Montag, 7. Juli 1980
Minister Lausecker, den ich von dem jugoslawischen Wunsch verstän-
dige, im EFTA-Rahmen ein Verkehrskomitee zu gründen ist, damit ein-
verstanden. Er wiederholt mir allerdings, was auch seine Beamten
sagten, daß sie im Rahmen der Europäischen Verkehrsministertagung
CEMT, wo Jugoslawien sogar im Vorjahr das Präsidium inne hatte,
alle diese Fragen besprechen könnten. Der jugoslawische Verkehrs-
minister Zelic war vor ein paar Monaten auf Besuch und hat dort
nur den Wunsch geäußert, zu der zweimal im Jahr stattfindenden
Verkehrsministeraussprache zwischen Deutschland, Schweiz und Öster-
reich, also ähnlich auch unserer wirtschaftspolitischen Aussprache,
zugezogen zu werden. Weder Lausecker noch der jugoslawische Ver-
kehrsminister möchten nämlich, daß eine Blockbildung EFTA-Minister
gegen die anderen entsteht. Sekt.Chef Halbmayer vom Verkehrsmini-
sterium und Gen.Sekr. Iskowitsch von Jugoslawien werden diese Pro-
bleme weiter besprechen und verfolgen.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Bitte mit Halbmayer in Verbindung
setzen.
Im Journalistenfrühstück berichtete Sekt.Chef Jagoda über die ERP-
Mittel. 136 Mio. wurden bei der letzten Sitzung noch vergeben und
ERP-Ersatz 520 Mio. Kreditvolumen durch Zinsenzuschüsse gefördert.
Schon wieder aber sind bei der Hoteltreuhand 176 Anträge mit ca.
800 Mio anhängig. Das ist tatsächlich so. Kaum ist eine Tranche
vergeben, sind die Anträge für die nächste Tranche schon wieder
hier. Ungebrochen investiert man also im Fremdenverkehrssektor.
Frau Dr. Smolka berichtete über ihre Verhandlungen im Rahmen des
OECD-Konsumentenausschusses über gefährliche Produkte. Eine allge-
meine gesetzliche Regelung, aber kein spezifisches Gesetz gegen ge-
fährliche Produkte gibt es nur in Schweden und Norwegen, in Däne-
mark und in Finnland ist so etwas in Arbeit. Die nordischen Staaten
sind hier zumindestens einen Schritt weiter, soweit es die Absichts-
erklärungen sind. Konkrete Gesetze wird wieder einmal erst Öster-
reich vorlegen. Mit Recht, glaube ich, kritisieren die Unternehmer,
daß wir in diesen Fragen überall Musterschüler sind. Da sie im Rahmen
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des konsumentenpolitischen Beirates aber selbst mitmachen, können
sie uns deswegen nicht allzu hart attackieren. Überrascht war ich
zu erfahren, daß wir immerhin die Konsumentenfibel mit einer Aufla-
ge von 10.000 im englischen Text und sogar eine serbokroatische
Ausgabe jetzt herausgebracht haben. Der englische Text ist nur so
zu entschuldigen, daß man für die internationalen Behörden auch eine
entsprechende Auskunft geben muß. In meinen Augen wäre es besser
gewesen, wir hätten darüber nicht berichtet. Ich bin sehr gespannt,
ob wir nicht deshalb irgendwo in einer Zeitung verrissen werden.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte versuche diese Auflage so schnell
als möglich, aber trotzdem zweckmäßigst zu verteilen.
MR Singer berichtete über die Studienreise der Konsumentenvertreter
nach Deutschland. Dort haben sie festgestellt, daß wesentlich mehr
Mittel zur Verfügung stehen, der Bund und die Länder finanzieren
diese Einrichtungen ja zu 90 %. Trotzdem wird unser System der
sozialpartnerschaftlichen Regelung von den Ausländern immer wieder
bewundert. Die Deutschen werden sogar eine eigene Kommission nach
Wien schicken, um dieses System im einzelnen zu studieren.
MR Würzl berichtete über die Fremdenverkehrsentwicklung. Im Mai
konnten wir eine 13 %-ige Nächtigungssteigerung feststellen, wobei
die Ausländer 17 % und die Inländer 6 % dazu beitrugen. Auch im
Juni ist nach seinen bisherigen Rundfragen ein positiver Abschluß
zu erwarten. Trifft dies zu, dann kann ich mich nur wundern, denn
die Witterung war nicht danach. Würzl meinte, man könnte jetzt fest-
stellen, daß die Flugpauschalreisen in Deutschland, obwohl sie um
30–50 % noch billiger angeboten wurden, als schon die Billiganbote
bei Saisonbeginn bestanden haben, rückläufig sind.
