Montag, 4. August, bis Dienstag, 12. August 1980
Die Besichtigung der Kölnbreinsperre wäre bald verhängnisvoll
geendet. Die Staumauer hat sich um 6 mm gesenkt, bei einer Höhe
von 200 m unbedeutend, wenn nicht der Grund so gut wäre, daß
sich durch die Schwankungen der Mauer ein Riß in den mittleren
Betonfeldern ergeben hätte. Dadurch kann Wasser durchdringen,
240 Sekundenliter, vom Standpunkt des Wasserverlustes unbedeutend.
Optimisten behaupten, früher hätte man gar nicht diese Messungen
durchgeführt und wäre wahrscheinlich gar nicht draufgekommen.
Jetzt muß, und das verlangt die Staubeckenkommission und ich be-
trachte das auch als dringendst notwendig, die Dichtungsstelle
saniert werden. Darüber gibt es verschiedene Projekte in der
Staubeckenkommission diskutiert werden. Der Baudirektor TKW,
Tauernkraftwerke, Wittmann, der bis jetzt alle Speicher gebaut
hat, erörterte in einem Vortrag die Entstehung. Als einzig große
Gewölbemauer hat nur Kops in Vorarlberg diese Schwierigkeiten
nicht, Schlegeis im Zillertal und jetzt Kölnbrein im Maltatal
haben beide mit Wasserverlusten zu kämpfen. Die Sanierung hat der
ÖDK-Betriebsdirektor Baustädter auf 60 bis 100 Mio. S minimalst
geschätzt, alle anderen schätzen wesentlich mehr. Der Energiever-
lust, wenn die Staubeckenkommission nicht einen Vollstau zuläßt,
beträgt ca. 450 Mio. S. Derzeit werden 2 Systeme versucht: In Bohr-
löchern in der Mauer wird Gefrierflüssigkeit durchgeleitet, wo-
durch die Wassermengen sofort gefrieren. In einem zweiten Teil
der Wand wird eine chemische Flüssigkeit in die Bohrlöcher einge-
pumpt und dort bläht sich diese Flüssigkeit auf, erhärtet und
dichtet so ab. Bis jetzt ist es gelungen, die Wasserdurchlässig-
keit auf 1/3 zu reduzieren. Die am nächsten Tag tagende Stau-
beckenkommission hat deshalb sofort eine weitere Stauerhöhung
zugelassen. Dir. Gmeinhart ist der Meinung, und diese Meinung
teile ich auch, daß solange keine Gefahr besteht, und davon ist
natürlich derzeit überhaupt keine Rede, man zuwarten soll, expe-
rimentieren, welche Dichtungsmöglichkeiten bestehen, den Fels
und die Mauer genau beobachten und dann versuchen, die richtige
Lösung zu finden. In der Staubeckenkommission werden 3 Varianten
derzeit beraten, von denen wahrscheinlich keine die tatsächliche
Lösung bringen wird. Auf alle Fälle wird die Sanierung der Mauer
etliche hundert Mio. S endgültig kosten, eine Ausgabe, mit der nie-
mand gerechnet hat.
Bei der Besichtigung der Gefriereinrichtungen am Fuße der Stau-
mauer und insbes. dann in die Felder, wo die chemische Flüssig-
keit eingepumpt wird, wurden Arbeiten vorgenommen, die Aufstiegs-
raster waren daher nicht fest montiert, sondern nur draufgelegt.
Eine Unachtsamkeit löste aus, daß alle auf uns runtergeflogen sind
und wir natürlich, hätten wir uns nicht festgehalten, mit diesen
Eisenrastern dann ebenfalls runtergerasselt wären. Dir. Hautzenberg
wurde am Finger leicht angekratzt, mir ist zur größten Überraschung
von allen, da ich mich immer als alter Bergsteiger fest fixiere
und daher an dem Geländer angehalten habe, gar nichts passiert.
Die Situation mag von unten ganz schrecklich ausgesehen haben,
denn alle waren furchtbar bleich.
Auch die Schlegeissperre im Kraftwerk Zillertal der TKW hat ein
ähnliches Problem. Dort hat die Mauer gehalten, aber zwischen
Mauer und Untergrund ist auch eine undurchlässige Stelle. Dort
versucht man jetzt eine 6 m tiefe Spintmaunt zu bohren und mit
einer Plastikmasse zu füllen. Die Schwierigkeit war genau wie
in Malta, Kölnbreinsperre, daß zuerst das richtige Material ge-
funden werden mußte. Polyurethan, wie es in Kölnbrein zur Anwen-
dung kommt, dort also injiziert wird, ist unzweckmäßig. In Schleg-
eis soll ein 6 m tiefer Dichtungskern eingebracht werden. Die
Schwierigkeit liegt nur diesen Schlitz zu bohren resp. zu fräsen.
