Dienstag, der 19. August 1980

56-1015

Dienstag, 19. August 1980

Der chinesische Botschafter Shu WANG besprach mit mir die Details
des Besuches vom chin. Außenhandelsminister Li CHIANG. Überrascht
war eine Redewendung, daß Li Chiang sich sehr freut mich wiederzu-
sehen. Da ich nur einen einzigen Außenhandelsminister 1972 kennen-
gelernt hatte, müßte er theoretisch, nachdem er sicherlich wegen der
Viererbande von der Oberfläche verschwunden war, jetzt wieder auf-
getaucht sein. MR Tschach wird versuchen über die österreichische
Botschaft dies zu klären. Noch interessanter aber war, daß der im
April 77 zu Besuch kommende Vizeaußenhandelsminister Yao Yi-Lin
jetzt stellvertretender Ministerpräsident ist und gleichzeitig
Zentralsekretär der Kommunistischen Partei Chinas. Yao Yi-Lin war
damals besonders an Schweineproduktion interessiert, weshalb MR
Tschach mit ihm im Burgenland einen Bekannten, eine sehr große, gut
geführte Schweinefarm besuchte. Dort interessierte er sich für
solche Details, daß man wußte, er muß lange in der Schweinefarm ge-
arbeitet haben. Während der Viererbande hat er sicherlich irgendwo
als Schweinefütterer gearbeitet. Li Chiang wird mit Gattin kommen,
ebenfalls etwas ganz Ungewöhnliches, und weitere 6 Mitglieder. Vom
4.–11. November wird er nicht nur in Wien, sondern sicherlich auch
einige Städte bereisen. Der Botschafter wird noch Details mit ihm
besprechen, bevor er uns dies bestätigt. Auf alle Fälle wird ersucht,
wir sollten lange Mittagspausen lassen und nicht so große Reisen
vorsehen, da er, aus der Schweiz kommend, schon ein älterer Herr
ist. Unbedingt müssen wir ihn nach Linz zur VÖEST Alpine bringen.
Außerdem werden sicherlich andere Firmen brennendst daran interes-
siert sein, mit ihm und seinen Leiten in Kontakt zu kommen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nächstes Jour fixe HK setzen.

Staatssekretär Beil informierte mich, daß bei der Leipziger Messe
wieder große Konsumgüterverträge abgeschlossen werden. Er kommt am
18./19. September nach Wien, um das Abkommen zu paraphieren, welches
bei Honeckers Staatsbesuch dann unterfertigt werden soll. Über-
rascht war ich von ihm zu hören, daß SC Meisl wegen einer Nieder-
lassung der DDR-Handelsvertretung in Innsbruck Schwierigkeiten
sieht.



56-1016

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ich will sofort nach Rückkehr Meisl mit
ihm darüber sprechen.

GD Schlucker von der STUAG intervenierte ebenfalls wegen des
Karawankentunnels. Der GD der Karawankengesellschaft in Laibach,
Lenkus, hätte ihm erklärt, daß sehr wohl österreichische Firmen
dafür infrage kommen und nicht nur die Ilbau. Für mich ist aber
klar, daß Ilbau dank seiner Lage in Kärnten und vor allem wahr-
scheinlich mit dem letter of intent kaum mehr bei diesem Projekt
leicht gezwungen werden kann, eine andere österreichische Firma
dazuzunehmen. Die einzige Möglichkeit besteht, daß entweder der
Finanzminister dann die Finanzierung verweigert, daß heißt die
österreichische Kontrollbank der Ilbau nicht garantiert, oder
der Bautenminister mit anderen Mitteln Ilbau dazu zwingt. Ich er-
klärte einmal mehr, ich mische mich prinzipiell nicht ein, wer in
Österreich dann den entsprechenden Zuschlag bekommen, sondern für
mich ist immer nur entscheidend, ausländische Aufträge nach Öster-
reich zu bekommen.

Schlucker meinte auch, daß es viele deutsche Firmen in Österreich
gibt, wie STRABAG, Baresel, Beton Monier, die man nicht als reine
österreichische Firmen bezeichnen kann. Bekommen solche Firmen ei-
nen Zuschlag, dann können sie Geräte im Zollvormerk einführen,
kostengünstig gut nützen, Spezialisten von ihren deutschen Mutter-
häusern werden in Österreich nicht abgerechnet, sondern eben als
Leihgabe ebenfalls zur Verfügung gestellt, wodurch alle diese Vor-
teile bei harten Konkurrenzofferten diesen von Schlucker als aus-
ländische Firmen bezeichneten österreichische Niederlassungsfirmen
entsprechende Vorteile gibt. Vielleicht wird im Zuge des AKH-Skandals
das ganze Ausschreibungssystem in Österreich geändert werden. Dieses
Problem allerdings wird kaum gelöst werden können. Die Fa. Strabag,
die z.B. jetzt bei der Kelag, wie ich in Kärnten feststellen konnte,
die ganzen Dammarbeiten macht und äußerst günstig offeriert hat,
betrachtet sich als eine ausschließlich österreichische Gesellschaft,
allerdings mit deutschen Kapitaleignern.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND MARSCH: Bitte in die Überlegungen wegen
der Bauproblematik einbeziehen.



