Montag, 18. August 1980
Dir. Pöchhacker von der Fa. PORR fragt mich über meine Möglichkeit
wegen des Karawankentunnels, Südbaulos, bei Sekanina zu intervenieren.
Der Nordteil in Österreich zu vergeben ist wesentlich billiger zu-
geschlagen worden als der Südteil jetzt von den Jugoslawen. Zu
einem Fixpreis von 2,2 Mrd. hat die Ilbau aus Kärnten die Hälfte
davon bekommen. Die zweite Hälfte sind jugoslawische Firmen. Die
Ilbau besitzt einen letter of intent mit 1,1 Mrd. S. Sie braucht
dafür jetzt die Zusage der österreichischen Kontrollbank, um die
Finanzierung sicherstellen zu können. Dieses Baulos ist wesentlich
überhöht, weshalb auch andere österreichische Firmen daran teilnehmen
würden, da Ilbau viel zu klein ist, um dieses Baulos allein abwickeln
zu können. Ich erkläre sofort, daß wenn es sich um einen überhöhten
Zuschlag handelt, Ilbau gar keine Schwierigkeiten haben wird, Sub-
unternehmer zu finden, die dann noch immer mit günstigen Preisen
die Abwicklung durchführen werden. Eine sofortige telefonische Inter-
vention bei Bautenminister Sekanina ergab, daß er dieses Problem
kennt und verlangt hat, daß die nächste Gemischte Kommission am
15. September dieses Problem neuerdings bearbeitet. Die Gemischte
Kommission bestehend aus österreichischen und jugoslawischen Beamten
hat das letzte mal schon keinen Beschluß über die Finanzierungsvor-
schläge machen können, weil die Österreicher andere Vorstellungen
als die Jugoslawen haben.
Sekanina ist überhaupt, wie er mir telefonisch sofort mitteilte,
wegen der Autobahnbauten äußerst unglücklich. Der Finanzminister
kann, er meint will, ihm nicht entsprechende zusätzliche Mittel
außer der Mineralölsteuer geben und verweist alle Projekte auf diese
Mineralölsteuer. Insbesondere durch die letzte 30-Groschen-Erhöhung,
meint er, könne alles gedeckt werden. Für den Anschluß der Autobahn
Nord von Niederösterreich nach Wien bräuchte Sekanina aber 400 bis
800 Mio S, selbst wenn er jetzt noch so viel bei anderen Autobahn-
bauten kürzt, Tatsache ist, daß der Westen mit 82 % ausgebaut ist
und der Osten nur 37 % hat. Er möchte neben des speziellen Wunsches
von Bundeskanzler Kreisky, die Mur-Mürz-Furche mit Schnellstraßen
ausbauen, so schnell als möglich die Südautobahn beenden.
Über die Trassenführung Wechsel erklärt mir dann Pöchhacker, daß
anstelle der vorgesehenen 6 km Talübergänge 600 m Talübergänge ge-
nügen würden, wenn die Trasse, die die PORR ausgearbeitet hat, zum
Tragen kommt. Er fürchtet, es wird genau das selbe geschehen, wie
im Liesertal, dort wären auch 500 Mio S zu ersparen gewesen, wenn
man die Autobahn um 50 m tiefer gemacht hätte, was ohne weiteres
gegangen wäre. Durch die hohe Autobahnführung am Berghang der
Lieser mußten besonders hohe Brücken gebaut werden. Dadurch ist diese
Autobahn sehr teuer zu stehen gekommen. Dieses von der PORR-UNIVER-
SALE und sonstigen Arbeitsgemeinschaften vorgelegte kostengünstigere
Projekt wurde von den Kärntnern, insbes. LH-Stv. Knafl abgelehnt.
Dieser fürchtete, daß damit die Kärntner Firma Soravia, welche die
Brückenbauten begonnen hatte, ansonsten beschäftigungslos wird.
Für die Fa. Soravia hat es trotzdem nichts genützt, sie ist in der
Zwischenzeit in Konkurs gegangen. MR Hintze vom Rechnungshof, der
als korrekter Beamter von Pöchhacker mir geschildert wird, hat ver-
zweifelt versucht, die Bautenministerien- und Finanzministerienbe-
amten von dieser kostengünstigeren Variante zu überzeugen. Die Beamten
schalten aber stur auf die im Autobahnausbau festgelegten Richt-
linien, wodurch oft wesentlich teurere Varianten zum Zuge kommen.
Geringfügige Änderungen der Richtlinien sollten vom Bautenministe-
rium erwogen werden. MR Hintze kann sich scheinbar nicht überall
durchsetzen, weshalb auch als Verärgerung festgestellt hat, daß es
im Rechnungshof unter Kandutsch einen Maulkorberlaß gegeben hat,
wonach Anzeigen verboten sind. Die drei führenden Genossen in Bau-
unternehmungen, Pöchhacker, PORR, Salzmann, UNIVERSALE, Prader, TEERAG-
ASDAG, versuchen den Bautenminister Sekanina in seiner schweren
Arbeit entsprechend zu unterstützen. Ich überlege mir, ob wir
nicht gelegentlich, wenn es sich um Gesamtbaufragen und nicht um
Zuschläge für einzelne Projekte handeln soll, die Bauindustrie als
Teil der Industriepolitik auch stärker heranzuziehen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND MARSCH: Bitte mit mir dieses Problem be-
sprechen.