Ich bewundere immer mehr, wie Gmeinhart sich in alle diese techn.
Details einarbeitet, das bestens explizieren kann und vor allem
scheinbar immer wieder neue Ideen hat. Die ganze Sache ist des-
halb so unangenehm, weil die Verbindung zwischen Mauer und Fels
scheinbar statisch noch nicht gelöst ist. Auch hier wird immer
versucht in Grenzbereiche vorzustoßen und es nachher zur Sanie-
rung großer Mittel bedarf. Die Schlegeissperre konnte ich wegen
meiner Erkrankung nicht besuchen, da ich die Besichtigung vorzei-
tig abbrechen mußte. Die Bauleute haben Gmeinhart versichert,
daß bis zum Jahre 82 alles ok ist. Er glaubt nicht daran und
erklärt, dann wird er zu dem Zeitpunkt, wenn die Bauleute es
bestimmen, nackt in den Schlegeisspeicher reinspringen, falls die-
ser Fertigungstermin tatsächlich eingehalten wird.
Die Besichtigung der Speicherbauten der Landesgesellschaft KELAG,
zu der diese Gesellschaft auch den Generaldirektor Grünwald von
der ÖIAG und andere eingeladen hatte, gab mir Gelegenheit die
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Fortschritte, die man dort erzielt hat, im Laufe der letzten Jahre
persönlich festzustellen. Der neue Dir. Hofstätter, der die
KELAG heute kommerziell ganz anders führt, als dies früher der
Fall gewesen ist, ist heute imstande die großen Speicherkraft-
werke im Vrgant entsprechend auszubauen. Die KELAG allerdings
schwört nur auf Dämme und baut keine Gewölbemauern. Allerdings
geht es dort auch um wesentlich kleinere Kraftwerke, 310 MW bei
2 1/2 Mrd. Investitionen und 60 Beschäftigten kennzeichnet schon
die Größenordnung gegenüber den Draukraftwerken in Malta, 1000 MW,
10 Mrd. Investition, oder den Tauernkraftwerken im Zillertal,
Zillergründl 5 Mrd. allein. Auf alle Fälle zeigt sich, daß zum Unter-
schied Reißeck-Kreuzeck, wo die KELAG angefangen hat und dann
steckengeblieben ist, froh sein mußte, daß die Draukraftwerke
alles übernommen haben, jetzt solche Kraftwerke selbst bauen kann
und auch den dort erzeugten Spitzenstrom für sich selbst be-
nötigt. Die Landesgesellschaften sind dank der Strompreispolitik
des letzten Jahrzehnts finanziell sehr gestärkt und können sich
daher solche große Ausbauprojekte leisten.
Die größten Experimente auf diesem Gebiet macht die TIWAG. Ihr
ist es gelungen durch ihre jahrzehntelange Tradition aus der
ersten Republik heraus und dank der sturen Haltung ihrer Landes-
hauptleute in der Vergangenheit die im Verstaatlichungsgesetz vor-
gesehenen Ausbauten der Sondergesellschaften resp. der Verbund
weitestgehend zurückzudrängen. Bei jedem neuen Projekt mußte
schwer mit den Landesorganen verhandelt werden und immer wieder
ist es den Tirolern geglückt Sonderregelungen für sich selbst
herauszuholen. Dies gilt für das Kaunerkraftwerk als auch jetzt
für Sellrain-Silz, um nur zwei typische Beispiele zu nennen. Da
die TIWAG natürlich nicht diese Kapitalkraft hat, um so große
Projekte finanzieren zu können, hat es mit den Deutschen entspre-
chende Verträge abgeschlossen, Finanzierung durch eine deutsche
Gruppe, Austausch dann von Spitzenstrom gegen Grundlast, gesamt-
wirtschaftlich gesehen also ein vollkommen richtiges Vorgehen.
