Donnerstag, 6. Dezember 1979
Aus Oberösterreich ruft Redakteur Turecek an und fragt, ob
ich bereit bin, für die Wolfsegg-Traunthaler eine spezielle
Bergbauförderung zu geben. GD Wenzl von der OKA hat gemeint,
sie könnten noch sehr lange Kohle aus dem Revier beziehen,
wenn, wie Dir. Heeger ihm mitteilte, 80 Mio. Schilling für die
Waschanlage investiert wird. Wenzl hat aber prinzipiell schon
erklärt, dass die OKA nur den Kohlepreis für die Wärmeeinheit
bezahlt, die auch Konkurrenzkohle, insbesondere Importkohle
kostet. Darüber habe ich mich eigentlich sehr mokiert, denn
bei der Barbara-Feier hat Wenzl grosse Töne gesprochen und
jetzt möchte er, dass der Staat alles bezahlt. Turecek wird
daher eine Artikelserie starten und dort den Vorschlag machen,
dass die Oberösterreichischen Konsumenten 1 Groschen auf die
Kilowatt-Stunde für Wolfsegg-Traunthal übernehmen. Dies würde
40 Mio. Schilling bringen. Mein Gegenargument war sofort, wenn
er die OKA Bilanz sich anschaut, kann doch Wenzl ihm nicht er-
klären, dass er diese 40 Mio. nicht durch höheren Kohlepreis über-
nehmen könnte, ohne dass die Oberösterreichischen Konsumenten zu-
sätzlich belastet werden müssen. Wenn Wolfsegg-Traunthal in
2 Jahren – da sind die einigermassen abbaufähigen Felder erschöpft –
schliessen muss, hoffe ich dass durch die neuen Prospektionen
ein anderer Bergbau eröffnet werden kann.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Die Energiesektion soll dieses Problem
weiter verfolgen.
SChef Jagoda legt mit eine Kundmachung vor, wonach wir durch
Beschluss des Verfassungsgerichtshofes, unsere aufgrund der Ge-
werbeordnung erlassene Regelung bezüglich des Verbotes der
Werbung für Kontaktlinsen durch die Optiker ausser Kraft setzen
müssen. Jagoda meint, er hätte dies, als er aufgrund der Forderung
der Augenärzte eine solche Verordnung gemacht hat, geahnt, dass
der Verfassungsgerichtshof, wenn es zu diesem kommt, mangels ge-
setzlicher Deckung durch die Gewerbeordnung ein solches Urteil
fällen wird. Um aber zu einem Kompromiss zwischen den Optiker
und den Augenärzten zu kommen, war diese Entscheidung damals
notwendig. Jetzt können die Optiker theoretisch eine Werbung
51-1365
dann durchführen, während es den Augenärzten aufgrund ihrer
gesetzlichen Bestimmungen verboten ist.
Jagoda gilt auch – und dies nicht nur innerhalb des Hauses –
als exzellenter Jurist und Verwaltungsfachmann. Dies war der
Grund, weshalb man im Bundeskanzleramt, ob Kreisky oder nur
Staatssekretär Löschnak diese Idee hat, weiss ich nicht, da-
ran dachte, Jagoda als Präsident des Verwaltungsgerichtshofes
zu berufen. Für uns wäre dies ein furchtbarer Schlag. Trotzdem
würde ich, weil es sich hier um den Gipfel der Karrieremöglichkeit
handelt, aus diesem Grunde nicht dagegen. Ich habe ihm aber aus
gesundheitlichen Gründen davon abgeraten. Da er ein Arbeitsvieh
ist, hätte er sich dort entsprechend hineingekniet und noch
wesentlich mehr Arbeit geleistet. Ich bin fest überzeugt, er
hätte – so wie er dies auch gemacht hat, als er zu uns gekommen ist –
seine ganze Arbeitskraft hineingesteckt. Nach letzten Meldungen
wird aber wahrscheinlich der Präsident doch aus den eigenen Rich-
tern des Verwaltungsgerichtshofes zum Zuge kommen. Darüber bin
ich für mich, aber vielleicht auch für ihn sehr glücklich.
