Mittwoch, 5. Dezember 1979
Der chinesische Vizeminister für wirtschaftliche Angelegenheit
mit dem Ausland WEI ist für die bi- und multilaterale Entwick-
lungshilfe sowie für Wissenschaft und technische Kooperation
zuständig. Die Aussprache verlief so wie stets, chinesisch,
freundlich. Die Chinesen lachten zu allen, was nur annähernd
eine humorvolle Seite hatte. Früher hatte ich immer geglaubt,
dies sei die ausschliesslich chinesische Höflichkeit, auch dann,
wenn dies auf Deutsch höchstens ein Lächeln wäre, haben sie
deutlich freundlich entsprechend gelacht. Da die chinesische
Botschaft jetzt einen phantastischen Übersetzer hat, der sicher-
lich jede kleinste Nuance entsprechend wortgetreu übersetzt, ist
mir diese Art der Gesprächsführung noch mehr "chinesisch". Be-
sonders aufgefallen ist mir, dass, wenn der Übersetzer ins Chinesi-
sche übersetzt, so spricht er laut und deutlich, wie wir eben
sprechen, übersetzt er von Chinesisch ins Deutsche, so flüstert
er genau so, wie eben der Chinese seine Ausführungen macht. Den
Inhalt konnte ich natürlich in keiner Beziehung prüfen. Aus der
Mimik und aus dem Tonfall aber glaubte ich schliessen zu können,
dass die Übersetzung perfekt war. Ich hatte ihn gefragt, wo er so
gut Deutsch gelernt hat, da er ja noch sehr jung ist. In Peking
und dann 2 Jahre in Bonn. Meine Frage, wie man den chinesischen
Handel vergrössern könnte: erstens sich besser kennenlernen,
zweitens kleinere Projekte und den technischen Austausch nicht ver-
gessen und drittens die Betriebsverwaltung und das Management
in China muss sich bessern, weshalb sie entsprechende Unterstützung
erwarten. Grösste Anerkennung für die Chinesen, die jetzt im
Technischen Gewerbemuseum Plastikproduktions-Knowhow lernen.
In China gibt es grosse wirtschaftliche Schwierigkeiten durch die
Neuregulierung. Die Viererbande hat die Konsumgüterindustrie
vernachlässigt, weshalb jetzt Versorgungsschwierigkeiten bestehen.
Die Industrie muss daher mit ihren Grossprojekten zurückstehen. Ent-
weder wurden sie verschoben oder zumindestens verlangsamt. Die
Grossprojekte werden von einer Einfuhr- und Ausfuhrkommission, die
interministeriell mit vielen Ministerien beschickt wird, gebilligt,
Wichtig wäre, dass ich jetzt endlich mit GD Apfalter von der VÖEST
nach China reise, Ein Kooperationsvertrag, der jetzt zwischen
China und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen wurde, wäre
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auch vom chinesisch-österreichischen Aussenhandel von grösster
Bedeutung. Mein Hinweis, dass wir bereits 1974 einen Entwurf übermit-
telt haben, auf den wir bis jetzt keine Antwort bekamen, meinte
der chinesische Botschafter in Österreich, der übrigens jetzt
dann sehr bald Wien verlassen wird, sollten wir neuerdings nach
Peking schicken und auch ihn übermitteln. In diesem Schreiben
soll auch drinnen stehen, dass wir bereits 1974, also lange be-
vor die Deutschen oder andere ein solches Kooperationsabkommen
abgeschlossen haben, schon einen Entwurf sendeten, auf den wir
bis jetzt keine Reaktion erhielten. MR Hillebrandt bemerkte mir
gegenüber mit recht, dass wir in der Zwischenzeit etliche Male urgiert
haben und die chinesische Seite auch nicht reagierte. Dies gilt
natürlich auch für den jetzt uns verlassenden chinesischen Bot-
schafter. Dies habe ich ihm selbstverständlich nicht gesagt, denn
es wäre taktisch unklug, ihm, der sicherlich erklären wird, die
Viererbande ist schuld, dass dieses Kooperationsabkommen nicht
zustande kam, nachzuweisen, dass auch er in dieser Frage nichts
getan hat.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Erledigung in Evidenz halten.