Dasselbe hofft LH Wallnöfer auch jetzt bei dem Osttiroler Kraft-
werk mir abtrotzen zu können. Er war vor längerer Zeit einen
Tag in Osttirol und hat sich die Kraftwerksstufen persönlich an-
gesehen. Da die Osttiroler im Herbst ihre Wahlen wiederholen müs-
sen, der Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof hat sie aufge-
hoben, wollte er damit sicherlich auch neuerdings dokumentieren,
wie sehr er sich um Osttirol kümmert. Den einzigen Fehler, den er
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gemacht hat, er hat den Vertreter des österreichischen National-
parkes Oberforstrat Dipl.Ing. Draxl nicht eingeladen, obwohl er
diesen Tiroler Bauernbuben als Sekretär in die Nationalparkkommis-
sion entsendet hat. Selbstverständlich hat er auch mit dem Na-
turschützer und Lehrer aus Osttirol Dr. Retter, der sich gegen
diese Projekte in Osttirol ganz entschieden ausspricht, keinen
Kontakt aufgenommen. Er verhandelte nur mit den Gemeinden, die
ihm natürlich alle sagten, sie stehen hinter ihm, er müsse die
50 % Anteil unbedingt bekommen, Wien, sprich Staribacher, muß ja
nachgeben, man soll nur so schnell als möglich zu bauen beginnen.
Die Gemeinden warten schon auf das Geld, das dann die E-Wirtschaft
den Talschaften geben wird. Sie brauchen dieses Geld dringend,
weil sie ihre Fremdenverkehrsprojekte damit finanzieren wollen
und vor allem soll der Bund jetzt einmal etwas für Osttirol
machen.
Bei meinem Besuch, den die Studiengesellschaft schlecht organisiert
hat und wo ich dann doch mit den Gemeindevertretungen, manchmal
dem ganzen Gemeindevorstand verhandelt habe, ergab sich daher
für mich eine ungünstige Ausgangslage. Diese Leute wollten Zusi-
cherungen, die ich nicht geben konnte, aber auch nicht geben wollte.
Ich hatte meinen Standpunkt bereits vor 4 Jahren, als ich das
erste mal offiziell von der Studiengesellschaft dorthin eingeladen
wurde, alle Gemeinden besuchte und mit allen Gemeindevertretern
Verhandlungen geführt hatte, klar und deutlich ausgedrückt. Na-
türlich wird die E-Gesellschaft, wenn sie fast 10 Mrd. S dort
investieren wird, für dieses Gebiet einen beträchtlichen wirtschaft-
lichen Aufschwung einleiten. Natürlich werden die dort ansässigen
Betriebe und Bevölkerung, Arbeiter und Angestellte beschäftigt
werden. Voraussetzung aber, daß dieser Wirtschaftsaufschwung in
Osttirol kommt, ist, daß die Wassermengen eine Einigung erzielt
wird, die das Kraftwerk überhaupt erst rechnen lassen. Derzeit
sind die Bestrebungen von der Nationalparkkommission Innergschlöß
überhaupt unverändert, die Wassermengen dort sinnlos runterrinnen
zu lassen und vor allem im Umbaltal so viel Restwasser zu geben,
daß wahrscheinlich von dem Drittel Wassermenge, die aus diesen
beiden Tälern kommen, mindestens 2/3 davon nicht genutzt werden
könnten. Da ich eine fraktionelle Besichtigung beabsichtigte,
ich hatte BM Salcher dazugebeten, der leider durch eine Fußver-
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letzung nicht teilnehmen konnte, Klubobmann Fischer als Obmann
der Naturfreunde und derzeitiger Initiator des Nationalparkge-
setzes im Parlament und den Gesundheitssprecher der Sozialisten
NR. Steyrer gebeten, die Probleme an Ort und Stelle mit mir zu
besichtigen und auch zu besprechen. Wir fuhren von der Früh bis
spät abends in alle Täler, zu jeder Bachfassung, zu jedem kleinsten
Gerinne, um ja einen umfassenden Überblick zu bekommen. Das End-
ergebnis war eindeutig, das Umbaltal soll weitestgehend geschont
bleiben, dort ist der Wasserfall wirklich die große Attraktion
ähnlich den Krimmlerfällen, manche behaupten sogar schöner, und
dort muß mit entsprechenden Restwassermengen mindestens 2, wahr-
scheinlich sogar 3 m³ während der Besuchszeit dieser Naturschön-
heiten erhalten werden. Zu unserem Besuch war durch die Schmelze
und die vorangegangenen Niederschläge 10 1/2 m³ Sekunde. Die im
Projekt eingereichten Restwassermengen sind 1 m³ resp. gegebenen-
falls 1 1/2 m³. Anders sieht es im Innergschlöß aus, dort wurde
ja die ganze Landschaft durch eine Figl-Subvention schon kultiviert.
