Donnerstag, 17. Juli 1980
Die Aussprache mit den Sozialpartnern und fast allen Generaldirek-
toren der Ölgesellschaften war eine Generalversammlung, niemand
erwartete davon allerdings konkrete Ergebnisse. GD Bauer von der
ÖMV plädierte für die Preisfreigabe aller Produkte, meinte, die
Zinsenfreigabe ergebe jetzt auch, daß für die Lager die optimalste
Lösung, d.h. die höchsten Zinsen sich abzeichnen. Dies war das
schlechteste Beispiel, das er bringen konnte. Mit Recht wurde sofort
von der Arbeitnehmerseite darauf verwiesen, daß diese Zinsfreigabe
zwar für die höheren Einkommen die größere Ersparnisse tätigen
können, sicherlich die Freigabe, eine bessere Verzinsung erbringt,
für die große Masse seien die Ergebnisse minimal. Umso größer aber
sei die Gefahr, daß durch höhere Kreditzinsen die Allgemeinheit
und damit wieder die größere Masse in höheren Preisen, nach Meinung
der Arbeiterkammer, verfehlte Zinspolitik bezahlen müssen. Dkfm.
Blaha von der AK meinte, daß eine Vorbesprechung der jeweiligen
Preissituation in einem informellen Kreis im Prinzip möglich sei.
Wichtig sei allerdings, daß auch dort die Unterlagen, die bei dem
amtlichen Preisverfahren erbracht werden müssen, restlos zur Ver-
fügung gestellt werden. Dies ist aber das Hauptproblem. Die Ölge-
sellschaften wären bereit Unterlagen zur Verfügung zu stellen, wenn
sie wüßten, daß dann sofort eine Preisgenehmigung auf dem Fuß folgt.
Sie befürchten aber, daß die Arbeitnehmerseite immer mehr Unterlagen
verlangt und trotzdem nicht bereit ist, diese dann zur Preisfest-
setzung anzuerkennen. GD Mieling meinte, die letzte Preisfestsetzung
hat immer noch einen Verlust von 250,–– S für die to Erdölprodukte
aufgrund der Palette ergeben. Jetzt kommen weitere 100,–– S durch
die Erhöhung der Mineralölsteuer dazu, durch weitere Rohölpreis-
steigerungen, sonstige Kostensteigerungen seien jetzt dies für die
gesamte Ölwirtschaft bereits 570,–– S pro to. Bei der Fa. Shell
seien es sogar 670,–– S, im ersten Quartal hätte die Firma Shell
daher 100 Mio. S Verluste gebaut. Die Fa. Agip hat eine weitere
Zahl beigesteuert und meinte, 20 Mio. S sei bei ihrem geringeren
Marktanteil ebenfalls der bisherige Verlust. Alle anderen Direktoren
haben keinerlei Ziffern genannt, weil es sich ja doch nur um eine
prinzipielle Diskussion handelte. Da ich in der Einleitung schon
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festgestellt hatte, es geht hier weniger einen konkreten Preis
heute festzusetzen, sondern vielleicht ein Preisfestsetzungssystem
zu finden, einigten wir uns dann zum Schluß, daß eine Arbeitsgruppe
unverzüglich die konkreten Besprechungen für dieses neue Preissys-
tem aufnehmen sollte. Ich verspreche mir allerdings von diesen
Aussprachen sehr wenig.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Neuhold soll uns laufend informieren und
Jour fixe AK setzen.
