Mittwoch, der 21. November 1979

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Mittwoch, 21. November 1979

Sekt.Chef Jagoda berichtet, dass er mit Min.Rat Kurzel verein-
bart hat, die RAG bekommt einen Gashöchstpreis, wenn die Inter-
essensvertretungen zu einer übereinstimmenden Auffassung
gelange. Die RAG hat zwar für das 4. Quartal 95 Groschen akzeptiert
und auch als Höchstpreis vorgeschlagen, doch lehnt sie eine amtliche
Preisregelung unter allen Umständen ab. Jagoda verlangt daher
zu Recht, dass daher die Interessenvertretungen übereinstimmend
diesen Preis akzeptieren, damit die Verwaltungsgerichtshofklage
die auf alle Fälle zu erwarten ist, gegebenenfalls gewonnen werden
kann.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte auf AK-Jour-fixe setzen.

Ing. Handl, Geschäftsführer der GKS, Gemeinschaftskraftwerk Stein,
war seinerzeit mit 37.000 S als Vorstand eingestuft, er hatte
unzählige Überstunden zu leisten mit dem Hinweis, er wird früher
oder später dieses Kraftwerk bauen und dann auch führen. In
diesem Fall hätte er natürlich dann einen wesentlich höheren
Gehalt bezogen, weshalb man ihm die Überstunden jetzt nicht
vergütete. Handl verlangt, ich glaube zu Recht, dass jetzt eine
entsprechende Abgeltung für diese Überstunden erfolgen muss, da
ja GKS aufgelöst wird. Gen.Dir. Fremuth will aber kein Präjudiz
für die Liquidation aller Beschäftigten bei GKS, GKT, Gemeinschafts-
kraftwerk Tullnerfeld, und KKWP, Kernkraftwerksplanungsgesellschaft,
weshalb er eine Einzellösung nicht akzeptieren kann. Dr. Satzinger
wird den Fall weiter im Auge behalten.

Die AGA-Schwechat, ein schwedischer Betrieb, der Luft zerlegt und
die entsprechenden Gase, Stickstoff, Sauerstoff, Aerosol, erzeugt,
hat 200 Mill. S investiert und eine moderne, wie der Direktor
dort ausführte weltweit modernste Anlage errichtet. Diese Anlage
ist imstande, in drei Tagen dasselbe zu erzeugen, was vor 60 Jahren
die alte Anlage in einem ganzen Jahr erzeugen konnte. Zuerst hat
der Wiener Direktor, dann der schwedische Generaldirektor über
die Anlage referiert. LH Maurer hat natürlich drauf hingewiesen,
was das Land Niederösterreich alles macht, um die Randgemeinden
und letzten Endes die ganze nö. Wirtschaft entsprechend zu fördern.
Ich hatte ein Leichtes, dann darauf zu replizieren, weil er selbst


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zugeben musste, dass die Wirtschaftslage gut ist, die nö. Landes-
regierung selbst auch ein Defizit in Kauf nimmt, um die Wirtschaft
eben aufzubauen, beim Bund nehmen die ÖVP-ler einen anderen Stand-
punkt ein, weshalb ich selbstverständlich dann entsprechend
replizierte. Der grösste Gag aber war, dass ich darauf verwies,
wenn so viel Lust den Schwechatern jetzt zur Erzeugung der Gase
genommen wird, kann man in Kürze vielleicht eine Bürgerinitiative
gegen diesen Luftentzug erwarten. Ein ernstes Problem stellt
aber wie ich dann bei der Besichtigung feststellte auf meine
inquisitorische Frage die Abwärme dar. Die Anlage wird elektrisch
betrieben, man braucht durchschnittlich 3,5 Megawatt. Eine
beträchtliche elektrische Leistung. An Abwärme werden 60 GWh
erzeugt, die im Kugelturm vernichtet werden. Es ist der Firma
nicht geglückt, eine entsprechende Wärmekupplung zu errichten,
da Abnehmer fehlten. Jetzt werden sie von dieser Abwärme 10 %
für die Heizung verwenden können. Ein glatter Wahnsinn, was
hier im Industrieprozess noch immer Energie vernichtet wird.
Niemand weiss es, die Unternehmer selbst schweigen dazu, sodass
es eigentlich immer bei den deklaratorischen Erklärungen des
Energiesparens bleibt. Niemand kann allerdings AGA zwingen,
ein entsprechende Energieverwertung durchzuführen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Das Problem möchte ich mit Frank und
Zluwa besprechen.