Der ehem. Bundeskanzler Figl war in Matrei in Osttirol immer Jagd-
gast und wurde dort einmal so mit Alkohol bearbeitet, daß er sich
bereit erklärt hatte Millionen für die landwirtschaftliche Sanie-
rung ins Innergschlöß zu zahlen. Die Folge davon ist ein regulier-
ter Bach, regulierte hochwertige Wiesen, die vorgesehenen Rest-
wassermengen von 1 bis 1 1/2 m³ reichen vollkommen. Dort hat aber
der Deutsche und Österreichische Alpenverein seine ganzen Akti-
vitäten aufgebaut. Es gibt einen eigenen Gletscherlehrgangweg,
den wir gegangen sind und der an einem Wasserfall vorbeiführt,
der im unteren Teil dann wegfallen würde, weil er eben durch eine
Bachfassung abgeleitet wird. Der Alpenverein hat auch im Inner-
geschlöß jetzt eine eigene Informationsstelle eingerichtet, wir
besuchten sie, sie ist sehr nett ausgestaltet, dort liegt auch
die Aktion "Rettet das Innergschlöß" zur Unterschrift auf. Selbst-
verständlich werden alle, die dort reinkommen, gerne diese Aktion
unterstützen. Im Umbaltal dagegen, dem sich Dr. Retter besonders
angenommen hat, gibt es einen Wasserlehrpfad, den auch sogar das
Handelsministerium unterstützt hat. Ich war sehr überrascht im
Prospekt als Förderer das Handelsministerium zu finden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND BURIAN: Bitte das nächste mal diese po-
sitive Tat mir unbedingt zeitgerecht mitteilen.
Natürlich gab es während der ganzen tagelangen Diskussionen immer
wieder die Frage, wer und wann wird gebaut, wie wird finanziert?
Alles ist möglich, man kann ruhig das Kraftwerk eben mit weniger
Wasser betreiben, wenn nur der Wallnöfer und der Staribacher sich
über alles einigen. Ich habe mit aller Deutlichkeit klar gemacht,
daß ich das nicht kann, das Kraftwerk muß sich rechnen, die dafür
zuständigen Organe müssen die diesbezüglichen Berechnungen an-
stellen, die Wasserrechtsbehörde muß entscheiden. Als Baugesell-
schaft kommen nur die Tauernkraftwerke infrage, die auch dann
letzten Endes das Kraftwerk betreiben werden. Die beste Lösung für
die Beteiligung Tirols ist noch immer Erhöhung des Aktienanteils
von 1 % derzeit bei den Tauernkraftwerken auf eine entsprechend
größere Höhe. 1947 wurde mit den Italienern das sogenannte Innteralpe -Projekt verhandelt, danach hätten die Tiroler 25 % bekommen,
25 % die Verbundgesellschaft und 50 % die Italiener. Den Osttirolern
ist es sehr unangenehm, wenn man sie an diese Situation erinnert.
Wenn damals Tirol mit 25 % einverstanden gewesen wäre, allerdings
sagt sie, die Parität mit der Verbundgesellschaft, die ja auch nur
25 % bekommen hätte, wäre entscheidend gewesen, dann muß es heute
möglich sein, daß man die Tiroler an den Tauernkraftwerken mit
mehr als 25 % Beteiligung gewinnen kann. Ich bin nach wie vor ein
ausgesprochener Gegner eine eigene Gesellschaft zu gründen. Die
von der TIWAG resp. von Tirol vorgelegten Vorschläge, Punktation
über den Abschluß der Verträge in Form einer Punktation, ist für
mich nicht einmal eine Diskussionsgrundlage. Was man hier der
Verbundgesellschaft zumutet ist ungeheuer. Zum Glück kann ich
heute überall erklären, daß die Auseinandersetzungen über die
Beteiligung sekundär sind, solange es nicht primär gelungen ist,
endlich mit dem Naturschutz und Nationalpark und was es sonst noch
alles gibt, ins reine zu kommen. Hier wird das Land Tirol sich
endgültig entscheiden müssen. Wie sehr die Gemeinden auf Projekte
erpicht sind, konnten wir bei der Besichtigung feststellen. In
Kals wurde die Straße zum Lucknerhaus gebaut. Alle sind zufrieden,
ein großer Aufschwung für das Gebiet. Insges. wurde bis jetzt von
der Studiengesellschaft an die 65 Mio. S investiert, die theore-
tisch verloren sind, wenn es zu diesem Kraftwerksprojekt nicht
kommt. Ich erklärte den Gemeindevertretern, daß damit die Organe
schwer belastet sind, ich aber dafür volle politische Verantwor-
tung übernehme. Rechtlich gesehen dürfte man wahrscheinlich vor
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der wasserrechtlichen Genehmigung nicht einen Schilling investie-
ren.