Von einem Redakteur einer tschechischen Zeitung oder der Botschaft
wurde ich dann wegen meines bevorstehenden Tschechoslowakei-Besuches
gefragt. Ich nützte die Gelegenheit, um gleich darauf hinzuweisen,
daß ich insbes. Energiefragen besprechen werde und die Kernkraftan-
lagen in Borowitze besuche. Diese nahe der österreichischen Grenze
liegende Anlage mit unter 1.000 MW ist im Verhältnis zu der neu
zu schaffenden nördlich von Linz mit über 3.000 für Österreich infol-
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ge der anderen Sicherungssysteme der Sowjets und vieler Oststaaten
für uns wesentlich kritischer als der Betrieb von Zwentendorf.
Für die Bezirksblätter für den III. Bezirk wollten wir vom Präsi-
dium der Landstraße, wo wir Koll. Weisbier damit betraut haben,
auch Frau Dr. Lorenz von der AZ gewinnen. Sie wäre auch im Prinzip
damit einverstanden gewesen, hat nur überhaupt, wie sie mir glaub-
haft versicherte, keine Zeit. Die Beilage für die Frau in der Ar-
beiter-Zeitung, die sie allein mit einer Hilfskraft bearbeiten muß,
erscheint im Umfang nicht viel kleiner als die soz. Zeitung für die
Frauen "Die Frau", dort arbeiten 3 Redakteure, etliche Hilfskräfte.
Die Arbeitsverteilung dürfte auch wirklich bei den sozialistischen
Blättern und in der AZ eine sehr komische sein. Die Aussprache war
aber trotzdem sehr nützlich, denn sie erinnerte uns daran, daß
Frau Margulies, während der Ministerschaft von Leodolter ihr Presse-
sekretär, die jetzt aber in Pension gegangen ist, dafür sicherlich
Zeit hat. Margulies, die ich einige Male bei Leodolter kennengelernt
habe, ist eine tüchtige Kraft und vor allem sehr verläßlich.
Leodolter hat immer gesagt, auf sie kann sie sich tausendprozentig
verlassen und wenn sie nicht wäre, wäre sie längst aufgeschmissen.
Weisbier wird versuchen, Margulies zu gewinnen.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Kannst Du uns aus dem Dilemma helfen?
Prof. Pfaller, ein Jugendfreund, ist mit seinem Chef GD. Höfer von
Viennatone gekommen, um mir über die Entwicklung der Firma, insbes.
über ihre Schachcomputeraktivitäten zu berichten. Dort gibt es
von Jahr zu Jahr immer neue Generationen. Der nächste wird bereits
mit einem Sensor ausgestattet sein, wodurch die Eingabe der Gegen-
züge des Spielers entfällt. Höfer ist es geglückt, der amerikani-
schen Produktionsfirma Fidelity, die im vergangenen Jahr 1,1 Mio
Spiele verkauft hat, 750.000 Schachfigurensätze um ca. 9 Mio. zu
verkaufen. Eine kleine österreichische Firma, die in einer schwe-
ren Produktionssituation war, hat diesen Auftrag jetzt bekommen.
Für mich war es eine Bestätigung, daß nicht nur wir auf dem Auto-
sektor, wo es natürlich um andere Dimensionen geht, sondern auch
andere Unternehmer immer bestrebt sind, nicht nur Waren zu impor-
tieren, sondern gleichzeitig auch dann Exportzulieferungen zu arran-
gieren. Ich bin fest davon überzeugt, es gibt noch verschiedenste
Gebiete, wo wir diese erfolgreiche Politik fortsetzen könnten.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Wo gäbe es noch solche Initia-
tiven?
Der Vizepräsident der italienischen Handelskammer und gleichzeitig
auch Vertreter des Triester Hafens, Dr. Pelikan, war wegen der gerin-
gen Ordensgradauszeichnung ein wenig verärgert. Ich habe deshalb
sofort mich entschlossen, ihn persönlich diesen Orden zu überreichen,
um dieses Handicap wieder gut zu machen. Begründet ist dies wie
immer, daß ein anderer Vizepräsident einen höheren Orden bekommen
hat und auch der Sekretär der italienischen Handelskammer einen
noch höheren und gleichzeitig noch von mir auch bei einer Tavola
Rotonda überreicht.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: In Hinkunft müssen wir auf diese Probleme
mehr achten.