Der schwedische Lunch-Club, eine Art Zusammenfassung der schwe-
dischen Unternehmer in Österreich, wollte von mir ein Referat
über die Kooperation kleiner Industriestaaten auf Drittmärkten.
Ich habe gleich mit dem Bonmot begonnen, ein Huhn und ein Schwein
wollen Kooperation machen, nämlich Ham and Eggs erzeugen. Das
Huhn ist begeistert und überredet das Schwein, das Huhn liefert
das Ei, das Schwein den Speck, das Schwein kommt zu spät darauf,
dass es dann bei der Kooperation tot sein würde, worauf das Huhn
nur bemerkt, bei der Kooperation ist immer einer zugrunde gegangen.
Das wirklich Problem ist aber, und das ist das Positive, dass
Österreich, wie die Schweden selbst zugeben, im Osten und auch
jetzt in den arabischen Ländern einen guten Ruf hat und daher
entsprechende Märkte dort erschliessen kann. Die Schweden dagegen
hat in Afrika nicht zuletzt durch ihre wirklich am Anfang ins-
besondere nicht auf kommerzielles Interesse ausgerichtete Ent-
wicklungshilfe einen guten Ruf. Auf diese Art könnte es zu einer
wirklich Kooperation kommen. In der Diskussion sprachen wir


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über vieles und nicht nur allein über dieses Spezialthema.
Vor allem war natürlich die Frage des Energiebezuges aus
den Oststaaten das Hauptproblem. Sind die Russen vertragstreu,
sind sie es nicht? Ich erklärte rundweg, entweder liefern sie
oder kommen sie, damit wollte ich sagen, wenn sie einmal nicht
liefern, dann ist sowieso Krieg. Diese Erfahrung habe ich
zumindestens bis jetzt bezüglich der Vertragstreue mit den
Russen feststellen können. Das Letztere könne wir nur hoffen,
wird nie eintreten. Überrascht war ich, dass der Tetrapak-
Produzent, mit dem ich bei einer Betriebsbesichtigung und
Staatswappenüberreichung in der Steiermark an einem Tisch
gesessen bin, sich öffentlich bei mir bedankte, dass unmittelbar
nach dieser Aussprache sofort ein Referent bei ihm angerufen
hat und seine Probleme mit ihm besprochen hat und sie auch
positiv zu lösen versprach. Einmal mehr wurde mir wieder be-
stätigt, dass nur schnelles Reagieren auf Wünsche, auch dann
wenn man sie nicht erfüllen kann, bei den Leuten einen unge-
heuren Eindruck hinterlässt. Bei den ungarischen Hotelneubauten
möchte die Schweizer Kassenfirma, den Namen von dem Betreffenden
habe ich leider nicht erfasst und er hat mir auch nicht die
Firma gesagt, Kassen liefern. Ich habe ihn an die Porr resp.
Universale als Bauunternehmer verwiesen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wenn er sich an uns wendet, bitte
entsprechende Unterstützung geben.

In der Paritätischen Kommission sollte ich den Vorsitz über-
nehmen, da Kreisky nicht anwesend war. Die Wetten gingen dahin,
ob ich die letzte Paritätische Kommission, wo ich nur 5 Minuten
brauchte, unterbieten könnte. Ich habe es geschafft, wir waren
in drei Minuten fertig. Die Erklärung dafür ist, dass ich die
Spielregeln dieser Kommission sehr genau kenne, nachdem ich
sie seit dem 1. Lohn- und Preisabkommen 1947 verfolge, die
offizielle Paritätische Kommission ist ja ein reines formelles
Beschlussgremium, die Fragen werden in den Unterausschüssen
und dann in der Präsidentenbesprechung restlos geklärt,
sollte es zu keiner Lösung kommen, dann gehen sie automa-
tisch immer wieder in den Preisunterausschuss oder Lohnunter-
ausschuss zurück. Ganz sicher bin ich ja nicht, ob ich tat-
sächlich mit dieser expeditiven schnellen Erledigung richtig
liege.



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Kreisky würde mit Recht sagen, so etwas muss man schon im
Hinblick auf die Optik zelebrieren.

