Dienstag, 1. Juli 1980
Die Vertreter der Brotindustrie wollten von der LUGA eine Zusiche-
rung, bei der nächsten Lohnrunde besser behandelt zu werden als
das Gewerbe. Eine solche Zusage konnte niemand und wollte vor allem
niemand von der Gewerkschaft machen. Die Arbeiter der Brotindustrie,
die voll beschäftigt sind, können und würden nicht verstehen, daß
sie weniger bekommen als die Arbeiter in den Gewerbebetrieben. Die
Industrie hat in der Vergangenheit natürlich eine größere Lohnlei-
stung erbringen müssen. Durch die gesetzliche Regelung der Abfer-
tigung, durch die Lohnfortzahlungsregelung usw. werden die Gewerbe-
betriebe jetzt den Industriebetrieben gleichgezogen. Von mir als
Handelsminister wollten sie vor allem eine stärkere Kontrolle der
Importwaren bei Kuchen und Toastbrot. Ich ersuchte sie über den
Fachverband und die Handelskammer entsprechende Vorschläge zu er-
statten.
Der Vizepräsident des kubanischen Staatskomitees für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit ist auf einer Europatour und besprach mit
seiner Delegation und mir und den Herren meines Ministeriums die
einzelnen Projekt. 20 % ihrer Zuckeranbaufläche sind durch Bakte-
rienbefall geschädigt und muß jetzt neu gepflanzt werden, ebenso
eine ähnliche Situation gibt es bei Tabakpflanzen. Bei der Schweine-
produktion haben sie jetzt die afrikanische Krankheit. Ohne das
er es direkt aussprach, verdächtigt er aber die Amerikaner, trotzdem
wollen sie eine ganze Reihe von Großprojekten wie z.B. eine Strang-
gußanlage planen. Die Sowjets sollen das Stahlwerk ausbauen. Koks
müssen sie importieren, Erze müssen sie importieren. Mein Einwand,
daß sie wahrscheinlich Stahlhäute am Weltmarkt wesentlich billiger
kaufen können, als sie je produzieren könnten, veranlaßt ihn nur
zu sagen, es wird alles noch genau geprüft. Bezüglich der Bewässe-
rungsanlage von der Fa. Bauer wird er mit Ing. Cifer zusammenkommen
und joint venture bezüglich der Sprinkler und Röhren, die in Kuba
erzeugt werden sollten, und Pumpen und Motorpumpen, die man aus
Österreich importieren möchte. Insbesondere nach Irak, Albanien,
Libyen seien Liefermöglichkeiten dieser zu gründenden Firma, eben-
so nach Angola und Mosambik. Im letzteren Staat soll Bauer große
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Schwierigkeiten haben. Die Kubaner haben dort in 39 Ländern jetzt
15.000 Techniker, wahrscheinlich größtenteils Militärfachleute, die
aber für diese Projekte zur Verfügung stehen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Cifer insbes. über die Mosambik-
Bemerkungen von Willenpart verständigen lassen.
Konkret war nur die Mitteilung, daß die VÖEST-Alpine jetzt mit
Belgiern und Niederländern zwei mal 350 MW Elektrizitätswerke
für 3 Mrd. S bekommen hat. Der Gegenkonkurrent Waagner-Biro hat
den Auftrag nicht erhalten.