Gegenüber meinem offiziellen Besuch vor vier Jahren und insbes.
auch meiner Aussprache mit den Gemeindevertretern in Matrei vor
ca. 2 Jahren kann ich feststellen, daß jetzt fast alle Gemeinde-
vertreter unbedingt für dieses Kraftwerk eintreten. Je länger es
also dauert, bis es zu einem Beschluß kommt, je mehr die Gemeinden
diese Millionenbeträge, die sie erwarten und sicherlich auch be-
kommen werden, dringendst benötigen, umso mehr setzen sie sich für
dieses Kraftwerk ein. Der Landeshauptmann wird also letzten Endes
durch die Gemeinden unter einen Druck kommen, allerdings dann mit
den Gemeinden auf mich einen entsprechenden Druck ausüben. Darüber
gebe ich mich keiner Illusion hin.
Die Aussprache mit GD Fremuth, Verbund, Dir. Gmeinhart, TKW,
Satzinger und mir bezüglich der weiteren Energieausbauten ergab,
daß überall Schwierigkeiten entstehen, nicht nur bei den Wasser-
kraftwerken, sondern auch jetzt neuerdings beim Kohlekraftwerk im
Tullnerfeld. Die Gemeinde Zwentendorf, Bgm. Rabl und sein Stv.
Probst, beide Genossen, haben zuerst eine 100-%ige Rauchgasent-
schwefelung verlangt. Eine Intervention Fremuths mit Zentralse-
kretär Blecha hat dann ergeben, daß sie, als sie die Details und
Probleme geschildert bekommen haben, mit einer 50-%igen Rauchgas-
entschwefelung einverstanden sind. Fremuth hat jetzt durchgesetzt,
daß bei dem Verfahren vor der NÖ LReg. der oberste Sanitätsdirek-
tor Niederösterreichs als Sachverständiger herangezogen wird. Der
zweite Sachverständige wird von der geologischen Bundesanstalt
Prof. Reuter sein. Bei diesen beiden ist anzunehmen, daß sie zwar
die entsprechenden Schutzbestimmungen mit allem Nachdruck verlan-
gen werden, aber nicht diese extrem unerfüllbaren Forderungen, wie
manche jüngere Natur-, Umwelt- und Gesundheitsschützer usw. sichs
vorstellen. Da die poln. Kohle nur 0,9 % Schwefel hat bei 5,800
Kalorien, kann man damit rechnen, daß der Ausstoß wesentlich
durch das Kohlekraftwerk geringer sein wird, als wenn es ein Öl-
kraftwerk geworden wäre. Fremuth hat die Gemeinden, die davon in
NÖ betroffen wären, zu einem Besuch nach Deutschland eingeladen,
wo sie sich in Scholven die Entschwefelungsanlage, die erste, die
übrigens in ein Großkraftwerk eingebaut wurde, ansehen können.
Die Verbundgesellschaft hat durch die gute Wasserführung heuer
mit einem Gewinn von 1,2 Mrd. S zu rechnen. Fremuth war nicht sehr
glücklich, als ihm diese Zahl herausgerutscht ist. Tatsache ist,
daß natürlich auch die Tauernkraftwerke, die 20 % aus dem Gewinn-
pool bekommen, 240 Mio. S zur Verfügung haben werden. Da damit die
TKW, aber auch die Verbundgesellschaft das erste mal größere Kör-
perschaftssteuergewinne abführen müßte, wurde vereinbart, es sollten
sich auch die Sondergesellschaften an dem Leitungsbau beteiligen.
Die Schwachstelle unserer ganzen E-Wirtschaft, insbes. wenn wir
ein Transitland werden wollen, ist unser Leitungsbau. Die Leitung
Zell am Ziller, Kaprun könnte deshalb ohne weiters von der TKW
gebaut werden, allerdings mit entsprechender Sicherheit, daß die-
se Leitung dann natürlich der Verbund zur Disposition zur Verfügung
steht. Fremuth möchte unter allen Umständen eine Situation ver-
hindern, wie sie jetzt mit den Illkraftwerken und Deutschen exi-
stiert. Dort haben die RKW Deutschen Werke entsprechende Leitungs-
rechte und machen diese gegenüber der Verbund bis zum letzten
Beistrich geltend. Auf österreichischem Gebiet muß deshalb die
österr. Verbundgesellschaft sich ein eigenes Leitungsnetz auf-
bauen und braucht immer wieder die Zustimmung der deutschen Anteils-
eigner.