Andrerseits bin ich sehr froh, daß ich mit konkreten Bauten, wie
jetzt z.B. beim AKH, überhaupt nichts zu tun habe. Androsch hat
zwei oder drei mal mich zu einem Baugipfel, der zweimal im Jahr bei
ihm mit dem Bautenminister stattfindet, zugezogen, in der letzten
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Zeit aber darauf verzichtet. Da ich mich prinzipiell zu nichts
dränge, bin ich jetzt auch mit dem AKH-Skandal und anderen Problemen
nicht berührt. Die Usancen der Bauindustrie sind mir insbes. bei
Auslandsaufträgen bekannt. Dort bekenne ich mich aber auch voll und
ganz, daß es leider zu üblichen Geschäftsanspannungsspesen , sprich
in Wirklichkeit nichts anderes als Bestechungen kommen muß, um über-
haupt den Zuschlag zu erhalten. Die Größenordnungen dieser usancen-
mäßigen, für den Einzelnen natürlich beträchtlichen Geschenke be-
wegen sich in einer Promillegrenze des Umsatzes. Anders, gibt
Pöchhacker sofort zu, ist die Frage bei Bauzuschlägen, wo es zu kei-
ner Ausschreibung kommt, weil die Bauunternehmung den Grund mit
zur Verfügung stellt. Dort wird über den Grundpreis entsprechend
das große Geschäft gemacht. Da ja nur auf diesem Grund das Bauwerk
entstehen kann, hat der Anbieter eine Monopolstellung. Die Folge
davon sind oft ungeheuer überhöhte Preise. Dies liegt aber bei allen
Baufirmen so, insbes. auch bei neuen Reformbau und Konstruktiva. Ich
werfe sofort der PORR AG vor, daß sie bei den großen Bauvorhaben
für das neue Zentralgebäude der Verbundgesellschaft ebenso gehandelt
hat. Dort hat man mir hintertragen , daß für den ÖAAB ein Millionen-
betrag wäre abgezweigt worden. Pöchhacker hat von diesem Gerücht
auch in seiner Baufirma gehört, war damit aber unmittelbar nicht
befaßt. Ich erklärte ihm sofort, die einzige Reaktion, die ich
damals jedermann sagte, ist, daß ich mich gegen diesen Bau mit allen
Mitteln ausspreche, auch dann, wenn er auf der Landstraße aufgeführt
werden sollte und auch dann, wenn der Betriebsrat natürlich bei mir
intervenierte, warum ich mich gegen diese notwendige Verbesserung
der Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten stelle.
Pöchhacker ersuchte auch, ich sollte bei den Sowjets intervenieren.
Diese brauchen für die Baikal-Amur-Magistrale, die neue große Eisen-
bahn, die ungeheure Tunnelbauten hat, daß österreichischen Exper-
ten jetzt einmal zugezogen werden. Bei dem Tunnelbau gibt es
Schwierigkeiten. Die Sowjets würden dies nie eingestehen, doch können
mit Hilfe von Experten jetzt entsprechende Vorträge, Seminare usw.
gehalten werden, wodurch dann österreichische Baufirmen auch zum
Zug kommen können. Zuständig dafür ist zwar das Transportbaumini-
sterium, doch meint Pöchhacker, eine Intervention bei Patolitschew,
der jetzt im September kommt, wäre zweckmäßig.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Pöchhacker wird mir ein diesbezügliches
Schreiben schicken.
Der Zentralbetriebsratsobmann Doucha interveniert für einen
bekannten Spenglermeister Seebacher. Dieser hat schon scheinbar
mehrere Vorstrafen, u.a. jetzt wegen Versicherungsbetrug 20 Monate
bekommen. Doucha meint, er hätte jetzt den Eindruck, daß Seebacher
geläutert ist und in Hinkunft jetzt anständig verhalten wird.
Die Landesregierung hat ihm aber jetzt den Gewerbeschein entzogen.
Die Berufung liegt im Handelsministerium. Er beschäftigt nicht nur
7 Lehrlinge, sondern auch Taubstumme, was seine soziale Einstellung
zeigt. Ich verspreche ihm, nur den Akt mir vorlegen zu lassen und
insbesondere dann mit SC Jagoda, der nicht nur ein ausgesprochener
Fachmann, sondern auch ein sehr sozial empfindender Mensch ist,
zu sprechen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN UND JAGODA: Bitte, wie sollen wir diesen Fall
wirklich behandeln.