Mit der Verständigen für VÖEST-Alpine bin ich heute aber sehr vor-
sichtig, denn aus der Tschechoslowakei wurde mir mitgeteilt, aller-
dings über 7 Ecken, daß Projekt Paskov jetzt zugeschlagen wurde. Die-
ses Großprojekt mit 3,8 Mrd. S haben bei uns die VÖEST-Alpine und die
Andritzer als Gegenkonkurrent angeboten. Aus einem Übermittlungs-
fehler hatte ich angenommen, die VÖEST-Alpine hätte diesen Zuschlag
bekommen und habe sofort Apfalter verständigt. Er was sehr erfreut
dies von mir zu hören, da er aus Prag von seinen Leuten keine Mit-
teilung hatte. Umso enttäuschender muß es gewesen sein, als sich
dann herausstellte, nicht die VÖEST-Alpine, sondern Andritz hat den
Zuschlag bekommen. Andritz behauptet zwar, daß die daran beteilig-
ten Franzosen nur 20 % des Auftrages als Sublieferanten kriegen,
die VÖEST-Alpine behauptet einen wesentlich höheren Prozentsatz.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte verständige Apfalter-Sekretär vor-
sichtig über die kubanische Mitteilung.
Im Klub war Albrecht, die den ersten Teil zusammenschreibt. Kreisky
selbst hat nur die Bemerkung einleitend gemacht, daß die Quellen-
steuer nicht etwas Endgültiges ist, sondern man sich noch zusammen-
setzen wird, um das Problem zu besprechen. Man dürfte sich nur
nicht nervös machen lassen. Die SPÖ wird jetzt als Skandalpartei
hingestellt und dagegen muß man sich wehren. Die Kernkraftwerk-
Diskussion wird im Nationalrat abzuführen sein, solange der Nati-
onalrat nichts anderes beschlossen hat, wird und ist die Regierung
an das Verbotsgesetz gebunden und darf nichts machen. Das Volks-
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begehren, von dem er nicht weiß, wie es ausgeht, muß jetzt rasch
über die Bühne gehen. Die Außenpolitik war auch sehr kurz, er meinte
nur, Reagan sei ein vollkommen ahnungsloser Präsident, hätte aber
die größte Wahrscheinlichkeit gewählt zu werden. Bundeskanzler
Schmidt tragt jetzt in Europa und die Europäer als Ganzes eine
maximale Verantwortung.
In der Diskussion gab es trotzdem mehrere Anfragen wegen der Quel-
lensteuer und Kritik, daß es zu dieser Entwicklung gekommen ist.
Kreisky meinte im Schlußwort, der Absturz der SPÖ bei den Meinungs-
umfragen hat sich durch den AKH-Skandal ergeben. Er erinnert an
die schlechte Stimmung der SPÖ 1 Jahr vor den 79-er Wahlen und
trotzdem ist der größte Wahlsieg im Mai erreicht worden. Das Bundes-
budget muß jetzt saniert werden, weil wir brauchen für die nächste
zu erwartende Rezession größere Geldmittel für die Beschäftigungs-
politik. Die jetzt notwendige Umstrukturierung muß finanziert wer-
den können.
In der Ministerratsvorbesprechung wurde über dieses Problem kein
Wort gesagt. Kreisky fragte vielmehr die anderen Minister, was sie
zur Tagesordnung zu sagen haben. Da meine Unterlagen verschwunden
sind, kann ich ausnahmsweise keine Detailaufzeichnungen machen. Im
Ministerrat, erinnere ich mich nur, wurde dann die Zinsregelung
vom Zinsenzuschuß der Regierungsaktion und der Papierindustrie
von mir eingebracht, beschlossen. Hier gibt es einen Unterschied.
Beiden Aktionen ist gemeinsam, daß jetzt nicht von den Kosten der
Bundesanleihe plus einen Zuschlag, sondern nur mehr von der Normal-
verzinsung auszugehen ist, im Bundeskanzleramt werden dafür dann
für die Regierungsaktion 3/4 % zugeschlagen, bei uns in der Papier-
industrie nur 1/2 %. Ich bin sehr gespannt, wie sich das in Zukunft
auswirken wird.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte diese Entwicklung genau
beachten.
Im Parlament hat mir der Präsident des Aufsichtsrates der ÖDK, Früh-
bauer, mitgeteilt, daß die Kölnbreinsprerre einen 2 cm Riß hat. Die
Vorstandsmitglieder müssen jetzt den Urlaub mit ihm abbesprechen und
er hat vorgeschlagen, daß für Flugreisen in Europa nur die
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economy class wie die Regierungsmitglieder verrechnet wird.