Der Jugendsekretär des ÖGB, Verzetnitsch, hat mit Jagoda und mir
die Möglichkeit der Beilegung von Beanständigungen der Gewerk-
schaftsjugend, "Die ÖGJ deckt auf", besprochen. Wir vereinbarten,
dass ich ein diesbezügliches Schreiben an den Bundeslehrlingsaus-
bildungsbeirat richten werde.
Prof. Schöll von der Technischen Universität Stuttgart kam mit dem
österreichischen Unternehmer Österreicher, den er bei einer Ta-
gung kennengelernt hatte, um seine Erfindung, Energiespeicherung,
darzulegen. Schöll ist es geglückt, theoretisch und auch ver-
suchsmässig in der Praxis bestätigt, ein neues zylindrisches grosses
Wassergefäss zu konstruieren, in welchem die Sonnenenergie vom
Sommer für den Winter aufgespeichert werden kann. Das Wasser
kann bis fast bis zur Verdampfung erhitzt werden und gibt dann
im Winter diese Wärme an die Verbraucher ab. Jetzt baut Babcock,
die grösste Kesselbaufirma, eine Versuchsanlage für 100.000 cbm
bei 8 Mio. DM Kosten. Dieser Langzeitspeicher kann sicherlich
von grösstem Interesse sein und ich habe deshalb GD Grünwald mit
Prof. Schöll zusammengebracht.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bei Jour-fixe mit AK Grünwald bitte
fragen.
Ein ehemaliger Feuerwehroffizier von Wien, jetzt schon 80 Jahre,
Dipl.Ing. Krajanek, hat sich wegen des Energiesparens insbe-
sondere bei der neuen Kraftfahrzeugsteuer Gedanken gemacht und
sowohl Androsch als auch mir entsprechende Elaborate geschickt.
Alle anderen Minister haben ihm ein kurzes Brieferl über den
Eingang geschrieben, wir haben überhaupt nicht darauf reagiert.
Eine genauere Nachfrage hat dann ergeben, dass MR Obermair
sich tatsächlich mit dieser Materie eingehend beschäftigt und
wahrscheinlich nach längerer Zeit einen diesbezüglichen Antwort-
brief geschickt hätte. In der Sache ist dem Dipl.Ing. eigent-
lich mehr gedient. Optisch entsteht allerdings der Eindruck, dass
wir überhaupt nichts machen. Ich schlage deshalb vor, dass wir
auf jeden Brief, den wir bekommen sofort mit der Zuteilung vom
Büro aus dem Schimmelbrief absenden, dass ich das Schreiben er-
halten habe und der zuständigen Abteilung überweise.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte sofort diese Mehrarbeit veranlassen.