Bezüglich des weiteren Salzach-Ausbaus erklärte ich neuerdings,
daß ich über die Lösung, die Hälfte kriegt die SAFE zum Ausbauen,
die Hälfte bekommt die TKW, nicht sehr glücklich bin. Hier ent-
steht natürlich ein eigenes Schema, auf das sich die Tiroler
schwer berufen können. Die Osttiroler Kraftwerke kann man leider
nicht so aufteilen wie die Salzach 6 Stufen, die noch auszubauen
sind. Die 7. Stufe, Salzachöfen, bleibt auf alle Fälle ausge-
spart. In der Salzach entstehen aber keine neuen Gesellschaften,
ja nicht einmal eine einzige neue Gesellschaft, sondern es wird
eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes gegründet. Diese für die
Verbund akzeptable Lösung hätte bereits die SAFE, der ÖVP-Dir.
Raß akzeptiert, als der SPÖ-Dir. Kettl, vom Urlaub zurückkommend,
dann alles wieder sabotierte. Kettl hofft scheinbar, daß die Ver-
bund bereit ist, mehr nachzugeben. Hier irrt er ganz gewaltig.
Ich habe sowohl Fremuth als auch Gmeinhart mit aller Deutlichkeit
klar gemacht, daß ich bis jetzt die 50:50-Lösung noch nicht ak-
zeptiert habe. Diesen harten Standpunkt muß ich schon allein des-
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halb einnehmen, um die weiteren Verhandlungen mit Tirol nicht
zu präjudizieren. Obwohl es sich hier um eine ganz andere Kon-
struktion handelt, hat LH Wallnöfer sofort bei seinen Gesprächen
immer wieder darauf verwiesen, daß man auch den Salzburgern 50 %
angeboten hat. Ich würde bezüglich der Verhandlungen über den
Ausbau von Wasserkräften in den Bundesländern wesentlich härte-
ren Standpunkt einnehmen, wenn ich nicht genau wüßte, daß wir dann
bei der Durchführung des Wasserrechtes und des Baues die größten
Widerstände von Seiten der Landesstellen zu erwarten hätten.
Wenn wir uns nämlich nicht mit den Landesgesellschaften einigen
können, dann ergibt sich für mich ganz logisch, daß bei allen
Detailgesprächen und Detailgenehmigungen die Länder uns nicht
unterstützen werden, sondern ganz im Gegenteil alles unternehmen
werden, um gegen die Verbund entsprechend Stellung zu beziehen.
Dies beginnt bei den Baugenehmigungen und endet bei den letzten
auch noch so uninteressanten Zustimmungen, die man vom Land braucht.
In allen Bundesländern gibt es heute mit mehr oder minder großer
Sympathie der Landesgewaltigen mächtige Umweltschutz-, Naturschutz-
organisationen usw., die nur darauf brennen, mit dem Land gemeinsam
gegen Wien loszuziehen. Jetzt ist noch das Land mit dem Bund ge-
meinsam dabei vernünftige Lösungen zu suchen. Wenn uns eine ge-
meinsame Konstruktion nicht gelingt, werden das Land und die Landes-
mächtigen sofort auf diese neue grüne Welle einschwenken und dem
Bund, sprich Verbundgesellschaft, nur ungeheure Schwierigkeiten be-
reiten. Die Hauptaufgabe, vor die ich also gestellt bin, ist eine
Lösung zu finden, wonach der Einfluß des Bundes entsprechend
groß ist. Eine 50-%ige Lösung kommt eben daher nicht infrage,
trotzdem aber die Länder eingebunden sind und mitziehen. Wie
schwer es selbst im Bund sein wird, alle von den Naturfreunden
bis über die Gesundheitssprecher für eine einheitliche Energiepo-
litik zu gewinnen, hat diese Exkursion nach Osttirol für mich
klar und deutlich gezeigt. Meine beiden Freunde Fischer und
Steyrer haben natürlich immer wieder Bedenken mir gegenüber an-
gemeldet, daß man diese herrliche Landschaft mehr oder minder doch
durch die Kraftwerke zerstört. Beide geben allerdings zu, daß es
ohne diesen Ausbau der Kraftwerke nicht geht. Für mich ergibt
sich nur ein Problem, das ich beim besten Willen noch nicht ge-
danklich lösen konnte. Die Techniker haben keine andere Energie-
speichermöglichkeit bis jetzt gefunden, als eben Wasser in Höhen
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raufzupumpen oder dort oben zu sammeln, womit potentielle Energie
gespeichert werden kann. Wenn die Energie dann gebraucht wird,
wird das Wasser abgearbeitet. Diese Methode bedingt, daß wir
heute Dämme und Becken errichten, die der Cheops-Pyramide in der
Größe und Technik entsprechen. Was geschieht aber, wenn die
Technik doch einmal eine andere Speichermöglichkeit entdeckt. Mit
Schaudern denke ich dann daran, daß diese Täler auf Jahrzehnte,
ja Jahrhunderte dann sinnlos mit Wasserspeichern angefüllt sind.
