Freitag, 21. Dezember 1979
Da die Kollegin Wiesinger geglaubt hat, dass das Parlament auch
noch am Freitag tagt, wozu es überhaupt keinen Grund allerdings
gab, wurde die Überreichung der Orden und Auszeichnungen an
die Bediensteten bereits für 8 Uhr im Marmorsaal festgesetzt.
Obwohl ich zeitig genug weggefahren bin, blieben wir so im
Verkehr stecken, dass ich das letzte Stück zu Fuss gelaufen
bin und natürlich daher um 5 Minuten zu spät kam. Trotz Urgenz
von Dr. Burian waren die Unterlagen am Vortag nicht zu bekommen.
Es hiess, es seien nur einige wenige, die entsprechende Beförde-
rungen und Auszeichnungen bekämen. Ich war sehr überrascht, als
ich auf dem kürzesten Weg im Marmorsaal erschien, um dort nicht
nur Dutzende Beamte vorfand, die ich auszuzeichnen hatte, oder
das Dekret zu übergeben, sondern einen so vollen Marmorsaal, dass
ich mir mit Mühe den Weg durchbahnen musste. Ich entschuldigte
mich für das Zuspätkommen, liess einstweilen die in meinen Büro
wartenden Sektionschefs kommen und begann dadurch sehr unkon-
ventionell. Die Feier verlief wie gehabt. Wenn man dies zwei Mal
im Jahr – und dies durch 10 Jahre macht – muss man achten, dass
dies nicht in eine Routine erstarrt. Überraschend für mich –
und dies zeigt, wie beliebt doch MR Ottahal war – bekam er als
einziger Beifall bei der Überreichung des Sektionschef-Titels
bei gleichzeitigem Übertritt in den Ruhestand. Frenetisch war der
Beifall ja nicht, aber immerhin einige hatten das Bedürfnis
zu applaudieren. Wenn man um 8 Uhr Früh die Auszeichnungen über-
reicht, dann zahlt sich die Tradition im Handelsministerium aus,
dass jeder Beamte dann für diesen Tag dienstfrei bekommt.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte allerdings nicht mehr so zeitige
Termine festsetzen.
In der Preiskommission wurde wie erwartet von den Handelskammer-
vertretern die grosse Show abgezogen. Sie deponierten ihren Pro-
test gegen die Elektrizitätspreiserhöhung, insbesondere dass
für die Grossabnehmer keine gesonderte Regelung von den anderen
akzeptiert wurden und verliessen die Sitzung. Die Idee von Dr.
Obendorfer, die ja bereits im Präsidium der Handelskammer vorge-
schlagen hatte und natürlich von dieser akzeptiert wurde, war, dass
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die Gewerbebetriebe nur 4/5 des Erhöhungssatzes belastet werden
und über das fünfte Fünftel erst im Laufe der Tarifgestaltung
und Durchrechnung bis Ende März endgültig entschieden werden
sollte. Da aber bereits im Vorprüfungsverfahren die anderen
Beteiligten, sowohl die Kammern als auch die Elektrizitäts-
unternehmen diese Lösung nicht akzeptierten, waren sie fest ent-
schlossen, nicht zuletzt auch aus Demonstrationsgründen ihren
Unmut zu dokumentieren. Ich hatte sie auch in der Preiskommission
noch davor gewarnt, indem ich ankündigte wenn sie die Konsens-
politik verlassen wollen, dann muss dies natürlich Konsequenzen
haben. Ihre Anliegen, und dies hatte ich bereits im Präsidium
der Handelskammer gesagt, werden dann sicherlich schlechter ver-
treten sein als bisher. Nicht zuletzt durch die kommenden Handels-
kammerwahlen wird sich wahrscheinlich das Klima jetzt ein wenig
verschlechtern. Die Arbeiterkammer und die Landwirtschaftskammer
haben die Lösung zur Kenntnis genommen und nur ihre Bedenken gegen
einzelne Punkte zu Protokoll gegeben.