Das Berufsförderungsinstitut, Dr. Knapp, hat bei SChef Jagoda und
mir ersucht, ob wir nicht anstelle der jetzt von uns finanzierten
Aufträge für entsprechende Projekte ihm nicht eine gewisse Basis-
finanzierung seines Institutes geben könnten. Er besteht jetzt
10 Jahre und bräuchte noch etliche Mitarbeiter zu seinen 16.
Diese kann er aber nur bezahlen, wenn er mit gewissen Einnahmen
auf alle Fälle rechnen kann. Ich habe ihm sofort erklärt. dass
die beste Lösung wäre, wenn sich sein Berufsförderungsinstitut
mit der Handelskammer gegründeten Institut für Bildung und Wirt-
schaft, welches Dr. Piskaty leitet, verschmelzt. Seinerzeit hatte
ich einen diesbezüglichen Versuch unternommen, bin aber an beiden
Seiten gescheitert. Das Sozialministerium hat knapp entsprechende
Subventionen versprochen, die er nicht bekommen hat. Das Wissen-
schaftsministerium hat ihm erklärt, sie übernehmen die Kosten für
die Sommerschulung und hat auch dann nur, nicht einmal die Hälfte
bezahlt. Knapp sagt, die einzigen, auf die er sich verlassen kann,
ist Dr. Jagoda und ich. Ich verspreche ihm zwar niemals entspre-
chende Subventionen, bin aber dann bereit, doch für Aufträge zu
sorgen. Seine beste Lösung wäre eine ähnliche Konstruktion wie
51-1367
der Verein für Konsumenteninformation. Beide Sozialpartner,
in dem Fall sogar die Landwirtschaft, wirken mit. Die finan-
zielle Situation ist dabei eigentlich optimal gelöst. Das Insti-
tut wird im nächsten Jahr um 6.5 Mio. Schilling, das sind um
808.000 Schilling mehr ausgeben als heuer und Knapp macht sich
grosse Sorgen, wie er diese Beträge auftreiben wird. Jagoda hat
versprochen entsprechende Aufträge dem Berufsbildungsinstitut
zu geben. Dr. Ingrisch, den ich im Parlament traf und der im Be-
rufsförderungsinstitut, also eigentlich die Mutter vom Berufs-
bildungsinstitut von Knapp, ebenfalls finanzielle Sorgen hat,
ersuchte mich für Deutschlandsberg entsprechende Mittel zur Ver-
fügung zu stellen. Das Land Steiermark hat 5.5 Mio. Schilling ihm
zugesagt, wenn auch der Bund dieselben Mittel aufbringt. Natür-
lich ist dafür primär das Sozialministerium zuständig. Ingrisch
hofft aber, dass wir ihm auch etwas geben können.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Gibt es in unserem heurigen Budget dafür
eine Möglichkeit?
Bei den Besuch in der Volksanwaltschaft, wo alle drei mit ihren
Sekretären anwesend waren, stellten wir fest, dass zwischen
Handelsministerium und insbesondere dem Volksanwalt Dr. Zeillinger
der ja für das Handelsministerium zuständig ist, nicht nur gutes
Einvernehmen herrscht, sondern kaum differente Auffassungen resp.
unerledigte Fälle existieren. Zeillinger äusserte nur den Wunsch,
er möge auch dann verständigt werden, wenn es sich um Fragen der
mittelbaren Bundesverwaltung handelt und dann die Erledigung in
den Ländern erfolgt. Das Handelsministerium wird dann von der
Erledigung verständigt, die Volksanwaltschaft nicht und kann
daher den Intervenienten überhaupt nichts sagen. Ich habe
selbstverständlich zugesagt, dass wir ihm diese Erledigungen
auch zusenden werden.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Bitte Entsprechendes veranlassen.
Der Salzburg-Ring wurde, da dieses Unternehmen keine gewerberecht-
liche Regelung hat, wegen der Lautentwicklung – man beginnt
dort bereits um 4 Uhr früh zu fahren – von der Bezirkshaupt-
mannschaft in erster Instanz bestraft. Bei der Landesregierung
liegt nun die Berufung seit über einem Jahr. Die Landesregierung
51-1368
will nicht entscheiden, weil nach dem Strafverfahren der
Betrieb eingestellt werden muss, solange nicht ein Gewerbe-
verfahren durchgeführt ist.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie liegt der Fall bei uns im Haus.
Dr. Hladik ist von der Beamtensitzung der Internationalen Energie-
agentur aus Paris gekommen und hat mir über den Verhandlungs-
verlauf berichtet. Es geht primär darum, welche Ölquote kann
Österreich erreichen. Das Sekretariat hat uns eingeschätzt,
weil, wie Hladik mir zugeben musste, die Energiesektion nicht
entsprechende Vorschläge zeitgerecht gemacht hat, mit 10.75 Mio.