Ich bezweifle, daß wir dann diese Wasserspeicher zur Wassernutzung
wirklich brauchen würden.
Die Fremdenverkehrsaktivitäten in diesem Gebiet und die Besuche,
die mich veranlaßten natürlich auch diese Einrichtungen genauer
kennen zu lernen, haben mir bestätigt, daß hier noch eine große
Möglichkeit besteht. Überall argumentierten wir, die Nachteile,
die der Bau eines solchen Kraftwerkes für die Gegend mit sich
bringen, werden nachher durch erhöhte Besuche mehr als ausgeglichen,
Kaprun 6 Mio. Besucher, Malta jetzt durch 2 Jahre fast 500.000.
Natürlich bleibt es notwendig zu überprüfen, wieweit es sich hier
nur um Tagesbesucher handelt, wie groß das Einkommen für die
dortige Bevölkerung dadurch wird, ob also dem Nachteil während
der Bauzeit dann tatsächlich ein solches Plus an Fremdenverkehrs-
einnahmen gegenübersteht. Ich persönlich bin allerdings fest
davon überzeugt.
Die wirklichen Touristen meiden wahrscheinlich diese Gebiete. Dies
glaube ich z.B. schon durch den von Kölnbreinspeicher bis nach
Gmünd herunterführenden Maltaweg feststellen zu können. Dieser Weg
wurde vom Alpenverein damals durch das Tal der stürzenden Wässer
angelegt. Heute wird das Wasser oben zum größten Teil gespeichert,
die Restwassermengen und die nichtgefaßten Bäche sind uninteressant.
Das ganze stürzende Maltatal existiert nicht mehr, niemand begeht
daher diesen Wanderweg, er verfällt zusehends und wird in kürze-
ster Zeit überhaupt nicht mehr vorhanden sein. Wenn eine Autostra-
ße zu einer solchen Attraktion führt, dann kommen hunderttausende
neue Besucher, diese haben ganz andere Gewohnheiten aber als die
Bergsteiger. Sie brauchen Parkplätze, wollen ein bißchen spa-
zieren gehen, brauchen in der Nähe gelegene Ausflugsziele, keines-
falls aber Bergwanderwege. Die ÖDK hat daher die Gedächtniskir-
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che, die für die beim Bau Verunglückten errichtet wird, ein paar
Kilometer Entfernung von der Staumauer beim Ufer Flachwander an-
gelegt. Dort gibt es dann einen herrlichen Rundblick über den
Stausee und die Berge und man beschäftigt die Besucher, die mit
dem Auto heraufgekommen sind, entsprechend.
Ähnliche Überlegungen hat auch die KELAG. Dort geht es allerdings
auch darum, daß in das Schareck-Gebiet ein entsprechendes Sommer-
schigebiet mit Sportgastein gekoppelt errichtet werden soll.
Ähnlich ist dieses Problem natürlich in Osttirol. Dort haben die
Matreier für die Ablösung ihres E-Werkes von der Studiengesell-
schaft ein paar Millionen bekommen, die sie sofort in einen
Lift investierten. Vom Verkehrsministerium findet im Herbst die
ERP-Sitzung statt und man intervenierte bei mir, daß ich unbedingt
drauf dränge, daß die ERP-Mittel, 16 Mio. S, sofort zur Verfügung
gestellt werden. Die nächste Sitzung findet im Herbst statt.
Ich habe dem Schneeberger, Matrei, eine solche Intervention zu-
gesagt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte für nächsten Ministerrat Intervention
bei Lausecker vorbereiten.
