Montag, der 22. September 1980

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Montag, 22. September 1980

Im Brauereiverband fand ein Spitzengespräch zwischen GD. Beurle,
Dr. Egger, dem Verhandlungsleiter der Unternehmer bei den Brauerver-
handlungen, Dr. Weitzendorf, und zwei Sekretären sowie Zentralsekretär
Blümel, unserem Verhandlungsleiter, BRO Suko, unserem Brauereisekretär
Macho und mir statt. Einleitend stellte Beurle fest, daß der Jahres-
rhythmus von ihnen nicht akzeptiert werden kann, weil sie feststell-
ten, daß die anderen Gewerkschaften innerhalb von 6 Jahren nur 5
Lohnbewegungen gehabt haben, während die Brauer eben dadurch 6. Wein
verdrängt jetzt Bier, es ist ein Substitutionsabwehrkampf, der ihnen
es unmöglich macht, die Preise zu erhöhen. Die Paritätische Kommission
genehmigt übrigens dann auch nicht alle Jahre neue Preise, sondern
nach oft halbjähriger Wartezeit bekommen sie dann vollkommen unzuläng-
liche Preiserhöhungen genehmigt. Sie sind also im 1 1/2- und 2-Jahres-
rhythmus und die Löhne steigen alle Jahre. Hart treffen sie auch die
Billigstimporte aus Jugoslawien und Polen. Weitzendorf meinte, die
Konfliktlösungssysteme, sprich Paritätische Kommission mit ihren Un-
terausschüssen, funktionieren jetzt leider nicht mehr, denn überraschend
wurde jetzt der Streik ausgerufen. Dr. Egger meinte, über viele Punkte
sei eine Einigung leicht zu erzielen, primär geht es um den Prozent-
satz der Lohnerhöhung und um die Laufzeit vor allem.

Die Gegenargumente waren im Prinzip, daß die Gewerkschaft nur den
Streik der Betriebsräte und Betriebsversammlungen anerkannt hat. Bei
der letzten Betriebsratskonferenz wurde sogar geheim abgestimmt und
mit größter Mehrheit, vier Gegenstimmen, 2 Enthaltungen, die Forde-
rungen, die an die Unternehmer gestellt wurden, angenommen. Egger in
St. Pölten zahlt bereits die geforderten 6 1/2 % ab 1. August, also
nach einem 12-Monatsrhythmus. Weiters ist zu erwarten, daß etliche
Kleinbrauereien wahrscheinlich jetzt auch sofort bereit sind, zu
bezahlen. Ich hatte sofort vorgeschlagen, daß ich verstehe, daß die
Unternehmer jetzt genauso ihr Gesicht wahren müssen wie die Gewerk-
schaft. Die Lösung sei daher in diesem Kreis ein Kompromiß zu fin-
den, dies ist dann dem Unternehmerverband und den Betriebsräten zur
Genehmigung vorzulegen, stimmen diese zu, dann wird der Streik na-
türlich sofort abgebrochen und die offiziellen Verhandlungen können
beginnen, um die Finalisierung dann durchzuführen.



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Das wirkliche Problem bei den Brauereien ist, daß die Lohntangente
1970 noch 28 1/2 % war und jetzt auf 40 % angestiegen ist, dies
trotz strengster Rationalisierung und Verminderung der Brauereiar-
beiter. Die Importbiere sind weit unter dem inländischen Preis, aber
auch unter dem Preis, wie es im Ausland selbst verkauft wird. Die
Jugoslawen z.B. haben für Unionsbier 1,40 S für die Halbliterflasche
Fabrikabgabepreis, an der österreichischen Grenze wurde diese um
68 Groschen geliefert, jetzt ist sie erst auf 1,08 S angehoben wor-
den, liegt damit noch immer unter dem Fabrikabgabepreis in Jugosla-
wien. Außerdem kommt jetzt schon wieder eine neue Sorte Zlatorog, die
ebenfalls wesentlich verbilligt verkauft wird. Ein Antidumpingver-
fahren ist im Handelsministerium anhängig, große Beschwerde der Brau-
erei, daß dieses so lange bearbeitet wird.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was geschieht mit diesem Antidumpingverfahren
bei uns.

Die Polen haben bis jetzt um 2,05 S verzollt geliefert, der Verkaufs-
preis ist 2,48 S, auch hier liegt eindeutig ein Billigstimport vor.