Tonnen Importöl und Produkte. Die tatsächlichen Importe heuer
werden 11 Mio. Tonnen sein. Hladik hat nun versucht gegenüber
diesen 10.75 Mio, 11.5 Mio. Tonnen für 1980 durchzusetzen. Natür-
lich entscheiden darüber endgültig die Minister. Ich war sehr er-
staunt von Kreisky dann am Abend angerufen zu werden, wieso wir
eine solch hohe Menge verlangen. Ich habe ihm dann im Parlament
die entsprechenden Informationen gegeben. Er meinte, die Devisen-
abflüsse seien in den letzten Wochen von der Nationalbank so
gross, dass man mit entsprechender Einschränkung von Ölimporten
aus Zahlungsbilanzgründen rechnen müsse. Diese Idee kommt von
Androsch und ist meiner Meinung nach überhaupt nicht durchführ-
bar, abgesehen davon, dass ich gar keine gesetzliche Möglichkeit
habe die Ölimporte zu verbieten, d.h. zu drosseln, sehe ich dazu
auch keine Notwendigkeit. Die ÖMV hat immer wieder erklärt dass
sie diese Menge dringend braucht. Ein diesbezügliches Schreiben
habe ich sozusagen bei den Akten. Jetzt erfuhr ich dann, dass
GD Bauer den Vertretern bei der Internationalen Energieagentur
insbesondere den Missionsleiter Peter Jankowitsch gesagt hat,
er könne sich ohne weiteres vorstellen, dass diese Menge nicht
11.5 Mio. Tonnen betragen muss. Ähnliches hat der Vizekanzler
auch Jankowitsch und Pahr mitgeteilt. Es würde vollkommen genügen,
wenn wir möglichst 10 Mio. Tonnen bekommen. Ich erklärte Kreisky,
ich werde dort sicherlich nicht aufstehen, weggehen oder einen
Krieg anfangen, wenn wir die 11.5 Tonnen nicht zugeteilt bekommen.
Kämpfen werde ich aber dafür. Sollte allerdings diese Meinung
Meinung von eigentlich, gar nicht kompetenten österreichischen
Stellen der Internationalen Energieagentur, sei es auch nur in-
offiziell mitgeteilt worden, dann sehe ich natürlich keine Chance
eine entsprechend hohe Menge durchzusetzen. Wenn es nämlich im
51-1369
nächsten Jahr oder in nächster Zeit zu entsprechenden Kürzungen
kommt, dann muss Österreich von einer guten Ausgangsposition
argumentieren können. Hätten wir entsprechend hohe Verbrauchs-
ziffern, wie dies die anderen westeuropäischen Staaten, von
Amerika ganz zu schweigen, haben, erreicht, dann könnten wir
wahrscheinlich auch leichter die 5%ige Kürzung, die z.B. für
heuer vorgesehen war, verkraften. Wenn wir schlechte Ausgangs-
positionen uns erkämpfen, ob wir das Öl dann kaufen können oder
nicht, ist erst ein zweiter Teil, haben wir eine bessere Ver-
handlungsposition. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in
Österreich mehr sparen, wenn wir auch rechnungsmässig inter-
national schlechter abschneiden. Wenn wir kein Geld haben, können
wir das Öl nicht kaufen, haben wir aber ein Geld und würden es
bekommen, kaufen wir es garantiert, ob die Internationale Ener-
gieagentur uns es rechnungsmässig genehmigt oder durch die Kür-
zung eigentlich eine entsprechende Einsparung erhofft. Niemand
kann dies erzwingen, ich am allerwenigstens, da bekanntlicherweise
keine gesetzliche Grundlage dafür existiert. Ich kann aufgrund
des Erdölmelde- und Bevorratungsgesetzes nur dann Massnahmen setzen,
wenn die Internationale Energieagentur den Krisenfall anordnet.
Kreisky dürfte von Androsch und Weiser oder ich weiss sonst
nicht, wem noch, entsprechend informiert wurden sein. Ich werde
ihm über den Verlauf der Ministersitzung informieren, werde
aber meine prinzipielle Haltung nicht ändern.
Tagesprogramm, 6.12.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)