56-1017

Eine Fa. Mollner wollte in der Welser Messe schon jahrelang einen
Stand bekommen. Es handelt sich um eine kleinere Werkzeugfirma
aller Art aus Wien und ich versuche zu intervenieren.

ANMERKUNG FÜR SCHWOIGER: Bitte mit Sekretär der Messe Prummer, ver-
binden.

Eine Aussprache mit MR Würzl wegen des neuen 10-jährigen Fremden-
verkehrsförderungsprogrammes hat mich sehr überrascht. Als die
Idee eines neuen Förderungsprogrammes auftauchte, das alte haben
wir vorzeitig erfüllt, habe ich, wie es mein Prinzip sein 1980 ist,
von MR Würzl verlangt, daß immer alle Details mit dem Finanzmini-
sterium abgesprochen werden müssen. Ich habe als selbstverständlich
angenommen, daß diese Absprachen aktenmäßig festgehalten sind,
nachdem MR Würzl mir mitteilte, daß der zuständige MR für das
Handelsministerium im Finanzministerium damit einverstanden ist.
Zu meiner größten Verwunderung hat Würzl nun erklärt, er hätte
wohl alles mit dem Finanzministerium abgesprochen und im Prinzip
die Zustimmung erhalten, über die Details müßte man natürlich noch
reden, dies aber nicht schriftlich mit dem Finanzministerium akten-
mäßig festgehalten. Bei einem Betrag von 8,2 Mrd. S erscheint mir
diese Vorgangsweise als unmöglich. Dies habe ich auch mit aller
Deutlichkeit dem MR Würzl gesagt. Aufgekommen ist die ganze Ange-
legenheit, weil mir Finanzminister Androsch jetzt einen Brief ge-
schrieben hat, worin er festhält, daß die Vorlage des 10-Jahres-
förderungsprogrammes beim Fremdenverkehrstag für ihn keine Bindung
beinhalten kann. Dieser Vorschlag hat noch keine Befassung des
BM f. Finanzen gefunden, die vorgesehenen Mittel kann er nur dann
zur Verfügung stellen, wenn die Budgetlage dies ermöglicht. Gegen
den letzteren Punkt habe ich nichts einzuwenden. Verärgert war ich
nur, daß das Finanzministerium jetzt behaupten kann, es sei noch
nicht damit befaßt worden. Die Ausrede von MR Würzl, bei einer
Regierungsklausur hätte ich das Fremdenverkehrskonzept ja vorgelegt
und der Sekretär Sellner vom Finanzministerium, mit dem er auch ge-
sprochen hat, gibt zu, daß man damals die Unterlagen zwar bekommen
hat, sie nicht studiert, daher keine Bemerkung dazu gemacht hat,
womit für Würzl darin eine Zustimmung besteht, teile ich nicht. Ich
nehme auch oft viel an Unterlagenmaterial von der Regierungsklausur
mit und betrachte keinesfalls, daß ich die ganzen Unterlagen, die
dort vorliegen, dann im Detail schon akzeptiert habe. Dies wäre


56-1018
technisch gar nicht möglich, denn allein zum Lesen, vom Studieren
ganz zu schweigen, dieser Unterlagen braucht man länger, als die
Regierungsklausur meistens dauert. Ich überfliege zwar die Unter-
lagen dort, der Finanzminister hat sicherlich nicht einmal das ge-
macht. Ich kann mich flüchtig daran erinnern, daß ich auch einige
Worte darüber berichtete. Dies aber als Ausrede von Würzl benutzt,
akzeptiere ich nicht. Er hätte müssen aktenmäßig, wie dies auch
beim ersten 10-Jahresfremdenverkehrsprogramm geschehen ist, mit
dem Finanzministerium dieses Problem bis in die Details besprechen,
bevor er mir grünes Licht gegeben hat. Würzl wird nun aufgrund
seiner Unterlagen eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung lie-
fern. Erst dann können wir auf den Brief des Finanzminister ant-
worten.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND BURIAN: Bitte vorsichtigt klären, was die
Budgetabteilung im Handelsministerium davon weiß.