Obwohl ich dafür gar nicht kompetent bin, habe ich anschließend die
AK, die sich allerdings entschuldigen ließ, weil sie zu einer Be-
sprechung zur ÖMV nach Schwechat in die Raffinerie gefahren ist,
die Handelskammer, Dr. Rief, und Präsidentenkonferenz der Landwirt-
schaftskammer, Ing. Altmann, zu einer weiteren Besprechung über die
Futter-Getreidepreis-Lösung gebeten. Sektionsleiter Steiner vom Land-
wirtschaftsministerium war dann ebenfalls zur mir gebeten. Nach stun-
denlangen Diskussionen, die dann auch in dem Kreis Landwirtschafts-
ministerium mit den beiden fortgeführt wurden, ich hatte dann auch
noch die Frau Abg. Tichy-Schreder dazu gebeten, wurde ein Kompromiß
erzielt. Das Landwirtschaftsministerium hat zugestanden, daß die
Aufkäufer- und Großhandelsspanne um 1,70 S erhöht wird, dies auch
schon bei dem Brotgetreide vereinbart wurde, die Einlagerung für
Eigenlager wurde von 2,05 S auf 2,25 S erhöht, kommt allerdings wie
mir dann die Handelskammer insbes. Tichy-Schreder größtenteils den
Genossenschaften zugute. Der private Handel hat fast kein Eigen-
lager. Tichy-Schreder ist nämlich aus einer alten privaten Getreide-
firma Schreder die Tochter, ich ziehe sie deshalb sehr gerne zu
allen Besprechungen zu, um sie erstens als Parlamentarierin zu
forcieren und zweitens der Handelskammer zu beweisen, wie sehr ich
mich für ihre Interessen einsetze. Auf diese Art und Weise bekommt
man in der ÖVP, konkreter im Parlamentsklub, eine weitere Fürspreche-
rin in für das Handelsministerium. Ein weiteres Zugeständnis war, daß
bei Wagenstandsgeldern, die angeblich durch die Bundesbahn verur-
sacht sind, also wenn weder der Bauer noch der Aufkäufer noch etwas
dafür können, das Landwirtschaftsministerium bereit ist, diese
in der Einlagerungsaktion anzuerkennen, und jeden Fall individuell
prüfen wird. Der wichtigste Streitpunkt war allerdings die beab-
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sichtigte Erhöhung der Reportsätze für Gerste, Hafer und Mais.
Ursprünglich hatte die Handelskammer eine Erhöhung von S 4,–– auf
5,50 S verlangt. Zuletzt wäre sie bereit gewesen für Gerste von
S 4,–– auf 4,30 S und für Mais von 4,–– S auf S 4,50 zu akzep-
tieren. Da bei Gerste garantiert mit einer Überhangvergütung ge-
rechnet werden muß, hat SL Steiner dies entschieden abgelehnt, weil
es eine weitere budgetäre Belastung gebracht hätte. Bei Mais wurde
von der Handelskammer und Präsidentenkonferenz der Landwirtschafts-
kammern erklärt, daß garantiert kein Überhang zu vergüten sein
wird. In diesem Fall, machte ich das Kompromiß, könnte dann natür-
lich eine solche Reporterhöhung akzeptiert werden. Um ein
Präjudiz für die Zukunft zu schaffen, wird in einem Brief oder so-
gar in den Richtlinien genau festgehalten, daß es sich nur um eine
Lösung für die heurige Ernte handelt. Mais wird nämlich trotz des
gigantischen Anbaus und der Ertragssteigerung keinen Überschuß
geben. Zuletzt hat Steiner mir dann telef. mitgeteilt, daß man
sich geeinigt hat, den Report für Mais zu erhöhen, allerdings nur
in der Großhandelsstufe. In der Erzeugerstufe soll der bisherige
Report von 4,–– S bleiben. Dieses Kompromiß wird ja nun dem Land-
wirtschaftsminister vorschlagen, die Entscheidung wird Anfang
nächster Woche fallen. Ich habe deshalb die Preiskommission auch
auf Mittwoch verschieben lassen, da Montag, Dienstag der Vorsitzen-
de Kurzel auf Urlaub in Florenz ist. Sollte es zur Kompromißlösung
kommen, was ich hoffe und annehme, haben wir ein weiteres Problem
gelöst und ich kann neuerdings behaupten, noch niemals wurde so
intensiv und, unterstützt durch das Handelsministerium, so erfolg-
reich für die Handelskammer abgeschlossen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Jour fixe Handelskammer setzen.
Der Klubobmann Fischer ist die Frau Staatssekretär Albrecht be-
suchen kommen. Ich behauptete sofort, als Albrecht mich zu sich ge-
beten hatte, aha der Klubobmann kommt zur Kontrolle seiner ehe-
maligen Mitarbeiterin und gleichzeitig auch des Handelsministeriums.
Was wir allerdings dann lange diskutierten, war die schlechte Si-
tuation, in der sich jetzt die Sozialistische Partei, aber vor allem
auch der soz. Parlamentsklub durch die AKH-Vorkommnisse befinden.