Nach Verhandlungen des ganzen Tages, wobei ich allerdings erst wieder
am Nachmittag dazugerufen wurde, gelang dann in den Abendstunden ein
Kompromiß. Die Kollektivvertragslöhne werden um 6 1/2 % mit 1. Sep-
tember erhöht, die Stammarbeiterzulage ebenfalls, dies heißt, daß
erst nach 13 Monaten diese Lohnerhöhung und nicht, wie die Brauer
wünschten, nach 12 Monaten schon mit ersten August der neue Lohn rück-
wirkend ausbezahlt wird. Dafür wird aber im Kollektivvertrag verein-
bart, daß die Laufzeit 12 Monate beträgt. Beide Verhandlungsteile
waren, da es scheinbar sehr schwierig war überhaupt ein Kompromiß zu
erzielen, über meine Einschaltung dann sehr glücklich. Ich erklärte
aber rundweg, daß ich gar keinen Wert darauf lege, in der Öffentlich-
keit jetzt als der Vermittler aufzuscheinen. Ich war selbst auch sehr
froh, daß es gelungen ist, innerhalb eines Tages diesen Konflikt zu
bereinigen. Die Hauptschwierigkeit liegt nämlich für beide, den Brau-
ereiverband und die Gewerkschaft, darin, daß Außenseiter bereit sind,
die gemeinsame anzustrebende Regelung nicht abzuwarten, sondern vor-
zeitig irgendwelche Lösungen zu akzeptieren, wodurch auf der einen
Seite zwar die Front der Unternehmer aufgespalten wird, auf der an-
deren Seite aber auch dann die große Gefahr für alle besteht, daß die
Einheitlichkeit verloren geht.



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Im Pressefrühstück berichtete Dr. Stage über die Managementinstitu-
tion. Die Arbeitsgemeinschaft umfaßt jetzt die 6 größten Institute
und deckt 80 % des Marktanteiles. Jetzt wird ein Managementseminar
in Eggenberg in Graz auch mit deutschen Vortragenden gemacht, damit
man den Unternehmern die Möglichkeit gibt, auch andere Systeme kennen-
zulernen. Das Ganze läuft unter dem Titel Managementbasar. Die ARGE
möchte eine Studie von fast einer 1/2 Mio. S in Auftrag geben. An-
geblich hat MR Gröger ihnen zugesichert, daß das Handelsministerium
400.000 S dafür bereitstellen könnte. Ich habe sofort erklärt, daß
dies nicht infrage kommt. Ich kann und bin nur bereit, den selben
Betrag den Managementinstituten zur Verfügung zustellen, den die
Handelskammer aufbringt. Die jetzige Konzeption lautet 150, mit
1.000.–– die Managementorganisation selbst, je 150.000 S Handelskammer
und Handelsministerium. Falls die Handelskammer einen geringeren
Betrag gibt, dann muß auch mit diesem das Auslangen gefunden werden.
Ich war sehr überrascht zu erfahren, daß man bereits IFES von seiten
der Managementinstitute einen Auftrag gegeben hat und 70.000 S ange-
fallen sind. Diesen Betrag werde ich wahrscheinlich auf alle Fälle
vom Handelsministerium bezahlen müssen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte laß Dir von Stage die Details schildern.

Als Gast konnten wir im Pressegespräch Minister Haiden begrüßen, der
über die EG-Weinexportlösung sehr zufrieden berichtete. MR Michitsch
hatte dann die Details der Presse mitgeteilt, die uns jetzt ermög-
lichen Prädikatsweine über 15 Grad Alkohol auch in die EG liefern
zu können. Dies Ganze war im Zuge eines Herkunftsschutzabkommens mög-
lich. Der Weinexport hat, wie Haiden mit Recht berichtete, sehr zuge-
nommen. In den 60-er Jahren haben wir das ganze Jahrzehnt 175.000 hl
geliefert, vergangenes Jahr waren 443.000. Die Produktion hat trotz-
dem aber wesentlich stärker zugenommen. Importieren tun wir ungefähr
die Hälfte unserer Exportmenge, wertmäßig ist der Export auch doppelt
so viel mit den Devisenerlösen wert.