Dr. Hlavac von FS 1 hat wegen der Ölkrise Caracas, OPEC-Sitzung
und insbesondere der neuen Vorschläge gespaltenen Ofenheizölpreis
und Superbenzin frei. ein jetzt sehr faires Interview gemacht. Er
ist erschüttert, dass Burian und ich ihm zwar nur indirekt zu ver-
stehen gegeben haben, er versucht mit den Fragen immer wieder seine
Meinung reinzubringen und nicht die des Interviewten. Wenn man
nämlich über ein Thema x-mal frägt, dann kommt es zu verschiedenen
Variationen der Beantwortung und die Folge davon ist, dass eine
gewisse Manipulation dadurch entsteht. Hlavac entschuldigte
sich dahingehend, er würde auch, wenn unklare Antworten kommen,
beim Bundeskanzler nachstossen. In Wirklichkeit geht es aber nicht
darum, sondern ausschliesslich um die Frage, wie er seine Meinung
reininterpretiert. Dieses Mal hat er es, wie gesagt, unterlassen.
Im Bundesrat kamen die diversen Handelsausschussgesetze zum National-
rat zur Behandlung. Interessanterweise gab es über die EFTA-Spanien-
Vereinbarung und GATT-Vereinbarungen zum Unterschied vom National-
rat, im Bundesrat eine Diskussion. Abg. Schwaiger hat sogar mit
Verwunderung vermerkt, dass die Nationalräte scheinbar dazu nichts
zu sagen haben. Ich habe ihm dann erklärt, dass dafür heute keine
Zeit zur Verfügung gestanden ist, die nur zur Bemerkung veran-
lasste, aber zum Wadlbeissen haben sie viel Zeit. Damit hat er
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nicht sehr unrecht.
Eine kleine Auseinandersetzung zwischen Wirtschaftsbund, Dr. Pisec,
und Freiem Wirtschaftsverbändler Berger gab es dann natürlich zu dem Punkt
6. Handelskammergesetznovelle. Jeder reklamierte für sich die
Vorteile dieser Novelle, insbesondere dann die 0.1% Zuschüsse
die die Handelskammer bekommt, um die Arbeiterabfertigung finan-
zieren zu können. Pisec hat mir dann unter 4 Augen zugegeben,
dass sie eine Fondslösung deshalb abgelehnt haben, weil sie noch
immer – und dies wahrscheinlich zu Recht hoffen – dass es später
eine andere Lösung gibt, denn die Arbeiterabfertigung wird die
Unternehmer in Hinkunft immer stärker belasten und selbst mit
den 0.1% kann nicht das Auslangen gefunden werden. Meinem Dafürhal-
ten nach hat dann die Handelskammer mit der Umlage auf die Lohn-
summe eine neue sichere Finanzierung ihrer Institution durchgesetzt.
Gefühlsmässig hat dies die Arbeiterkammer vermutet, aber selbst
Gewerkschaftsbund und Konsum konnten sich gegen die Zusage Kreisky
dieses 0.1% der Kammer zu geben, wofür er, wie er stolz berichtet,
3 x 100 Mio. Schilling für Forschung und Entwicklung aus den Ex-
portmitteln aus der Handelskammer bekomme. Im Grunde genommen also
für die Handelskammer ein sehr gutes Geschäft.
Bei unserer Weihnachtsfeier im Büro haben wir gleichzeitig den
Kollegen Schönbauer – Amtswart – wie es so schön heisst, verab-
schiedet, der in Pension geht. Im nächsten Jahr habe ich in meiner
Ansprache kurz erwähnt, wird eine Generationsablöse unserer Kolleginnen
erfolgen. Sowohl Wiesinger als auch Nähsmann gehen in Pension,
die Jungen werden dann ihre Arbeit – und dies hoffe ich, so gut,
wenn auch nicht mit der Erfahrung der älteren Kolleginnen – fort-
setzen.
Tagesprogramm, 21.12.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)