor-
legen.



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Abends zum ersten österreichischen Knappentag in Hallein wurde ich
für 7 Uhr hinbestellt. Die Leute auf der Festwiese hatten sich be-
reits um 6 Uhr eingefunden. Nur für die Prominenten wurden Bänke auf-
stellt. Zum Glück hatte ich bemerkt, daß ältere Personen, manche
sogar mit Krücken, hinter den Bänken stehen mußten. Ich habe sie na-
türlich sofort zum Sitzen eingeladen. Dabei erfuhr ich dann, daß
man sie so lange dort sitzen ließ, bis sozusagen die Prominenten er-
scheinen. Eine blödere Organisation kann ich mir wirklich nicht vor-
stellen. Da man bis zum Einbruch der Dunkelheit warten mußte, wollte
man sogar, daß ich anschließend an den Schwerttanz eine Rede und da-
mit die Begrüßung und Eröffnung des Knappentages vornehmen sollte.
Natürlich habe ich dies sofort umgedreht und erklärt, wenn die Leute
schon warten müssen, dann doch in dieser Zeit die Reden halten.
Nebenbei bemerkt waren alle dort Anwesenden auf den Schwerttanz in-
teressiert, keinesfalls auf eine Rede von mir. Ich nützte daher die-
se Gelegenheit und habe ihnen, da ich doch etliche Unterlagen über
den Schwerttanz auch bekommen habe, diesen erklärt. So wurde das
Praktische und das Nützliche mitsammen verbunden. Der Schwerttanz
hat jahrhundertelange Tradition, zeigt in einer Tanzform, wo 16
Knappen mit einem Sergant aufmarschieren, Tätigkeiten wie Aufruf der
Bergleute, Aufschlagen von Stollen, Haldensturz usw. Da mit einer
Menge Magnesium gearbeitet wird und dadurch eine feenhafte Beleuch-
tung entsteht, haben selbst die älteren Damen auf meinem Bankerl er-
klärt, daß ist wie in einem Märchen. Der Bürgermeister von Hallein,
der ein wenig verärgert war, daß ich noch immer nicht seine Kelten-
ausstellung besucht habe, meinte, es besteht die große Gefahr, daß
der Knappentanz nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Angeblich
gibt es die Tradition, daß dieser nur von Knappen getanzt werden darf,
dafür gibt es zu wenig Interessenten. Ich habe ihm sofort erklärt, es
wäre nicht Österreich, wenn nicht hier ein Ausweg durch fremde Teil-
nehmer, die nicht Knappen sind, gefunden werden könnte.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Wenn ich nach Salzburg oder in die Nähe fahre,
muß ich die Keltenausstellung besuchen.

Sonntag, 21. September 1980

Der Volkswandertag in Tattendorf, Trumau bis Münchendorf war eine
eigenartige Veranstaltung. Mit Volkswandertagen hat das überhaupt
nichts zu tun, sondern ist, wie ein Pickerl richtig sagt, ich hatsch


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A in Trumau. Das A soll gleichzeitig als Autokleber verwendet werden
können. Der Bürgermeister von Trumau hatte mir eingeredet und mich
auch dafür gewonnen, an diesem, wie er sagte, x-tausende Teilnehmer
umfassenden Wandertag ebenfalls teilzunehmen. Als ich um 7 Uhr dort
erschien, war er mit einem Fotograf der einzige. Nachher haben wir
ein paar Leute getroffen, die sich alle sehr genau kannten. Da ich
mit ihnen dann letzten Endes doch marschiert bin, konnte ich feststel-
len, daß es sich hier um sogenannte Profis handelt. Sie bezeichnen sich
selbst auch so. Ihre Aktivität besteht darin, daß sie an allen die-
sen Volkswandertagen teilnehmen und dadurch etliche x-tausende Kilo-
meter Fußmärsche zurücklegen. Die Spitze hatte Bürgermeister von
Trumau und LAbg. Wedl mit angeblich 17.000 km. Wanderpässe, wo dies
bestätigt wird, von 16.000 km habe ich selbst von meinen Begleitern
gesehen. Diesen meiner Schätzung nach auf 100, sie glauben, insgesamt
200 Profis, die an jedem dieser Wandertage teilnehmen, ging es aus-
schließlich darum, Kilometer zu schinden. Bei diesem Trumauermarsch
wurde ich schon wieder für 7 weitere Märsche geworben. Ganz unab-
hängig, wo immer ein solcher stattfindet, werden mit größter Akribie
nur die Kilometer gezählt. Früher hatten sie ja noch 40 und 50 km
Strecken, da die aber nur von den Profis begangen werden, zahlt sich
die Markierung nicht aus. Zum Glück hat es nicht geregnet, sonst
wären wir durch die Landschaft und den Gatsch gehatscht. Zum Glück
war es nicht zu trocken, sonst wäre dort eine Sandwand zu durchque-
ren gewesen, zum Glück war es nicht Sommer, sonst hätten uns in den
Auen, wie mir alle erzählten, die Gelsen gefressen, zum Glück für
mich war es mein erster und wahrscheinlich auch einziger Volkswan-
dertag, den ich in dieser Gegend mitgemacht habe. Manchmal habe ich
mir gedacht, es wäre besser gewesen, ich wäre in Salzburg oder Tirol
geblieben. Andererseits hätte ich aber niemals diese Organisation
kennen gelernt und vor allem diese Typen der ewigen Hatscher. Diese
wieder teilten mir mit, daß nur ganz wenige immer die längere Strecke
wählen, wenn schon jemand kommt, so geht er immer die kürzere, wofür
er auch die selbe Medaille bekommt. Dafür allerdings muß er als
Startgeld 60,–– S bezahlen. Geboten wird ihm der markierte Weg, ein
Achtelliter Milch, wahrscheinlich von einer Molkerei gespendet, ein
selbst gekochter Becher Suppe und, wie gesagt, eben die Medaille. Da
ja dieser Marsch immer wieder auch in den verschiedensten Orten bei
der selben Strecke bleibt, kennen ihn die Profis sehr genau. Für die
anderen Teilnehmer, sofern sie überhaupt kommen, gilt der Spruch, man
geht ihn nur zweimal, nämlich zum ersten und zum letzten Mal.

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Tagesprogramm, 20.9.1980

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: 2. Präs. Tiroler LT (SPÖ)


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    Tätigkeit: MR HM


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      Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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          Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


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                Tätigkeit: Bgm. Trumau, NÖ


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