Er erwartet, daß auch bei allen anderen Elektrizitätsgesellschaften
dasselbe geschieht.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte nächstes Jour fixe Fremuth setzen.
Die Sanierung der Staumauer wird nach Meinung Frühbauers hunderte
Mio. S kosten. Mir wurde diese Frage wesentlich problemloser und
billiger dargestellt. Ich werde daher unbedingt im Juli die Köln-
breinsperre besichtigen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte alle Unterlagen zusammenstellen
lassen.
Die Fa. Legart
und 30 Beschäftigte als erste Stufe unterbringen. Voraussetzung
dafür ist, daß die Investitionen mit 20 Mio. S und ein Betriebs-
mittelkredit von 8 Mio. bereitgestellt werden. Ein verlorener Zu-
schuß von 7 Mio. wird dafür erwartet. 100.000,–– pro Beschäftigten
könnten sie aus der Grenzlandförderung bekommen, das wären 3 Mio.
MR Gröger ist überzeugt, daß man von NÖ noch einen größeren ver-
lorenen Zuschuß bekommen könnte. Gegebenenfalls kann auch aus der
Arbeitsmarktverwaltung für die Umschulung etwas geleistet werden.
Wir haben uns im Handelsministerium verpflichtet, für die Fa. Legart
jetzt eine interministerielle Besprechung abzuhalten, wo alle an
dieser Betriebsansiedlung Interessierten zusammengerufen werden.
Ich habe den Firmenvertretern und dem BRO erklärt, wir würden als
Anwälte für dieses Projekt im Sinne unserer Devise "Service für
die Wirtschaft" auftreten. Die Vertreter waren über unsere unbüro-
kratische Art der Behandlung sehr begeistert. Hoffentlich gelingt
es uns für dieses Projekt die notwendigen Mittel aufzubringen.
Natürlich werden alle Verhandlungen, die ich jetzt führe, immer
wieder von den Zuschüssen für General Motors beeinflußt. Die Firmen
könnten und können nicht verstehen, daß sie weniger kriegen sollen
als dieser amerikanische Gigant.
Die Ausstellung neues Wohnen von einer Architektengruppe insbes.
unter Führung v. Architekt Mang und seiner Frau im Gewerbemuseum
wurde von Albrecht und mir besucht. Mang ist über diese Anteilnahme
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sehr erfreut. Albrecht versuchte ihn für die Arbeitsgruppe des
Konsumentenbeirates "Schöner wohnen" zu gewinnen. Albrecht ist
auch in dieser Beziehung eine Bereicherung für das Handelsministe-
rium, niemand hat bis jetzt, und am allerwenigsten ich, die notwendi-
ge Zeit und Lust gehabt, sich mit den Architekten, die ja so halbe
Künstler sind, in all diesen Fragen zusammenzusetzen, auseinander-
zusetzen und sie dann letzten Endes doch für die Idee des Handels-
ministeriums zu gewinnen. Die Ausstellung ist durch ihre Schlicht-
heit wirklich beeindruckend. Überrascht war ich zu erfahren, daß
schon 6000 Besucher zu verzeichnen sind. Wohnen dürfte daher immer
noch ein hit für die jüngeren Leute sein.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Diese Tendenz sollte man wirklich mehr
nützen.