Pelikan versicherte mir, daß der Triester Hafen der einzige ist,
der noch ausbaufähig ist und die notwendige Wassertiefe von
18 m für die großen bis zu 200.000 t tragenden Kohlenschiffe auf-
nehmen zu können. Bakar mit entsprechend großer Wassertiefe ist
jetzt durch das Hinterland begrenzt nicht mehr ausbaufähig. Koper
hat keine Ausbauchancen auf diesem Gebiet, denn die Wassertiefe
ist dort nur 13 m, genauso wie Monfalcone. Die Hafenverwaltung
glaubt auch nicht, daß so schnell eine Pipeline von Triest nach
Österreich gebaut wird, wie dies jetzt die SHELL-Gruppe, für Kohlen-
importe zuständig, beabsichtigt. Der Ausbau des Triester Hafens für
Kohleentladung und Transport mit der Bahn ist aber sofort möglich.
Hier, erklärte ich Pelikan, besteht der große Flaschenhals mit der
einspurigen Eisenbahn zwischen Carnia und Tarvisio. Die Region hat
allerdings jetzt so viel Geld, daß sie die Planung für die Eisen-
bahn vorgenommen hat und jetzt bereits mit dem Ausbau der zweiten
Geleisanlage begonnen wird. Pelikan glaubt, daß mit Fertigstellung
des Kohlenhafens, wenn die entsprechenden Kontrakte vorliegen wür-
den, dann auch die Eisenbahn dann bereits ausgebaut wäre.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte OB informieren.
Präs. Seidl und der Geschäftsführer der OÖ Ferngas, Amon, kamen ein-
mal mehr, um mir die kritische Versorgungssituation dieser Gesell-
schaft für das nächste Jahr zu schildern. Schon heuer ist angeblich
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durch den Streit zwischen der ÖMV und der RAG, wer Importgas aus
Deutschland übernehmen und transportieren dürfe, eine zusätzliche
Liefermenge von fast 100 Mio m³ der SHELL und Mobil international
verloren gegangen. Diese beiden haben allerdings, wie ich ihnen
sofort auf den Kopf zusagte, wegen des höheren Preises diese Menge
an die Ruhrgas verkauft. Auf alle Fälle hat aber der lange Streit
dazu geführt, daß jetzt die RAG eine gute Ausrede hat, wenn ihre
Mutterfirma SHELL und Mobil eben nicht zusätzliches Gas nach Öster-
reich liefern. Seidl befürchtet, daß wenn die Gasmengen nicht heuer
im Herbst und Winter und dann vor allem im nächsten Jahr zur Ver-
fügung stehen, am meisten die Chemie Linz gekürzt werden muß.
Mit allen anderen Abnehmern haben sie nämlich fixe Verträge, die
sie erfüllen müssen. Da diese auf keinen m³ verzichten werden,
wird letzten Endes Chemie Linz zum Handkuß kommen. Energiewirtschaft-
lich und gesamtwirtschaftlich ist es ein Wahnsinn, daß man andere,
weniger interessante Produkte oder Verbraucher wie z.B. den Haus-
halt in Linz und anderen Städten voll beliefern muß, während die
beste Verwertung bei der Chemie Linz darunter leiden wird. Ich
habe auf Wunsch von Seidl sofort mit GD Bauer telefonisch Kontakt
aufgenommen, dieser erklärte, er wird sich bemühen, wenn zusätzlich
sowjetisches Gas kommt, dann auch die OÖ Ferngas besonders zu be-
liefern. Bauer nimmt allerdings an, daß erst nach den Olympischen
Spielen mit den Sowjets konkret über den 4. Gasvertrag geredet
werden kann.
Der neue koreanische Botschafter Shim hat bei seinem Antrittsbe-
such mich neuerdings nach Südkorea eingeladen. Ich habe ihm keinen
Zeitpunkt gesagt, wohl aber zugesichert, im Rahmen der großen Asien-
Reise einen solchen Besuch vorzusehen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie stehen hier die Planungen?
Die bisherige Entwicklung des koreanisch-österreichischen Außen-
handels war insoferne befriedigend, als er ständiges höheres
Handelsvolumen erbrachte. In den vergangenen 5 Jahren war aller-
dings Österreich hoch passiv, erst in dem heurigen Jahr in den
ersten 5 Monaten konnten wir eine wesentlich stärkere Exportstei-
gerung als Importzunahme feststellen. Überraschend und interessant
für mich war, daß die Koreaner mit den Japanern auch ganz große
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Schwierigkeiten haben. Sie stoßen, so wie die österreichischen Expor-
teure dort, auf Handelshemmnisse, ohne sie im einzelnen genau nach-
weisen zu können.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Vielleicht sollten wir über die österrei-
chischen Botschaften in den verschiedensten Ländern anfragen las-
sen, wie es dort mit den japanischen Diskriminierungen steht.