Der polnische Handelsdelegierte hätte mir bereits vor der
Polenreise ein Schreiben, noch dazu in Polnisch von Minister
Olszewski bringen sollen, worin er mich und meine Frau zum
Urlaub nach Polen einlädt. Einmal mehr konnte ich meine Theorie
bestätigt fühlen, wie sinnlos es ist, einen Handelsdelegierten wo
zu haben, der nicht die Sprache des Landes spricht. Der Neue, glaube
ich, kann nicht einmal Englisch, weshalb er sich einen Übersetzer
mitgebracht hat. Ich habe auf diese Einladung mit meinem alten
Schmäh geantwortet, ich bin das ganze Jahr auf Urlaub, siehe
vorletztes Wochenende in Polen, dieses Wochenende in Paris, also
stets im Ausland, also stets auf Urlaub. Da die nächste Gemischte
polnisch-österreichische Kommission in Krakaus stattfinden wird,
und ich Olszewski bereits zugesagt habe, da meine Frau mitzu-
nehmen, so ist dies als ein Wochenendurlaub zu verstehen.
Prok. Brunner von den Garvens-Pumpen ist mit den Betriebsrat
zufällig vorübergekommen und erzählte mir, dass sie jetzt
Pumpen 200 PS, 200.000 Schilling das Stück bis zu 200 für die
polnischen Bergwerke liefern könnten. Die Polen werden bei
grösserer Produktion mit noch grösseren Wassereinbrüchen rechnen
müssen und daher die Pumpen dringendst brauchen. Ich habe ihm
sofort empfohlen die Kontakte mit den polnischen Stellen aufzu-
nehmen und auf die neue Vereinbarung zwischen Bank Handlowy und
der österreichischen Kontrollbank zu verweisen, wo für diese
Investitionsgüter entsprechende Mittel bereitgestellt werden,
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Länderreferenten verständigen.
Der Bürgermeister von Radkersburg, unterstützt vom Stadtpartei-
obmann, wie mir sein Begleiter nachher bestätigte, möchte grössere
Unterstützung für den Ausbau ihrer Thermen. 1928 wurde von der
Firma RAKI nach Erdöl gegraben und man stiess auf einen Säuer-
ling. Das Thermalwasser auf 1.900 m Tiefe, 80 O, 18 Bar ?? hat
eine riesige Schüttung von 100 cbm pro Stunde. Weitere Horizonte
mit entsprechendem Thermalwasser sind sicherlich vorhanden. Über
die Mur drüber gibt es eine Naphthaquelle, wo 350.000 Österreicher
nach Moravske zur Heilung fahren. Jetzt ist es ihnen geglückt,
doch etliche 10.000 Gäste in Österreich zu behalten. In ihrem
Thermalbad bezahlt man 40 Schilling für den ganzen Tag, der
Pensionistenverband hat sogar noch ein Spezialarrangement und
5 Schilling Rabatt. Bei 2.000 Einwohnern hat Radkersburg ein
Gesamtgemeindebudget von 7 Mio Schilling. Für das jetzt gebaute
Freibecken und für Bäder haben sie eine Kur-Ges.m.b.H. gegründet.
Die Frage ist nur, welche Grossprojekte und wer diese Grossprojekte
dort errichten sollen. Sie brauchen mehr Hotels und noch viel mehr
eben entsprechende Mittel für den Ausbau ihrer Kureinrichtungen.
Wie eine Detailbesprechung dann zwischen Haffner und Dr. Ortmann
ergab, sind für den sicherlich sehr aufstrebenden Ort keine Projek-
tanten zu finden. Eine Unterstützung des Handelsministerium ist
daher äusserst schwierig.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Halte Dich bitte auf dem laufenden und
stets Kontakt mit dem Bürgermeister und Stellvertreter.