Der Landesproduktenhandel, KR Bruck, und Dir. Engleitner von der Ge-
nossenschaft wollten von mir eine Zusage wegen der Getreideaufkauf-
spannen. Nach ihren Berechnungen ist die kostendeckende Spanne
28,23 S, für Roggen haben sie derzeit S 14,70 und für Weizen S 17,80
pro Meterzentner. Ich hatte ihnen keinerlei Zusagen gemacht, da
ich der Preiskommission nicht vorgreifen möchte. MR Kurzel als Vor-
sitzender, erklärte ich ihnen, hat einen schwierigen Stand. Auf der
einen Seite wollen die Landwirte immer mehr für den Erzeugerpreis,
als letzten Endes die Kommission genehmigen kann, und andererseits
die Konsumentenvertreter weniger Brotpreis und Mehlpreiserhöhung,
als die Kalkulationswünsche der Unternehmer ergeben. Mit Recht
konnte ich darauf verweisen, daß immerhin in den 10 Jahren meiner
Tätigkeit im Handelsministerium auch für diese Handelsstufe mehr
geschehen ist als bei meinen Vorgängern. Dies habe ich frech be-
hauptet und interessanterweise gar keinen Widerspruch, sondern so-
gar Zustimmung erhalten. Das einzige, für das ich mich verpflichtete,
war mit Minister Haiden über die 30.000 t Gerste Ägypten-Export aus
der Hilfslieferung zu sprechen und über die 1/4 % Zinsenvergütung,
die ihnen bei der letzten Regelung gestrichen wurde. Mit Minister
Haiden habe ich dieses Gespräch dann geführt und er hat erklärt,
diese Probleme mit ihnen zu besprechen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Kurzel über das Ergebnis der Aussprache
bitte informieren.
Im Parlament stand zuerst der Bericht des außenpolitischen Aus-
schusses zur Debatte. Unterbrochen wurde die Sitzung um 4 Uhr
mit einer dringlichen Anfrage an Kreisky und Androsch wegen der
Quellensteuer. Dieselbe Anfrage hatte die ÖVP ja bereits im Bundes-
rat gestellt. Die Debatte war äußerst hart. Unsere Debattenredner
hatten es sehr schwer. Jeder einzelne wurde immer wieder durch
Zwischenrufe unterbrochen: Sind sie auf der Seite Androschs oder
auf der Seite Kreiskys? Liefern sie diesem oder jenem mehr Argumen-
te? Für oder gegen? Die richtige Meinung Kreiskys, daß man in
einer Demokratie doch über alles debattieren könnte und auch in
einer Partei sollte, ist nur bedingt richtig. Weder die Öffentlich-
keit, geschweige denn die Parteigenossen in den Organisationen, lie-
ben eine solche Debatte innerhalb der Regierung, noch wünschen sie
so eine Debatte.
Die nach der Dringlichen fortgesetzte außenpolitische Debatte mit
weiteren 7 Rednern dauerte dann natürlich entsprechend lang. Zuletzt
stand dann noch der Bericht über den Mühlenfonds auf der Tagesordnung,
zu dem dann der ÖVP-Abgeordnete Gorton noch das Wort ergriff. Er
appellierte neuerdings an mich, die Exportvermahlung weiter zu för-
dern.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Kollegin der Industriesektion soll eine
diesbezügliche Information zusammenstellen.
Das wirklich Schlimme an der Auseinandersetzung Kreisky-Androsch
ist, daß natürlich unzählige Gerüchte rumschwirren und alle mög-
lichen und unmöglichen Kombinationen rumerzählt werden. In den
letzten Jahren wurde gerade in den Sommermonaten immer irgendein
Problem von den Massenmedien hochgespielt und dann über die Massen-
medien auch verhandelt resp. diskutiert. Dies hat schon unserer
Partei nicht sehr gut getan. Diese Auseinandersetzung aber, wenn
es jetzt nicht vor dem Sommer zu einer Lösung kommt, wird noch
furchtbarer werden. Ich glaube, das ganze Problem muß sehr schnell
gelöst werden, sollte nicht ein größerer Schaden entstehen.
Tagesprogramm, 1.7.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Typoskript "Parlamentsklub 1. Juli 1980 9.00 Uhr"
55_0836_03Tagesordnung 49. Ministerratssitzung, 1.7.1980