Die Abschluss-Sitzung mit den Kubanern entfiel, da wir kaum
noch etwas Neues zu besprechen hatten und es kam nur zur
Unterzeichnung des Protokolls. Worum es den Kubanern geht,
ist die Entwicklungshilfe zu bekommen und ich habe mich
mit dem Minister geeinigt, dass die Geschäftsträger versuchen
werden, dann mir dem BKA, Staatssekr. Nussbaumer die Probleme
zu besprechen. Ein positives Ergebnis, fürchte ich, wird
dabei sowieso nicht herauskommen. Selbstverständlich wurde
ich offiziell wieder nach Kuba zur zweiten Gemischten Kommission
eingeladen, allerdings wurde Gott sei Dank nicht vereinbart,
wann diese zweite Kommission stattfinden soll und wird.

Dr. Koppe hat wegen der UWG-Novelle und wegen der Aktivitäten
den Staatssekretär Albrecht entsprechende Vorschläge unterbreitet,
die er aber nicht übergeben konnte, dies habe ich dann für ihn
übernommen, da ich mit Koppe handelseins wurde, dass nicht ich
in der Zwischenzeit jetzt die Geschäfte von Albrecht führe, sondern
dass sie, wenn auch dann zu einem späteren Zeitpunkt die notwendige
direkten Arbeiten und Besuch durchführen wird. Ich habe dies
Albrecht im Spital dann klargemacht, sie hat zwar noch immer
Schmerzen, beginnt sich aber jetzt schon ein bisschen zu bewegen
im Bett und kann vor allem einmal schon lesen, diktieren und
arbeitet sich dadurch schön langsam in ihre Materie, und das wird
das ganze Handelsministerium sein, schön langsam ein.
Es macht ihr richtiggehend Spass, sie beteuert immer wieder, dass
sie es sich nicht vorgestellt hat, eine solche freundliche
Aufnahme zu finden und so eine tatkräftige Unterstützung in
jeder Beziehung.

Dir. Castellez von der Österr. Kontrollbank berichtet mir,
dass die Verhandlungen mit der polnischen Seite sehr schlecht
gegangen sind. Die Besprechung beim Finanzminister hat dann
auch keine Lösung gebracht. Um den Kohlenkredit flüssig zu
machen, wollte man vorschlagen, dass die Verbundgesellschaft
4 Mia. S Kredit aufnimmt und dann die Polen finanziert und eben
die Kohle dann als Abzahlung für diesen Kredit kauft. Zu diesem
Zeitpunkt war Fremuth nicht mehr bei der Besprechung, ich habe
ihn daher, als ich dies erfuhr, sofort angerufen und von dieser


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Idee Mitteilung gemacht. Er lehnt es ganz entschieden ab.
Dieses Problem kann nur dann bei der Warschauer Sitzung
zwischen Kreisky und Androsch selbst gelöst werden. Ich
habe in der Vergangenheit nicht in die Kredit- und Zinsenver-
handlungen eingeschaltet und werde dies auch in Zukunft, da
es nicht meine Kompetenz ist, nicht tun.

Gen.Dir. Apfalter von der VÖEST, mit dem ich wegen der
Polen-Verhandlungen sprechen wollte, hat einen Herzinfarkt
erlitten und liegt im Allgemeinen Krankenhaus. Der behandelnde
Arzt meinte, es besteht keine Gefahr, wäre ihm dies im
Flugzeug passiert, hätte es schlimm ausgehen können. Für
Apfalter, aber vor allem einmal für die VÖEST ein schwerer
Schlag.

Am Flughafen traf ich durch reinen Zufall den polnischen Bot-
schafter und den Handelsrat, der die polnische Delegation
zum Heimflug begleitete. Die rechnen wahrscheinlich fest
mit einer positiven für sie günstigen Erledigung, wenn Kreisky
über das Wochenende mit Jaroszewicz verhandeln wird.

In Zürich hat die Flughafen-Stewardess verzweifelt nach mir
Ausschau gehalten. Zuerst wollte ich mich gar nicht melden,
da sie aber so jämmerlich fror, dachte ich mir, ich kann
sie doch nicht, bis alle Passagiere draussen sind und sie
dann erst unverrichteter Dinge zurückfahren muss, warten lassen.
Darüber war sie sehr dankbar und meinte, sie hätte erwartet,
dass der Handelsvertreter oder der Generalkonsul kommen würden.
Darüber war ich auch überrascht, aber es hat mich nicht gestört,
denn dadurch konnte ich in Ruhe lesen und zuletzt sogar ein
wenig schlafen.

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Tagesprogramm, 21.11.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Finanzminister
GND ID: 118503049


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