GD Wolfsberger von Siemens erzählte mir die Situation der Betriebe.
Die Wiener, aber auch die Salzburger haben jetzt den angekündigten
Boykott aufgehoben. Erschüttert war Wolfsberger insbesondere, daß
LH Haslauer, der ein Handelskammer-Generalsekretär war und daher
die Verhältnisse besser kennen mußte, einen solchen Boykott ausge-
sprochen hat, ohne auch nur ein Wort mit Wolfsberger oder Siemens-
Leuten zu reden. Die Firma wird jetzt nicht nur von der Wirtschafts-
polizei, vom Finanzamt, sondern auch von den beiden Wirtschaftsprü-
fern Loitlsberger und Stadler auf eigenen Antrag geprüft. 25.000 Fo-
tokopien wurden bisher diesen Prüfungsorganen zur Verfügung gestellt,
konkrete Anschuldigungen wurden noch nicht gefunden. Auch mit der
AKP werden jetzt bald die Beziehungen aufgenommen werden. Alle ha-
ben sich mit der Erklärung zufriedengegeben, daß wenn strafrechtlich
irgendwie auch nur der kleinste Verstoß festgestellt und abgeur-
teilt ist, das sofort entsprechende Personalkonsequenz haben wird.
Den Wunsch gewisser Kreise, zu meiner größten Verwunderung auch
GD Grünwalds, daß bereits jetzt als Demonstration Personalkonse-
quenzen gezogen werden sollen, hat Wolfsberger abgelehnt. Auch ich
würde genauso handeln, zuerst muß der Tatbestand klar erfüllt sein
und der betreffende seiner Schuld überführt. Dann allerdings muß
sofort Konsequenz gezogen werden.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Grünwald verbinden.
Wolfsberger versicherte mir, er hat nicht gewußt, daß bei Plan-
tech und dann auch bei Gebroma der in Haft befindliche Winter ver-
fügungsberechtigt war. Bei Plantech wurden zwischen 72 und 74 Norm-
texte in Auftrag gegeben, sodaß eine Leistung erbracht wurde, die
die Vertriebs- und Installationstechnikabteilung in eigener Regie,
ohne daß der Vorstand irgendetwas wußte, der Betrag war unter der
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Zeichnungsberechtigung abgewickelt. Mit der Gebroma zwischen 75
und 78 ein Leuchtenprojekt um 3 1/2 Mio., eine Sportplatzbeleuchtung
mit etlichen 100.000 und ein türkischer Flugplatz mit 1 Mio. in
Auftrag gegeben und auch dort leistungsvariantenmäßig abgerechnet.
Die Fa. Siemens hat vor längerer Zeit für ca. 2 Dutzend Mitarbeiter
um Orden eingereicht, die wurden, wie MR Samsinger ihm jetzt mitge-
teilt, fertiggestellt und stünden zur Verfügung. Wolfsberger
wollte zuerst, daß diese Auszeichnungen erst zu einem wesentlich
späteren Zeitpunkt, vielleicht sogar nach Vorliegen der gesamten
Untersuchungsergebnisse erst übergeben werden sollten. Nun wurde der
Betriebsrat, der auch beim Sozialministerium eingegeben wurde, von
Minister Weißenberg ersucht, zu einer Auszeichnung zu kommen. Ich
habe mich sofort bereit erklärt, zum jetzigen Zeitpunkt den anderen
ausgezeichneten Arbeitnehmern, die durch unser Ministerium abge-
wickelt werden im Siemens-Betrieb, ganz demonstrativ persönlich diese
Auszeichnungen zu überreichen. Ich möchte mit aller Deutlichkeit
auch öffentlich zeigen, daß ich mich nicht davon beeinflussen lasse,
wenn jetzt mit Recht oder Unrecht eine Kampagne gegen einen Betrieb
entfesselt wurde. Was kann die Belegschaft dafür, wenn vielleicht
in einem oder anderen Fall es wirklich eine Durchstecherei gegeben
hat.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte das Nötige veranlassen.