Mit Staatssekretär Albrecht und Sekt.Chef Kazda besprach ich das
Problem der Überstunden. Bei der letzten Sektionsleitersitzung hat
Kazda sowohl die Überziehung der Auslandsreisen als auch der Über-
stunden kritisiert. Bezüglich der Begleitung von Albrecht bei aus-
ländischen Messebesuchen werden wir in jedem Einzelfall überlegen,
wie diese durchgeführt wird und ob eine Begleitung notwendig ist.
Bezüglich der Überstunden hat Kazda versprochen, er wird versuchen
auf der einen Seite einen gerechten Ausgleich zu finden und auf
der anderen Seite aber doch mit dem Budgetansatz auszukommen. Ein
Überschreiten lehne ich ganz entschieden ab. Die Hauptschwierigkeit
besteht darin, daß gewisse Leute verhältnismäßig gute Überstunden-
pauschalen bekommen und kaum Überstunden machen, auf der anderen
Seite es aber neu aufgenommene gibt, die sehr wohl Überstunden ma-
chen und dafür jetzt ein Pauschale wünschen. Pauschale können aber
nur dann gegeben werden, wenn tatsächlich die notwendigen Mittel
dafür zur Verfügung stehen. Ansonsten muß es meiner Meinung nach
bei Einzelanordnungen der Überstunden bleiben. Dadurch hat der
verantwortliche Sektionsleiter es in der Hand, sich im Rahmen der
Ansätze zu bewegen. Wenn erst einmal ein Pauschale fixiert ist,
muß dann dieses unter allen Umständen bezahlt und letzten Endes auch
vom Finanzministerium genehmigt werden, selbst wenn die Budgetpost
schon überschritten ist. Diese Vorgangsweise lehne ich auf das


56-1019
Entschiedenste ab.

ANMERKUNG AN ALLE SEKRETÄRE: Bitte mit Kazda darauf achten, daß so
wie im Vorjahr auch heuer mit der Budgetpost das Auslangen gefunden
wird.

Die Klubsitzung der Mandatare auf der Landstraße war, genau wie ich
vermutet habe, sehr hart und sehr langwierig. Notwendig wurde sie,
weil die ÖVP eine Bezirksratssitzung jetzt in der Ferienzeit ver-
langt hat, um demagogisch, wie zu erwarten, das Verkehrsproblem zur
Sprache zu bringen. Seit der Einführung der U2 und Stillegung der
2er-Linie gibt es natürlich zahlreiche Beschwerden, insbesondere von
älteren Leuten, die früher die 2er-Linie zu Einkäufen und sonstigen
Besuchen benutzen konnten. Jetzt müssen sie entweder etliche male
umsteigen oder gar die U-Bahn benützen. Die ÖVP will nun, daß über
dieses Problem in der Bezirksvertretung diskutiert wird, obwohl sie
diesem Verkehrskonzept seinerzeit zugestimmt hat.

Nach Erledigung der Vorgangsweise unserer Bezirksräte wurde dann
von mir selbstverständlich über die wirtschaftliche und politische
Situation berichtet, über die wirtschaftliche ganz kurz, über die
politische und personelle umso länger. Die Diskussion erstreckte
sich auch nur auf die letzteren Fragen. Unsere Funktionäre sind
erschüttert, die moralische Krise, in der wir uns befinden ist
nicht zu leugnen. Mit Recht sagt man von mir, wie soll man dieses
Verhalten dem kleinen Funktionär erklären, diese Manager und Macher
hätten keine sozialistische Moral und bringen unsere Partei um.
Dazu kam dann noch das Chile-Panzergeschäft. Da unser Sektionslei-
ter Wolfi gleichzeitig Betriebsrat der Steyr-Daimler-Puch ist,
krachten auch hier die Meinungen ganz hart aufeinander. Da ich mit
unseren Genossen nicht nur einen sehr guten Kontakt habe, sondern
immer sehr freimütig und offen diskutiere, habe ich den Eindruck
zumindestens gewonnen, daß man mir glaubt, ich bin genau so verzwei-
felt wie sie. Einen klaren Ausweg konnte ich aber leider auch nicht
vorschlagen. Ich bin allerdings fest überzeugt, daß in kürzester
Zeit eine Lösung erfolgen wird müssen. Der jetzige Zustand unserer
Partei kann so beim besten Willen nicht bleiben. Hier würde wirklich
von den kleinen Funktionären der Druck zu einer Entscheidung so
groß werden, daß man oben dem auf alle Fälle Rechnung tragen muß.



56-1020

Ich erinnerte mich an das Sprichwort "Besser ein Ende mit Schrecken
als ein Schrecken ohne Ende".

56_1014_01

Tagesprogramm, 19.8.1980

56_1014_02

hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Leiter v. Staribachers SPÖ-Sektion, BR Steyr-Daimler-Puch


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Sts. HM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Sekr. FM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: GD Fa. Stuag


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Beamter HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Finanzminister
              GND ID: 118503049


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: chin. Botschafter


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: GD Karawankengesellschaft Laibach; Falschschreibung?


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: MR HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Sekt.R HM


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Sekr. HM? Falschschreibung?


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Sekr. Welser Messe


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: 1. Sekr. d. ZK d. DDR


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: chin. Außenhandelsminister


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: stv. Außenhandelsmin. VR China


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: HM


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: -min.


                                        Einträge mit Erwähnung: