Mittwoch, der 26. März 1980

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Mittwoch, 26. März 1980

Im konsumentenpolitischen Beirat hat Frau Staatssekretär jetzt
nicht nur den Vorsitz übernommen, sondern, wie ich als Zuhörer dann
feststellen konnte, durch ihre Zusammenfassung und ganz besonders
durch sehr geschickte Verhandlungsführung selbst kritische Situ-
ationen leicht gelöst. Die Berichte der einzelnen Arbeitsgruppen
zeigten, daß eine gewisse Aktivität herrscht, im großen und
ganzen aber stellt sich doch immer mehr heraus, daß es sich um
Routinearbeit handelt. Dies liegt nicht zuletzt daran, daß ich
mich in den letzten Monaten doch sehr wenig um die ganzen konsu-
mentenpolitischen Fragen gekümmert habe. Albrecht wird jetzt
sicherlich als neuer Besen nicht nur gut kehren, sondern auch
mit neuen Ideen diese Arbeit entsprechend befruchten. Ein Fehler
darf ihr aber nicht passieren, die Konsumentenseite, ob Arbeiter-
kammer, Gewerkschaftsbund oder auch andere Institutionen, glaubt,
alle Probleme mit entsprechenden Verordnungen lösen zu können.
Die große Gefahr besteht dann darin, daß zwar Verordnung über
Verordnung rauskommt, ich denke hier z.B. an die Produktendekla-
ration, und daß letzten Endes niemand im Stande ist die Durch-
führung dieser Verordnungen zu kontrollieren. Darüber hinaus
kommt es zu einer immer komplizierteren Lösung von allen Mate-
rien. Landtagsabgeordneter Ebert z.B. hat die Elektrizitäts-
und Gasabrechnung der Gemeinde Wien vorgelegt. Diese sind der-
artig kompliziert, daß man sie wirklich als Abnehmer und damit
als Laie kaum versteht. Weniger Verordnung, weniger komplizierte
Formulare, dafür wirklich mehr Hilfe für den Konsumenten, das
müßte das Ziel des Ministeriums sein. Ein typisch positives Er-
gebnis bringt immer wieder die Reisebürobeschwerdekommission,
in der letzten Zeit ist sie sehr stark angewachsen. 90 % der
Fälle werden positiv erledigt und über 95 % der Beschwerden be-
treffen Auslandsreisen von Österreichern. Ich glaube, daß
Service für den Konsumenten in recht vielen solchen Lösungen auf
allen Gebieten angestrebt werden sollte. Unkomplizierte, ein-
fache, kleine Kommissionen sollten dem Konsumenten helfen zu
seinem Recht zu kommen.

Eine Studie, die die betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen


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für den Handel bringen sollte und 160.000 S kostet, wird jetzt
von der Handelskammer zur Hälfte finanziert und soll dem Insti-
tut für Handelsforschung gegeben werden. Im Prinzip, nach dem
die Handelskammer sich jetzt zu einem Beitrag entschlossen hat,
stimme ich auch dem zu.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Entsprechendes veranlassen.

Da der konsumentenpolitische Beirat, aber auch das konsumenten-
politische Forum doch bis jetzt größtenteils Männersache, obwohl
unter großer Beteiligung von Frauen, gewesen sind, möchte Albrecht
ein Frauenforum einberufen, wo sie spezifische Frauenfragen zur
Sprache bringt. Dr. Farnleitner von der Handelskammer hatte Angst,
daß hier dann ein eigenes Organ entsteht. Dies hat Albrecht so-
fort klargestellt, daß es sich hier nicht um eine emanzipatori-
sche Frauenaktion handeln soll, sondern eben nur eine Zusammen-
kunft und womöglich Koordinierung aller Interessen von Frauen-
fragen in den verschiedensten Gremien, Parteien, Interessens-
vertretungen usw. Dadurch, daß Albrecht dieses Problem im konsu-
mentenpolitischen Beirat nicht nur zur Diskussion gestellt hat,
sondern dann auch einstimmig beschlossen wurde, hat sie eine
wesentlich bessere Ausgangsbasis als alle meiner Meinung nach
bisher begonnenen Ansätze Frauenprobleme auf nicht so breiter
Basis zu lösen.

Dr. Koppe, Konsumenteninformation, schlug vor, daß nicht nur die
dafür zuständigen Stellen jetzt festlegen, wie der Benzinver-
brauch gemessen wird, sondern daß es jetzt eine Arbeitsgruppe
geben sollte, die die Einführung dieser neuen Produktdeklaration
so schnell als möglich erledigen sollte. Voraussetzung ist, daß
jetzt endgültig die dafür in Frage kommenden Ministerien die
ECE-Richtlinien beschließen und verordnen. Im Handelsministerium
sollten wir dann gleichzeitig auch bei jeder Motormarke dazu-
schreiben, ob er mit Super-Benzin allein oder doch mit Gemisch,
und zwar mit welchem fahren kann.

Dr. Preiß, Obmann der Konsumenteninformation, wollte den Möbel-
ausschuß, der 1972 seinerzeit gegründet wurde und jetzt seit
Jahren stilliegt, wieder reaktivieren. Übereinstimmend wurde


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festgehalten, daß ein neuer Ausschuß sich mit Design, dem
Staatspreis, der Werbung und vielem anderen beschäftigen muß.

Dr. Knittler meinte, daß 40.000 Skiunfälle jährlich passieren,
die hauptsächlich durch unzweckmäßige Ski verursacht werden.
Er möchte eine Produktdeklaration, wonach die Anfänger, die
Fortgeschrittenen, die Rennläufer an den Ski schon erkennen,
für welchen Typ er gebaut wurde. Dagegen gab es mit Recht viele
Bedenken, denn der junge Mensch will auf alle Fälle Rennläufer-
ski, auch dann, wenn sie teuer sind und für ihn gar nicht die
richtigen durch mangelndes Fahrkönnen. Hier müßten wesentlich
andere Einteilungen erfolgen und abzuwarten sein, wie sich das
Skikartell überhaupt entwickelt.

Gute Vorschläge hat Ing. Safran, der die Auskunft bei der Konsu-
menteninformation leitet, gemacht. Er spricht wirklich aus der
Praxis. Die rechnenden Waagen, die immer stärker werden, müßten
jetzt größere Anzeigen haben. Das Bundeseichamt hat bis jetzt
leider noch nicht den diesbezüglichen Erlaß herausgegeben.

Die Gebrauchsanleitungen müßten jetzt endlich in Deutsch ge-
druckt und beigegeben werden.

Die Giftordnung müßte endgültig jetzt erlassen werden, um die
Kennzeichnung besser an den Packungen anordnen zu können.

Die Telefonwerbung, die nicht nur eine Belästigung darstellt,
sondern wo man dann auch den Angerufenen womöglich veranlaßt,
daß er sagt, kommen sie mich besuchen, wodurch eine Bestellung
erfolgt ist und dies für das Rücktrittsrecht von großer Bedeu-
tung ist, müßte durch Aufklärung oder vielleicht gar durch ande-
re Maßnahmen eingeschränkt werden.

Die Sonderverkäufe müßten jetzt besser geregelt werden.

Ein einheitliches Flaschenpfand wird von jedermann verlangt,
Produzenten, Händler und vor allem auch dem Konsumenten

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Hier sind wir wirklich nicht viel weiter
gekommen.



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Außerhalb der Tagesordnung und Sitzung machte mich Safran da-
rauf aufmerksam, daß es jetzt im Juni zum 10. Mal sich jährt,
wo wir 1970 die konsumentenpolitische Deklaration erlassen
haben. Dies könnte ein guter Grund sein, mit der gleichzeitigen
Übernahme von Staatssekretär Albrecht, die erste 10-jährige
"Männer-Periode" jetzt durch eine eigentlich für die Frau prä-
destinierte Leitung abzulösen und gleichzeitig eine neue Periode
einzuleiten. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, daß es eben
unter dem Motto Service für den Konsumenten mehr Beratung, mehr
Information, mehr Schlichtung usw. geben kann, wenn dies dann
vielleicht sogar durch Ausholzen von unnötigen Verordnungen ge-
schieht, wäre dies ein sehr guter Einstand für die Staatssekre-
tärin Albrecht.

ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte in einem kleinen Kreis unver-
züglich die Möglichkeit einer entsprechenden Großankündigung
und 80-er-Jahr-Planes besprechen.

Die Firma Werner & Pfleiderer mit 320 Beschäftigten hat im
letzten Jahr eine schwere Umsatzeinbuße erlitten. Die Staats-
handelsländer, Polen, CSSR, Ungarn, Jugoslawien, haben wenig
Öfen bei ihnen bestellt. Derzeit haben sie nur einen großen Auf-
trag vom Irak mit 22 Mio. $. Dort backen sie aber nicht nur
europäisches Brot, sondern in Wirklichkeit dieses Fladenbrot,
welches jetzt gerade in Ägypten in den Vertrag 50 und noch ein-
mal 25 europäische Backanlagen aufgenommen wurden. Die Firma
hat es leider unterlassen, vor meiner Ägypten-Reise das Handels-
ministerium, ja nicht einmal den Handelsdelegierten in Kairo
zu informieren. Werner & Pfleiderer hat bereits 8 Backanlagen
nach Ägypten geliefert. Wir waren der Meinung, daß die Firma
Prohaska aus Weiz die einzige österreichische Firma ist, die
sich bis jetzt mit diesen spezifischen Bachproblem beschäftigt
hat. Die Entwicklungshilfe, Sekt.Chef Gatscha, war daher auch be-
reit für dieses Projekt entsprechende Zuschüsse in Form von fast
2 Mio. S. Zinsenstützung zu geben. Ich habe den Kollegen, der
Betriebsrat war ja der Anreger, und der ganzen Firmenleitung und
Aufsichtsrat erklärt, daß es sich hier primär um ein Finanzie-
rungsproblem handeln wird. Sie müßten hier ebenfalls mit der


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Entwicklungshilfe, Bundeskanzleramt oder Kreisky selbst spre-
chen. Geschäftsführer Lutz vom Mutterwerk in Stuttgart teilte
mir mit, daß die Franzosen nach wie vor einen 15-Jahreskredit
5 Jahre rückzahlungsfrei für 3 1/2 % geben. Die Deutschen haben
jetzt 5 1/2 % Zinsen verrechnet. Dieses Zinsproblem wird nach
wie vor die entscheidende Frage sein und bleiben. Ich habe den
Kollegen empfohlen, sich mit den dafür zuständigen österreichi-
schen Stellen, Österreichische Kontrollbank, Finanzministerium,
Bundeskanzleramt zu wenden. Der bayrische Staatsminister
Waldenfels wurde vom Donaueuropäischen Institut eingeladen,
einen Vortrag zu halten und hat mir einen Anstandsbesuch abge-
stattet. Er beurteilt die Konjunkturlage in der Bundesrepublik
wesentlich pessimistischer als ich in Österreich. Er selbst
meinte, daß es zwischen den österreichisch-bayrischen und damit
auch zwischen österreichischen und bundesdeutschen Beziehungen
keine Probleme gibt. Einzig in einigen Befähigungsnachweis-
fragen von Gewerbebetrieben aus Bayern, die sich an österreichi-
schen Ausschreibungen beteiligen wollen, wurden in der letzten
Zeit Beanstandungen an ihn herangetragen. Ich empfahl ihm,
dieses Problem bei der deutsch-österreichisch Gemischten Beamten-
kommission anhängig zu machen. Dort wird nämlich auch von der
österreichischen Seite als einzige wirkliche, wenn auch unbe-
deutende Kritik österreichischerseits auch manchmal Beschwerde
über gewerberechtliche Fragen vorgebracht. Interessiert zeigte
sich Waldenfels über die ARGE Alp. Da diese Länderbesprechung,
wenn sie wirklich wirksam werden müßte, über die einzelnen Bun-
desländer, die davon betroffen sind, in Österreich an den Bund
resp. von Bayern wahrscheinlich an das Bonner Wirtschaftsmini-
sterium und von den Italienern nach Rom und von den Jugoslawen
nach Belgrad delegiert werden müßte, da dort ja die entscheidende
Wirtschafts- und Handelskompetenz liegt, dann sofort nicht mehr
funktionieren würde, kommt der ARGE Alp nur eine psychologische
Bedeutung zu. Dies war auch die Meinung des Staatsministers.
Konkrete wirtschaftliche Vereinbarungen wie z.B. das ACCORDINO
zwischen Südtirol und Nordtirol und Vorarlberg kann es ja auch
aufgrund unserer Verfassung nicht mehr noch einmal geben.

Beim Referat in der Fraktion der Zentralsparkasse sprach ich ein-
mal mehr wieder über die Wirtschaft und ganz besonders natürlich


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Energiesituation. In der Diskussion stellte sich auch heraus,
daß letzteres für die meisten Zuhörer scheinbar am interessan-
testen ist. Natürlich ist im Gefolge der jetzt auch positiv
abgeschlossenen Volksabstimmung in Schweden nach der Schweiz
die Frage der Kernkraft in Österreich aufgetaucht.

Das selbe übrigens ereignete sich dann bei der Sektionsjahres-
versammlung auf der Landstraße.

Einmal mehr erschütternd für mich war der Besuch bei Pittermann.
Er ist geistig voll da, kann aber leider durch seine Blindheit
den Kontakt mit seinen alten Bekannten und politischen Freunden
nur dann aufrecht erhalten, wenn sie ihn besuchen kommen. Seine
Tochter beschwerte sich dann, als sie mich zur Tür brachte, daß
es sehr sehr wenige sind, die überhaupt nur gelegentlich vor-
beikommen. Dazu muß ich zu meiner Schande gestehen, zähle auch
ich. Ich habe mir fest vorgenommen, doch in kürzeren Abständen
ihn zu besuchen. Vorher muß allerdings der Termin mit seiner
Tochter vereinbart werden, damit auch sie anwesend ist. Ich
werde mit Klubobmann Fischer reden, ob wir nicht doch ein System
finden können, wo man sich ein bißchen mehr um ihn kümmert.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte doch bei Löchern im Terminkalender
Pittermann gelegentlich einschalten.

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Tagesprogramm, 26.3.1980

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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