Wolfsberger berichtete mir, welche Versuche er unternommen hat,
die ÖVP zu beeinflussen wegen des zukünftigen Kernkraftwerk-Volks-
begehrens, Parlaments-2/3-Beschluß und dann wieder Volksabstimmung
positiv zu einem Ende zu führen. Der neue Obmann Mock war wesent-
lich flexibler als der Wiener Vizebürgermeister und Präsidiums-
mitglied Busek. Dieser möchte am liebsten gerne wissen, welche
parteipolitischen Vorteile eine Zustimmung der ÖVP hätte. Mock
dagegen ist im Präsidium der ÖVP der alleinige noch für Kernener-
gie zumindestens intern positiv Eintretende. Sowohl Busek als
auch Ratzenböck, vor allem aber auch AK-Präsident Jäger von Vor-
arlberg und ganz besonders die Frauenvertreterin Hubinek sind
strikt dagegen. Wolfsberger wollte und hat der ÖVP auch angeboten,
so wie die sozialistische Regierung es vor etlichen Jahren gemacht
hat, ein hearing mit Fachleuten durchzuführen. Dieses Anbot wurde
bis jetzt nicht einmal angenommen. Ich gebe mich auch gar keiner
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Illusion hin, daß die ÖVP positiv zu einer solchen Aktion stehen
würde. Die einzige Chance, die ich sehe, ist, daß auf Sozialpartner-
ebene das Volksbegehren so gut durchgezogen wird, daß mit mehr
als 500.000 Unterschriften diese Aktion endet. Dies würde wahrschein-
lich auch wieder die ÖVP beeindrucken. Andererseits wird es sehr
schwer sein, im Parlament ein 2/3-Gesetz durchzubringen. Versuchen
muß man es auf alle Fälle. Im Rahmen der Gesellschaft für Energie-
wesen, wo die Unterstützung des Volksbegehrens im September ge-
startet werden soll, ist man scheinbar sehr unglücklich, daß die
Elektrizitätswirtschaft sich bis jetzt nicht mir größeren finan-
ziellen Mitteln eingestellt hat. Ich erklärte Wolfsberger, daß
jetzt ein eigenes Exekutivkomitee gegründet wurde und sich, so hoffe
ich auch, die Situation verbessern wird.
Beim OPEC-Empfang im Hilton traf ich nicht nur den seinerzeitigen
algerischen Minister, mit dem ich ich Algier verhandelt hatte und
der jetzt Botschafter in Moskau ist, sondern viele Botschafter und
alte Bekannte der OPEC. Für mich war aber wichtig mit dem ehemali-
gen Minister und dem neuen algerischen Botschafter detaillierte
Gespräche über die Erdgaslieferung von Algerien nach Österreich
führen zu können. Wir kamen überein, daß sowohl von der Sonatrach,
aber auch von den österreichischen Verhandlern in der Vergangenheit
Fehler gemacht wurden, wodurch ein Zeitverlust entstanden ist. Der
neue algerische Botschafter in Österreich wird in der nächsten Zeit
bei mir vorsprechen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte sofort entsprechenden Termin geben.
Der Wirtschaftsreferent bei der OPEC hat mir versprochen, entspre-
chendes Unterlagenmaterial über ihre Tagung mit den Entwicklungs-
ländern, die jetzt 3 Tage in Österreich stattfindet, zur Verfügung
zu stellen. Den Namen habe ich leider vergessen, ich hoffe, daß
er seine Zusage auch einhalten wird. Tatsache ist, wie ich aus einem
Bericht ja schon genau gekannt habe, daß die OPEC-Länder im Ver-
hältnis zu den Industrieländern wesentlich mehr Entwicklungshilfe
heute leisten, als die Europäer, ja sogar die Amerikaner. Insbes.
Amerika hat einen immer geringeren Anteil am Bruttonationalprodukt
für Entwicklungshilfe bereitgestellt. Am schlechtesten allerdings
ist Österreich in diesem Punkt. Wir bilden, glaube ich, das Schluß-
licht. Von den seinerzeit von den Gewerkschaften immer geforderten
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3 % des Nationalproduktes für die Entwicklungsländer ist in
Österreich jetzt 0,19 % geworden. Allerdings haben wir ja niemals
auch nur 3/4 %, geschweige denn 1 % erreicht, wie die Industrie-
staaten seinerzeit projektiert hatten. Ich bin sehr gespannt, was
im nächstjährigen Budget der Finanzminister, der ja auch immer wie-
der erklärt, es muß auf diesem Gebiet etwas geschehen, dem Bundes-
kanzler zur Verfügung stellen wird.
Tagesprogramm, 7.7.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)