Im Pressefrühstück stellen Prof. Mittag und der Sekretär des Fach-
verbandes Werbung, Mirtl, das neue Pickerl "Bitte kein Reklame-
material" vor. Albrecht, die dieses Pressefrühstück präsentiert,
schaltet sich selbstverständlich auch bei diesem ihrem ersten großen
Erfolg mit entsprechenden Wortmeldungen ein. Noch niemals habe ich
sie so energisch gesehen. Sie sagt mir auch nachher, daß sie sehr
froh ist, daß jetzt dieses Problem positiv gelöst wurde. Die ge-
werblichen Werbemittelverteiler bringen pro Jahr 400 Mio. Stück an
die österreichischen Haushalte durch Zettelverteiler heran, 50
Mio. davon allein der Konsum. Die Diskussion, was geschieht, wenn
Zettelverteiler sich nicht daran halten, ist insoferne müßig, weil
man ja sofort feststellen kann, wer der Betreffende war, der diese
Aufforderung mißachtet hat. In diesem Fall wird das Handelsministe-
rium sofort intervenieren. Ich bin sehr froh, daß jetzt diese
Aktion positiv mit einem guten Kompromiß abgeschlossen werden
konnte. Dadurch hat Albrecht das Erfolgserlebnis und ganz besonders
aber gegenüber manchen ihrer Kritiker und linken Frauen den Beweis,
daß man mit Härte und trotzdem beweglicher Verhandlungsführung mehr
erreichen kann, als wenn man sofort ein Verbotsgesetz vom National-
rat mit unserer Mehrheit hätte beschließen lassen. Jetzt spielt die
Handelskammer mit, jetzt muß die Handelskammer dafür sorgen, daß
die Durchführung auch klappt. Ein Verbotsgesetz kann noch immer
erlassen werden, wenn tatsächlich diese Vereinbarung nicht halten
sollte.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Laß Dich bitte ständig über die Details
informieren und schalte auch die Frauengremien zur Kontrolle ein.
Dr. Koppe, VKI, berichtete über die Unzulänglichkeiten der Adressen-
büros und Realitätenbüros, also Wohnungsmakler und Wohnungsvermittler.
Die vorgesehenen Schlichtungsstellen arbeiten zwar, aber immer
wieder kommt es zu Durchstechereien. Hauptsächlich sind die Fälle,
die er aufzählt, Firmen, die gar nicht die entsprechenden Gewerbe-
berechtigungen haben. Koppe macht entsprechende Vorschläge, ich
erkläre sofort, daß wir alle diese genau prüfen werden. Leider ist
Sekt.Chef Jagoda derzeit auf Urlaub, sonst hätte er sicherlich auch
bei der Pressekonferenz entsprechende Antworten und Verbesserungs-
vorschläge gewußt. Prof. Mittag hat mir zugeflüstert, es wäre jetzt
auch vom Standpunkt der Werbewirtschaft schon dringendst notwendig,
eine Gewerbeordnungsnovelle vorzubereiten. Die freien Gewerbe müßten
entsprechend eingeschränkt werden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN UND JAGODA: Bitte mit Staatssekretär Albrecht
und mir ein Gespräch führen.
Ich berichtete in der Pressekonferenz über die Osttiroler Reise
wegen des Großkraftwerkes. Zu Wort habe ich mich aber hauptsächlich
gemeldet, um bei dieser Gelegenheit gleich auf die andere Energie-
frage, die GD Ebeling von Mobil im Samstagsjournal angeschnitten
hat, sprechen zu können . Dort hat er behauptet, daß es kein ordnungs-
gemäßes Verfahren bei der Benzinpreisfestsetzung gibt. Dies konnte
ich, obwohl er mich persönlich gar nicht attackiert hat, am Amt
nicht sitzen lassen. Ich habe daher mit aller Entschiedenheit
diese Behauptung zurückgewiesen und anhand der Erfahrungen und
Ziffern gesagt, wie sehr wohl nicht nur ein ordnungsgemäßes Ver-
fahren abgewickelt wurde, sondern auch letzten Endes der Benzinpreis
richtig festgesetzt wurde. Eine Benzinpreissenkung, wie in der
Schweiz und Deutschland, sehe ich allerdings derzeit kaum, weil wir
eben eine amtliche Preisregelung haben, die niemals die gewünschten
Preise der Erdölwirtschaft fixiert, dann aber den tieferen Preis
auf längere Zeit hält. Derzeit ist die Preissenkung insbes. in der
Schweiz von einem so hohen Preis erfolgt, daß der Preis noch immer
über dem österreichischen Preis liegt. In Deutschland liegt er
allerdings jetzt schon darunter. Mir ging es bei dieser von mir
sonst nicht üblichen Debatte, wo der Angreifer nicht anwesend ist,
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aber primär darum, festzustellen, daß das Haus sehr wohl ein
ordnungsgemäßes Verfahren abwickelt. Ich war sehr überrascht im
nachhinein von einem Teilnehmer der Sitzung unter 4 Augen zu er-
fahren, daß Dr. Neuhold, der das Vorprüfungsverfahren führt, angeb-
lich auch erklärt, daß es sich um kein ordnungsgemäß abgewickeltes
Verfahren handelt. Sollte dies zutreffen, hat GD Ebeling womöglich
aufgrund dieser Aussage seine Behauptung aufgestellt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte den Fall äußerst vorsichtig recher-
chieren.
Tagesprogramm, 18.8.1980