MR Gröger berichtete dann über das neue Investorenhandbuch, welches
wir ja an die Firmen, soweit sie nicht wirklich erwarten lassen, daß
sie von vornherein bei uns investieren, verkaufen. Dafür geben wir
es an die Schulen umsonst ab. Natürlich wurde Gröger sofort befragt,
wie viel eigentlich schon konkrete Investitionen durchgeführt wurden.



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Hier konnten wir Gott sei Dank und durch die Unterstützung des Ein-
kaufsdirektors von VW, Matauschek, auf mindestens 1/2 Dutzend von
Kleinbetrieben verweisen, die durch unsere Aktion in den letzten Jah-
ren tatsächlich in Österreich investiert haben. Natürlich wurde dies
sofort der Großinvestition von General Motors gegenüber gestellt und
gefragt, ob hier nicht eine große Konkurrenz zwischen Bundeskanzler-
amt und Handelsministerium besteht. Durch die Größe des Unterschiedes,
nicht nur was General Motors an Beschäftigten, sondern auch an In-
vestitionszuschuß bekommt, gegenüber den vielen kleinen Betrieben,
die wir mehr oder minder in Österreich angesiedelt haben, gelang mir
die gute Ausrede, beides könne man gar nicht vergleichen und sei da-
her keine Konkurrenz zwischen Bundeskanzleramt und Handelsministerium.

Aus Saudi-Arabien wurde Dr. Al-Farsi aus dem Ministerium für Elek-
trizität und Industrie von der Handelskammer eingeladen. Diese legte
großen Wert darauf, daß ich mit dem Mann auch ein Gespräch führte.
Er erklärte, daß sie 23 Mrd. $ in 600 Betriebe investiert haben, auch
im neuen 5-Jahresplan werden weiterhin große Investitionen vorgesehen.
Das wichtigste Problem aber sind die Arbeitskräfte. Am Energiesektor
werden sie konventionelle Kraftwerke auf Gasbetriebe errichten. Der-
zeit wird Gas noch immer abgefackelt. Al-Farsi wird jetzt mehrere
Betriebe in Österreich besuchen und dann teilweise Urlaub hier machen.

Der Bergbau- und Energieminister Nyagumbo von Zimbabwe wurde mir wie-
der durch Dr. Pisec, den Leiter des Außenhandelsgremiums der Kammer
Wien, vorgeführt. Hier ging es im Konträren um ein unterentwickeltes
Land, welches dringendst Entwicklungshilfe bräuchte. Insbes. müssen
sie ihre Transportwege, sprich Eisenbahnen, verbessern. Dazu kommt,
daß in dem Nachbarland Mosambik auch die Hafen wahrscheinlich ver-
stärkt werden müßten. Ich habe sofort freimütigst mitgeteilt, daß
für die Entwicklungshilfe das Bundeskanzleramt zuständig ist und
man dort entsprechend Kontakt aufnehmen muß. Leider hat der Bergbau-
minister keine Zeit mehr gehabt, da er nach London weitergefahren ist.
Auch ein weißer Präsident des Bergbauverbandes war mit, der die Akti-
vitäten berichtete, wie und welche Aufschlüsse und Untersuchungen
jetzt gemacht werden sollten. Mehr als 40 Mineralien und große Vor-
kommen an Kohle könnten erschlossen werden. Der VÖEST-Alpine-Vertre-
ter, der ebenfalls anwesend war, zeigte daran gewisses Interesse,
wenn die Finanzierung gesichert ist. Pisec hat mit Recht erwähnt,
hier müßten vor allem die Kontrollbank und andere österreichische
Kreditinstitute eingeschaltet werden.



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ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Abteilung soll mit Pisec zusammen einen
diesbezüglichen Plan ausarbeiten.

Botschafter Jankowitsch berichtete mir, wie ein Genosse im Ausland
die ganzen Streitereien innerhalb der Partei sieht und wollte natür-
lich Insider-Informationen, die ich im beim besten Willen nicht ge-
ben konnte, weil ich mich doch weitestgehend aus dieser Frage heraus-
halte. Dies gilt weniger, wie ich dann übrigens abends auch bei einer
Aussprache mit Bundeskanzler Kreisky feststellen konnte, aus Vorsicht,
sondern meine Konzeption ja gar keine Chance hat, angenommen zu wer-
den. Um den Streit zu lösen, ohne das jemand beleidigt sein könnte,
oder daß in Wirklichkeit alle vielleicht beleidigt wären, glaube
ich nach wie vor, daß es zweckmäßig wäre, für Regierungsmitglieder,
die 10 Jahre bereits gedient haben, neue Leute zu finden und mit
einem ganz neuen Team, die auch von verschiedensten Entwicklungen unbe-
lastet sind, neu zu beginnen. In der Hälfte der Legislaturperiode
wäre dies ohne weiters möglich. Dabei könnte man gleich die schon
einmal ventilierte Frage, Minister sollten sofort ihr Nationalrats-
mandat zur Verfügung stellen, ebenfalls lösen, wodurch der Klub ent-
sprechend durch neue Abgeordnete verstärkt werden könnte. Da Kreisky
versprochen hat bei den letzten Wahlen, diese Legislaturperiode wird
er auf alle Fälle als Bundeskanzler zur Verfügung stehen, und da in
Wirklichkeit nur er die Situation retten kann, in der sich momentan
die Partei durch den AKH-Skandal befindet, würde dies wahrscheinlich
neben seinen 10 Punkten der größte Paukenschlag.

Beim Mittagessen für die bulgarische Parlamentarierdelegation mußte
ich den Bundeskanzler vertreten. Ich habe ihn entsprechend entschul-
digt und das Essen diesmal, fast würde ich sagen, so wie in der Pari-
tätischen Kommission, wenn ich den Vorsitz habe, wurde wesentlich
schneller abgewickelt. Das einzige, was ich verlange, wenn ich zu ir-
gendeinem Essen komme, insbes. wenn ich der Gastgeber bin, schnell
servieren und kurze Reden.

Zur 24. Generalkonferenz der Internationalen Atomenergieorganisation
hatte ebenfalls der Bundeskanzler eingeladen. Anschließend daran
habe ich Kreisky wunschgemäß über die Verhandlungen mit den Ungarn
wegen des gemeinsamen Kohlekraftwerkes informiert. Auf österreichi-
scher Seite muß jetzt von der burgenländischen Landesregierung end-
gültig die Umweltfrage geklärt und damit verhandelt werden und auf
ungarischer Seite muß über die schon fast vereinbarte Indizierung


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auf ungarischen Wunsch neuerdings verhandelt werden.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte laß Dich laufend informieren.

Bei den Gemischten Kommissionssitzungen der Polen erwartet Kreisky,
daß diese ev. neue Vorschläge wegen seines großen Kohlekraftwerkspro-
jekt in Polen machen werden. Bis jetzt haben ja die Polen strikt ab-
gelehnt, daß ein Konsortium aus Österreich, Deutschland, Schweiz
und vielleicht noch anderen westlichen Ländern ein großes Kohlekraft-
werk in Polen errichtet. Die Hälfte des Stromes soll nach Kreisky's
Idee den Polen gehören, die Hälfte zur Abzahlung der Investitionen
verwendet werden. Bis jetzt haben die Polen nur 1,7 Mrd. $ Kredit
verlangt und sie werden alles selbst machen. In Wirklichkeit weiß
Kreisky ganz genau und befürchtet auch, daß in diesem Fall die Polen
das Geld, so wie wahrscheinlich auch für die anderen bis jetzt er-
haltenen Kredite, dazu verwenden, um ihre Volkswirtschaft einigermaßen
aufrecht erhalten zu können. Kreisky denkt aber, daß jetzt von der
neuen Regierung, durch die kritische Situation bedingt, neue Vorschläge
kommen werden.

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Tagesprogramm, 22.9.1980

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Wiener Vorstand, 22.9.1980

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Tätigkeit: Sekr. Brauereiarbeiter


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Dir. Brau-AG


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Leiter VW-Einkaufsorganisation Wien


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Vorstandsvors. Steir. Brau AG


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Betriebsrat Schwechater-Bier (?); evtl. ident mit Herbert Suko


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Büro des Bundesministers


            Einträge mit Erwähnung:
              GND ID: 1012186253


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: LUGA-Zentralsekretär


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: HK, Evidenzbüro für Außenhandel, Wr. ÖVP-Bundesrat


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Privatbrauerei Egger


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: MR HM


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: MR HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Energiemin. Zimbabwe


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                            Tätigkeit: Leiter Abt. Führungskräftetraining BFI


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                              Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Ind.min. Saudi-Arabien


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                                  Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                                    Tätigkeit: Beamter HM


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                                      Tätigkeit: Bundeskanzler
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