Die Überreichung des Staatswappens an die Fa. Adidas erfolgte
während der Betriebsferien der Arbeiter, die Angestellten, der
Verkauf muß aber ständig weiterarbeiten. Die Besichtigung der
Betriebsstätte war für mich sehr eindrucksvoll. Dazugebaut wird
jetzt ein Riesenlager. Die Firma ist gigantisch expandiert. Der
Generaldirektor Ellensohn, ein Vorarlberger, der 1973 mit 54 Mio.
Umsatz den Betrieb übernommen hat, gegründet wurde die österr.
Produktionsgesellschaft von der deutschen Familie Dassler 1967
und mit 54 Mio. begann, erwartet heuer 750 Mio. Er glaubt, er könnte
noch eine wesentliche Ausweitung erfahren, wenn das Mutterhaus
ihm die Genehmigung gäbe, den Ostexport über Österreich zu orga-
nisieren. In Deutschland wird der Ostexport jetzt von einer
Tochter des Gründers Adidas abgewickelt. Ellensohn ist überzeugt,
in Österreich könnten wir es besser. Ich versprach ihm ein dies-
bezügliches Schreiben, ohne daß die Deutschen vermuten, daß er
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sich bei mir darüber beschwert hat. Bezugnehmend auf meine Staats-
wappenüberreichung und auf die Tatsache, daß ich darauf verwies,
man könnte heute nach DDR und anderen Oststaaten im Zuge der
Konsumentenkredite, die diese Österreich geben, auch Adidas-Produkte
exportieren, sollte ich ihn auffordern, entsprechende Schritte zu
unternehmen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Gröger nach Rücksprache mit
Ellensohn den Brief vorbereiten.
Die Wanderung "Wanderbares Österreich" über die Millstätter Alm
war ein großer Erfolg. Von seiten der ÖVP haben LH-Stv. Knafl und
der Bürgermeister teilgenommen, von seiten der FPÖ LRat Ferrari,
eine große Anzahl von Zeitungsleuten, aber auch sonstige Teilnehmer
aus der Umgebung, insbes. die Fremdenverkehrsdirektoren. Das
Lustigste war, daß bei der Pressekonferenz der jetzt seit ein paar
Jahren im Amt befindliche LRat Ferrari allen Ernstes behauptete,
die Idee des Wanderbaren Österreichs kommt von Kärnten. Dort hätte
man, lange bevor ich diese Parole gefunden habe, durch Meinungs-
umfragen festgestellt, daß die deutschen Gäste so etwas wünschen.
Diese Unterlagen wurden aber zuerst von den Kärntnern streng ver-
traulich behandelt und als die Österreichische Fremdenverkehrs-
werbung anfragte, wollte man gar nicht diese Unterlagen zur Ver-
fügung stellen. Letzten Endes hat man sich aber dann entschlossen
auch mit der Österr. Fremdenverkehrswerbung in diesem Punkt zu
Koordinieren . Diese Variante ist mir neu. Ich habe in der Presse-
konferenz nur kurz gesagt, der Sieg hat viele Väter, die Nieder-
lage keinen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Darüber möchte ich mit Zolles sprechen.
Bei dieser Millstätter Wanderung ist auch ein Verein "Landschaft
und Naturschutz" an mich herangetreten wegen des Ausbaues der
Nockalm. Insbes. hat man größte Bedenken gegen die großräumigen
Verbauungspläne der Managergruppe Mayer und Eder. Ich erklärte
dort dezidiert, als man vor Jahren die Straße begonnen hat und
ich sie das erste mal gesehen habe, war mir klar, daß dort ent-
sprechende Fremdenverkehrseinrichtungen folgen werden. Ob aller-
dings ein Feriendorf dort das Richtige ist, wie dieses Feriendorf
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sich in die Bauordnung und die Landschaft einfügt, liegt nicht
in meiner Kompetenz, sondern ausschließlich in der Kompetenz der
Landesregierung.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die entsprechende Antwort nach Rück-
sprache mit Büro Wagner.
Von der Kammer der gewerbl. Wirtschaft, Mag. Schaubach, wurde mir
mitgeteilt, es gibt einen Fall, wo der Bürgschaftsfonds einen
Ansucher benachteiligt hat. Kurt Kohlmeier, Gasthof Gmünd, wurde
abgelehnt, weil seine Frau Helga Kohlmeier, die auch Gesellschaf-
terin ist, keine Gewerbeberechtigung nachweisen kann.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte laß den Fall prüfen.
Wiener Vorstand, 6.8.1980
56_1008_03Ministerrat, 12.8.1980
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