Fischer ist genauso wie ich davon überzeugt, daß noch sehr unan-
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genehme Überraschungen zu erwarten sind. Konkret wollte oder konnte
er nichts sagen, daß es uns dabei aber nicht sehr gut gehen wird,
ist für mich gleich bei Beginn der Affäre klar gewesen. Es kann
nicht ausgeschlossen sein, daß die sehr geschickte Mafia, wie sie
Kreisky jetzt bezeichnet, verstanden hat, indirekt auch Politiker
hineinzuziehen. Irgendwelche Spenden, selbst wenn sie noch so un-
bedeutet sind und für den Wahlkampf oder sonstwie ganz offiziell
gegeben wurden, oder daß man sie von ihnen verlangt hat, wird dann
sicherlich der der Aufhänger sein, zu erklären, die Parteien seien
eben von diesem bestochen worden oder hätten gar solche Finanzie-
rungssysteme verlangt. Die Partei besteht eben nämlich nicht nur
aus dem Obmann und Zentralsekretären, sondern verästelt bis tief
hinunter in tausenden von Mitarbeitern.
Beim Mittagessen mit dem thailändischen Industrieminister, der
gleichzeitig auch General war, erzählte er mir ausschließlich nur
über die Besprechung wegen Kürassier-Käufen durch Thailand. Er wollte
von mir die Zusicherung, daß ein solches Geschäft ausschließlich
zwischen den Regierungen vereinbart werden müßte. Dies habe ich
entschieden abgelehnt, weil es bis jetzt bei uns nicht üblich ist,
daß Regierungsgeschäfte, sei es beim Kauf noch Verkauf von Waffen,
abgeschlossen werden. Für den Export ist die Steyr-Daimler-Puch
verantwortlich und hat nur eine Genehmigung durch eine Regierungs-
kommission aufgrund unseres Waffenexportausfuhrgesetzes zu erbrin-
gen. Letzten Endes einigten wir uns, daß der Ministerpräsident von
Thailand, der gleichzeitig auch Verteidigungsminister ist, bezügl.
der Waffenwünsche einen Brief an den Bundeskanzler schreiben wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nächste Ministerratsbesprechung nach Kreiskys
Rückkehr setzen.
Vom 6.–21. Februar 1981 ist eine handcraft exhibition, d.h.
einen Kunsthandwerksausstellung in Thailand, und die Regierung wäre
sehr interessiert, daß Österreich daran teilnimmt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nächstes Jour fixe Handelskammer setzen.
In der Vorstandssitzung der LUGA berichtete ich über die Ergebnisse
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der Agrarpreisfestsetzung und vor allem natürlich dann auch über
die Lohnfreigaben in der Paritätischen Kommission. Die preisge-
regelten Gruppen sind jetzt alle in Verhandlungen. Interessant ist,
daß die Brauer, die das letztemal im August entsprechend verhandelt
hatten, bis jetzt keine Lohnfreigabe von der Paritätischen Kommis-
sion bekommen haben. Da auch diese Gruppe versucht in einen Jahres-
rhythmus zu kommen, wird es dort größere Schwierigkeiten im Sommer
geben.
Die Molkereigruppe hat größte Bedenken, wenn jetzt die Molkerei
Feldkirch die Genehmigung zur Führung des Staatswappens bekommt.
Wenn erst eine Molkerei diese Auszeichnung erhält, dann ist damit
zu rechnen, daß viele andere ebenfalls kommen werden. Die AK, Blaha,
hat aber dem Ansuchen zugestimmt, weil auch die örtliche AK dies
sehr befürwortet. Bei den Molkereien bestehen nämlich keinerlei
Bedenken oder Schwierigkeiten, die Voraussetzungen zu erfüllen,
die die AK immer an diese Auszeichnung knüpft. Ich habe Blaha er-
sucht, er soll noch einmal mit den Molkereiarbeitern diesbezüglich
sprechen. Die Molkereiarbeiter wieder wünschen, daß der Geschäfts-
führer des Milchwirtschaftsfonds Stratznigg gefragt wird, wie viele
Molkereien dafür in Frage kämen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte laß dies erheben.
Der Besuch von Jugendfreunden war für mich insofern ergreifend,
als diese sich am meisten aufregten über die, wie sie glauben, un-
qualifizierten Angriffe der Opposition gegen mich. Was immer im
Fernsehen oder in den Zeitungen gegen mich geschrieben wird, be-
trachten sie fast als einen Angriff auf sie persönlich. Mit Rat-
schlägen wurde den ganzen Abend nicht gespart, wie ich mich dagegen
wehren sollte. Unwahrscheinlich, wie wenig objektiv hier manchmal
geurteilt wird.
Tagesprogramm, 17.7.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)