Im Parlament hatten SChef Jagoda, MR Kurzel, Burian und ich mit
den Sozialpartnern, Handelskammer, Dr. Farnleitner und Dr. Katsch,
ÖGB, Dr. Schmidt, später dann noch Tumpel, Dr. Smolka, Dr. Meinhart,
von der Arbeiterkammer Dr. Zöllner, Dkfm. Blaha, Dr. Knittler,
ein sehr sachlich und ruhig geführtes Gespräch über die Preis-
regelung und Novelle des UWG und Nahversorgung. Einleitend demon-
strierte ich den Sozialpartnern meine seit jetzt einem Jahrzehnt
gepredigte alte oder neue Vorstellung über die Änderung des Preis-
gesetzes zur Neuschaffung in Form eines Ermächtigungsgesetzes. Diese
Rute in Fensterlösung anstelle der jetzt punktuell geregelten
im Gesetz festgelegten amtlichen Preisregelung wurde von Schmidt
sofort als ein Krampusgeschenk bezeichnet. Farnleitner wieder
meinte, sie könnten sich vorstellen, dass dort, wo kein Wett-
bewerb herrscht, sehr wohl eine Preisregelung Platz greifen sollte.
In diesem Fall wäre eine Ermächtigung für eine punktuelle Preis-
regelung von der Handelskammer zu erhalten. Schmidt, aber auch
die Arbeiterkammer wehrten sich nicht zuletzt zu meiner grössten Ver-
wunderung auch deshalb gegen die Idee, die ich seit Jahren propa-
giere, weil sie darin eine Überlastung der Paritätischen Kommis-
sion erblicken. Dies gilt nicht nur allein über die Menge, die sie zu-
sätzlich zu bewältigen hätten, sondern da es sich um sehr kritische
Preise, wie z.B. den Milchpreis handelt, würde nach Meinung der Arbeit-
nehmerseite daran die Paritätische Kommission scheitern. Diesen
Gesichtspunkt hatte ich bis jetzt nicht beachtet. Ich hatte immer
geglaubt, dass es von grösstem Interesse der Interessensvertre-
tungen wäre, mehr Kompetenzen zu bekommen. Da dieser Weg wieder
einmal nicht gangbar ist, diskutierten wir dann die Novellen-
wünsche der Preisreferenten der Bundesländer und vor allem auch die
des Handelsministeriums. Der einzig strittige Punkt blieb dagegen,
die Abänderungswünsche, bezüglich besserer Preisauszeichnung und
Überwachung und der Rechtsbereinigung von alten Anordnungen, Be-
scheiden, Verordnungen kaum abgewählt werden konnte, nur die
strittige Frage der Importpreisregelung. Hier meinte die Handels-
kammer, ich könnte über den ortsüblichen Preis ohne weiteres
gegen überhöhte Preise vorgehen. Dies gelte nach ihrer Meinung
sogar auch für Handelsspanne. Voraussetzung dabei ist natürlich,
dass der Importpreis höher ist als der Inlandspreis. Meistens aber
passt sich der Importpreis mit entsprechend grossen Profiten des
Importhändlers an den Inlandspreis an. Nach Erhebung der Handels-
kammer sind die dauerhaften Konsumgüter unter dem deutschen Handels-
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spannen-Niveau. Dies gilt sicherlich nicht, wie wir dann
feststellen für die PKW-Ersatzteile und für Elektrogeräte sowie
für Fotoapparate. Farnleitner erklärte, er hätte mit dem Kraft-
fahrzeughandel gesprochen und diese wären bereit, die Ersatzteil-
preise entsprechend zu senken, wenn gleichzeitig die Gebraucht-
wagenpreise sich erhöhen würden. Ich habe Farnleitner klar und
deutlich gesagt, dass in unseren Novellenentwurf zum Preisge-
setz die Regelung der Importpreise vorgesehen wird. Ich habe den
Interessensvertretungen immer, wenn es sich um essentiell ent-
scheidende Fragen handelt, zugestanden, auch dann über dieses
Problem nicht nur zu verhandeln, sondern auch im Parlament zu
beantragen, wenn die andere Seite dagegen grösste Bedenken ausge-
sprochen hat. Dies galt für das Antimarktstörung und Antidumping-
gesetz, welches die Handelskammer nach jahrelanger Überlegung und
zuerst sogar Ablehnung, dann doch zustimmte und gilt jetzt für
den Wunsch des ÖGB und AK bezüglich der Importspannenregelung.
Alle erwarten aber, dass im Parlament die ÖVP dieses Gesetz ab-
lehnen wird. Ganz sicher bin ich mir aber deshalb nicht, weil
es gerade vor den Bundespräsidentenwahlen die Diskussion darüber
geben wird. Da es sich aber bei dem Preisgesetz um ein in den
Wirtschaftspaketen eingebundenes Gesetz handelt, wird es letzten
Endes erst im Juni irgend einmal zur endgültigen Beschluss-
fassung im Parlament kommen. Da sind die Bundespräsidentenwahlen
längst vorüber.
Bezüglich des Wunsches, dass die Preiskommission bei den Preis-
kalkulationen in den Betrieben mitprüfen kann, wird Jagoda eine
entsprechende Formulierung dahingehend erarbeiten, dass das
Eintrittsrecht der behördlichen Organe gesichert wird. Bei der
Betriebsprüfung wird festgestellt, dass die Mitglieder der Preis-
kommission zuzuziehen sind. Neu geregelt muss der pharmazeu-
tische Sektor werden, dort kann es bis zu 6.000 Anträge im Jahr kom-
men. Zweckmässig wäre es durchschnittliche Preiserhöhungen für
die einzelnen Firmen festzusetzen. Der Streit hat sich insofern
ergeben, als Hoffmann-La Roche die Mitwirkung der Arbeiterkammer,
insbesondere die Preiskalkulationsprüfung im Betrieb abgelehnt hat.
Diese Preisregelung resultiert nicht im Handelsministerium, son-
dern im Gesundheitsministerium und MR Kurzel teilt mir mit, dass
man dort überlegt, dass System ähnlich des im Handelsministeriums
umzubauen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Salcher-Büro verständigen.
An der weiteren Diskussion über das UWG und Nahversorgungs-
gesetz hat Kurzel dann, weil er damit nichts zu tun hat, nicht
mehr teilgenommen. Den Gesetzentwurf von Jagoda, über die Novelle
zum Nahversorgungsgesetz haben alle im Prinzip zugestimmt. Sie
müssen natürlich diesen Entwurf erst im Detail studieren. Über-
raschend für mich war, dass letzten Endes dann doch auch über die
Produkte, die in Hinkunft nicht mehr unter dem Einstands-
preis verkauft werden dürfen, Einvernehmen erzielt wurde. Es sind
dies Kuhmilch, Rahm, Obers, Butter, Käse aus Kuhmilch, Topfen,
Mehl aus Weizen und Roggen, Schwarzbrot, Semmeln, Würste, vorver-
packtes Fleisch und Zucker. Eine Streitfrage waren Bier und alkohol-
freie Getränke. Farnleitner bestand insbesondere, da ich ihm gar
keine Chance gab, dass alkoholfreie Getränke einbezogen werden könn-
ten, auf das Bier. Dort hat die Paritätische Kommission beschlossen
die Bierindustriellen sollen ihren Sonderrabatt um 1/20 kürzen.
Dies hiesse, dass sie 5 % Erlösverbesserung bei den Grossabneh-
mern erzielen könnten. Billa, Carrefour lehnen dies entschieden
ab und kaufen jetzt polnisches Bier. Der Konsum lehnt dies auch
ab, kann aber bis jetzt zumindestens nicht importieren. Ähnlich
ergeht es auch der Kleinhändlerorganisation SPAR. Das polnische
Bier wird um 1.50 Schilling von den Polen verkauft, um 3.01 Schil-
ling ist dann der Einstandspreis für Billa und Carrefour, um
3.20 Schilling der Verbraucherpreis. Mit diesen Preisen ist nicht
einmal die steuerliche Belastung und die Materialkosten gedeckt.
Da ich bemerkte, dass Farnleitner unter allen Umständen das Bier
in die Liste reinbringen muss, schlug ich der Arbeiterkammer
und Gewerkschaftsbund vor, sie sollten ihre Gegenforderungen dafür
präsentieren. Farnleitner war tatsächlich bereit, für diese
Forderung der Brauereien Bier in die Liste des Verkaufs unter dem
Einstandspreis reinzubringen, nicht nur das Klagerecht der Arbei-
terkammer im UWG, sondern auch das Mogelpackung-Verbot aufzuneh-
men. Weiters gestand er dann zu, auch eine Grundpreisverordnung,
die jahrelang vom Gewerkschaftsbund verlangt wird und niemals
durchzusetzen war, zu akzeptieren. Die Vorschläge von unserem
Patentamt, Gewerblicher Rechtsschutz zum UWG-Gesetz wurden im Prinzip
auch alle angenommen, mit Ausnahme der Bestimmung, wonach Verord-
nungen über Sichtlichmachung von Kennzeichnungselementen vorschrei-
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ben können, dass alle oder einzelne Kennzeichnungselemente in
der Werbung anzugeben sind. Dies lehnt die Handelskammer aus
berechtigten Gründen ganz entschieden ab. Strittig ist noch, ob
auch die Organe in Vollziehung des UWG jederzeit den Betrieb,
insbesondere die Lagerräume besichtigen können und die Kontrolle
des Lagerbestandes vornehmen dürfen. Hier wird, davon bin ich über-
zeugt, aber die Handelskammer nachgehen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Patentamt über das Ergebnis verständi-
gen.
Abgelehnt wurde auch ganz entschieden das Rücktrittsrecht des
Konsumenten bei irreführender Werbung. Die Handelskammer wird
Überlegungen anstellen, wie sie grobe falsche Informationen in
der Werbung vielleicht doch anders verhindern kann.
Nach dieser Aussprache habe ich nur mit den AK und ÖGB-Vertretern
die Strompreiskalkulation besprochen. Da die Arbeiterkammer jetzt
errechnet hat, dass die KELAG nur 0.6% Strompreiserhöhung zusätz-
lich dann der Tangentenverteuerung durch die Verbundgesellschafts-
Tariferhöhung also, weit unter einem 10 oder 12%igen Preiserhö-
hung bleibt, hat die KELAG jetzt von der GKT schriftlich verlangt,
sie müssen alle rechtlichen Wege beschreiten, sprich gegebenenfalls
den Staat auf Schadenersatz klagen, weil das Kernkraftwerk nicht
in Betrieb genommen werden kann. Die KELAG befindet sich bekannt-
licherweise in einer schlechten, wirtschaftlichen Situation. Die
0.6 mussten ja als Provokation entsprechende Reaktion auslösen.
Ich habe der AK klargemacht, dass die Verbund knapp unter 15% und
wahrscheinlich die Landesgesellschaften mit einer zweistelligen
Strompreiserhöhung rechnen und diese auch meiner Meinung nach be-
kommen müssen.
Am Abend habe ich dann mit NR Czettel, Präsident der AK, Wille,
Zentralsekretär der Metallarbeiter, Köck, Betriebsratsobmann der
DoKW, über die Frage der Strompreise ebenfalls diskutiert. Von der
Gewerkschaftsseite wird die Betriebsvereinbarung, wonach die hohen
Kollektivvertrags perzentuell Lohnerhöhungen auf die Ist-Löhne
der Elektrizitätsarbeiter jetzt aller Angestellten ausgedehnt
wird, ganz entschieden abgelehnt. Die beiden Genossen nahmen nicht
zur Kenntnis, dass ehemalige Sekretäre, die jetzt natürlich schon
in Pension sind, 1966 diesen Vertrag zugestimmt haben und damit
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auch die Gewerkschaft nicht nur davon wusste, sondern präjudi-
zierte. Wille ging so weit, dass er erklärte, wenn ihm GD Fremuth
einen diesbezüglichen Brief schriebt, dann wird er die ganze
Frage aufrollen. Handle es sich nicht um das Monopol-Unternehmen
Elektrizitätswirtschaft wäre ein so unsinniger Vertrag schon
längst gekündigt und die Gewerkschaft und Arbeitnehmerseite
hätten dies akzeptiert.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte mit Fremuth sofort Gespräch verein-
baren
Auf Vermittlung des Abg. Kurt Maier kam ein Vertreter der Firma
Albrecht, 200 Beschäftigte in Hallein, 240 in St. Pantaleon,
10 im Wiener Lager, Umsatz 250 Mio. Schilling und ein Eigenkapital
von nur 25 bis 30 Mio. Durch entsprechenden Preisverfall der
letzten Jahre haben sie 20 Mio. Schilling Defizit gehabt und
für eine Exportoffensive, nachdem sie früher nur das Inland versorgt
haben, mussten sie weitere 20 Mio. reinstecken. Derzeit exportieren
sie nach Deutschland für 50 Mio. Schilling Massivholz. Sie sahen
ein, dass ich ihnen keinerlei Subventionen geben kann, sie wollten
nur eine entsprechende Beratung. Ich habe sie spät abends dann noch
zu MR Gröger geschickt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie ist dies weitergegangen?
Die Budgetdebatte verlief im Parlament wie gehabt. Zwei oder drei
Ministerien an einem Tag. Durch die Rednerzeitbeschränkung auf
40 Minuten der Hauptredner und 20 Minuten der sonstige Redner,
werden wir doch zu einer christlichen Zeit, so um 22.00 Uhr
herum, fertig. Wenn ich bedenke, dass es früher Sitzungen bis
spät in die Nacht und meistens sogar bis früh morgens über 3 Uhr
gedauert hat, dann ist dies ein grosser Fortschritt. Das Interesse
an der Debatte wird dadurch aber auch nicht grösser. Im Saal befin-
den sich meistens wirklich nur die, die unmittelbar davon
betroffen sind. Ausserhalb des Plenarsaals aber war das grosse
Gespräch, was geschieht jetzt wirklich mit dem Privilegienabbau.
Alle drei Parteien möchten gerne dass irgend eine Partei irgend
etwas macht, wo die anderen noch mitgehen können, selbst will
aber keine initiativ sein. Die Abgeordneten selbst stehen,
glaube ich sogar mit Recht auf dem Standpunkt, warum sie immer
verlieren sollten, indem sie erworbene Rechte aufgeben müssen.
Eine Verhandlungsrunde bei Kreisky hat dann letzten Endes auch
ergeben, dass keine der Parteien einen Vorstoss machte, die
Vorschläge die jede Partei gemacht hat und in den gegnerischen
Zeitungen dann entsprechend sarkastisch dargestellt haben das
Klima endgültig für eine gemeinsame Lösung zerstört, weshalb
letzten Endes beschlossen wurde die Frage neu zu studieren und zu
vertagen. Kreisky wird jetzt mit den Landeshauptleuten darüber
Gespräche aufnehmen, die sicherlich auch nicht an einer Kürzung
interessiert sind. Theoretisch wäre es daher ein Begräbnis erster
Klasse. Ob Kreisky dies in der Praxis akzeptiert bin ich nicht
ganz sicher.
Tagesprogramm, 5.12.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)